Meteorologie ist die Lehre von dem, was »über den Bergen« oder buchstäblich zwischen Himmel und Erde ist. Ein kurzer Blick auf die lange Geschichte einer besonderen Wissenschaft.
Ihren Ursprung als wissenschaftliche Disziplin hat die Meteorologie wie so viele andere Gebiete der Naturforschung und der Philosophie bei Aristoteles. Er prägte mit seiner Abhandlung Meteorologica um 340 v. Chr. nicht nur den Begriff der Meteorologie, sondern legte auch für viele Jahrhunderte fest, welche Phänomene ihr zugehörten.
Ähnlich wie er es auch in anderen Gebieten praktizierte, entwarf Aristoteles eine stringente Systematisierung und Deutung der meteorologischen Phänomene. Dabei benutzte er jenen begrifflichen Apparat, den er auch in anderen Bereichen seiner Naturphilosophie zur Anwendung brachte, etwa seine Ursachen- und Elementenlehre. Sein auf umfassende Erklärung zielender Denkansatz ging mit der Wiederentdeckung und Rückübersetzung des aristotelischen Textkorpus aus dem Arabischen im 12. Jahrhundert in die scholastische Philosophie ein und wirkte dort, etwa bei Albertus Magnus, als Teil der systematischen Erklärung der Welt fort.
Wie das Wetter morgen wird, interessierte hingegen weder Aristoteles noch Albertus. Für die Geschichte der Meteorologie als Wissenschaft jedoch wurde die Wettervorhersage zum zentralen Aufgabengebiet schlechthin. Denn nicht nur das für das persönliche Alltagsleben, sondern auch in der Landwirtschaft und nicht zuletzt für die Kriegsführung war eine Prognose des künftigen Wetters seit altersher von lebenswichtiger Bedeutung.
Auch die Geschichte der Wetterprognose beginnt mit einem bedeutenden Autor der Antike, mit Ptolemaios. Ptolemaios behandelte in seinem Grundlagenwerk der Astrologie, dem sogenannten Tetrabiblos, auch das Wetter und leitete dessen Entwicklung aus den Konstellationen der Wandelsterne, der Planeten, ab. Hinter diesem Vorgehen stand die Vorstellung, dass die Vorgänge auf der »sublunaren« (unter dem Mond befindlichen) Erde von den »supralunaren« (über dem Mond befindlichen) Vorgängen am Himmel beeinflusst würden. Kannte man – dies war das Geschäft der Astrologie – die Beziehungen zwischen den Sternen und den ihnen zugeordneten Elementen, Regionen und Phänomenen, so konnte man aus den vorausberechneten Gestirnkonstellationen Prognosen unter anderem auch für das Wetter ableiten.
Die Astrometeorologie als Teilgebiet der Astrologie bot damit einen doppelt leistungsfähigen Weltentwurf, der sowohl die Erklärung als auch die Prognose der meteorologischen Phänomene erlaubte. Von seiner Attraktivität zeugen die zahlreichen Traktate und Handschriften, die bis weit in das 16. Jahrhundert hinein auf hohem technischen Niveau verbreitet wurden. Die Planetenpositionen für einen bestimmten Beobachtungsort wurden ihrerseits von Astronomen regelmäßig in Übersichtswerken, den sogenannten Ephemeridentafeln, auf Jahre im Voraus zusammengestellt, publiziert und waren somit leicht zugänglich.
Die Erfindung von Messinstrumenten
In der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden binnen weniger Jahrzehnte mit dem Thermometer und Hygrometer die Wärme und die Feuchte der Luft einer quantitativen Bestimmung zugänglich. Noch folgenreicher war ein anderes Instruments, das zunächst gar nichts mit dem Wetter zu tun hatte, sondern im Kontext der komplexen naturphilosophischen Debatte um die Existenz des Vakuums entstand: Mit der Erfindung des Barometers in den 1740er Jahren betrat jene physikalische Größe die Bühne der meteorologischen Arbeit, die sich schon bald als zentraler Parameter für die Beschaffenheit und zukünftige Entwicklung des Wetters erweisen sollte: der Luftdruck. Mit der Erfindung und Erforschung der Instrumente begann in der Meteorologie ein neues Kapitel. Fortan konnten die Wetterphänomene nicht nur beobachtet, sondern, sofern die Messgeräte identisch oder vergleichbar waren, auch quantitativ bestimmt und damit über Ort und Zeit hinweg verglichen werden. Welcher Art die Beziehungen zwischen den möglich gewordenen Messwerten sein sollten, war freilich völlig unklar.
Wetterkarten und Sturmwarnungen
Waren die Instrumente die zentrale Erfindung des 17. und das standardisierte Messnetzwerk die wichtigste Erfindung des 18. Jahrhunderts, so steuerte das 19. Jahrhundert das geeignete Medium zu ihrer Auswertung bei: die Wetterkarte. Die Grundidee entwickelte der Breslauer Gelehrte Brandes um 1816, als er auf die Idee kam, die Angabe des Luftdrucks auf einen Mittelwert zu beziehen und alle Werte als Abweichungen von diesem Mittelwert auszudrücken. Brandes konnte auf diese Weise etwa aus einer Datenreihe Gebiete tiefen Luftdrucks und um sie herum Linien ansteigender Luftdruckwerte identifizieren und mit Sturmwetter in den entsprechenden Gegenden in Verbindung bringen.
Mit den neuen Möglichkeiten, dank Eisenbahn und Telegraphie räumliche Entfernungen für Menschen und für Nachrichten schnell zu überbrücken, änderte sich ab der Jahrhundertmitte allmählich die Rolle der Wetterkarten. Eine der Sensationen der ersten Weltausstellung 1851 war eine tagesaktuelle Wetterkarte, die jeweils die telegraphisch übermittelten Werte der verschiedenen Wetterstationen enthielt. Zusammen mit dem inzwischen mit Hilfe der Karten entwickelten Verständnis, dass sich Tiefdruckgebiete auf der Nordhalbkugel mit bestimmten typischen Geschwindigkeiten von West nach Ost bewegten, war damit ein echtes Mittel für eine Wetterprognose gegeben.
Die Meteorologie geht in Die Dritte Dimension
Die sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelnde Luftfahrt stellte die Meteorologie sowohl vor neue Möglichkeiten als auch vor neue Herausforderungen. Nun reichte es nicht mehr aus, nur das Bodenwetter zu registrieren und zu prognostizieren, sondern die Piloten brauchten auch Informationen über das Wetter in größerer Höhe. Gleichzeitig boten die Flugzeuge die Möglichkeit zu meteorologischen Erkundungsflügen. Beides lief, zusammen mit den etwa gleichzeitig entwickelten unbemannten Ballonsonden, auf die Erschließung der Höhe als dritter Dimension der Meteorologie hinaus.
Schneller Rechnen als sich das Wetter ändert. Einen zweiten Versuch zur physikalischen Berechnung des Wetters initiierte kurz nach dem Ersten Weltkrieg der englische Meteorologe Lewis Fry Richardson. Seine Grundidee bestand darin, ein virtuelles dreidimensionales Gitternetz über das Vorhersagegebiet zu legen, und die mathematischen Berechnungen »nur« für diese Gitterpunkte durchzuführen.
Damit wies er den entscheidenden Schritt zur numerischen Bewältigung des Problems, scheiterte jedoch für alle praktischen Zwecke an dem immer noch immensen erforderlichen Rechenaufwand. Mehrere Wochen rechnete er im Jahr 1922 mit seinen Mitarbeitern, um nur für einen einzigen Nachmittag die Veränderungen in der Atmosphäre zu bestimmen! Nur eine Generation später begann mit der Einführung der elektronischen Rechner sein Traum von der Berechenbarkeit des Wetters Wirklichkeit zu werden. Bis heute ist es dabei geblieben, dass meteorologische und klimatologische Modellrechnungen einen guten Teil der Rechenzeit an den Höchstleistungsrechnern der jeweils neuesten Generation beanspruchen. Das Datenmaterial für immer präzisere Modellierungen und immer bessere Prognosen bieten ihnen heute die immer leistungsfähigeren Wettersatelliten. Wie in den letzten 200 Jahren werden auch heute die neuesten Möglichkeiten der Kommunikation und der mathematischen Methoden für die Meteorologie eingesetzt, denn das Verständnis und die Vorhersage des Wettergeschehens bleiben von großer Komplexität und elementarer Wichtigkeit für die Menschheit.
– Beate Ceranski
Beate Ceranski publiziert auch in Kultur & Technik, der Mitgliederzeitschrift des Deutschen Museums.
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