In der Naturwissenschaft gehört ein Computer auf jeden Fall zum Arbeitsplatz eines Wissenschaftlers. Ich will hier gar nicht darüber reden, warum Physiker eher LaTex benutzen um ihre Artikel und Arbeiten zu schreiben und Biologen eher Word und Endnote, es gibt Argumente für beide Ansätze, wenn man Endnote* mal außen vor lässt. Ich bin aktuell frustriert von Software die von ein paar Wissenschaftlern geschrieben wurde. Nicht das die Software schlecht ist, ich kann das nicht beurteilen, weil ich sie nicht zum laufen bekomme. Aber ich muss sie zum laufen bekommen, weil ein Wissenschaftler, der gerade einen Artikel von uns beurteilt, uns diese Software vorgeschlagen hat um unsere Daten zu analysieren. Aber der Reihe nach…
Ich habe in der Gegen herum geforscht und möchte jetzt die Früchte meiner Arbeit der Welt mitteilen, in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung. Im Moment funktioniert das wie folgt: Man schickt sein Manuskript mit den Grafiken zu einem wissenschaftlichen Journal, die beurteilen ob das ein Artikel ist, der ins Journal passt und ob da nicht nur Blödsinn drin steht. Dann wird dieses Manuskript an Wissenschaftler raus geschickt, die ein Gutachten erstellen. Die Wissenschaftler bleiben für uns anonym** und das Journal übermittelt uns dann die Anmerkungen und Fragen der Gutachter. Dabei kann heraus kommen, dass die Gutachter keine Veröffentlichung empfehlen, noch einiges an Experimenten gemacht werden muss, lediglich ein paar Fragen beantwortet werden müssen oder ein paar mehr Daten gezeigt werden müssen oder, dass das Manuskript so wie es ist akzeptiert ist. Letzteres passiert extrem selten, ich hab es jedenfalls noch nicht erlebt. Wir hatten Glück mit unserem Artikel, und es waren lediglich ein paar Fragen offen, die wir beantworten mussten. Durchweg konstruktive Kritik kam von den Gutachtern, auch die Anmerkung, dass wir doch mal “diese eine Software” aus “dieser” Veröffentlichung benutzen sollten, um einen Parameter zu bestimmen. Ich hatte das mit einer anderen Methode getan. Der verlinkte Artikel diskutierte diesen einen Parameter ziemlich umfassend und die Software schien auch mehr Informationen aus den Daten bestimmen zu können als meine Methode. Also hab ich die Software herunter geladen.
Abhängigkeit
Nach einem Download von knapp 140MB mit Beispieldaten war ich frohen Mutes das unser Manuskript jetzt noch besser werden würde. Ich war im Begriff eine Software eines anderen Wissenschaftlers zu benutzen, der sie genau für Leute wie mich geschrieben hat – das ist Forschung!
[…hier bitte Fehlermeldungsgeräusch vorstellen…]
Nicht ganz. Ich hatte die Software herunter geladen, aber als ich das PDF mit der Anleitung öffnete, sah ich was zu tun ist “before you start”. Zwei Installationspakete von National Insturments sollte ich runter laden, da die Software in einer Umgebung geschrieben wurde, die LabView heißt. Ist jetzt auch kein großes Problem, noch zwei andere Dateien herunter laden. Ging auch ganz fix. Und lassen wir auch mal außen vor, dass mir die Installation dieser “Runtime” meine Grafikkarteneinstellungen zerschrotet hatte und ich Zeitweise nur 640×480 Pixel in 265 Farben gesehen habe. Passiert. Aber dann kam der Knackpunkt an der Geschichte: Ich hatte diese Umgebung, in der die eigentliche Software der Wissenschaftler überhaupt erst laufen kann, nicht wirklich installiert, ich hatte eine 30 Tage Shareware installiert. Nach 30 Tagen wird also der Spaß vorbei sein, dass ich die Software nutzen kann. Eine Software die aus eine Forschungsarbeit entsprungen ist, die vermutlich von der öffentlichen Hand oder einer Stiftung finanziert worden ist. Ich hab dann mal bei der Firma angerufen, und nach einem Preis gefragt: Eine Einzelplatzlizenz würde 465€ kosten, allerdings mit 10% Rabatt, da wir ein Forschungsinstitut sind. Für die Laufzeitumgebung, nicht für das Programm selbst. Das gab es ja vom Wissenschaftler gratis, nur kann man damit ohne diese Laufzeitumgebung nichts anfangen.
Ich will die Firma jetzt gar nicht für ihre Preispolitik kritisieren, ich möchte jeden Wissenschaftler der Software bastelt auf folgendes hinweisen: Freunde, nur weil eure Uni oder euer Institut eine Lizenz von irgend einer Softwareumgebung hat (Mir fallen spontan LabView (s.o.), MatLab und Origin ein), heißt das noch lange nicht, dass das für jede Uni oder jedes Institut gilt. Wenn ihr wollte das jemand anderes eure Software benutzt, dann macht sie Stand-Alone oder als Plugin für ImageJ, über das ich hier schon einmal was geschrieben habe. Im aktuellen Beispiel war es ein mittlerer, dreistelliger Betrag. Ich hatte vor zwei Jahren ein Erlebnis mit einem anderen Softwarepaket, dass ich gerne für meine Arbeit benutzt hätte. Dafür wären knapp 6000 Euro, in Worten sechstausend Euro, für eine Einzelplatzlizenz fällig gewesen. Nicht für die Software selbst, für die Umgebung*** in der sie läuft, wohlgemerkt. Damals wie heute wollte ich lediglich ein kleines Stück Software ausprobieren – nicht zwangsläufig benutzen sondern ausprobieren ob diese Software was taugt für die Arbeit die wir hier machen. Da kann ich ja heute noch von Glück reden, dass ich im aktuellen Fall 30 Tage Shareware benutzen kann. So kann ich – hoffentlich – wenigstens den Gutachter unseres Artikels glücklich machen. Allerdings stürzt mir das Ding ab, im Moment, aber das klappt schon irgendwie.
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