Was passiert in unserem Gehirn, wenn wir bewegte Bilder sehen? Hier bin ich auf ein wirklich beeindruckendes Computerexperiment gestoßen. Die Gruppe um Prof. Jack Gallant von der University of California in Berkely hat einen Computer die Filme, die Testpersonen gezeigt wurden, rekonstruieren lassen – nur durch deren Gehirnaktivität!

Das Experiment lief so: Die Testperson schaute in einem Kernspintomographen einige Kinotrailer und der Computer durfte die gemessene Gehirnaktivität und die gezeigten Videos analysieren. So konnte er eine Art Bibliothek aufbauen, quasi ein Wörterbuch, das zu bestimmten Bewegungen und Formen spezielle Reaktionen im Gehirn notierte. Dann, nachdem diese Bibliothek aufgebaut war, wurde der Testperson ein weiterer, unbekannter Kinotrailer gezeigt, und der Computer – jetzt wird’s wirklich beeindruckend – sollte aus einer Datenbank mit 18 Millionen Sekunden aus zufälligen Youtubevideos (welche den Trailer aber nicht beinhalteten) nur an Hand der Hirnaktivität dieses Video rekonstruieren.

Hat er es geschafft? Seht selbst – links sind Ausschnitte aus den Original-Kinotrailern, rechts eine simple Rekonstruktion davon:

Noch nicht aufregend genug? Hier sind drei Testpersonen, die alle den gleichen Film sahen (oben links). Die Rekonstruktionen sind auf der linken Seite, und die Bilder, die der Computer der jeweiligen Gehirnaktivität zugeordnet hat (und aus denen er das neue Video letztendlich zusammenstellte) sieht man rechts daneben:

Fast so beeindruckend wie Neutrinos! 😉

Hier ein paar Links zum Thema:


video_selection.jpg

Kommentare (11)

  1. #1 IsabellaP
    September 25, 2011

    Das klingt faszinierend. Wäre es dann in Zukunft auch möglich, auch Gedanken und Träume zu sehen?

  2. #2 Jack
    September 25, 2011

    IsabellaP- mit zunehmender Scannergenauigkeit bzw. wenn wir einzelne Neuronen auflösen können (derzeit nur den Blutfluss und Stoffwechsel) dann wäre dies denkbar.
    Allerdings ist das sehen doch weit direkter als denken. Also wächst die Interpretitions Möglichkeit gewaltig, zumal wie will man einen Gedanken darstellen oder Gefühle.
    Ich warte aber auch drauf das sie mal jemanden der REM Schlaf hat in dieses ding stecken 🙂

  3. #3 Sim
    September 25, 2011

    Absolut Mind Blowing. Nein wirklich ohne Scheiß, man sollte sich der Tragweite dieses Experiments bewusst sein. Der Nutzen aber auch das Missbrauchspotential scheint gewaltig.

  4. #4 Nils
    September 25, 2011

    Bislang sind die Computer ja auf die “Bibliothek” angewiesen. Aber alleine dass die Hirnaktivität im Gehirn so konstant ist, finde ich schon spektakulär.

    Ich erinnere mich an eine Folge von Dr. House, in der die so etwas bei Träumen angewandt hatten. Damals hatte ich das noch für lächerlich gehalten (Dr. House ist Science Fiction?), aber so weit von der Realität entfernt waren die gar nicht …

  5. #5 Kilian
    September 26, 2011

    Klingt spannend.

    “So weit, dass sie Gedanken lesen können, sind Hirnwissenschaftler vielleicht noch nicht – aber ein Experiment mit unseren visuellen Hirnkapazitäten seigt, dass sie schon enorm tiefe Einblicke in unser Bewusstsein nehmen können”

    Ich glaube nur das seigt ist dort am falschen Platz 😉

  6. #6 Radicchio
    September 26, 2011

    So weit, dass sie Gedanken lesen können, sind Hirnwissenschaftler vielleicht noch nicht

    wa soll das “vielleicht”? sie können keine gedanken lesen.

  7. #7 Philipp G.
    September 26, 2011

    Was mich an dem Experiment am meisten überrascht ist, wie weit das Team mit reinem “number crunching” (bzw. schlichtes Auswerten von großen Datenmengen auf der Ein- und Ausgabeseite) bei der Problemstellung gekommen ist.

    Wie genau optische Wahrnehmung im Hirn funktioniert, haben sie damit ja nicht herausgefunden, sie haben sie “nur” ausgelesen.

    (Das “nur auslesen” an sich bereits eine enorme Leistung ist, ist mir bewusst.)

  8. #8 Ludger
    September 26, 2011

    Das Bild der Retina wird in die Sehrinde im Okcipitalhirn projiziert. Das Muster der dort erregten Zellen entspricht dem Bild auf der Netzhaut. Dieses Muster konnte man offenbar auslesen, sicher eine Sensation. Mit Gedankenlesen hat das aber nichts zu tun.

  9. #9 Nils
    September 26, 2011

    … sie haben sie “nur” ausgelesen.

    @Philipp G.:
    Du bringst es gut auf den Punkt. Die Reichweite dessen lässt sich jetzt schnell überinterpretieren (und wird auch schon in den Medien gemacht), aber das Ergebnis ist auch so beachtlich.

    @Ludger:
    Nur eine Nebenbemerkung: Der Computer hat in diesem Fall den Sauerstoffgehalt der Zellen gemessen, und von dem dort zu findenden Muster die Rekonstruktion abhängig gemacht. Aber angeblich korrelieren diese Daten mit Neuronenaktivität. Ist also nur ein raffinierter Umweg …

  10. #10 emporda
    September 27, 2011

    Ein Aspekt geht hier vollkommen unter

    Die christlichen Religioten befinden in der Bibel „Im Anfang war das Wort“ und belegen so ihr Unwissen.

    Fast alle Arten der Evolution sind Augentiere, sie sehen Bilder und entscheiden danach. Nach den ersten Lauten erlangen vor ½ Mill. Jahren die Hominiden durch Verlagerung des Kehlkopfes langsam die Fähigkeit Laute zu bilden und zu abstrahieren. Dazu entwickelt sich im Gehirn das Sprachzentrum und vor >50.000 Jahren auch erste höhere Sprachen.

    Nach dem Studium wie das menshcliche Gehirn Bilder in Informationen umsetzt, speichert und weiterhin nutzt ergibt sich die wichtige Frage, wie erfolgt das bei niederen Arten, die sich seit Millionen Jahren kaum verändert haben. Nicht alle Arten haben unser höher entwickeltes Sehvermögen, manche sehen nur Schwarz-Weiß und brauchen deswegen deutlöich weniger Gehirnmasse für die Bildverarbeitung.

    Wir werden in den nächsten 20 – 50 Jahren noch erstaunliche Erkenntnisse gewinnen

  11. #11 Ludger
    September 28, 2011

    emporda·
    27.09.11 · 22:27 Uhr

    Ein Aspekt geht hier vollkommen unter

    Die christlichen Religioten befinden in der Bibel „Im Anfang war das Wort“ und belegen so ihr Unwissen. […]

    Das Zitat beschreibt nicht die Schöpfungsgeschichte sondern eine Eigenschaft Gottes oder Christi (aus Sicht des Evanglisten Johannes):

    Im ersten Teil des Satzes („Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott“) wird der Logos eng an die Gottheit gebunden und könnte verstanden werden als Attribut oder eine eigenständige Person, die vor Erschaffung der Welt bei Gott bereits existent war (vgl. (Mi 5,1 EU ; Mt 2,4-7 EU), oder etwas, das z.B. aus Gott ausfließen könnte (Emanation). Im zweiten Teil des Satzes, von vielen übersetzt als „das Wort war Gott“, nicht selten auch „von Gottes Wesen war der Logos“ (oder vergleichbar), mitunter ebenfalls „ein Gott war der Logos“, setzt der Autor des Johannes-Evangeliums den Logos mit Christus gleich, was vor allem im Kontext mit nachfolgenden Versen, v.a. Joh 1,14 EU und Joh 1,18 EU geschieht.

    zitiert aus https://de.wikipedia.org/wiki/Logos