Hat sich eigentlich schon mal jemand Gedanken gemacht über die zahlreichen Rankings und Indizes, die täglich in den Nachrichten zu finden sind?
Unzählige! Hochschulranking, PISA, Exportweltmeister, Konsumklimaindex, Standortranking, Stiftung-Warentest-Sieger, Pflegeheim-Ranking, um mal ein paar Beispiele zu nennen.
Ist ja auch nett übersichtlich: Wenn man gewinnt, ist man gut, wenn man verliert, dann hat man seine Hausaufgaben nicht ordentlich gemacht und Mittelfeld ist halt “naja”.
Bei jedem Ranking werden viele Werte zu einem zusammengefasst. Dabei kann viel Information verlorengehen und das Ergebnis manipuliert werden.
Aber wie werden solche Rankings gemacht? Wie entstehen die Werte, die dann so schön sortiert werden können?
Ein Beispiel
Angenommen, ich mache – was ganz banales – ein kleines Ranking über gesunde Nahrungsmittel. Bei Schokolade vs. Paprika ist doch der Gewinner eindeutig.
Also wähle ich ein paar meiner Meinung nach geeigneter Kennzahlen aus, die den Gesundheitswert des Nahrungsmittels gut repräsentieren. Viele Vitamine ist gut, viel Zucker und Fett schlecht. Salz und Cholesterin sind auch schlecht.
Jetzt muss ich die einzelnen Werte wichten, das heisst, ich kann ihnen unterschiedliche Stellenwerte geben, ihre Wichtigkeit bestimmen. So enthält Schokolade zwar auch viele Vitamine und Mineralstoffe, aber besonders viel Fett und Zucker. Ich muss also an den Stellschrauben drehen, bis der richtige Wert herauskommt. Das macht man, indem jede Kennzahl einen Faktor dazumultipliziert bekommt. Großer Faktor: großer Einfluss, kleiner Faktor: kleiner Einfluss und Fett und Zucker würde man ausserdem negativ einfließen lassen.
Und wer jetzt aufmerksam mitgedacht hat, merkt: Vorsicht! Genau hier liegt die Gefahr zur Manipulation. Das heißt eigentlich schon vorher, wo ich mir die geeigneten Kennzahlen ausgesucht habe. Hier kann ich vieles ignorieren, was mir nicht in den Kram passt, oder mit einbeziehen, was andere vielleicht für überflüssig halten würden. Und beim Drehen an den Gewichten, den Stellschrauben, kann ich jetzt wirklich beliebige Ergebniswerte zaubern.
Wichtig für einen anständigen Wissenschaftler ist, dass man diese Einstellungen im Vorfeld macht und sie begründen kann. Aber nachweisen lässt es sich schlecht, wenn jemand sich nicht an dieses Gebot gehalten hat.
Bekannte Rankings
Gucken wir uns also mal ein paar der oben aufgezählten Beispiele an.
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Bei der Stiftung Warentest werden sehr transparent verschiedenste Produkte untersucht, die Teilergebnisse gewichtet und dann zu einer Note zusammengefasst. Das ist erstmal schön übersichtlich, aber gerade letztens habe ich mich darüber geärgert, dass der Basmatireis, den ich selber immer kaufe und esse, der keine Schadstoffe enthielt und ausserdem 100% Basmati mit angenehmen Duft war, ein “mangelhaft” bekommen, weil er angeblich verklumpt und verkocht (bei mir tut er das nicht). Während andere, die mit Schadstoffen und nicht 100% Basmati und muffigem Geruch deutlich besser abschnitten.
Deswegen sollte man immer die Details der Tests angucken und überprüfen, welche Punkte für einen selbst wichtig sind. - Das Pflegeheim-Ranking wurde ausgiebig in den Medien diskutiert. Hier wurden unterschiedliche Aspekte der Pflege einbezogen und diese dann gleich stark gewichtet. Nun kann man darüber diskutieren, ob es genauso wichtig ist, dass die Pflegebedürftigen gutes Essen bekommen, sich selten wundliegen oder alles gut dokumentiert ist. Zumindest ist die Berwertung transparent.
- ifo-geschäftsklimaindex: Volker Pispers erklärt es schön:
- Der Konsumklimaindex der GfK ist eine ähnliche Sache, die Details habe ich nicht herausgefunden. Es werden 2000 Menschen gefragt, was sie glauben, wie sich das Konsumklima und ihr Einkommen entwickeln wird. Wie genau das alles zusammengerechnet wird, ist mir dann allerdings nicht klar geworden. Aber das tut nichts zur Sache, ich verweise auf obigen Volker Pispers.
- Es gibt verschiedene Länder-Rankings, über glückliche Staaten, freieste Wirtschaft oder Reformwilligkeit. Wenn man darüber in den Medien liest erfährt man wenig über die Faktoren, die eine Rolle spielten, noch deren Gewichtung. Sie sind entsprechend ziemlich wenig aussagekräftig und fallen je nach Auftraggeber völlig verschieden aus. Sie sind schlicht was zum Zeitungsseiten-Füllen.
- Ja und das Hochschulranking? Hier gibt es ja schon Unis, die sich da abgemeldet haben. Auch die Schweiz und Österreich sind nicht mehr dabei.
Bei Wikipedia findet man eine ganze Liste von Kritiken. So werden zum Beispiel die zugrunde liegenden Daten und das Bewertungssystem nicht verraten. Viele kritisieren, dass die Anzahl der Veröffentlichungen eingerechnet wird. Oder es werden zu wenig Studenten, so dass deren Einschätzung nicht aussagekräftig genug ist. (Ich erinnere mich, dass bei uns in der Mathematik 1 oder 2 Studenten befragt wurden, die prompt ihr Institut über den Klee gelobt haben und entsprechend hat es damals toll abgeschnitten – na gut, vielleicht auch zu Recht ;-))
Dieses Ranking beeinflusst natürlich massiv die Studienplatzwahl, was letztlich zur Umverteilung von Geldern führt, hin zu Elite-Unis, weg von den normalen.
Bei jedem Ranking muss man genau gucken, wer es durchgeführt hat. So steht hinter dem CHE, das u.a. das Hochschulranking macht, die inzwischen von vielen Seiten kritisierten Bertelsmann Stiftung, die sich für eine neoliberale Politik (z.B. Privatisierungen, Eliteförderung) einsetzt.
Ich denke sowieso, dass es bei vielen Rankings darum geht, etwas als Wettbewerb zu verkaufen, was eigentlich völlig unterfinanziert ist. Die Wahrheit ist, dass auch wenn sich alle bis zur Selbstaufgabe anstrengen, trotzdem jemand hinten runter fallen wird.
Und natürlich, aber das ist jetzt fast zu offensichtlich, um es nochmal zu betonen: Man versucht das, was man für richtig hält, so zu verkaufen, dass die anderen es glauben.
Findet Schokolade auch sehr gesund:
Andrea Thum
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