Die Temperatur einer beliebigen Flüssigkeit oder gar des eigenen Körpers messen ist keine Kunst, und das Prinzip ein lange gelüftetes Geheimnis. Doch wie bestimmt man die Körpertemperatur, eines Fossils, die dessen Original zu Lebzeiten einmal gehabt hat?
Chemie machts möglich. Und das Prinzip ist so einfach wie genial: Ähnlich der 14C-Methode, der sich Paläontologen bedienen, um das Alter fossiler Funde zu bestimmen, wurde nun eine 13C-18O-Kombinationsmessung vorgestellt.


Einfach gesagt: Wie oft hat sich das Kohlenstoffisotop 13C mit dem Sauerstoffisotop 18O verbunden? Das Isotop 13C macht 1.1% des gesamten auf unserer Erde vorkommenden Kohlenstoff aus, 18O sogar nur 0.2 % der Menge Sauerstoff auf Erden. Die Kombination ist also denkbar unwahrscheinlich.

Dennoch wird sie beobachtet, und ihre Häufigkeit in unterschiedlichen Schichten des Zahnes lässt sich in direkten Zusammenhang mit der Körpertemperatur bringen: Je geringer die Körpertemperatur des Lebewesens, desto häufiger tauchen 13C-18O Bindungen auf. Eine Erklärung für dieses Phänomen steht zwar noch aus, aber die theoretischen Berechnungen sprechen für sich und wurden nun auch in praktischen Tests bestätigt: Wissenschaftler konnten nun ihre Methode an lebenden Tieren eichen: Sie fanden einen reziproken Zusammenhang zwischen Körpertemperatur und der im Zahn vorhandenen Isotopenzusammensetzung. Mit dieser Methode fanden sie nun heraus, dass Wollhaarmammuts, die an der Nordsee lebten, eine Körpertemperatur von 30.9 °C hatten.
Und was wurde nun gemessen? Untersucht wurden die im Zahn vorhandenen Carbonate, das sind die Verbindungen, die eine 13C-18O Bindung enthalten können und daher hier von Interesse sind. Versetzt man Carbonat mit Säure, so verdrängt die stärkere Säure (hier Phosphorsäure, H3PO4) die schwächere (das ist die Kohlensäure, H2CO3) und CO2 entsteht.

Eben dieses CO2 enthält dann unsere besondere Bindung. Es liegt also ein 18O-13C-16O vor (eine besondere Bindung, zwei wären schön verdammt unwahrscheinlich). Ein Massenspektrometer bestimmt das exakte Gewicht einzelner Moleküle und kann so feststellen, dass CO2 nun 47 atomic units wiegt, statt der „normalen” (häufiger vorkommenden) 44 atomic units. Eine atomic unit entspricht ungefähr der Masse des Wasserstoffkerns, des leichtesten Atomkerns.

Das „normale” CO2 wird aber ebenso vom Massenspektrometer erfasst und quantifiziert. So lässt sich der Anteil an 47CO2 bestimmen und darüber auf die Temperatur zurückschließen.

Kommentare (10)

  1. #1 Georg Hoffmann
    Mai 27, 2010

    Hmm, interessant. Weisst du, ob es dafuer einer “organischen” Uùmgebung bedarf. Carbonate gibt es ja nun nicht nur (nichtmals hauptsaechlich) in Lebewesen.

  2. #2 Ilona Baldus
    Mai 27, 2010

    Eine organische Umgebung braucht man nicht. Die Kationen zu den Carbonaten haben jedoch einen starken Einfluss auf den 47 CO2 Anteil

  3. #3 miesepeter3
    Mai 27, 2010

    @Ilona Baldus

    Interessanter Artikel. Auf was für Ideen die Wissenschaftler/Innen so kommen. Manchmal gerät man echt ins Staunen.

  4. #4 rosarotebrille
    Mai 27, 2010

    Sicher muß dazu vorausgesetzt werden, daß die Isotopenverhältnisse C13 O18 sich nicht von den heutigen unterscheiden. Oder hat man eine andere Große, welche diese Isotopenverhältnisse zum gewünschten Zeitpunkt preisgeben?

    Es wurde eine Korrelation zw. Körpertemperatur und den Isotopen im Zahn festgestellt. Ist das wirklich mit der Körpertemperatur korelliert oder vielleicht doch mit der Zahntemperatur selbst? In letzterem Falle würde man dann eher messen, wie oft das Wollhaarvieh sein Maul offengehabt hat, wenn man noch die Lufttemperatur kennt. Und die Körpertemperatur 🙂

    Nun ist dieses Vieh eigentlich ein recht großes Tier und produziert viel Wärmeenergie. Aus diesem Grund kann ich mir kaum vorstellen, daß die 30,9°C wahr sein sollen.

    Bei den Zähnen einer Blindschleiche wäre die Messung sicher korrekt, weil deren Körpertemperatur mit der Umgebung und den Zähnen übereinstimmt.

    Aber bei einem großen Mammut? Das Ergebnis kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

    Wer mißt mißt Mist.

  5. #5 rosarotebrille
    Mai 27, 2010

    Wer mißt mißt Mist, damit meine ich nicht die Messung selbst. Die ist sicher korrekt. Aber die Interpretation des Messergebnisses ist unter diesen Umständen sehr zweifelhaft. Es wird von zu vielen anderen Größen beeinflußt.

    Selbiges gilt auch bei den radiologischen Altersbestimmungen, bei denen man sich durchaus um 5 Zehnerpotenzen nachgewiesenermaßen verschätzt hat. Eine Messung kann nur dann korrekt “interpretiert” werden, wenn man sämtliche anderen Umstände ebenfalls weiß, zumindest die wesentlichen.

    Diese Hinweise sollen all das nicht schmälern, soll nur positive Kritik sein.

  6. #6 Georg Hoffmann
    Mai 27, 2010

    @rosarot

    “daß die Isotopenverhältnisse C13 O18 sich nicht von den heutigen unterscheiden.”

    Die Isotopen sind fuer die Erde als Ganzes konstant. Allerdings werden sie teilweise zwischen den verschiedenen Reservoiren hin und her verschoben. Waehrend der EIszeit waren grosse Mengen an H216O relativ zu H218O in den EIsschilden gespeichert. Deshalb war jedes CO2 Molekuel um ca 1‰ schwerer, da das verbleidende Wasser (Ozeane, kontinentales Wasser) eben entsprechend mehr 18O hatten (denn die Summe bleibt wie gesagt erhalten).

  7. #7 rosarotebrille
    Mai 27, 2010

    @Georg Hoffmann

    Weder ist C13 noch C14 noch O18 konstant. Alles ist durch umgebende/kosmische Radioaktivität veränderbar. Und lokal schon einmal gar nicht. Aber die eigentliche Frage lautete, ob die Zahntemperatur oder wirklich die Körpertemperatur “gemessen” wird. Demnach müßte der Neandertaler oder ähnliches auch 37°C ergeben.

    Welche Körpertemperatur? Inneres oder die Haut, Kopf, Füße? Auch hier liegen völlig unterschiedliche Temperaturen vor. Welche ist für den Zahn maßgebend?

  8. #8 Georg Hoffmann
    Mai 31, 2010

    @rosarot
    “Weder ist C13 noch C14 noch O18 konstant. ”

    Doch doch. 13C und 18O sind exakt konstant, 14C hat aber einen schwankenden Produktionsterm in der Stratosphaere, die beiden anderen sind stabile Isotope. An einer Stelle, an der das Mammuth lebt, koenen sich aber beide (13C und 18O) schon aendern, aber ich nehme an, das faellt irgendwie heraus.

    Fast sicher es ist die Körperemperatur, eben da wo Zaehne und Knochen gebildet werden. Stimmt der Neanderthaler Test waere interessant.

  9. #9 Bullet
    Juni 25, 2010

    @Ilona: herzlichen Glückwunsch. Du hast offenbar eine Trollinfektion.
    Gute Besserung.

    @rrb:

    Selbiges gilt auch bei den radiologischen Altersbestimmungen, bei denen man sich durchaus um 5 Zehnerpotenzen nachgewiesenermaßen verschätzt hat.

    Wo war das nochmal?

  10. #10 Basilius
    Juli 13, 2010

    Auch wenn ich drei Wochen hinten dran bin:
    Wie kriegt man einen Troll zum Verschwinden?

    Stell’ ihm eine kluge Frage!