Viele Straßen auf dem Campus Süd des KIT (ehemals die Uni Karlsruhe) sind benannt nach bekannten Persönlichkeiten, die hier geforscht und gearbeitet haben.
Mein Arbeitsplatz befindet sich beispielsweise am Fritz-Haber-Weg, an dessen einem Ende auch eine Haber-Bosch-Säule den Rasen schmückt. In der Regel haben die Straßenschilder auch noch einen zusätzlichen Text mit einer Kurzbiografie.
Warum ich das hier breittrete? Nun, vor ein paar Tagen kam mir bei einem Kurzbesuch am Institut das Straßenschild vom Fritz-Haber-Weg irgendwie komisch vor. Und dann habe ich gemerkt warum, und gleich die Handykamera gezückt:
Tatsächlich wurden alle Schilder überklebt, so dass die Straße nun Clara-Immerwahr-Weg heißt! Wer das war, und warum gerade sie, das geht wohl eindeutig aus dem Biografietext hervor. Die Frage ist wohl eher, wer ist der Straßenumbenenner aus dem Karlsruher Untergrund, und warum die Aktion?
Ich habe mich jedenfalls gleich auf dem Campus auf die Suche gemacht, konnte aber keine weitere umbenannte Straße finden. Eine kurze Recherche online hat mich dann in meiner Vermutung bestätigt: Es geht um die Debatte um die sogenannte “Zivilklausel”, die im Vorfeld des Zusammenschluss von Universität Karlsruhe und Forschungszentrum Karlsruhe aufkam.
Am 1.10. entstand das KIT aus der Fusion der Universität Karlsruhe (Campus Süd) mit dem Forschungszentrum Karlsruhe (Campus Nord). Das sogenannte “KIT-Zusammenführungsgesetz” bildet dafür die rechtlichen Grundlagen.
Am Forschungszentrum war bereits eine Zivilklausel mit dem Text “Die Einrichtung verfolgt nur friedliche Zwecke” in Kraft, die auf Wunsch des Forschungszentrums für das neue KIT übernommen werden sollte.
Nachdem sich viele MitarbeiterInnen des Forschungszentrums bereits intensiv für eine einheitliche Zivilklausel eingesetzt hatten, sprach sich in einer Urabstimmung im Januar 2009 eine deutliche Mehrheit (63 %) der Studierenden dafür aus, obwohl konservative und liberale Studierendengruppen dagegen agitiert hatten. Auch das Plenum des im Rahmen der bundesweiten Bildungsproteste besetzten Redtenbacher-Hörsaals sprach sich fast einstimmig gegen Militärforschung am KIT aus.
Trotz der angestrebten Vereinheitlichung sieht das im Juli 2009 verabschiedete KIT-Gesetz eine getrennte Zivilklausel vor, die für den “Großforschungsbereich” gilt, für den “Universitätsbereich” allerdings nicht. Dieser Spagat dient offensichtlich dazu, weiterhin die Tür für militärische und zivilmilitärische Forschung offen zu halten, die nachweislich an der Universität stattfindet.
Die Straßenschild-Aktion stammt übrigens dem Artikel nach vom “Institut für angewandte Tautologie”.
Kommentare (6)