Das Nanoversum … unendliche Weiten …
In meinem letzten Übersichtsbeitrag bin ich auf die optischen Effekte der metallischen Nanocluster eingegangen: siehe Rotes Gold und Elektronenschaukeln
Heute möchte ich in dem grundlagenorientierten Beitrag die eigentliche Ursache für die verschiedenen Nanoeffekte diskutieren.
Erster Gedanke: Die Größe.
‘Nano‘ ist eine Größenskala, natürlich, aber ist die Größe wirklich das Entscheidende?
Genaugenommen nein. Es ist die Oberfläche.
Was kann die Oberfläche und wie wichtig ist sie?
Um diese Frage zu beantworten, betrachten wir einen Gegenstand, z.B. einen Würfel aus Eisen.
(Es hätte auch alles andere sein können, aber ich habe am Wochenende meinen Keller aufgeräumt und dort fand ich ein größeres Stück Metall – keine Ahnung, wo es herkam und welchen Zweck es einmal erfüllte, aber nun wird es ein feiner Briefbeschwerer…)
Dieser Würfel Metall besteht aus seiner Oberfläche und dem Kernmaterial, das in der Fachsprache als Bulk bezeichnet wird und die maßgeblichen physikalischen Eigenschaften bestimmt (z.B. die Leitfähigkeit). Die Meisten werden bei Oberfläche hauptsächlich an Chemie denken – z.B. Entstehung von Rost, wie ich grade sehe.
Dass für die Chemie die Oberfläche wichtig ist, ist recht offensichtlich, denn nur da, wo sich Atome berühren, können sie miteinander reagieren. Wird die Oberfläche eines Materials vergrößert, steht auch mehr Oberfläche für chemische Reaktionen zur Verfügung; oder um es mit unserem Würfel zu beschreiben: Wenn ich den Würfel walze, bekomme ich auch mehr Rost (siehe Bild: Das passiert wenn man die vergrößerte Metalloberfläche während der Saison nicht ausreichend poliert).
Eine andere Größe, die direkt mit der Oberfläche zusammenhängt, ist die elektrische Kapazität. Wenn ich ein Blech dünner walze und es dadurch größer wird, kann ich mit derselben Menge Material eine größere Kapazität erzielen. Das ist wichtig für die Weiterentwicklung von Batterien – aber dazu ein anderes Mal.
Ich könnte noch auf weitere Eigenschaften eingehen, aber das Entscheidende ist: Auf das Gesamtvolumen bezogen sind die Oberflächeneffekte und -eigenschaften vernachlässigbar (im Makroskopischen bleibt unser Material nach wie vor immer Eisen und verhält sich wie Eisen)
Nanopartikel oberflächlich betrachtet
Schauen wir uns den Übergang von makro- zu nanoskopischen Material etwas bildlicher an. Dafür machen wir mit unserem Würfel ein Gedankenexperiment und bringen ihn schrittweise in Nanogröße:
Der Würfel wird in kleinere Würfel mit halben Kantenmaß zerschnitten.
Dabei findet eine Oberflächenvergrößerung statt. Summieren wir die Oberflächen aller kleinen Würfel, ergibt dies eine Gesamtoberfläche die doppelt so groß ist wie die des einzelnen großen Würfels. Zerschneiden wir diese Würfel nun weiter, so vergrößert sich die Oberfläche entsprechend.
Die oben erwähnten Oberflächeneffekte haben eine Reichweite von bis zu 100 Nanometer, sodass, wenn der Würfel bis in diese Skala weiter zerschnitten wird (die Grenze ist dabei fließend), am Ende ein Material entsteht, das buchstäblich nur noch aus ‘Rand’ besteht. Es gibt also keinen Bulk mehr. Als Schlussfolgerung überwiegen jetzt die Oberflächeneigenschaften und das Material verhält sich nun anders als sein makroskopisches Vorbild. Oder nochmal anders:
In einem Nanopartikel dominieren die Oberflächeneffekte die Gesamteigenschaften des Materials.
Unser so gewonnenes Nano-Eisen hat nun nicht mehr viel mit dem Eisenwürfel gemein. Dabei kann man aber nicht pauschal sagen, in welchen Eigenschaften die größten Unterschiede stecken – es müssen eben nicht immer nur die chemischen Eigenschaften sein, beispielsweise ist das magnetische Verhalten hier ein vollkommen anderes.
(Ich werde in zukünftigen Beiträgen genauer auf die verschiedenen Oberflächeneffekte eingehen.)
Ist Nano besser?
Nanoskopische Materialien sind im Allgemeinen weder besser oder schlechter, effektiver oder gefährlicher, sondern anders. Es kommt auf die einzelne Situation an, ob das makroskopische oder ein oberflächendominiertes Nano-Material von Vorteil ist.
Dazu ein anschaulicher aber zugegeben etwas weit hergeholter Vergleich, der aber gut zur oben gezeigten Rüstung passt: Der Englische Feldherr lässt seine Mannen im geordneten Pulk vorrücken – ein makroskopischer Haufen.
Es können zwar nur die äußeren Waffenknechte im Randbereich direkt das gegnerische Heer attackieren, jedoch bleibt der Pulk insgesamt stabil. Und auch wenn der Haufen an sich etwas lahm ist, kann er sich darauf verlassen, dass sich der Pulk selbst bei einigen Verlusten gleich verhält – da noch genügend Pulk übrig ist. Selbst Formationsänderungen (Block, Igel, Schildkröte, …) ändern nicht die Manövrierfähigkeit oder das grundlegende Erscheinungsbild des Pulks.
Kommentare (12)