Heute ist das chinesische Neujahr, also widme ich diesem Tag meinen neuen Eintrag und erzähle euch etwas über meine Ansichten zur Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Unter diesem Begriff verbirgt sich alles von mystischen Heilmethoden (schnupfen von gemahlenem Nashorn) bis hin zu alten, faszinierenden Heilmethoden, die sich heute (schul)medizinisch erklären lassen.
Letzten Sommer war ich in Hangzhou, einer “Kleinstadt” (nur 5 Mio Einwohner) in der Nähe von Shanghai. Dort steht ein Museum, das den interessierten Besucher über die Geheimnisse der TCM aufklärt. Die wichtigsten Punkte: TCM ist vor über 5000 Jahren entstanden und sei viel gesünder als Schulmedizin. Des weiteren sind die Medikamente pflanzlich, was sie zu besseren und gesünderen Genesungsmitteln mache. Die nicht-pflanzlichen Mittel reichen von Tigerkrallen bis Fischaugen.
Während ich den Tigerkrallen einen Plazebo-Effekt für die Patienten (und einen fatalen für die Tiger) unterstelle, möchte ich heute auf die traditionellen Mittel eingehen, die teilweise ihren Weg bis nach Europa gefunden haben. Die Erklärung für ihre Wirkung und die gegensätzliche Darstellung zu pharmazeutisch-industriellen Wirkstoffen hat mir nämlich eine Erklärung geliefert, die mich schon länger interessiert hatte.
Die Methode der Traditionellen Chinesischen Medizin baut auf Erfahrungswerten. Der Zeitraum über den diese Erfahrungen gesammelt wurden, beträgt ungefähr 5000 Jahre. Angenommen in einem Dorf lebten 1000 Menschen. Wenn man annimmt der Abstand zwischen zwei Generationen betrage 20 Jahre, so fanden in 5000 Jahren etwa 250 Generationswechsel statt. ganz grob geschätzt (ohne jegliche Berücksichtigung von Bevölkerungsschwankungen) haben in den letzten 5000 Jahren in meinem Modelldorf 250 000 Menschen gelebt. Wenn jeder von diesen Menschen eine gewisse Krankheit (zum Beispiel Kopfschmerzen) einmal im Leben gehabt hat, so stünden 250 000 Probanden als Testpersonen für ein Kraut, Pflanzenauszug oder Heilwässerchen zur Verfügung. Eine sehr große Testmenge also. Aus den gewonnen Erfahrungswerten heraus, so berichtet die Informationstafel des Museums für TCM habe man geschöpft, und die Mittel die eine gute Wirkung zeigten weiterhin verwendet. Nicht so wie die pharmazeutisch-chemische Industrie, die Wirkstoffe im Reaktor erzeuge und sie dann an 10 000 Probanden teste.
Wirklich nicht? Nein, wirklich nicht so, sondern viel viel langsamer. Heute stützt sich die Medikamentenentwicklung ebenso auf Erfahrungswerte, nur wird analytisch vorgegangen: Der genaue Wirkmechanismus von Medikamenten, die bereits auf dem Markt sind, ist oftmals bekannt, und der Zusammenhang zwischen Strukturformel und Wirkung weitgehend verstanden, so dass die Trial- and Errormethode sich auf wesentlich weniger Versuche beschränkt, als wenn wir wie die alten Chinesen ohne Buchführung und Statistik vorgehen würden. Was die TCM an Tradition und Erfahrung mitbringt, wird für neue Medikament also durch strukturierte Studien in kurzer Zeit erfasst.
In diesem Sinne: Ein frohes Jahr im Zeichen des Tigers!
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