Verständnis
Es wäre fast soweit gekommen, dass ich diesen Artikel nicht hätte schreiben dürfen. Auch ich habe am Anfang meiner Doktorarbeit angefangen eine Software zu schreiben. Meine Kenntnisse im programmieren sind aber beschränkt, ich habe das mal in der Schule gelernt, während des Studiums habe ich nie programmiert. Erst in der Diplomarbeit wurde das wieder akut, und ich habe angefangen das programmieren neu zu lernen. Allerdings bewegen sich meine Sprachkenntnisse bei Programmen ungefähr auf dem Niveau eines Dreijährigen: Kurze Sätze gehen, “Pipi” und “Kaka” einbauen sind das coole Ding und bei mehr als zehn Sätze wird alles zusammenhangloses Gefasel das zu nichts führt. Daher habe ich auch angefangen in so einer kommerziellen Umgebung “zu programmieren”, wie eine von den zweien die ich oben schon angesprochen habe. Ich habe damals MatLab benutzt, eine Umgebung in der man sich seine Programme (teilweise) zusammen klicken kann und sich keine Sorgen um Speicher oder Datenstrukturen machen muss. Zum Glück lief das alles sehr langsam, funktionierte auch nicht gut und daher habe ich mir Hilfe geholt. Ohne Georgi Tadeus, damals Diplomand in unserer Gruppe, würde unsere Mikroskopietechnik nicht funktionieren, an der ich jetzt über vier Jahre gearbeitet habe. Er nahm den Kram den ich zusammen geklöppelt habe, und hat daraus ein schnelles Programm mit einer schönen Benutzeroberfläche gemacht, dass man einfach runter laden kann, installiert und dann läufts. Ich hätte das aber wirklich nicht ohne Unterstützung tun können, oder besser gesagt: Das wäre ohne Georgi nie passiert, der arme Kerl hatte die ganze Arbeit.
Sobald wir mit den letzten kleinen Änderungen an der Benutzeroberfläche und der Anleitung fertig sind, werden wir die Software als open source auf GitHub stellen. Ich bin sehr glücklich darüber. Und nach dem ganzen Ärger mit Software von anderen Leuten, die ich so gerne benutzt hätte, es aber wegen einer befristeten oder kostspieligen Laufzeitumgebung nicht ging, hoffe ich auch, dass irgendjemand mal unsere Software ausprobiert und benutzt. Ja vielleicht sogar in den Code rein schaut und sie weiter entwickelt. Das würde mich wirklich freuen. Ich hatte Glück, dass mir gerade der richtige Typ über den Weg lief. Damit diese ganze Geschichte nicht nur auf Glück beruht sollten Gruppenleiter, Institutschefs und vielleicht auch Leute noch einige Stufen höher anfangen die Interdisziplinarität nicht nur in Kooperationen zu verwirklichen. Vielleicht sollten sie auch mal schauen, ob man nicht einen Informatiker anstellen könnte oder das IT-Wissen bei den Leuten aus dem eigenen Feld fördert. Aber ich fürchte, dass es noch eine ganze Weile so weiter geht, wie ich es oben beschrieben habe. So lange die Nutzbarkeit von Computerprogrammen aus sehr angewandter Wissenschaft (z.B. Experimentalphysik oder Biologie) nicht einen hohen Stellenwert hat, wird sich da so schnell nichts ändern. Auch habe ich immer mal wieder festgestellt, dass gerade in den Lebenswissenschaften, die Fähigkeit eine Software zu schreiben eher als mogeln angesehen wird und nicht als etwas das gefördert werden sollte. Also, Zukunft, bitte überrasch’ mich!
Fußnoten:
* Software, die Wissenschaftliche Literatur verwaltet und in Word einbinden kann. Kostenpunkt: 250 Dollar pro Lizenz. Hersteller: Thomsen Reuters, die Agentur die auch den Impact Factor an Journale vergibt. Verbreiteter Standard in der Biologie, was mir unbegreiflich ist.
** und sie werden auch nicht bezahlt für ihre Arbeit.
*** MatLab mit knapp 12 Toolboxes kostet, nach Rabatt, tatsächlich so viel.
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