Damit war es mir überhaupt erst möglich aus den verschiedenen Geräten ein funktionierendes Mikroskop zu bauen – ohne µManager könnten die einzelnen Komponenten nicht mit einander reden. Es steckt ziemlich viel Arbeitszeit in dem Mikroskop, aber das hat sich auch gelohnt. Wenn man alle Anschaffungskosten zusammenrechnet, landet man bei ungefähr 300 000 Euro. Wenn man so ein Ding fertig bestellen würde, hätte man gut das dreifache an Kosten, und es wäre nicht möglich noch irgendwas dran zu bauen. Ganz abgesehen davon, dass man bei den meisten Herstellern nicht so einfach an die Rohdaten der Bilder kommt, die ich dringend für meine Auswertung brauche. Der “Trick” bei der Mikroskopietechnik an der ich arbeite ist nämlich, dass man auf sehr vielen Bildern Mathematik macht um die Auflösung des Mikroskops zu verbessern und ganz nebenbei auch noch zwei Farben und eine dreidimensionale Darstellung erhält. Aber darum soll es hier jetzt nicht gehen.

So sieht mein Mikroskop aus...

µManager in Aktion. Der Desktops des Steuercomputers an unserem SD-dSTORM (Bild: CC-BY 4.0 André Lampe)

Mit dem µManager Paket kann man noch ganz andere Sachen machen, nicht nur an neuen Mikroskopen bauen. Auch bei den Arbeitstieren, also den Standard-Mikroskopen, macht es Sinn über µManager nach zu denken. Wenn man nicht direkt ein fertig zu benutzendes Mikroskop aus dem Katalog bestellt*, sondern ein Mikroskop aus einzelnen Komponenten selbst zusammen stellt, kann man jede Menge Geld sparen. Das können durchaus mal 50% bis 70% Ersparnis sein, so das man dann noch Fördermittel für Gerätschaften und andere Dinge übrig hat. Und die Ansteuerung von so einem Eigenbau funktioniert nur mit µManager. Ich hoffe, dass man ein bisschen verstehen kann, warum ich so von dieser Geschichte begeistert bin. Oft sind noch jede Menge Ideen übrige, am Ende des Geldes, und da ist die investierte Arbeitszeit in einen Mikroskop-Eigenbau eine großartige Möglichkeit mehr zu forschen. Dafür ist nur etwas technisches Verständnis nötig und die Bereitschaft, sich auch mal ein bisschen mit Software auseinander zu setzen.

Was hat er denn?

re:publica 15 - FINDING EUROPE

Ich hab mich auf der re:publica 2015 um einen Vortrag zu diesem Thema beworben, und ich wurde angenommen! Anfang Mai findet diese große Web 2.0 Konferenz in Berlin statt, die es schon seit 2007 gibt. Diese ganze Geschichte um ImageJ und µManager wird vor allem von der Community getragen, also von den vielen Leuten, die ihre Plug-Ins in Netz stellen, die weiter entwickeln und Hilfe anbieten für Menschen, die nicht programmieren können. Ich glaube das passt ganz gut in den Themenbereich “Digitale Gesellschaft” hinein. Zudem will ich in dem Vortrag darauf eingehen, wie man Forschungsgelder sparen kann. Auf der einen Seite um mehr Forschung machen zu können, aber zum Anderen ermöglicht ein niedrigere Preis, dass auch Labore mit deutlich weniger Geld an der Forschung teil haben können, zum Beispiel in zweit und dritt-Welt Ländern. Alles will ich natürlich noch nicht verraten, aber einen kleinen Ausblick kann ich geben: Am Ende geht es um einen Wissenschaftlichen Artikel, der zeigt wie man für knapp 20 000 Euro ein Hochauflösungsmikroskop bauen kann, dessen kommerziell verfügbares Äquivalent nicht unter einer Million Euro zu haben ist.

Warum rede ich die ganze Zeit vom Geld? Naja, Money makes the world go around – das trifft auch auf die Forschung zu. Darunter liegt aber noch etwas ganz anderes verborgen, dass für einen Außenstehenden nur schwer zu erkennen ist und das viele Wissenschaftler anscheinend vergessen haben: Zur Wissenschaft gehört auch das Basteln und Erfinden. Hier gilt nicht “Was nix kostet, taugt auch nix”. Damit etwas in einem Katalog einer Firma steht, gerade wenn es um Equipment für Wissenschaft an der Forschungsgrenze geht, steht dieses Ding vermutlich nur im Katalog, weil ein paar Jahre zuvor ein Doktorand das gebaut hat, und in einem Wissenschaftlichen Artikel erklärt hat, wie das funktioniert. Manchmal kommt es mir so vor, dass es Wissenschaftler gibt, die nur das fertig zu kaufende Gerät als ein “richtiges” Gerät ansehen. Es gibt viele Bereiche, gerade in den Lebenswissenschaften, für die es vollkommen OK ist nur Geräte aus einem Katalog zu benutzen, um ihre Forschung zu machen. Aber zu glauben, dass Forschung NUR so geht ist die beste Wegbeschreibung zum Holzweg.

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Kommentare (10)

  1. #1 Kassenwart
    11. April 2015

    @ André Lampe

    Hut ab für so viel Einsatz! Finde ich großartig!
    Hoffe man kann hier über ihren Vortrag bei der re:publica lesen (nachdem sie ihn gehalten haben)?

    • #2 André Lampe
      11. April 2015

      Das wird man hier ganz sicher lesen können!

  2. #3 Ludger
    11. April 2015

    Bei diesem Blogpost habe ich gestaunt. Die Gründe kann man an den folgenden exemplarischen Zitaten aus dem obigen Text erkennen:

    Und da ImageJ und alle Plug-Ins open Source waren, haben sich einige Menschen an der University of California, in San Francisco, zusammen gesetzt, Geld beantragt und im Prinzip ein großes Plug-In gezaubert, dass alle möglichen Geräte ansteuern kann.

    und

    Am Ende geht es um einen Wissenschaftlichen Artikel, der zeigt wie man für knapp 20 000 Euro ein Hochauflösungsmikroskop bauen kann, dessen kommerziell verfügbares Äquivalent nicht unter einer Million Euro zu haben ist.

    Menschen tun was für die Menschheit und Geld ist nicht die Hauttriebfeder. Das gibts zwar auch woanders (Linux zum Beispiel), ist aber doch bemerkenswert.

    • #4 André Lampe
      12. April 2015

      Es gibt solche Aktionen, ohne Geld als Haupttriebfeder, überraschend oft in der Forschung. Wenn man nur ein bisschen sucht, findet man schon sehr viele Beispiele. Zum Beispiel auch cellimagelibary oder ApE. Oft wird das aber gar nicht in dem Maße herausgestellt, wie diese Projekte es eigentlich verdient hätten. Wir werden auch die Software unserer Hochauflösungsmikroskopie-Technik als open source ins Netz stellen. Ich hätte da keinen Vorteil von, wenn ich das für mich behalten würde.

  3. #5 Karl Mistelberger
    12. April 2015

    > Ich hoffe, dass man ein bisschen verstehen kann, warum ich so von dieser Geschichte begeistert bin.

    Für den Ingenieur war das frühe Windows mit seiner Speichersegmentierung einfach PITA. Da kam für mich nur ein richtiges Schweizermesser in Frage.

    Spätestens seit August 95 benutzte ich Linux. Dieses Betriebssystem litt anfangs sehr unter dem Getrolle der Microsoft Code Monkeys, die mit ihren smart features eifrig Sand ins Getriebe kippten.

    Um die Jahrtausendwende begannen offene Datenformate sich durchzusetzen. Linux und seine Derivate (z.B. Android) breiteten sich aus, nicht auf dem Desktop, sonst aber überall.

    Maßgebend für den Erfolg war die Lizenzierung. Sie ermöglichte freie Benutzung, auch für Firmen, die damit Geld verdienten, verhinderte aber das weit verbreitete Foulspiel, anderer Leute Ideen in proprietäre Software umzuwandeln.

    97 Percent Of The World’s Top 500 Supercomputers Run Linux

    Und auf meinem Computer läuft openSUSE.

  4. #6 strahlenbiologe
    12. April 2015

    Schöner Artikel. Wir haben bei uns im Labor auch ein Mikroskop mit ImagJ und µmanager zusammengebaut, ein Lebendzelll-1D-FRAP an einem Widefield-Fluoreszenzmikroskop. Ein Kollege hat dafür knapp ein 3/4 Jahr gebraucht. War eine echte Mist-Arbeit. Laser, drei LEDs, UV-Lampe, Filter, Shutter, CO2, Temperatur, und nicht zuletzt der xy-Tisch; bis das alles so funktioniert hat wie wir wollten sind einige Flüche den Bach runter 😀
    Das ist halt der Nachteil von “Selbstgebasteltem”, bei Zeiss und Co. bekommst du alles out-of-the-box und ziemlich Idiotensicher in der Anwendung, dafür must du halt blechen.

    • #7 André Lampe
      12. April 2015

      Ja, das stimmt, es kann schonmal auch länger dauern und nicht gleich funktionieren. Für ein Standard WeitFeld geht es aber ganz gut. Aber vor allem will ich ja gar nicht sagen, dass man IMMER alles selber bauen muss – man kann es mal in Erwägung ziehen. Viele Out-of-the-Box Mikroskope von diversen Herstellern wie Nikon, Zeiss, Leika, Olympus, GE oder anderen sind gar nicht schlecht. Ich wollte hier heraus stellen, dass die Möglichkeit “Eigenbau” teilweise erhebliches Potential haben kann.

      Danke für deinen Kommentar und auch für das Lob! 🙂

  5. #8 Karl Mistelberger
    13. April 2015

    Nicht alles kann man kaufen. Und immer wieder einmal findet Selbstgebasteltes große Anerkennung: frequency comb synthesiser

  6. […] eure Software benutzt, dann macht sie Stand-Alone oder als Plugin für ImageJ, über das ich hier schon einmal was geschrieben habe. Im aktuellen Beispiel war es ein mittlerer, dreistelliger […]

  7. […] Am fünften Mai 2015 hab ich bei der re:publika einen Vortrag gehalten mit dem Titel “A small world made better by the internet – an example with microscopes”. Es ging darum wie der open-source-Gedanke, also frei zugängliche und offene Software, die Welt der Mikroskopie nachhaltig beeinflusst hat. Vor allem wie wichtig die Bildauswertungssoftware ImageJ für ein ganzes Forschungsfeld gewesen ist. Darüber habe ich auch schon ausführlich gebloggt: Die Frage nach der Software. […]