Freunde der Raumfahrt! Wir stehen auf historischem Beton, auf der Piste, von der in ein oder zwei Jahren der erste suborbitale Touristenflieger abheben soll – Richard Bransons Space Ship Two.
Die Startbahn des Spaceport America im US-Bundesstaat New Mexico. Im Frühjahr, als das Foto entstanden ist, war gerade eines der weißen Betonbänder, auf denen eines Tages das “Space Ship Two” aufsetzen soll, auf dem Asphalt aufgebracht. (Foto: Stirn)
Das weiße Band ins All entsteht derzeit in der Einöde New Mexicos, in einer menschenleeren Gegend dominiert von Mesquite-Büschen, quietschenden Windrädern und einsam umherirrenden Kühen. Bis zur nächsten größeren Stadt, Las Cruces, sind es gut 60 Meilen. Ein großer Teil davon führt über staubige Buckelpisten – über Waschbrettstraßen, auf denen jeder Autohersteller gerne einmal seine Geländewagen testen würde. Und wir reden hier von echten Geländewagen, nicht diesen Pseudo-Kuhfängern aus deutschen Nobelvororten.
Doch zurück nach Las Cruces. Hier, unweit der mexikanischen Grenze, sitzt auch die New Mexico Spaceport Authority, die den Raumflughafen im Auftrag von Richard Bransons Weltraumfluglinie Virgin Galactic baut. Wobei „Auftrag” eigentlich falsch ist. New Mexico schenkt Branson den rund 200 Millionen Dollar teuren “Spaceport America”. Im Gegenzug hat der britische Multimilliardär zugesichert, die Anlage 20 Jahre lang zu mieten.
Solange das gut geht, profitieren alle davon: Branson bekommt ohne geschäftliches Risiko seinen Flughafen, New Mexicos Gouverneur Bill Richardson, der kurz vor dem Ende seiner Amtszeit steht, wird als einer der Gründerväter des Weltraumtourismus in die Geschichte eingehen. Scheitert Branson allerdings mit seinem Geschäftsmodell, stößt er auf unüberwindbare technische Probleme oder verliert er (wie öfters bei seinen Projekten) schlichtweg die Lust, steht in der Wüste New Mexicos schon bald eine der größten Investitionsruinen der Raumfahrtgeschichte.
Egal, erst einmal wird gebaut – trotz Klapperschlangen, Trockenheit und nur spärlich vorhandenen Baumaterialien. Sobald man das Wachhäuschen an der einzigen Zufahrtsstraße hinter sich lässt, ist es mit der Wüstenruhe vorbei. Baumaschinen tragen die Erde ab, planieren sie, versprühen Wasser darauf. Im Sekundentakt rauschen die gelben Giganten vorbei. Für den Besucher sieht alles nach einem großen Chaos aus, offenbar folgen die Maschinen aber doch einer unsichtbaren Choreografie.
Einige Impressionen von der Baustelle aus dem Frühjahr 2010. Das komplette Album in hoher Auflösung gibt es drüben bei Flickr.
Offensichtlich kommt die Arbeit gut voran. Suborbitale Flüge sind, was Flughafen und Fluggeräte anbelangt, viel näher an der Realität als man gemeinhin denken mag – zumal Branson nicht der einzige ist, der sich auf diesem Gebiet versucht. Bis sich die Flüge in der Praxis als machbar, finanzierbar und zuverlässig erweisen, ist es allerdings noch ein sehr, sehr langer Weg.
Als ich im März auf der Baustelle war, hat das Baumaschinenballet gerade den Grund für das künftige Terminal eingeebnet – eine Kombination aus Hangar, Fluggästebespaßung und Besucherzentrum. Anfang kommenden Jahres soll es fertig sein und 10.000 Quadratmeter umfassen.
Deutlich weiter war damals bereits die Start- und Landebahn. Das weiße Band ist fast fertig. Es ist 3000 Meter lang, 60 Meter breit und besteht aus drei Lagen: Zunächst eine mehr als einen halben Meter dicke Schicht aus Erde und Zement, dann zehn Zentimeter reichlich unebener Asphalt und darauf eine 35 Zentimeter dicke Betondecke. Der Beton wird dabei streifenweise auf den Asphalt aufgebracht – mit einer Art riesigen Nudelmaschine.
Im Frühjahr war gerade eines von zehn Betonbändern verlegt, mittlerweile ist die Startbahn fertig. Sie ist mit einer weißen, stechend nach Farbe riechenden Schicht bedeckt. Diese soll den Beton vor Licht und Hitze schützen, hat aber noch einen weiteren Vorteil, zumindest für Besucher: Wer sich nicht erwischen lässt, kann – kurz nachdem die weiße Schutzschicht aufgebracht wurde – seine Spuren auf dieser, vielleicht wirklich einmal historischen Startbahn hinterlassen.
Kommentare (14)