Jeder von uns, genauso wie alle anderen Organismen auf der Erde, nimmt täglich Schaden an der DNA in den Körperzellen. Dagegen kann man erstmal nichts machen, die Schäden sind auf natürliche innere und äußere Gründe zurückzuführen: Ionisierende Strahlung aus dem All und dem Boden; UV-Strahlung; DNA-schädigende Moleküle, die wir mit der Nahrung zu uns nehmen; sogar unser eigener Stoffwechsel produziert mit reaktiven Sauerstoffspezies Moleküle, die die DNA angreifen können! Dass wir diesen ständigen Ansturm auf unsere DNA überhaupt überleben, liegt vor allem an den zahlreichen sehr guten DNA-Reparaturproteinen in den Zellen. Für jede erdenkliche Art von Schaden gibt es dafür spezialisierte Reparaturwege. Für die meisten Arten von Schäden kann bei der Reparatur eine grundlegende Eigenschaft der DNA genutzt werden: Da sich im Doppelstrang die Sequenz eines Strangs aus der des gegenüberliegenden Strangs ergibt, können die Reparaturproteine problemlos ein Stück des beschädigten DNA-Strangs herausschneiden und die Lücke dann wieder mit der korrekten Sequenzinformation des zweiten Strangs schließen.
Das geht bei der gefährlichsten Art von DNA-Schaden aber nicht. Entstehen zwei Brüche im Rückgrat der DNA nahe beieinander auf beiden Strängen, hat man einen Doppelstrangbruch (DSB). Die Reparaturproteine wissen nun nicht, ob (und was!) sich zwischen den freiliegenden Enden der DNA befunden hat. Die freien Enden sind nämlich unter anderem Proteinen ausgesetzt, die die DNA vom Ende an abbauen, es findet also oft an einem DSB ein Sequenzverlust statt. Und was, wenn mehrere DSBs gleichzeitig vorhanden sind, vielleicht noch auf verschiedenen Chromosomen? Welche Enden gehören zusammen? Trotz all diesen Schwierigkeiten ist die Standardstrategie bei vielen Organismen, die Enden einfach wieder zusammenzuflicken. Das können sie unter anderem deshalb ungestraft machen, weil ein großer Teil ihres Genoms aus genetischem Gerümpel besteht, bei dem eventuelle Mutationen keine große Rolle spielen. Die alternative Strategie setzt auf das Kopieren von gleichen Sequenzen von woanders aus dem Genom. Da wir jedes Chromosom doppelt besitzen (eins vom Vater, eins von der Mutter), kann die sogenannte homologe Rekombination (HR) beispielsweise die Sequenzinformation vom mütterlichen Chromosom nutzen, wenn das väterliche einen DSB hat. Dieser Vorgang ist erstmal sicherer für die Sequenz, allerdings auch ungleich komplexer durchzuführen, als einfach die Enden aneinander zu pappen [1].
Wenn der Schaden zu groß ist
Es kommt trotzdem immer wieder vor, dass die Zelle nicht in der Lage ist, den Schaden an der DNA zu reparieren. Anstatt nun das Problem zu verschlimmern, indem diese geschädigte Zelle den Schaden an der DNA nach einer Teilung auf die Tochterzellen weitergibt, oder durch Mutationen in wichtigen Genen das Entstehen von Krebs riskiert, begeht sie lieber selbstlos Selbstmord, zum Wohl der Billionen anderer Zellen im Körper. Dieser programmierte Zelltod, auch Apoptose genannt, ist nicht ein simples Absterben einer Zelle! Signale vom Inneren und Äußeren der Zelle stoßen komplexe Signalwege an, an deren Ende dann die Zelle ihren Inhalt möglichst “umweltfreundlich” vernichtet: Proteine werden abgebaut, die DNA wird in kleine Stücke geschnitten, am Ende verpackt die Zelle ihren restlichen Inhalt in kleine Pakete, die von Zellen des Immunsystems aufgenommen werden können. So werden die Zellen drumherum nicht mit dem Müll der nun toten Zelle belastet. Eine zentrale Rolle während der Apoptose spielt die Proteinfamilie der Caspasen. Dies sind Proteine, die andere Proteine an bestimmten Stellen schneiden können. Der Sinn ist hier allerdings erstmal nicht der Abbau dieser geschnittenen Proteine, dafür sind die Stücke zu groß (und es gibt effizientere Möglichkeiten für den Proteinabbau). Dies soll vielmehr der Absicherung der Zelle dienen, um die Apoptose auch wirklich nur dann anzuwerfen, wenn es nicht mehr anders geht. Denn ist die DNA erst geshreddert, gibt es kein zurück mehr! So stehen beispielsweise in der Signalkette mehrere Caspasen hintereinander, von denen eine die nächste aktiviert, indem sie sie an einer bestimmten Stelle schneidet (die Caspase-Kaskade). Erst am Ende finden sich dann diejenigen Caspasen, die mit dem Schneiden (und Aktivieren) von Zielproteinen Prozesse wie den DNA-Abbau einleiten.
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