Wie man digitale Bilder macht
Ich halte es für sehr wichtig, dass man durch ein Mikroskop durchschaut. Es ist ein Erlebnis und man kann an einer Probe für Stunden sitzen und faszinierende Dinge entdecken. Das ist wirklich etwas anderes als ein Bild auf einem Display zu betrachten. Ich habe etwas länger für dieses Physiker-untypische Denken gebraucht und möchte jedem noch einmal den Artikel Die Frage nach der Wissenschaft, der Kommunikation und dem ganzen Rest ans Herz legen.
Aber irgendwann möchte man Bilder machen. Um seine Entdeckungen zu teilen, um ein großes Bild zusammen zu setzen oder um vielleicht sogar Daten aus den Bildern zu ziehen – es gibt so viele schöne Möglichkeiten, wenn man erstmal ein paar Digitalbilder gemacht hat. Ich würde dafür zwei preisgünstige Methoden empfehlen wollen: Zum Einen die Kamera vom Smartphone und zum Anderen eine Okularkamera.
Bilder aus der Hand am Okular mit dem Smartphone zu machen bedarf ein wenig Übung, aber nach kurzer Zeit kommt man recht gut klar. Das müsst ihr mir nicht allein glauben, ihr könnt auch Florian Karsten (@messfehler auf Twitter) fragen, der hat im Bild oben, links das Handmodel gegeben. Von der Firma BRESSER gibt es einen Smartphone-Aufsatz (Bild oben, Mitte), leider nur passend für das 10x Okular von BRESSER. So etwas selbst zu bauen sollte aber eigentlich kein Problem darstellen. Für Teleskope gibt es Universal-Smartphone-Halterungen. Wie gut die sind, kann ich leider nicht sagen, weil ich die noch nicht ausprobiert habe – sieht aber auf den Bildern etwas wackelig aus. Zu guter Letzt gibt es Okularkameras. Anstatt des Okulars wird die Kamera direkt in den Tubus des Mikroskops gesteckt. Die passen so gut wie in alle Mikroskope, da die Tuben meistens einen Innendurchmesser von 23,2mm haben. Für eine solche Kamera der Firma BRESSER habe ich hier eine Rezension geschrieben. Es gibt aber noch andere Hersteller/Vertreiber. Solche Kameras werden entweder als Webcam erkannt oder kommen mit einem directShow Treiber. In jedem Fall kann man sie mit der freien Software micro-manager ansteuern (in micro-manager dazu unter “Camera” openCVgrabber auswählen).
Es gibt sicher noch andere Methoden, wenn man zum Beispiel eine alte Digitalkamera rumliegen hat, könnte man etwas basteln. Ich habe damit allerdings noch keine Erfahrungen gesammelt und habe mit den oben genannten Möglichkeiten bisher so gute Bilder gemacht, dass ich mich damit auch noch nicht beschäftigt habe.
Bonusrunde: Das Sichtfeld
Im Vortrag spreche ich auch das Sichtfeld oder Field of view (FOV) eines Mikroskops an. Das hilft einem nicht unbedingt bei der Kaufentscheidung weiter, aber man versteht ein wenig besser woher teilweise recht hohe Preisunterschiede bei den Mikroskopen herrühren. Aber Vorsicht: Nur weil etwas teurer ist, heißt das noch lange nicht, dass hier das Sichtfeld viel größer ist. Bevor es gleich mit den Warnungen und den Empfehlungen weiter geht, habe ich hier noch das Video zum Sichtfeld aus dem Vortrag eingebunden. Es steht unter CC BY Lizenz und kann gerne weiter verwendet werden.
Was man NICHT kaufen sollte
Ich rate von den folgenden Dingen ab, weil ich sie entweder selbst getestet habe, oder weil man anhand der Parameter bereits ablesen kann, dass das etwas ist, dass keine Freude bereitet.
Ansteckmikroskope für das Smartphone
Einfach weil man nicht vier Hände hat. Gleichzeitig das Smartphone ruhig zu halten, ohne zu wackeln an kleinen Knöpfchen am Ansteckmikroskop drehen und die Probe ruhig und im Bereich der Schärfentiefe zu halten ist ein spaßbefreites Geduldsspiel. Ich hab ein paar dieser Dinger getestet und nie ein Bild erhalten, das ich herzeigen wollen würde.
Sonstige (USB-)Mikroskope “die man einfach in der Hand hält”
Ich warne ausdrücklich vor “endoskopischen Mikroskopen” oder anderen Dingen, die digitale Bilder liefern während man sie “einfach” in der Hand hält. Niemand hat eine so ruhige Hand. Die Idee ist wirklich verlockend – in der Praxis funzt das aber leider nicht.
Mikroskope mit eingebauter Kamera (und Display)
Geräte bei denen man überhaupt nicht mit dem Auge durchschauen kann sollte man auf keinen Fall kaufen, es sei denn sie sind günstiger als 20€. Aber selbst wenn man durchschauen kann, und im Gerät eine Kamera und evtl. ein Display verbaut sind, muss man eigentlich immer damit rechnen, dass sowohl Kamera als auch Display keine gute Qualität liefern werden. Ich habe mir ein paar dieser “Kombigeräte” angesehen, und kein einziges vor der Nase gehabt, bei dem ich sagen würde, dass die produzierten Bilder OK sind. Abgesehen davon: Man sollte sich nicht ohne Not ein Gerät zulegen, bei dem man keine Chance hat eine bessere Kamera zu nehmen. Und “die bessere Kamera” ist oft einfach die bereits im eigenen Smartphone eingebaute.
Was ich empfehlen würde
Ich gebe nur sehr ungern eine Empfehlung, denn jeder Mensch hat andere Vorstellungen von der Mikroskopie, davon was sie oder er damit anstellen will und sehr unterschiedliche finanzielle Rahmen. Ich gebe hier trotzdem ein paar Empfehlungen, weil ich immer wieder gefragt wurde und weil ich glaube, dass ich einen Ansatz gefunden habe, bei dem ich ruhig schlafen kann: Ich richte mich danach was jemand ausgeben will.
Weniger als 20€
Ein billiges USB-Mikroskop. Nicht die Art in Stiftform oder “Endoskop”. Meistens liegt eine Art einfacher Fuß oder Stativ bei. Bitte, nehmt die für unter 20€. Steuert sie mit micro-manager an, einer freien Software basierend auf ImageJ (in micro-manager dazu unter “Camera” openCVgrabber auswählen). Ich habe darüber bereits ausführlicher geschrieben, im Artikel Mikroskope – Dos & Don’ts beim Kauf, der sich vor allem mit den günstigen USB-Mikroskopen beschäftigt.
Weniger als 80€
Ein Schülermikroskop zwischen 65€ und 80€. Ich selbst habe den KOSMOS Experimentierkasten selbst getestet, aber es gibt sicher andere Mikroskope von anderen Herstellern in dieser Preisklasse. Lest Rezensionen und seid kritisch. USB-Mikroskope in dieser Preisklasse machen meiner Erfahrung nach keinen Sinn. Digitale Bilder kann man bei dieser Variante mit seinem Smartphone am Okular machen.
Weniger als 200€
Entweder: Ein Schülermikroskop zwischen 120€ und 140€, auf keinen Fall eines das eine eingebaute Kamera oder ein Display hat. Ich habe eines von BRESSER getestet, aber es gibt sicher andere Mikroskope von anderen Herstellern in dieser Preisklasse. Bitte Rezensionen lesen. Wenn dann noch Platz im Budget ist, kann man sich für ca. 60€ eine Okularkamera leisten. So eine habe ich auch schon von der Firma BRESSER getestet, aber es gibt die auch von anderen Herstellern. Mehr als 60€ sollte man hier allerdings nicht ausgeben. Ansteuern kann man die Kamera mit micro-manager, einer freien Software basierend auf ImageJ (in micro-manager dazu unter “Camera” openCVgrabber auswählen).
Oder: Sucht nach alten und gebrauchten Mikroskopen auf Flohmärkten, ebay oder wo man soetwas sonst noch finden könnte, und haltet euch an euer Budget von unter 200€ ;-). Auf die meisten Mikroskope passen auch Okularkameras, aber auch mit einem Smartphone kann man schöne, relativ reproduzierbare Bilder machen.
Bis zu 500€
Genau das tun was unter “Weniger als 80€” steht, ausprobieren, spielen und erste Bilder machen – Erfahrung sammeln und feststellen wovon man am ehesten “mehr” braucht. Vielleicht ist es Arbeitsabstand, vielleicht Vergrößerung, vielleicht Usability. Dann entweder mit dem restlichen Budget gebraucht kaufen (ebay etc.) oder mal zu einem Laden fahren und sich beraten lassen. Viele Teleskop-Shops haben auch eine Mikroskopabteilung. Von den meisten online-Shops für Mikroskope kann ich nur abraten, besonders von denen die keine Niederlassung irgendwo haben. Wenn es eine Niederlassung gibt einfach mal anrufen und ein Gespräch suchen – und dabei kritisch bleiben. Viele der online-shop Betreiber, die hier anscheinend auch oft lesen und regelmäßig versuchen in den Kommentaren zu spammen möchte ich an dieser Stelle ganz herzliche grüßen: Hallo ihr Flachzangen!
Bis zu 1500€
Genau das tun was unter “weniger als 200€” steht – und dann bitte oben bei “Bis zu 500€” nach dem ersten Komma weiterlesen.
Bis zu 10k€
Siehe “Bis zu 1500€” oder sie kontaktieren mich unter andre.lampe{ät]fu-berlin.de und wir quatschen mal.
Geld spielt keine Rolle
Wundervoll. Man kann mich auch für Vorträge oder eine Beratung buchen. Ansonsten das tun, was bei “Bis zu 10k€” steht.
Herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit.
Kommentare (12)