Zuerst einmal: Falls wer schon gehofft hat – nein, ich bin nicht von einem Berglöwen erwischt worden! Ich bin nur wieder im Ausland unterwegs, und in den wenigen Tagen zwischen Kalifornien und meinem aktuellen Trip war so viel zu tun, dass einfach keine Zeit fürs Bloggen war. Die aktuelle Reise hat mich nach England geführt, genauer zum Wellcome Trust Genome Campus in Hinxton südlich von Cambridge. Dort befindet sich das European Bioinformatics Institute (das, um ganz genau zu sein eigentlich nur eine sog. Outstation des European Molecular Biology Laboratory ist, das sich ganz in der Nähe meines Arbeitsplatzes in Heidelberg befindet), und dort nehme ich am Workshop “Plant Bioinformatics” teil. Hier geht es allerdings nicht wirklich um Programmieren, Perl und R (das überlasse ich dann lieber Emanuel), sondern um das Kennenlernen der vielen Datenbanken und Werkzeuge, die am EBI angeboten werden, um sie im Arbeitsalltag effizienter einsetzen zu können.
In diesem Post soll es aber um etwas anderes gehen, nämlich meine Anreise nach England. Wer keine Rants lesen will hört am Besten hier auf.
Als Angesteller einer öffentlichen Einrichtung wie einer Uni, besonders als kleiner Doktorand, hält man sich besser an die Regeln, die für Dienstreisen aufgestellt werden. Das bedeutet unter anderem, nicht die Lieblingsfluglinie zu nehmen, sondern die für die Reise günstigste Variante. In meinem Fall bedeutete dies: Flughafen Karlsruhe nach Flughafen Stansted mit Ryanair. Na gut, das war nicht so schlimm, ich kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis zum Flughafen fahren, und als Student habe ich eine netzweite Fahrkarte. Von Stansted nach Hinxton ist es dann auch nicht mehr weit. Und da der Workshop Montags beginnt, könnte ich doch schon Samstags fliegen, den Sonntag in London verbringen und dann nach Hinxton fahren – perfekt!
Und jetzt kommt das Problem: Anstatt wirklcih wie gebucht Samstags zu fliegen, ging der Flug erst Sonntag mittags, weil Ryanair ganz offensichtlich einen Scheiß auf seine Kunden gibt. Doch der Reihe nach: Samstag abend, geplanter Abflug 18:50 Uhr. Alle Passagiere sitzen im Flugzeug, alles ist fertig für den Start, sogar die Sicherheitsbelehrungen wurden schon durchgeführt. Doch das Flugzeug bewegt sich nicht. Nach ungefähr 10 Minuten meldet sich dann der Kapitän (umschrieben): “Wir haben ein kleines technisches Problem mit dem rechten Triebwerk, wir wissen noch nicht ob sie vielleicht alle aussteigen müssen oder nicht.” Natürlich müssen wir raus. Später höre ich dann von Leuten, die auf der rechten Seite des Flugzeugs saßen, dass zu der Zeit, als der Kapitän diese Durchsage machte, das Triebwerk heftigst qualmte, und die Flughafenfeuerwehr mit einem Löschzug und bereitgehaltenen Schläuchen drumherum stand.
Wir sind also wieder im Flughafengebäude. Uns wird gesagt, das Triebwerk wird repariert, und der neue Abflugzeitpunkt ist ca. 23:30 Uhr – fast fünf Stunden später als geplant! Laut europäischen Flugrichtlinien hat man als Fluggast bereits nach 2 Stunden Verspätund das Recht auf Essen, Getränke und ein Hotelzimmer. Also haben wir nach Essen und Getränken gefragt. Aber nein – wir werden erst nach Ablauf von 2 Stunden etwas bekommen, auch wenn jetzt schon absolut sicher feststeht, dass die Verspätung länger als zwei Stunden sein wird. Nach ungefähr 2,5 Stunden (genau…) haben wir dann Gutscheine für Verpflegung bekommen – über 5 Euro…
23:30 Uhr ist schon vorbei, kein Mensch kommt auf die Idee uns irgendetwas mitzuteilen. Gegen Mitternacht dann die Durchsage: An diesem Flughafen gibt es ein Nachtflugverbot, wir dürfen nicht mehr fliegen. Der neue Abflugzeitpunkt ist Sonntag, 12 Uhr. Okay, also in welchen Hotels werden wir untergebracht? Achso, in gar keinem! (auch wenn das europäische Regelungen vorschreiben…) Nein, Ryanair ist so großzügig, wir dürfen im Flughafengebäude bleiben, das normalerweise über Nacht geschlossen wird, und schlafen dürfen wir auf dem Boden. Dafür kriegen wir eine kleine Isomatte und eine dünne Decke. Naja, ein paar Leute jedenfalls. Ich hätte keine Decke mehr bekommen, weil nur 25 davon vorhanden waren! Heimfahren ist nicht, weil so spät keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr fahren, die Leute sitzen am Flughafen fest. Ich hatte noch ein wenig Glück, meine Schwester holte mich mitten in der Nacht vom Flughafen ab, und ich konnte die Nacht in einem richtigen Bett verbringen. Das bedeutete aber zwei ungeplante Fahrten zum Flughafen, ungefähr eine Stunde Fahrzeit in der einfachen Strecke.
Zum “Frühstück” gab es dann nochmal großzügige 5 Euro von Ryanair (also insgesamt 10 Euro für eine Verspätung von mehr als 17 Stunden!), und der Flug ging tatsächlich um 12. Bis ich dann Nachmittags in Stansted war, konnte ich mir allerdings den Tag in London sparen, ich fuhr direkt nach Hinxton. Die Übernachtung in London von Samstag auf Sontag, für die ich schon gezahlt hatte, war auch verloren.
Warum schreibe ich das alles? Weil ich sauer bin, natürlich. Aber auch, weil Ryanair meint, sich nicht an ziemlich deutlich formulierte Regelungen halten zu müssen, was Flugausfälle und Verspätungen angeht. In Frankfurt Hahn sind viele Flugzeuge von Ryanair stationiert, in Stuttgart wie ich hörte ebenso. Selbst wenn also die Reparatur bis 23:30 Uhr geklappt hätte, in kürzerer Zeit hätte ein Ersatzflugzeug nach Karlsruhe geflogen werden können. Ryanair wollte das offensichtlich nicht. Also lassen wir unsere Fluggäste fast einen ganzen Tag warten. Und in so einer Situation nicht mal die grundlegendsten Mittel zur Verfügung zu stellen, ist einfach unter aller Sau. Ich nehme an, es ist insgesamt billiger, ein paar wenige Nachforderungen zu bezahlen, als jedem Fluggast das zu geben, was ihm nach europäischen Regelungen zusteht. Ich habe glücklicherweise, weil es sich um eine Dienstreise handelt, die Rechtsabteilung des KIT hinter mir. Ich werde also den Sachverhalt weitergeben, und auf eine schmerzhafte Strafe für Ryanair hoffen. Doch selbst wenn daraus nichts wird, ich habe nun eine gute Begründung, warum ich mit dieser Fluglinie nicht mehr fliegen werde, sondern teurere Alternativen wähle. Und ein paar der Leser hier kann ich hoffentlich auch überzeugen, dass sie lieber freiwillig ein paar Euro mehr zahlen, als sich so einer Tortur auszusetzen.
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