Besagte Krähenfüße sind tetrapodische Strukturen, die bereits in einem vorherigen Beitrag aufgetaucht sind (Mikrotackern: Haften auf Antihaft). Die gleichen Strukturen wurden nun von der selben Arbeitsgruppe so modifiziert, dass sie kostengünstige und robuste UV-Sensoren werden.
UV-Sensoren werden z.B. in Brandmeldern oder Wasseraufbereitern verwendet und die Anwendungsbereiche für Wirtschaft wird stetig größer. Dementsprechend ist die Resonanz auf die kürzlich veröffentlichte Arbeit der Kieler Forscher sehr groß – vor allem da das Herstellungsverfahren ohne großen Chemieeinsatz auskommt, die Anforderungen an das Labor vergleichsweise gering sind und der fertige Sensor überaus robust ist.
In den letzten Tagen gab es bereits mehrere Pressemitteilungen auf verschiedenen Portalen: Welt der Physik, Nanowerk.com, Analytica World, Chemie.de oder auch Science Daily. Für einen allgemeinen Eindruck verweise ich auf die Pressemitteilung der Uni Kiel (die Quelle, auf die sich die vorher genannten Portale beziehen); im Folgenden möchte ich aber mehr auf die Technik und Funktionsweise der Sensoren eingehen.
Herstellung
Um aus diesen Krähenfüßen Sensoren zu machen, müssen keine anderen Materialien oder Chemikalien hinzugemischt werden, es wird stattdessen der Ofenprozess etwas angepasst. Diese Anpassung wird sogar noch beeindruckender, wenn man sich den Ofen anschaut:
Denn auf den ersten Blick sieht dieses Gebilde (Bild rechts) weniger wie eine High-Tech Nanoschmiede aus, sondern mehr wie ein überfrostetes Tiefkühlfach.
Das Weiße im Ofen ist eine dicke Schicht Zinkoxid, das sich bei der Abscheidung überall ablagert. Als Sensor ist aber nur ein bestimmter Teil des Materials verwendbar, der an einer bestimmten Stelle des Ofens genau die richtigen Parameter abbekommen hat.
Der Ofen funktioniert dabei wie eine umgebaute Airbrush-Pistole, bei der das Grundmaterial (Zink-Pulver) durch eine Flamme gesprüht wird. Je nach Temperatur, Gasfluss, Gas-Partikel Gemisch und Zeit in der Flamme können so Struktur und Eigenschaften des Materials gezielt eingestellt werden:
Aber auch wenn die Herstellungsparameter sehr vielfältig sind, ist der Prozess dennoch gut kontrollierbar und vergleichsweise günstig (keine Chemikalien oder besondere Bedingungen an die Laborumgebung).
Kontaktierung
Eine Herausforderung besteht in der Kontaktierung des Materials, denn um es als Sensor verwenden zu können, muss es auf einen Chip oä. aufgebracht werden. Hier zeigt sich der große Vorteil der Methode: Um die Tetrapoden auf einem Chip abzuscheiden, wird dieser lediglich kurz über die Flamme gehalten.
Wenn alles funktioniert, erhält man eine zusammenhängende Kette aus Krähenfüßen, die zwischen zwei Metallkontakten (üblicherweise Gold) aufgehängt sind [2].
Funktionsweise
Der Mechanismus, mit dem diese Strukturen UV-Licht detektieren, unterscheidet sich von denen, die ich in vorangegangenen Nanoversum-Beiträgen vorgestellt habe (Plasmonenresonanz oder Photochromie bei schaltenden Molekülen).
In diesem Fall ist die kristalline Struktur der Tetrapoden an sich teilweise leitfähig: Der innerer Bereich der Kristallle ist leitend, der äußere Bereich dagegen durch Oberflächeneffekte, die durch Sauerstoffanreicherungen erzeugt werden, isolierend. Der Schlüssel liegt in der Verkettung der Tetrapoden. Auch wenn sich die Arme der Tetrapoden überschneiden und durchwachsen, bleiben sie elektrisch voneinander isoliert. Durch UV-Einstrahlung ändert sich das aber signifikant:
“Durch das UV-Licht werden Sauerstofffehlstellen erzeugt, die durch Bandverbiegung die Leitfähigkeit drastisch erhöht. Wenn dann der Einfluss der Fehlstellen im äußeren Bereich im Verhältnis zum Volumen hinreichend groß ist (der Grundsatz bei Nano), erhält man einen deutlichen, schönen Sprung im Signal. Die Ansprechzeit ist dabei im Verhältnis zu vergleichbaren System relativ kurz.” (Ingo Paulowicz, Koautor der Veröffentlichung [3])
Auf dem folgenden Bild ist sind leitenden Bereich dunkel und die isolierenden hell eingefärbt. Durch die UV-Strahlung wird das Material so angeregt, dass sich der leitende Bereich vergrößert. Ist die Überschneidung der Arme groß genug, so entsteht ein leitfähiger Kanal durch die gesamte Kette. Wird das UV-Licht ausgeschaltet, so werden die einzelnen Tetrapoden wieder isolierend.
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