Es wird sich noch darüber gestritten, wann genau diese Abspaltung der zwei Populationen statt gefunden hat. Es könnte aber schon vor 3000 Jahren passiert sein und wäre damit der früheste dokumentierte Fall von genetischer Selektion.

Wir sind also alles andere als immun gegen Evolution. Es fällt uns in einer Weltbevölkerung von – was sind es mittlerweile? – fast 7 Milliarden Menschen einfach nur nicht auf. Als Westeuropäer geht es uns relativ gut, aber wir dürfen nicht vergessen dass es viele Orte auf der Welt gibt, in denen noch stark natürlich selektiert wird. Die Selektion hier findet weniger deutlich statt, aber sie ist ständig präsent. Durch die Wahl unserer Partner entscheiden wir welche Gene weiter gegeben werden. Auf diese Art und Weise haben Europäer über die letzten 7000 Jahre die Fähigkeit entwickelt, Milch zu trinken. In Asien ist nur ein Bruchteil der Menschen dazu in der Lage. 7000 Jahre sind aus evolutionsbiologischer Sicht eine lächerliche Zeitspanne. Genauso werden wir in ein paar Tausend Jahren über die Bevölkerungen von heute denken. Mit etwas Glück diskutieren die Autoren und Leser der ScienceBlogs auch dann noch darüber.

Kommentare (9)

  1. #1 adenosine
    Juli 5, 2010

    Müsste nicht das neue Verhalten, dass per Empfängnisverhütung zum Geburtenrückgang führt, rasch zu einer Reaktion der Evolution führen? Der Sexualtrieb steuert heute zwar noch vieles, erfüllt seinen Zweck aber nicht mehr.

  2. #2 kommentarabo
    Juli 5, 2010

  3. #3 Christian
    Juli 5, 2010

    Ich denke die Frage ist, wohin der Mensch sich entwickelt. Neben klassischen Adaptionen wie der Anpassung an die Höhenlage wäre dabei ja ausschlaggebend, welche Menschen die meisten Nachkommen haben. Und da wirkt sich eben auch aus, dass viele Akademiker erst spät oder gar nicht Kinder bekommen

  4. #4 mateipa
    Juli 5, 2010

    Fällt eigentlich auch diese Eigenschaft mancher indigener amerikanischer Bevölkerung darunter, Ethanol langsamer abzubauen als andere menschliche Populationen?

  5. #5 Anhaltiner
    Juli 5, 2010

    @ mateipa wahrscheinlich eher umgekehrt: wer duch Alkohol nicht gleich aus der Bahn geworfen wird der kann verdorbene Früchte essen oder Cervisia trinken. (Soll Zeiten in den letzten 10.000 Jahren gegeben haben, da war Bier ein vergorener Brei und nich die Plärre die es heute ist)

  6. #6 Dr. Akulea
    Juli 5, 2010

    toller text!
    ich hab damit nur ein Problem. Wie kommst du darauf die Selektion “bei uns im Westen” nicht natürlich wäre ?? Der Mensch ist teil der Natur, und alles was ihm einfällt ebenso.

  7. #7 Nils Cordes
    Juli 6, 2010

    Unterschiedliche Toleranz zu Alkohol hat ganz sicher evolutionsbiologische Ursprünge. Was Empfängnisverhütung angeht, da sehe ich es ganz ähnlich wie Christian. Verhütung selbst hat keinerlei Auswirkung; es ist vielmehr wer verhütet und wer nicht. Auf diese Art und Weise wird sich in den nächsten Jahrhunderten die Bevölkerungszusammensetzung wahrscheinlich verändern.

    @Dr. Akulea:
    Ich versteh nicht was du meinst. Evolution ist überall gleich natürlich. Ich meine lediglich, dass man wenn man in einer Welt aufwächst, die nicht alltäglich vom Überleben (und Sterben) dominiert ist, man natürliche Auslese nicht wirklich wahr nimmt. In Europa ist der Lebensstandard einfach relativ hoch, deshalb fällt uns nicht auf dass wir immer noch den gleichen Selektionsdrücken unterlegen sind …

  8. #8 Monod
    Juli 9, 2010

    Ich bin nach wie vor skeptisch, ob das was an natürlicher Selektion noch abläuft, langfristig zu einem Artwandel führt, der eine Artaufspaltung nach sich zieht. Unbestritten ist, dass nach wie vor Mutationen stattfinden, die sich auf die Gesamtfitness von Teilpopulationen auswirken. Das Beispiel der Tibeter zeigt das sehr eindrucksvoll. In Bezug auf die Gesamtpopulation bedeutet das jedoch keinen Evolutionsschub, sondern allenfalls eine Erweiterung der Variationsbreite des Genpools. Die in Tibet ansässigen Han-Chinesen haben zwar eine höhere Kindersterblichkeit – und damit eine geringere Fitness, wenn deren Geburtenrate der der Tibeter entspricht. Dieser Effekt lässt sich jedoch ausgleichen, wenn entweder mehr Han-Chinesen geboren werden oder die kritische Phase der Kindheit im Tiefland verbracht wird. Mit anderen Worten: Der Selektionsfaktor Höhenkrankheit lässt sich umgehen, da die jeweiligen Teilpopulationen nicht in ihrer Nische festhängen. Umgekehrt leben viele Tibeter im Tiefland und klagen dort, so viel ich weiß, nicht über eine erhöhte Kindersterblichkeit aufgrund des höheren Sauerstoff-Partialdrucks.

    Seuchen können zwar tatsächlich große Lücken in den Genpool reißen, aber kann man die Überlebenden als neue Art bezeichnen? Ich denke nein. Eher schon zeigt sich hier der Effekt großer Variationsbreite, die letztlich arterhaltend wirkt. Mit Ausnahme kosmischer Katastrophen sehe ich derzeit keinen natürlichen Selektionsdruck, der unsere Art an den Rand des Aussterbens bringen würde, wenn sie sich mutativ nicht wandelt. Natürlich ist es denkbar, dass irgendwann doch ein eugenisches Programm politisch gewollt und durchgesetzt wird, so dass der Artwandel hin zu einer neuen Menschenart auf künstlichem Weg stattfindet – aber das ist ein anderes Thema, das ich hier nicht weiterverfolgen möchte.

  9. #9 Nils Cordes
    Juli 9, 2010

    Ich glaube wir haben am Anfang aneinander vorbeigeredet. Es geht also nicht darum ob der Mensch evolviert, denn das tut er ganz sicher. Du fragst dich nur, ob es auch beim Mensch noch so weit gehen kann, dass Speziation statt findet. Dabei würde ich sagen ist das momentan größte Problem, dass die Welt so “klein geworden ist”. Die Länder sind so sehr miteinander verbunden, dass allopatrische Artbildung (also durch geografische Trennung) nicht mehr real ist.
    Man muss aber Evolution in anderem Dimensionen sehen. Die Laktose-Toleranz ist ein gutes Beispiel über lang anhaltende Veränderung. Gib uns noch mal 10.000 Jahre und dann können Asiaten und wir schon gar nicht mehr gemeinsam frühstücken. Das ist jetzt weit hergeholt, aber ich glaube dass die Veränderungen auf Grund der Immunbiologie doch auf mehrere tausend/hunderttausend Jahre gesehen sehr starke Unterschiede hervorbringen könnten, die (wer weiß?) zu einer sympatrischen Abspaltung führen könnten.
    Ich schau bei Gelegenheit mal ob es irgendwelche Studien zu Artenbildung gibt, die hier relevant wären.