Private Haushalte verbrauchen viel Energie, mit ca. 26% des Gesamtenergiekonsums fast so viel wie die Industrie. Angesichts des ungelösten Problems einer zukünftigen und nachhaltigen Energieversorgung unseres energieintensiven Lebensstils stellt sich die Frage, in welcher Weise Privatpersonen zu einem nachhaltigeren Energiekonsum und damit zum Klimaschutz beitragen können.
Von Nina Lorkowski
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion wurde darüber am 28.10.2010 im Ehrensaal des Deutschen Museums debattiert. Veranstaltet in einer Kooperation aus dem Projekt „Geisteswissenschaften im Dialog”, dem Deutschen Museum, dem BMBF-Forschungsprojekt „Objekte des Energiekonsums” und der „Energieroute der Museen” der Leibniz-Gemeinschaft diskutierten Prof. Dr. Manuel Frondel (Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung), Prof. Dr. Gerd Michelsen (Institut für Umweltkommunikation der Leuphana Universität Lüneburg und Dr. Nina Möllers (Deutsches Museum) unter der Moderation von Susanne Poelchau (Wissenschaftsredaktion des Bayerischen Rundfunk) zum Thema „Wie energielastig ist unser Konsum. Elektrizität – vom Hoffnungsträger zum Problemfall”.
Die Klima- und Energiediskussion fordert Lösungen im Bereich des politischen und des individuellen Handelns.
Energie ist längst zu einem Bestandteil öffentlicher Debatten geworden. Klimawandel und globale Konflikte als Folge unseres Energiekonsums fordern Lösungen, die zum einen im Bereich des politischen, zum anderen im Bereich des individuellen Handelns liegen. Nina Möllers macht in der Diskussion deutlich, wie klärend hier ein Blick in die Konsum- und Technikgeschichte sein kann.
Mit dem Einzug technischer Geräte in den Privathaushalt haben sich Konsumgewohnheiten und kulturelle Werte sukzessive gewandelt. Einleuchtend veranschaulicht Möllers dies am Beispiel des Wandels von Hygienestandards. Der enorme Anstieg des Wäschewechsels und folglich auch des Waschens, zwischen 1968 – also nachdem der Waschvollautomat massenhaft in die Privathaushalte eingezogen ist – und 1988, macht deutlich wie Sauberkeitsvorstellungen und die Empfindsamkeit gegenüber Schmutz und Geruch fortgeschritten sind.
“Selbstverständliche” Konsumgewohnheiten hinterfragen
Konsumgewohnheiten die zu einer unhinterfragbaren Selbstverständlichkeit geworden sind oder die verkürzte Lebensdauer der Geräte, stellen Probleme dar, die aus der Geschichte unseres Energiekonsums resultieren. Indem diese „Selbstverständlichkeiten” wieder in die Aufmerksamkeit gerückt werden, lassen sich sinnvolle Anreize für ein umweltverträglicheres Konsumverhalten schaffen. Auch Gerd Michelsen stellte in seiner Untersuchung über Vermittlungsmöglichkeiten energiesparenden Handelns fest, dass diese besonders dann erfolgreich waren, wenn die KonsumentInnen ihre Energieeinsparungen anhand einer Anzeige ablesen konnten. Energie wurde für die Verbraucher wieder „sichtbar”.
Ein energieeffizienter Umgang mit Haushaltstechnik bedeutet aber nicht nur Aufmerksamkeit gegenüber dem elektrischen Verbrauch während das Gerät in Betrieb ist, sondern Berücksichtigung der gesamten „Lebensdauer”, betont Michelsen. Das heißt Geräte sollten nicht nur energieeffizient arbeiten, sie sollten vor allem auch lange halten. In einer Veränderung unserer Konsumgewohnheiten bezüglich der Häufigkeit von Neuanschaffungen und einer sparsamen Nutzungsweise der Geräte liegt also ein erhebliches Potential zum Klimaschutz beizutragen.
Energiesparlampen einschrauben genügt nicht.
Frondel kritisiert jedoch, dass vielfach am falschen Ende gespart würde. Die „Verteufelung des Stroms” – die er im Ausschalten von Standby-Geräten oder im Zwang zur Energiesparlampe sieht – koste die Verbraucher in erster Linie Zeit und Mühe. Der Beitrag zum Klimaschutz sei hingegen gering. In Hinblick auf den Klimaschutz verringert der Emissionshandel das Energiesparpotential der KonsumentInnen erheblich. Frondels Einwand basiert auf einer sehr verkürzten Darstellung des Prinzips des Handels mit Emissionszertifikaten. Seine geringere Einschätzung der Handlungspotentiale privater VerbraucherInnen ist dennoch berechtigt, da diese ohne nachhaltige politische Strategien wenig Wirkung haben. Es muss um weit mehr gehen, als den Stecker zu ziehen und Energiesparlampen einzuschrauben. Ebenso Wichtig ist die Nachhaltigkeit der Energieversorgung und die technische Infrastruktur die ohne sinnvolle politische Maßnahmen nicht zu verwirklichen sind.
Während an diesem Abend die drei Experten und auch das zahlreich anwesende Publikum angeregt miteinander diskutierten setzten am gleichen Tag in Berlin Union und FDP die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke durch. Doch nicht zuletzt die hohe Beteiligung des Publikums an diesem Abend macht deutlich, dass sich die Aufmerksamkeit gegenüber dem privaten Energiekonsum gewandelt hat und dass dieser ein Problem darstellt das bisher nur unzureichend gelöst wurde.
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Von Nina Lorkowski // Die Autorin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Geschichte der Technik im Deutschen Museum.
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