tl;dr     Haare werden im Alter weiß und nicht grau, veranschaulicht an Mikroskopbildern.

Das man älter wird merkt man nicht nur an zunehmendem Zynismus und an länger andauernden Regenerationsphasen nach Alkoholabusus. Die Frage “Sollen wir auch ein bisschen färben?” beim Friseur ist dann doch wohl ein deutliches Zeichen für Weisheit – nicht Weisheit der Haarschneidefachkraft, Weißheit der Haare. Haare werden nicht grau, wie es der Volksmund sagt, Haare werden weiß oder farblos. Die Ursache dafür ist vermutlich eine mangelnde Produktion der Aminosäure Tyrosin, die für die Produktion von Melaninen gebraucht werden. Melanine sind Pigmente, die auch der Haut und den Augen ihre Farbe geben. Das Fehlen dieser Pigmente kann man allerdings nicht darauf zurück führen das dem Körper irgendetwas fehlt und er einfach nicht mehr farbige Haare produzieren kann, sondern der Rückgang von melanozyten Stammzellen. Wer darüber mehr erfahren möchte kann mal in das Kapitel Melanocyte stemm cells rein schauen, aus dem Buch StemBook des Harvard Stell Cell Institutes. Aber jetzt mal zu meinen Haaren.

Zwei meiner Kopfhaare.

Zwei meiner Kopfhaare. Anklicken für große Version (640×784 Pixel). (Bild: CC-BY 4.0 André Lampe)

Wie oben schon gesagt, keine Spur von grau zu erkennen, das eine Haar ist weiß beziehungsweise farblos. Der Anschein von grau entsteht durch das Zusammenspiel von weißen und noch farbigen Haaren. Wer wissen möchte wie Haare generell aufgebaut sind, kann das hervorragend bei der Wikipedia tun, im Artikel Haar und unter Haarfarbe (Pigment) gibt es auch noch weitere Informationen über verschiedene Formen von Haaren und die geographische Verbreitung von Haarfarben. Als leidenschaftlicher Bartträger kann ich euch noch eine zweite Art von Haar von meinem Kopf präsentieren: Barthaare, die deutlich dicker sind als jene, die aus meiner Kopfhaut sprießen.

Zwei meiner Barthaare

Zwei meiner Barthaare. Anklicken für große Version (640×895 Pixel). (Bild: CC-BY 4.0 André Lampe)

Meine deutlichen dickeren Barthaare eignen sich für mein kleines USB-Mikroskop viel besser als meine Kopfhaare. Man erkennt deutlich, dass das eine Barthaar schneeweiß ist. Übrigens ist das hier nicht das erste Mal, dass ich mir meine Barthaare unter einem Mikroskop anschaue. Im Physikstudium haben mein hoch geschätzter Freund und Kollege Dr. Maik Stuke und ich zusammen das Fortgeschrittenen Praktikum an der Uni Bielefeld bestritten*. Beim Versuch Atomic-Force-Microscope (oder auf deutsch Rasterkraftmikroskop) konnten wir uns eine zu untersuchende Probe frei wählen und haben uns für eines meiner Barthaare entschieden. Nach etwas längerem suchen in meinen Backups habe ich auch das Protokoll und die Bilder von damals wiedergefunden. Eigentlich ist das Rasterkraftmikroskop schon einen eigenen Artikel wert, den ich sicher auch noch schreiben werde, aber ich kann ja jetzt nicht solche Bilder anteasern und euch dann nichts zeigen. Daher gibts hier jetzt das Bild von 2004 – wie ein Rasterkraftmikroskop funktioniert erkläre ich euch ein andern Mal, nur so viel: Eine sehr kleine Spitze tippt auf die Oberfläche und wir mit jedem tippen verschoben. So entsteht ein Abbild mit einer sehr hohen Auflösung, die mehr Details offenbart als ein Lichtmikroskop.

Rasterkraftmikroskop Aufnahme eines meiner Barthaare von 2004.

Rasterkraftmikroskop Aufnahme eines meiner Barthaare von 2004. Die Einheit “um” im Bild steht für Mikrometer (µm). Anklicken für große Version (1130×997 Pixel). (Bild: CC-BY 4.0 André Lampe)

Der hier gezeigt Bildausschnitt ist lediglich 14,4 µm mal 14.5 µm groß, zeigt also nur einen kleinen Teil des Barthaars, dass fast 100 µm dick ist. Die verschiedenen Farbtöne stellen Höhenunterschiede dar, und zwar in einem Umfang von 1,7 µm. Die eingezeichneten Strukturen zwischen den Schuppen des Haares kann man auf den Lichtmikroskopbildern von oben nicht erkennen, dafür reicht die Auflösung meines USB-Mikroskops leider nicht aus.

Der nächste Teil von Dingen unter’m Mikroskop kommt auch bald, schließlich habe ich noch einige Vorschläge dazu auf dem Zettel: Verschiedene Papiersorten, Drucktechniken, elektronische Schaltungen, Kaffee und noch ein paar Dinge mehr. Wenn ihr einen Wunsch habt, dann teil ihn mir mit, in den Kommentaren oder auf Twitter, und ich schaue mal wann ich es schaffe davon Bilder zu machen.

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Kommentare (5)

  1. #1 bruno
    24. Juli 2015

    tldr! …finde ich mal richtig geil, einen artikel so anzufangen!! ich habe (dr) aber nicht weil (tl) – sondern wegen des anfanges! Ich (dr^/do read) jetzt mal und gebe (evtl) ein (urtl) ab!
    Dinge unterm Mikroskop kann schon so einiges! tx 😉

  2. #2 bruno
    24. Juli 2015

    *long…but i did read*: alter, lern mal das das mit dass! 3x… in diesem – höchst interessanten – artikel.
    anyway – alles unterm mikroskop ist interessant. also alles das.
    tx! lg

    • #3 André Lampe
      1. August 2015

      Ich war ein paar Tage auf dem Aufermksamkeits-Abstellgleis, bald erscheinen zwei Paper an denen ich Beteiligt war. Daher, entschuldige bitte die späte Antwort. Ja das mit dem das, dass muss ich mir mal verinnerlichen. Auch wird das “tl;dr” bei zukünftigen Artikeln vom Anfang verschwinden, allerdings gefällt mir die sehr kurze Zusammenfassung am Anfang recht gut, und ich würde sie stehen lassen. Würde mich diesbezüglich über Feedback freuen. Danke für den Kommentar!

  3. #4 Theres
    27. Juli 2015

    @André
    Gibt es eigentlich eine evolutionstechnische Erklärung dafür, dass Barthaare dicker sind als Kopfhaare?
    Wusste ich nicht und finde ich doch faszinierend. Ausgleich für die Barhäuptigen? 🙂

    • #5 André Lampe
      1. August 2015

      Das ist eine interessante Frage. Ich habe ein bisschen herum gesucht und habe nichts konkretes dazu gefunden. Ich muss mal die Entwicklungsbiologin meines Vertrauens dazu befragen.
      Ein Ausgleich für Fleischmützenträger ist das nicht unbedingt, denn auch Menschen mit vollem Haar im Alter können einen enormen Bartwuchs haben.