Ein “pet peeve” ist im englischen Sprachraum etwas, das für jemanden ein weit größeres Ärgernis darstellt als für andere, wobei es meistens kaum erwähnenswerte Kleinigkeiten sind. Zum Beispiel nerven mich Comics mit vierbeinigen Insekten und Kartenspiele, auf denen vierflüglige Mücken zu sehen sind. Und LOL-Cats, für die fehlt mir einfach die richtige Art von Humor. Das bringt mich zu Jerry Coyne. Aus irgendeinem Grund hat sich bei mir aber auch Jerry Coyne zu einer Art Pet peeve entwickelt. Während ich seine Arbeiten zu Drosophila, besonders die im “Insect Genomics”-Kurs erwähnten Sachen, ziemlich cool fand, stoße ich häufig auf seinem Blog auf Kommentare, die mich einfach nur nerven. Nicht ganz stark nerven, aber doch genug, damit ich mich hinsetze und ein paar Worte darüber verliere. Wie eben bei einem Pet peeve.

Das neue Jahr begann Mr. Coyne mit einem Artikel, den er für die Zeitung USA Today schrieb, und Artikel wie diese sind es, die mich ein ganz, ganz kleines Bisschen zusammen zucken lassen: Why you don’t really have free will

Als Evolutionsbiologe muss ich von vornherein zugeben, dass ich von der Debatte zum Freien Willen keine Ahnung habe. Warum auch? Das wenige Wissen, welches ich zu diesem höchst philosophischen Thema habe, kommt aus ein paar Texten im Internet, dem gelegentlichen Podcast und dem einen oder anderen Interview in mehr oder weniger anspruchsvollen Illustrierten. Warum äußert sich also Jerry Coyne zu Wort? Entweder weil er schlicht als Experte in einem Feld eine Meinung zu einem Thema aus einem anderen Feld abgeben möchte (sein gutes Recht, warum er aber dann in die USA Today kommt und nicht ich, verstehe ich dann nicht). Oder aber er meint, dass sein berufliches Wissen ihn speziell dafür qualifiziert, darüber zu reden.

Und genau so ist es. In dem Artikel diskutiert er “Freien Willen” aus evolutionsbiologischer Sicht. Meines Erachtens macht er dabei aber keine gute Figur. Es fängt mit dem Problem an: Was ist freier Wille? Im Gegensatz zu Brustwarzen, die in der Regel eine Funktion erfüllen, evolutionsbiologisch erklärbar sind, und bei denen jeder weiß was damit gemeint ist, kann man freien Willen nicht einfach definieren. Es ist ein schwammiges Konzept, welches meines Erachtens höchstens für Gedankenexperimente nützlich ist. Um in irgendeiner Weise biologisch zu argumentieren, muss man sich schon auf eines dieser Konzepte konzentrieren. Aber dann zu behaupten, dass natürliche Selektion die Illusion eines freien Willens geformt haben könnte, “vielleicht weil unsere Vorfahren in kleinen, harmonievollen Gruppen … nicht gedeihen konnten, wenn sie sich nicht für ihre Aktionen verantwortlich fühlten,” ist (freundlich gesagt) doch etwas weit hergeholt.

Soweit ich das verstehe, gibt es verschiedene Formen des Freien Willens. Da ist der Unterschied zwischen der Freiheit, etwas zu tun, und der, etwas tun zu wollen. Was hält mich davon ab, gerade jetzt ein Eis zu essen? ist etwas ganz anderes als Was verursacht, dass ich jetzt gerade ein Eis essen möchte? Während die zweite Frage sehr schwer zu beantworten ist, da Wünsche komplexe Ursachen haben und unsere Gene genau wie die Gesamtheit unserer Erfahrungen stark dazu beitragen was wir eigentlich “wollen,” scheint mir eine Antwort auf die erste umso leichter zu sein. Wir stehen andauernd vor Entscheidungen und in vielen Fällen ist die Chance, dass wir uns für den einen oder anderen Ausgang entscheiden, ähnlich wie bei einer Runde Kopf-oder-Zahl. Ich würde also ganz klar auf Frage 1 antworten: Natürlich kann ich frei entscheiden. Demnach kann er diese ja nicht meinen, oder? Doch:

When faced with two or more alternatives, it’s your ability to freely and consciously choose one, either on the spot or after some deliberation.

Warum wählt er diese weniger komplizierte? Weil diese im Bereich der Wissenschaft liegt (na ja, so eben). Die andere, die aus evolutionsbiologischer Sicht gar nicht uninteressant wäre, ist aber viel zu komplex als dass man sie für USA Today diskutieren könnte.

Aber nun zum eigentlichen Standpunkt. Jerry Coynes Argumentation dreht sich dabei etwas im Kreis: Wir sind biologische Kreaturen, bestehend aus Molekülen, die den Gesetzen der Physik unterliegen. Die Moleküle bilden Neuronen, die wiederum Produkte von Genen und Umwelt sind. Erinnerungen und Gedanken sind strukturelle und chemische Veränderungen im Gehirn. Folglich ist eine Entscheidung, die wir treffen, abhängig von Genen, Umwelt und den molekularen Veränderungen, die in unserem Körper statt finden. “Wir” haben also keinen Einfluss darauf, was unser Körper tut.

Neurobiologen beschäftigen sich schon lange mit Motivation, Wünschen und Absichten, und mit den Prozessen, die dazu führen dass wir eine Entscheidung treffen. Wie fast jeder, der dieses durchgekaute Thema anspricht, benutzt auch Jerry Coyne die Libet-Experimente als Argument. Diese (sowie einige nachfolgende Experimente) zeigten, dass das Gehirn von Probanden deutlich früher (z.T. mehrere Sekunden) wusste, ob sie einen Knopf drücken würden, als die Probanden selbst. Die Entscheidung darüber, einen Knopf zu drücken, fiel also bevor es der Person bewusst war.

Der Fehler, den meiner Meinung nach Jerry Coyne und diejenigen machen, die aus den Libet-Experimenten irgendeine Form von Aussage zu freiem Willen ziehen, ist, dass sie uns von unserem Körper trennen. Gerade das finde ich bei dem Atheisten Jerry Coyne sehr überraschend. Es ist nicht möglich, unseren Geist oder unser “ich” über den Körper zu stellen. Er sagt dies sogar, aber anscheinend kommt er zu einem anderen Schluss als ich: “‘Wir’ sind einfache Konstrukte unserer Gehirne. Wir können dem Input in unser Gehirn keinen verworrenen ‘Willen’ aufzwingen.”

Ich würde behaupten, dass es schon deswegen nicht möglich ist, unserem Gehirn einen Willen aufzuzwingen, da wir unser Gehirn sind. Wir sind das Ergebnis von Genen (und dadurch von Tausenden von Jahren von Selektion) und von der Umwelt, in der wir aufwachsen und in der wir leben. Wenn irgendwer eine Entscheidung trifft, warum sollte das irgendjemand anderes sein als dieses Produkt, als dieses Gehirn, dieser Mensch?! Wen meint Jerry Coyne, wenn er sagt “wir” hätten keinen freien Willen?

Wer schon einmal Baseball gespielt hat, weiß, dass wir in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen, ohne dass uns das bewusst ist. Es ist nicht möglich einen aus 18 Meter Entfernung geworfen Ball von etwa 90 Meilen/Stunde (ca. 40 Meter pro Sekunde) zu treffen, wenn unsere Arme warten würden, bis der Ball nahe genug ist, bevor wir unsere Entscheidung träfen. Der Entscheidungsprozess umfasst hier das Abschätzen der Flugbahn, die Bewegung der Arme und … der komplizierteste Teil … die aktuelle Spielsituation. Wenn all dies zusammen kommt, entscheidet ein Baseballspieler blitzschnell, ob und wohin und wie stark er den Ball schlagen möchte. Und diese Entscheidung machen wir, mache “ich,” denn ich bin nichts weiter als der schlaksige Typ auf dem Baseballfeld, das Bündel Neurone, Moleküle und Erfahrungen.

Der berühmte “Katzenfreund” Erwin Schrödinger sagte das ganz ähnlich:

I – I in the widest meaning of the word, that is to say, every conscious mind that has ever said or felt ‘I’ – am the person, if any, who controls the ‘motion of the atoms’ according to the Laws of Nature.
What is Life? (1944)

Am Ende versucht Jerry Coyne zu erklären, was es bedeuten würde, wenn wir keinen freien Willen hätten. Nicht viel, denn die Illusion eines freien Willens werden wir uns ja erhalten. Und was bedeutet es für Kriminalität, dass ohne freien Willen keiner mehr für seine Taten verantwortlich ist? Der einzige Grund, laut ihm, dann weiterhin Kriminelle zu bestrafen, ist dass diese Strafen den nicht-freien Willen anderer Menschen beeinflussen werden und diese dazu bringen, weniger Kriminell zu sein. Das widerspricht allerdings den Untersuchungen zum Thema Todesstrafe der letzten Jahrzehnte. Außerdem unterscheidet er zwischen guten und schlechten Taten, als ob sie in irgendeinem Buch nachzuschlagen wären und vergisst damit doch, dass die Welt, in der wir leben, wesentlich komplexer ist. Mir scheint es fast, als hätte er – um diesen Artikel schreiben zu können – den Werkzeugkoffer des Biologen komplett über Bord geworfen. Genau das ist es, was Jerry Coyne bei mir manchmal zum Pet peeve werden lässt.

Ich denke, es wird deutlich, dass dieses ganze philosophische Geplänkel nichts für einen Biologen ist. “Freier Wille” ist ein Konzept mit wenig praktischem Nutzen. Das hält den Neurobiologen Sam Harris nicht davon ab, demnächst ein ganzes Buch darüber zu veröffentlichen, aber es sollte einen Evolutionsbiologen eigentlich davon abhalten, sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Und das ist ein Ratschlag mit praktischem Nutzen.

In einer Auseinandersetzung mit dem Artikel von Jerry Coyne, widmet sich dessen “Erzfeind,” Massimo Pigliucci, dem ganzen Thema aus philosophisch-logischer Sicht und gibt einen kurzen Überblick über die Probleme mit dem Konzept des Freien Willens in der Philosophie. Er argumentiert, dass Freier Wille weder bewiesen noch widerlegt werden kann (oder muss), und er beendet seinen Artikel dann mit ein paar Worten, die – ich finde – das Thema gut erst mal ad acta legen sollten, zumindest für uns Biologen:

[Scepticism of Free Will] cannot be defeated logically (though it is not based on empirical evidence), and it is completely irrelevant to our lives. If it teaches us anything, it is to humble us into contemplating the possibility that we may know … or be able to act … much less than we often smugly think – and we can all use an occasional lesson in humility.

xkcd_freedom.png

Kommentare (339)

  1. #1 MartinB
    Januar 17, 2012

    Ich empfehle ja wiederholt und dauernd (auch ne Art pet peeve?) die Leseempfehlung “Freedom Evolves” von Dennett (darüber wollte icha uch schon lange mal schreiben…). Dein Argument mit der Trennung von “uns” und unserem Körper findet sich dort (und noch stärker in “Consciousness explained”) wieder – die meisten Interpretationen der Libet-Experimente tun so, als müsse es irgendwo im Kopf eine zentrale “Bewusstseinseinheit” geben, die sozusagen vom Rest getrennt ist.

  2. #2 Nils
    Januar 17, 2012

    @Martin:
    Das Buch kenne ich nicht, aber danke für die Empfehlung. Ich habe manchmal den Eindruck, dass Dennett der vernünftigste der “4 Horsemen” ist. Letztens hatte der NewStatesman eine Sonderausgabe, in der Dennett und Sam Harris jeweils einen Artikel beisteuerten. Der Qualitätsunterschied war erstaunlich. (Davon abgesehen war Richard Dawkins’ Artikel da drin auch sehr zu empfehlen, “The tyranny of the discontinuous mind.”)

  3. #3 Andrea N.D.
    Januar 17, 2012

    @Nils:
    Obwohl ich nicht in allem zustimme und viel vermischt wird bzw. vermischt wirkt in der Kürze (“Muskelreflexe” mit “Absicht” etc.) finde ich den letzten Absatz akzeptabel. Man könnte ihn mit Nietzsche aber auch anders herum sehen: Freier Wille ist eine Illusion, aber eine durchaus nützliche – i.G. zu “completely irrelevant”. Für fast alle religiöse Menschen ist der freie Wille enorm wichtig: sich zwischen gut und böse entscheiden zu können (dann können/konnten die Handlungen auch entsprechend bestraft werden, auch wenn die Praxis zeigt, dass dies nicht wirkt) ist für diese Menschen lebenswichtig. Nietzsche war allerdings schon bewusst, dass diese Nützlichkeit zwar von einigen ausgenutzt wird, aber dass die Mehrheit der Menschen dies gar nicht weiß /wissen “will”. Ebenso ist es für nichtreligiöse Menschen heute wichtig, erstens zumindest die Illusion zu haben, ein selbstbestimmtes, selbstgewolltes Leben zu führen und andererseits (nach wie vor!) im Falle von als “böse” bewertetem Wollen dann auch entsprechend bestrafen zu können. Und im Falle von Einforderung sozialer Compliance funktioniert dies durchaus (s. freigelassene “Kinderschänder”).
    Sehr schön finde ich, dass Du ganz klar deutlich gemacht hast, dass eben nicht Mensch = Gehirn (oder Schaltzentrum im Gehirn oder Teil des Gehirns).

  4. #4 MartinB
    Januar 17, 2012

    @Nils
    Dennett ist absolut brillant und ein superscharfer Argumentierer. Harris kenne ich nicht, aber Hitchens “God is not great” fand ich vergleichsweise schwach.

  5. #5 Thanus
    Januar 17, 2012

    Der Unterschied zwischen der Freiheit, etwas zu tun, und der, etwas tun zu wollen, lässt sich am besten mit Handlungsfreiheit und Willensfreiheit benennen. Oder wie es Schopenhauer definiert hat: “Man kann zwar tun was man will, aber nicht wollen was man will.”

    Aus meiner Sicht gibt es kein schwammiges Konzept des freien Willens. Der freie Wille, wie ihn auch Jerry Coyne anspricht, ist definiert durch die Entscheidungsmöglichkeit an einem bestimmten Punkt. Er spricht dem Menschen diese Entscheidungsmöglichkeit ab und meint, es stand schon immer fest, wie er sich an diesem oder jedem beliebigen Zeitpunkt entscheiden würde und er würde sich an ein und demselben Punkt, könnte er ihn nochmals durchleben, immer wieder gleich entscheiden.

    Ich kann auch keine Trennung von “Ich” und Körper in der Argumentation ausmachen.

  6. #6 cydonia
    Januar 17, 2012

    Da denkt man, wenn man so früh dran ist, kann eigentlich noch niemand Dennett vorgeschlagen haben, aber dann war MartinB doch schon dagewesen. Deswegen kann ich nur noch zustimmen, und hoffen, Martin, dass du “Freedom Evolves” irgendwann besprichst.
    Ich wundere mich übrigens wirklich darüber, dass alle möglichen Leute sich bei dem Thema erstens argumentativ im Kreis drehen und zweitens die wirklich guten und interessanten Gedankengänge zu dem Thema meistens nicht kennen und dann noch ausschließlich irgendwo in der Gedankenwelt des 19ten Jahrhunderts herumstochern.
    Ja, die Bewusstseinseinheit…das Konzept “Seele” hat tiefe Spuren hinterlassen, und ist tatsächlich aus vielen Köpfen nicht mehr so einfach zu entfernen.

  7. #7 MartinB
    Januar 17, 2012

    @Thanus
    “er würde sich an ein und demselben Punkt, könnte er ihn nochmals durchleben, immer wieder gleich entscheiden.”

    Das ist der Punkt, den ich bei diesen Debatten nie verstehe: Wenn ich mich anders entscheiden könnte, würde das doch bedeuten, dass meine Entscheidung letztlich auf Zufall beruht (100 mal vor dieselbe Entscheidung gestellt mit exakt identischen Kopien von mir gäbe es 30 mal die eine und 70 mal die andere). Das ist für mich geradezu das Gegenteil von Willensfreiheit. Ich habe nie verstanden, was die Willensfreiheitsbefürworter eigentlich damit meinen.

  8. #8 Thanus
    Januar 17, 2012

    @MartinB

    Ich kann mich erinnern. Wenn man sich nicht frei entscheiden kann, dann ist man letztlich doch nur wie die Kugel auf einem Billardtisch, nur mit dem Unterschied, dass man lediglich der Illusion unterliegt, seinen Lauf frei bestimmen zu können.

    Willensfreiheit müsste also losgelöst von den Naturgesetzen sein. Man kann es natürlich auch Zufall nennen.

  9. #9 Andrea N.D.
    Januar 17, 2012

    @cydonia:
    “dass alle möglichen Leute sich bei dem Thema erstens argumentativ im Kreis drehen und zweitens die wirklich guten und interessanten Gedankengänge zu dem Thema meistens nicht kennen und dann noch ausschließlich irgendwo in der Gedankenwelt des 19ten Jahrhunderts herumstochern.”

    Könntest Du freundlicherweise Dein “Wundern” ein bisschen erläutern? Was meinst Du genau?
    Wenn Du mit Nietzsche “in der Gedankenwelt des 19ten Jahrhunderts herumstochern” meinst, dann solltest Du meinen Beitrag vielleicht einmal lesen? Nietzsche hat damals sehr viel von dem genannt, was Niels in seinem Betrag nennt. Natürlich muss man nicht in seinen Schriften “herumstochern”, aber er hat sehr deutlich von der Illusion gesprochen, wendet sich klar gegen Konzepte wie “Bewusstseinseinheit”, “Seele” und gegen jede Art von Dualismus. Und es ist doch faszinierend, dass die heutigen Neurobiologen und Gehirnforscher Nietzsches “philosophisches Geplänkel” Schritt für Schritt bestätigen? Aber wie gesagt, man muss nicht darin “herumstochern” – nur solltest Du die Gedankenwelt des 19ten Jahrhunderts besser kennen, bevor Du Dich wunderst – sofern Du das gemeint hast.
    Könntest Du auch freundlicherweise die “wirklich guten und interessanten Gedankengänge zu dem Thema” nennen, die offensichtlich ja schon festgelegt sind? Ich habe einiges zu diesem Thema gelesen (Dennett ist da nur ein absoluter Anfang) und mich würde schon interessieren, welche “wirklich guten Gedankengänge” ich da verpasst habe.
    Aber vielleicht hast Du ja etwas ganz anderes gemeint. Vielleicht klärst Du das auf?

  10. #10 cydonia
    Januar 17, 2012

    Sorry, Andrea, ich hatte vorhin wenig Zeit und habe ausschließlich auf den ersten Kommentar von MartinB reagiert. Den Rest hatte ich noch nicht gelesen. Es ist also der pure Zufall, dass du dich angesprochen fühlen konntest.
    Was ich meinte war, dass die Erkenntnisse der Biologie, der Evolutionsforschung, der Psychologie…..in der Diskussion meist keine große Rolle spielen, und Menschen oft “Rousseau” oder irgendwas Vergleichbares in die Runde werfen. “Nietzsche” kann ähnlich missbraucht werden, muss aber nicht. Ich versuche mal, später auf das von dir Geschriebene einzugehen.

  11. #11 Andrea N.D.
    Januar 17, 2012

    @cydonia:
    Also Rousseau – alles klar. Dann verstehe ich den Kommentar sehr gut, vielen Dank.

  12. #12 knackbock
    Januar 17, 2012

    Was ich meinte war, dass die Erkenntnisse der Biologie, der Evolutionsforschung, der Psychologie…..in der Diskussion meist keine große Rolle spielen, […]

    Das deckt sich mit meinen Erfahrungen. Irgendwann ist man es leid… die Leute, die am energischsten den freien Willen verteidigen, wissen meist nicht mal wie eine Synapse ungefähr funktioniert. Aber können alle Dualisten des 19. Jhds beim Namen nennen.

  13. #13 Nils
    Januar 17, 2012

    @cydonia & knackbock:
    Schön gesprochen, das sehe ich ganz genauso. Darüber hinaus glaube ich aber, dass Biologie, Evolutionsforschung und Psychologie (etc.) nicht viel dazu beitragen können, die Frage “Freier Wille oder kein freier Wille?” zu klären, weil es sich bei dem Konzept um ein theoretisches, widersprüchliches Konstrukt handelt. Unsere Entscheidungen werden getroffen von uns (freier Wille); wir sind aber die Summe all unserer Erfahrungen (kein freier Wille). Solange es kein schwebendes Ich gibt, dass uns Tag für Tag begleitet, sind unsere Erfahrungen damit gleichzeitig das Argument für und gegen einen freien Willen.
    Nein, das ist ein logisches Puzzle, bei dem uns die Neurobiologie nicht weiter helfen wird.

  14. #14 cydonia
    Januar 17, 2012

    @Nils
    Ich denke, dass dies ein Musterbeispiel dafür sein könnte, wie Philosophie heutzutage dazu beitragen müsste, eine solche Diskussion in argumentativ saubere Bahnen zu lenken.
    Dennett ist ja Philosoph und ich erinnere mich an eine Ausspruch von Dawkins, der sinngemäß lautete: “Ich frage mich öfter, wozu Philosophie eigentlich gut sein soll. Wenn ich dann an Dan Dennett denke, weiß ich es wieder.”
    Es ginge also darum, das Konstrukt “Freier Wille” möglichst zu sezieren, und zu versuchen einzelne Teile sauber genug zu definieren, um über diskussionswürdige Einzelaspekte wirklich sprechen zu können.
    Mein Mantra: “Heutzutage riskiert ein Philosoph ohne breite naturwissenschaftliche Kenntnisse ein bloßer Schwurbler zu sein.” möchte ich auch hier wieder anbringen.
    Ein Dennett dürfte im deutschsprachigen Raum schwer zu finden sein. Die Schwurbler überwiegen und die wirklich guten Denker müssen sich erstmal gegen den allgemeinen Schwurbelverdacht stemmen. Was angesichts von manchen hochgehypten “Philosophen” und auch angesichts mancher deutscher Philosophietraditionen eine Sisyphosarbeit ist.

  15. #15 Andrea N.D.
    Januar 17, 2012

    @Nils:
    Zustimmung. “Freier Wille” ist ein metaphysisches Konzept, das u.a. aus den von mir genannten Gründen aufrecht erhalten wird. Trotzdem finde ich es gut, wenn sich auch Neurobiologen an der Diskussion beteiligen und so vielleicht dazu beitragen, dass sämtliche Dualismen überwunden werden.

  16. #16 Dagda
    Januar 17, 2012

    @ Niels
    Zum Thema Trennung von “Geist” und Körper kann ich Antonio Damasio empfehlen. Der hat einige Bücher zu dem Thema geschrieben, dass Bewusstsein (,Gehirn) und Körper nicht trennbar sind. Als Beispiel führt er in Fallgeschichten einige körperliche Krankheiten an, die dann zu Veränderungen des Bewusstseins und des “Geistes” führen.
    Was mich persönlich an dieser Trennung immer stört ist, die doppelte Buchführung. Das also z.B. Erinnerungen einerseits synaptisch abgespeichert werden, dann aber auch der “Geist” sich diese Erinnerungen irgendwie merken muss.

  17. #17 G. Black
    Januar 17, 2012

    Freier Wille wird doch von den meisten in erster Linie als ein Konzept gesehen, welches meine Entscheidungen beeinflusst/beeinflussen kann und NICHT Zufall oder Determinismus ist und deshalb m.E. von jedem wissenschaftlich denkenden Menschen abgelehnt werden muss. Dass die Illusion freien Willens evolutionären Vorteil bietet, kann ich mir jedoch äußerst gut vorstellen, ebenso wie die damit verwandte Illusion des Bewusstseins, der Seele, des Mehr-sein-als-ein-Haufen-Atome.

  18. #18 Thanus
    Januar 17, 2012

    Der Mensch hat von allen Lebewesen vermutlich den ausgepägtesten Eindruck bzw. die Illusion eines freien Willens und ist wahrscheinlich die am höchsten entwickelte Lebensform. Also könnte diese Illusion eines freien Willens maßgeblich für diese Hochentwicklung sein. Warum sollten also Evolutionsbiologen zu diesem Thema nichts beitragen können? Aus meiner Sicht kann überhaupt nur die Naturwissenschaft diese Frage klären und niemals die Philosophie allein.

  19. #19 Spoing
    Januar 17, 2012

    Naja man muss hier ja zwischen Philosophischen und Biologischen Gedankengängen unterscheiden. Der “Freie Wille” wird, wie “der Sinn des Lebens” letzen Endes nur ein philosophisches Konzept bleiben. (Einzige Ausnahme wäre natürlich der Worst Case: Man steht irgendwann vorm Himmelstor und Petrus sagt einen: “Verarscht! Physik gabs nur um euch zu beschäftigen!”)

    Zur Biologie muss ich sagen: Der “Wille” (sofern existent) wird physikalischen Zwängen unterliegen. Egal wie sehr ich will, ohne Kopf wirds Weiterleben schwer.
    Ein losgelöster Wille ist somit nicht für das “Diesseits” zu gebrauchen. (Den kann man also getrost religiösen Fanatikern zur Diskussion überlassen).Komplett ohne Biokentnisse.

    Aber auch ein streng physikalisch gebundener Wille kann frei sein. Denn wenn er duch ein zufälliges Ereigniss ausgelöst wird so kann man durch den Zufall ja noch den willen wirken sehen. Und hier wird es wieder religiös/philosophisch. Sicher kann man das als “Gott in der Lücke” Argumentation sehen, aber solange der “Zufall” zufällig ist wird der “Freie Wille” ebenso nicht auszuschließen sein wie eine schöpfende Kraft oder ähnliches.
    (Allerdings kann man den Leuten, welche wissen zu glauben was es mit dieser “Kraft” auf sich hat, ihre falschen Argumente immer wieder um die Ohren hauen)

  20. #20 Theres
    Januar 17, 2012

    Nein, das ist ein logisches Puzzle, bei dem uns die Neurobiologie nicht weiter helfen wird.

    Hm. Wieso?
    Ist es nicht einfach so, dass unsere, äh – in Ermangelung eines besseren Begriffs, Bewusstheit die innere uns selbst nicht immer bewusste Spiegelung der physischen Vorgänge ist?
    Da die ziemlich komplex sind, wird es auch nichts mit einem Dualismus, als viel zu vereinfachendes Modell?

    Ich würde “freien Willen” höchstens als bewusste Entscheidung, unter Umständen gegen Gefühle oder Instinkte definieren, oder am besten gleich als unzulässige Vereinfachung ad Akta legen. Schließlich ist kein Mensch ganz allein und unanbhängig von den Umständen (damit meine ich alle Lebensumstände von früher bis Gegenwart, nebst Lebenserhaltung, Umweltbedingungen und andere Menschen) exisitieren und somit nie völlig frei wollen.

    @Thanus
    Die Illusion des freien Willens beruht auf einer idealisierten Definition und die kann Abfallprodukt unserer evolutionären Entwicklung sein … würde ich sagen. Hoffentlich halbwegs verständlich. Eine Ilusion kann meines Erachtens nämlich nicht maßgeblich für eine Entwicklung gewesen sein.

    @Spoing
    Philosophische und biologische Gedankengänge?
    Wie sollen die sich unterscheiden … oder meintest du den Inhalt?

  21. #21 Thomas H.
    Januar 17, 2012

    Beim (sogenannten) „Freien Willen“ muss man in der Tat zwei Komponenten voneinander unterscheiden: eine analytisch-philosophische und eine empirisch-natur-(bzw. neurowissenschaftliche). Der entscheidende Punkt ist, dass der analytisch-philosophischen dahingehend eine Vorrangrolle zukommt, da sie erst die Bedingungen der Möglichkeit einer (dann auch naturwissenschaftlichen) sinnvollen Rede vom (freien) Willen zulässt: eine Klärung der Begriffe ist unabdingbar, um überhaupt eine sinnvolle Rede über den Willen zu ermöglichen. Wenn man nicht weiß, was die Begriffe ‚frei‘ oder ‚Wille‘ überhaupt bedeuten, kann man schlecht darüber debattieren…

    Von daher muss zuerst klar sein, was überhaupt wovon „frei“ sein soll. Hier zeigt sich (das ist Verdienst insbesondere der analytischen Philosophie), dass sehr viele Alltagsvorstellungen des „Freien Willens“ alleine schon aus einem logisch-begrifflichen Standpunkt heraus unhaltbar sind.

    Ein erster Ansatzpunkt ist das berühmte Bieri-Trilemma (1. Mentale Phänomene sind nichtphysikalische Phänomene, 2. Mentale Phänomene sind im Bereich physikalischer Phänomene kausal wirksam. 3 Der Bereich physikalischer Phänomene ist kausal geschlossen), das zeigt, dass bei einer unreflektierten Verwendung intuitiver Annahmen eine Inkonsistenz der Welt(sicht) folgt.

    Der cartesische Dualismus krankte schon sehr früh am Problem der Wechselwirkung zwischen einer immateriellen Welt (des Geistes) und einer materiellen Welt (der Materie und damit der Naturwissenschaften). Das Problem vieler neurowissenschaftlicher Einlassungen zum Thema „Freier Willer“ ist eine sehr kurz greifende Lösung dieses Problems: der Dualismus wird scheinbar dadurch aufgehoben, dass man den ehemals immateriellen Geist nun mit dem Gehirn identifiziert, ohne die alte Redeweise zu überdenken. Dann kommt sprachphilosophischer Unsinn dabei heraus, der (im weiten Sinne) psychologische Begriffe wie „denken“ oder „fühlen“, die sinnvollerweise nur von einem Subjekt ausgesagt werden können, einfach auf das Gehirn anwendet. Hier tut eine Unterscheidung zwischen dem Subjekt einer (im weiten Sinne) Handlung und dem Ort derselben dringend Not! Dass die neurochemischen Wechselwirkungen im Gehirn die Bedingungen und der Ort mentaler Fähigkeiten (das sind perzeptuelle, kognitive, kogitative, affektive und volitionale Funktionen) sind, sollte heutzutage nicht mehr bestritten werden – eine behauptete Identität ist jedoch sinnlos (sie ist weder wahr noch falsch, sondern einfach keine wahrheitsfähige Behauptung).

    Hier sind wir auch schon bei einem nächsten wichtigen Punkt: der Unterscheidung einer epistemischen von einer ontologischen Ebene! Der (neurobiologische) Ursprung mentaler Fähigkeiten behandelt eine andere Kategorie als die epistemische Reflexion. Der Wille, zu dem Gründe, Abwägungen, Wünsche etc. gehören, ist einerseits sicherlich naturgesetzlich determiniert (inkl. möglicher quantenmechanischer indeterministischer Effekte) – eine Widerlegung der Freiheit des Willens ist das aber natürlich nicht. Hier liegt eine falsche Vorstellung von “Willen” zugrunde. Es wurde ja schon erwähnt: ein Wille, dessen Freiheit sich in einer Bedingungslosigkeit manifestiert, wäre natürlich auch nicht mehr „mein“ (freier) Wille (das ist aber z.B. Resultat analytischer und damit a-priori gemachter Überlegungen hinsichtlich der Begriffe und keine empirische Erkenntnis). Ein klassischer Ausweg ist der philosophische Kompatibilismus, der lange vor den empirischen Ergebnissen der Neurowissenschaft auf überzeugende Weise klar gemacht hat, dass Freiheit und (naturgesetzlicher) Determinismus zusammenpassen – ja, sogar: zusammenpassen müssen. Z.B. findet man von Beckermann hierzu einen guten Einstieg: https://www.philosophieverstaendlich.de/freiheit

  22. #22 psm
    Januar 17, 2012

    Ich denke, die Lektüre von “Thomas Metzinger: Der EGO Tunnel” kann hier – allen? – weiterhelfen.

  23. #23 Theres
    Januar 17, 2012

    @psm
    Ach Die Erkenntnisse der Hirn- und Bewusstseinsforschung zeigen für Thomas Metzinger, dass unser “Selbst” ein Konstrukt unseres Gehirns ist.
    Ja, WAS denn sonst???

  24. #24 psm
    Januar 17, 2012

    Eben. Hat sich aber noch nicht sehr weit herumgesprochen. Zu “WAS denn sonst???” lesen sie weiter oben und millionen Internetseiten und zehntausende Bücher. Ich halte diesen – verständlichen – Mangel an Einsicht für ein Problem, das uns noch mehr zu schaffen machen wird, als wir es ohnehin schon mit Fundamentalismen aller Art erleben (müssen).

  25. #25 Theres
    Januar 17, 2012

    @psm
    Ach so hast du das gemeint …
    Und nein, diese Seiten und Bücher lese ich nicht, aber sprachst du (sprachen Sie?) soeben von philosophischen Fundamentalismen?

  26. #26 Vorsehungsman
    Januar 17, 2012

    Sollte die Wissenschaft eines Tages herausfinden, dass es keinen freien Willen gibt, würde sich auf eindrucksvolle Weise bestätigen, dass alles göttliche Vorsehung ist.

  27. #27 psm
    Januar 17, 2012

    Mit “Fundamentalismen aller Art” empfinde und bezeichne ich Erkenntnissysteme mit Anspruch auf Welterklärung, die – persönlich – weniger demütig sind als “Ich weiß, dass ich nichts weiß” oder – wissenschaftstheoretisch – mehr zu erkennen behaupten als die immer vorläufige Hypothese aus undogmatischer wissenschaftlicher Forschung. UND, denn Irrungen und Wirrungen Einzelner oder von Gruppen gehen mich ja nichts an, WENN solche “Fundamentalisten” EINFLUSS auf andere Menschen zu nehmen sich berechtigt fühlen und/oder gar ausüben.

  28. #28 Redfox
    Januar 17, 2012

    Ich finde diesen Beitrag des Philosopen Eddy Nahmias interesant:

    I’ll argue that the neuroscientific evidence does not undermine free will. But first, I’ll explain the central problem: these scientists are employing a flawed notion of free will. Once a better notion of free will is in place, the argument can be turned on its head. Instead of showing that free will is an illusion, neuroscience and psychology can actually help us understand how it works.

    Nicht nur wegen der Schlussfolgerungen, sondern mehr wegen der Überlegungen über die verschiedenen Begriffsdefinition.

  29. #29 BreitSide
    Januar 17, 2012

    xxx:-)

  30. #30 cydonia
    Januar 17, 2012

    @Thomas H
    Unabhängig vom Inhalt: glaubst du, dass das, was du schreibst, von Lesern, die im Thema philosophisch nicht drin sind, wirklich nachvollzogen werden kann?
    Das kann(und meiner Meinung nach muss!) man auch allgemeinverständlicher ausdrücken. Sonst entsteht der(falsche) Eindruck, dass Philosophie eine Geheim”wissenschaft” ist, die nur von ganz wenigen überhaupt verstanden werden kann.
    Und recht banale Aussagen sehen nach großen Weisheiten aus, und so wie du schreibst scheint sich die Philosophie auch noch zu allem Überfluss für die Krone der Erkenntniswerkzeuge zu halten. Diese Hybris mit der von mir bereits monierten Schwurbelsprache kombiniert würde ich sehr gerne überwunden sehen, besonders weil mir Philosophie wirklich am Herzen liegt.
    Sprich bitte deutsch oder irgendeine andere Sprache. Philosprech schreckt ab.

  31. #31 Thomas H.
    Januar 17, 2012

    @cydonia

    Inhaltlich bemerkenswerte Replik! Aber es stand ja immerhin auch „[u]nabhängig vom Inhalt“ dabei… „Hybris“? Das ist nichts als überall praktizierte Ökonomie. Und ich glaube nicht, dass ein (interessierter) Leser dadurch überfordert ist/war. Wenigstens gab es bei mir auch Gehalt – was nicht immer so ist…

  32. #32 Theres
    Januar 17, 2012

    @Thomas H.
    Einspruch. Ich las den ersten Absatz und hatte keine Lust mehr, außerdem keine Zeit dafür. Genau so eine Sprache verleidete mir einst die Lust an der Philosophie.
    Ich bin absolut sicher, dass sich der Gehalt, oder auch Inhalt, mühelos kürzer und knapper ausdrücken ließe. (Und ich ihn dann auch lesen würde.)
    Philosprech war aber sehr lieb ausgedrückt …

  33. #33 Thanus
    Januar 17, 2012

    @Thomas H.

    Einspruch too! Grandioser Link, aber den kannte ich schon und obwohl ich den kannte und für verständlich halte, habe ich bei deinem “Geschwurbel” nach wenigen Zeilen abgeschaltet.

  34. #34 Thomas H.
    Januar 17, 2012

    Von mir aus nennt mich arrogant oder verblendet, aber mit Verlaub: wer bei eigentlich vorhandenem Interesse beim ersten Absatz (der an einer zu spät gesetzten Klammer – „(bzw. neurowissenschaftliche)“ statt „(bzw. neuro-) wissenschaftliche“ – krankt) aussteigt, sollte vielleicht noch einmal an seinen grundsätzlichen Lesefähigkeiten arbeiten…

    Es ist geradezu albern, anzunehmen, dass eine die wissenschaftlichen Fachdisziplinen integrierende und transzendierende Disziplin wie die Philosophie mit einer deutlich einfacheren Sprache auskäme als eben jene wissenschaftlichen Fachdisziplinen. Aber lasst Euch durch mich nicht mehr stören – dilettiert munter weiter… Macht die Philosophie zu einem Tummelplatz der Beliebigkeit… Glücklicherweise wird diese Sicht dort, wo sie wirklich betrieben wird, nicht geteilt (und das sind nicht etwa nur die bösen, alten Elfenbeintürme, sondern auch die ganzen interdisziplinären Tagungen und Arbeitsgruppen mit den Biologen, Informatiker, Physikern…).

  35. #35 Theres
    Januar 17, 2012

    @Thomas H.
    Du wolltest es haben:
    du bist arrogant und verblendet, weil du annimmst, es habe an der Klammer gelegen.
    Es lag an der Form — deines Textes.

  36. #36 Thomas H.
    Januar 17, 2012

    @ Theres

    Dir krankt es (erneut) an Lesefähigkeit, wenn Du annimmst, ich nähme an, an der Klammer habe es gelegen: das war lediglich eine Richtigstellung. Die Charakterisierung „arrogant“ und „verblendet“ nehme ich zur Kenntnis – damit kann ich angesichts des ganzen Kontextes ganz gut leben… Lasst Euch von Cydonia die weite Welt der Philosophie erklären: aber passt ja auf, dass kein Fachbegriff oder eine grundsätzlich geschliffene Sprache enthalten ist – die Philosophie ist schließlich im Gegensatz zu allen anderen Disziplinen (egal, ob Chemie, Mathematik oder Kunstgeschichte) ein Gebiet, auf dem jeder im Vorbeigehen seinen Senf dazugeben darf und soll und wofür man qua Menschsein automatisch qualifiziert ist.

  37. #37 ZetaOri
    Januar 17, 2012

    @cydonia· 17.01.12 · 20:03 Uhr

    […] Und recht banale Aussagen sehen nach großen Weisheiten aus, und so wie du schreibst scheint sich die Philosophie auch noch zu allem Überfluss für die Krone der Erkenntniswerkzeuge zu halten. Diese Hybris mit der von mir bereits monierten Schwurbelsprache kombiniert würde ich sehr gerne überwunden sehen, besonders weil mir Philosophie wirklich am Herzen liegt. …

    Ich war gerade dabei, auch aufgrund einiger Beiträge von Dir hier auf SB, meine in Jahrzehnten gewachsene Philosophen-Allergie etwas abzubauen, jetzt (nach Thomas H.) juckt´s wieder wie verrückt. Ich fürchte, solange das Image der Philisophie in der Wahrnehmung der Bevölkerung von seinesgleichen geprägt wird, wirst Du den Felsbrocken noch unendlich oft der Berg hinaufrollen müssen. 🙁

    … Sprich bitte deutsch oder irgendeine andere Sprache. Philosprech schreckt ab.

    Er wird sich hüten, die Banalität offensichtlich zu machen. >;->

  38. #38 Theres
    Januar 17, 2012

    ZetaOri
    Er hat es doch getan! Jedenfalls ist der Stil schon überdeutlich …

    @Thomas H.
    Fein richtig gestellt. Danke für deine geschliffene Sprache und für dieses, äh, Gespräch.

  39. #39 ZetaOri
    Januar 17, 2012

    @Theres· 17.01.12 · 21:32 Uhr

    ZetaOri
    Er hat es doch getan! Jedenfalls ist der Stil schon überdeutlich …

    Ja, aber nur für den “Eingeweihten”. ;D
    Gegenüber dem arglosen Leser dient der “Stil” ja gerade zum Vernebeln und Heischen von Ehrfurcht. >;-)

  40. #40 Joseph Kuhn
    Januar 17, 2012

    … huch, hier wird aber scharf geschossen. “Thomas H.” hat ja so Unrecht nicht. Begriffe müssen geklärt werden, sonst kann man nicht vernünftig über die Dinge reden. Darüber, was ein Konzept wie der “freie Wille” sinnvollerweise bedeuten kann, lohnt es sich nachzudenken, weil der “freie Wille” spontan oft als losgelöst von allen materiellen Bedingungen und damit auch als losgelöst von der Sozialisation eines Menschen gedacht wird: Ich bin frei, wenn das, was ich tue, durch nichts bestimmt wird. Das wäre aber naturwissenschaftlich nicht möglich und außerdem würde dann das, was ich tue, auch nicht mehr durch mich selbst bestimmt (meine Persönlichkeit, meine Vorlieben, meine Gewohnheiten etc.) – es wäre mir gar nicht mehr als mein eigenes Handeln zurechenbar. Ein “freier Wille” in diesem Sinne ist kein vernünftiger Sprachgebrauch, daher könnte das auch nicht Gegenstand empirischer Forschung in der Hirnforschung sein.

    Ob man wie “Thomas H.” aus dieser letztlich schlichten Einsicht eine Debatte darüber machen sollte, was “Vorrang” hat, die philosophische Begriffsklärung oder die emprische Forschung, erscheint mir allerdings etwas gekünstelt, weil die empirische Forschung oft erst die Impulse für die notwendigen Begriffsklärungen gibt. Die Experimente von Libet sind ein Beispiel.

    Wer übrigens ein Buch lesen will, in dem noch schärfer geschossen wird als hier: Bei Suhrkamp gibt es eine Debatte zwischen Maxwell Bennett und Peter Hacker mit Daniel Dennett und John Searle genau zu der Frage, wie Begriffe wie “Wille”, “Denken” etc. in der Hirnforschung sinnvoll zu verwenden sind. Die Herren schenken sich nichts. Das Buch heißt “Neurowissenschaft und Philosophie”.

  41. #41 Thanus
    Januar 17, 2012

    Ein unfreier Wille heißt nichts anders, als dass alles seit jeher festgelegt ist, da kann man den Begriff noch so oft uminterpretieren, es wird daran nichts ändern. Jedes einzelne Wort in diesem Blog wäre dann für jemanden vorhersagbar gewesen, wenn er Einblick in alle Teile, und den Gesetzen den sie gehorchen, gehabt hätte, so wie ein Billardspieler bei einem Stoß den Lauf der Kugeln voraussagen kann. Alle Menschen wären dann nur Marionetten, gelenkt von den Naturgesetzen.

    Ein freier Wille ist natürlich losgelöst von allen materiellen Bedingungen und vermutlich genau deshalb unwahrscheinlich. Aber vielleicht spaltet sich auch mit jeder Entscheidungsfindung ein neues Universum auf. In der Unendlichkeit ist ja Platz genug.

  42. #42 Theres
    Januar 17, 2012

    @ZetaOri
    Da habe ich tatsächlich was nicht mitbekommen … Ehrfurcht also … huch. 😀
    @Josef Kuhn Danke für den Tipp, klingt ausnehmend interessant. Sicherlich muss definiert werden, aber doch bitte verständlich.

    Könnte freier Wille nicht eine Umentscheidung quasi im letzten Augenblick nach einer (die nachweisbare neurologische, unbewusste ist gemeint) getroffenen Entscheidung bedeuten?
    Setzte man jetzt die richtigen Fachworte ein, könnten Neurologen wie Philosophen damit vielleicht etwas anfangen …?

  43. #43 BreitSide
    Januar 17, 2012

    Nenee, Thanus, Du verwechselst da mE Freiheit mit Chaos.

    Dass der Laplacesche Dämon widerlegt ist, hat nichts mit Freiheit zu tun, sondern damit, dass bei komplexen Systemen mit hohen Verstärkungsfaktoren und/oder viel Rückkoppelung nicht vorhersehbare Ergebnisse rauskommen.

    Ein Doppelpendel, die multiplen Billardstöße und die wunderbar hübschen Mandelbrotbildchen haben mE nichts mit freiem Willen zu tun.

  44. #44 Theres
    Januar 17, 2012

    @Thanus

    Ein freier Wille ist natürlich losgelöst von allen materiellen Bedingungen und vermutlich genau deshalb unwahrscheinlich.

    Tja, dann gibt es keinen bei Menschen, weil es keinen Menschen losgelöst von allen materiellen Bedingungen geben kann. Wie denn?

  45. #45 Thanus
    Januar 18, 2012

    Determiniert bleibt determiniert, egal wie komplex das System (in dem Fall das menschliche Gehirn) auch ist.

    Freier Wille bedeutet in der Tat Chaos.

  46. #46 Theres
    Januar 18, 2012

    @Thanus
    Hä?
    … halbfrei wäre durchaus eine Definition wert 😉

  47. #47 Thanus
    Januar 18, 2012

    Ich glaube nicht, dass Ameisen einen freien Willen haben, geschweige denn darüber nachdenken, ob sie einen haben. Dennoch funtioniert die Ameisenkolonie perfekt.

    Warum der Mensch der Meinung ist, einen freien Willen zu haben und welchen Vorteil das evolutionstechnisch bringt, sollen die Evolutionsbiologen klären.

    Ohne der Vorstellung eines freien Willens kann es jedenfalls kein Gefühl des Stolzes über erbrachte Leistungen geben. Das allein bedeutet wahrscheinlich schon einen immensen evolutionären Vorteil.

  48. #48 Theres
    Januar 18, 2012

    @Thanus
    Nochmal: Hä?
    Ohne der [die] Vorstellung eines freien Willens kann es jedenfalls kein Gefühl des Stolzes über erbrachte Leistungen geben.
    Wieso nicht?

    Gefühle sind irgendwann biologisch/ physiologisch erklärbar, angeboren, im Prinzip jedenfalls, und so weiter. Stolz ist eines, und worauf er sich bezieht, ist dabei gänzlich unerheblich, beziehungsweise eher kulturell erlernt worden … Was hat der mit freiem Willen zu tun und warum soll er das haben?
    (Und ich denke, das bringt nichts, deshalb höre ich jetzt auf.)

  49. #49 MartinB
    Januar 18, 2012

    @Thanus
    Folge mal dem Link, den redfox oben angegeben hat (und darin der Referenz 3): Freier Wille und Determinismus schließen sich nicht notwendigerweise aus.

  50. #50 Joseph Kuhn
    Januar 18, 2012

    @ Theres:

    Könnte freier Wille nicht eine Umentscheidung quasi im letzten Augenblick nach einer (die nachweisbare neurologische, unbewusste ist gemeint) getroffenen Entscheidung bedeuten?

    So etwas Ähnliches vertritt Benjamin Libet in seinem Buch “Mind Time”, er spricht hier von einer “Vetomöglichkeit” des Bewusstseins. Mich überzeugt das nicht, weil ein “Veto” letztlich wie jeder Handlungsaufbau seine unbewussten hirnphysiologischen Vorläufer haben sollte – aber das müssten Fachleute diskutieren.

    Die Vereinbarkeit von naturwissenschaftlichem Determinismus (im Sinne einer Geschlossenheit kausaler Erklärungen, ohne dass da etwas “Geistiges” einwirkt) und “freiem Willen” wird von Bieri, Beckermann & Co. anders gefasst, hier geht es eher um so etwas wie die Reichweite von Entscheidungsoptionen auf der Grundlage persönlicher Verhaltensspielräume. Das ist ein Ansatz, den auch Hirnforscher mitgehen können, siehe z.B. die Position von Gerhard Roth. Ein leicht verständliches Buch dazu ist das von Michael Pauen “Illusion Freiheit?”. Eine wilde Sammlung aller möglicher Positionen ist der Sammelband “Hirnforschung und Willensfreiheit”, herausgegeben von Christian Geyer, auch gut verständlich, aber man liest besser vorher etwas anderes, damit man in diesem Karussell der Ansichten nicht ganz die Orientierung verliert.

    @ Thanus:

    Ein unfreier Wille heißt nichts anders, als dass alles seit jeher festgelegt ist

    Das ist das, was ich oben mit dem spontanen Begriffsverständnis des “freien Willens” gemeint habe, hier nur negativ formuliert und mit viel petitio pricipii (also Zirkelschluss von Voraussetzungen und Folgerungen) gemischt. Ja, wenn “alles” festgelegt wäre, wären auch die Aussagen in diesem Blog festgelegt. Aber eben nur, wenn das so wäre. Zur Auseinandersetzung mit diesem Argument sei das oben genannte Buch von Pauen empfohlen.

  51. #51 Thanus
    Januar 18, 2012

    @

    Könnte freier Wille nicht eine Umentscheidung quasi im letzten Augenblick

    Libet hat das schon erdacht, um die Aussage seiner Experimente abzuschwächen. Aber was soll das sein? Worin sollte darin der Unterschied zum “echten” freien Willen sein? Das wäre nichts anderes als eine Kugel, die sich entschließt, nicht zu rollen und der Queue an ihr zerbricht.

    Der Mensch ist wie eine Kugel, die sich vorgaukelt genau dorthin gerollt zu sein, wo sie ohnehin aufgrund des Stoßes (Naturgesetze), der Tischbeschaffenheit (Umwelt) und ihrer Form (Gene) hingerollt wäre. Die Frage ist also vielmehr, warum und weshalb gaukelt er sich das vor und wie konnte die Evolution etwas derartig Fantastisches hervorbringen.

    Im Übrigen hat Schopenhauer auch das schon am besten beschrieben, als er den Mensch mit dem Wasser verglichen hat: “Ich kann hohe Wellen schlagen (ja, nämlich im Meer und Sturm!); ich kann reißend hinabeilen (ja, nämlich im Bett des Stromes!); ich kann schäumend und sprudelnd hinunterstürzen (ja, nämlich im Wasserfall!); ich kann frei als Strahl in die Luft steigen (ja, nämlich im Springbrunnen!) ich kann endlich gar verkochen und in die Luft verschwinden (ja, nämlich bei hundert Grad Wärme!); tue jedoch von allem jetzt nichts, sondern bleibe freiwillig, ruhig und klar im spiegelnden Teiche.”

  52. #52 Thanus
    Januar 18, 2012

    @martinB

    Habe ich gelesen und einiges mehr. Für mich ist das alles nur Herumgeeiere, um der beinharten Realtität nicht ins Auge sehen zu müssen 😉

    Ohne Multiversum kann es keinen Determinismus bei echter Entscheidungsfreiheit geben.

  53. #53 MartinB
    Januar 18, 2012

    @Thanus
    Was soll denn “echte Entscheidungsfreiheit” sein? Dass ich in *exakt* derselben Situation, wenn man sie kopieren könnte, mal so und mal so handle? Das wäre dann doch keine Entscheidung, sondern Zufall. Entscheidung heißt doch gerade “Nach Abwägung der Situation komme ich zu einem Schluss” – wenn ich genausogut zum gegenteiligen Schluss kommen könnte, dann war die Abwägung wohl nicht so toll, was und wie habe *ich* denn dann entschieden?
    Ich kann diese Auffassung von freiem Willen nicht mal konzeptionell nachvollziehen.

  54. #54 Thanus
    Januar 18, 2012

    @MartinB

    Einstein hat das ja auch so gesehen wie du und wenn man es so sieht, dann ist der unfreie Wille kein Problem, aber dennoch alles vorherbestimmt und wir lediglich Marionetten, die genau das tun, was sie tun müssen und das schließt eben jeden einzlenen Gedanken mit ein.

  55. #55 Thanus
    Januar 18, 2012

    Einstein als großer Fan von Schopenhauer hat gar gemeint, dass dieses Bewusstsein (dass alles ohnehin ist wie es ist) das leicht lähmend wirkende Verantwortungsgefühl mindert.

  56. #56 Nils
    Januar 18, 2012

    Der Mensch ist wie eine Kugel, die sich vorgaukelt genau dorthin gerollt zu sein, wo sie ohnehin aufgrund des Stoßes (Naturgesetze), der Tischbeschaffenheit (Umwelt) und ihrer Form (Gene) hingerollt wäre. Die Frage ist also vielmehr, warum und weshalb gaukelt er sich das vor und wie konnte die Evolution etwas derartig Fantastisches hervorbringen.

    @Thanus:
    Die gleiche Argumentation benutzt auch Jerry Coyne, aber ich sehe nicht ein, wie das auch nur ansatzweise etwas mit der Realität zu tun hat, in der wir uns bewegen. Unser Gehirn hat doch offensichtlich die Fähigkeit evolviert, Situationen abzuwägen und bewusste Entscheidungen zu treffen. Das ist eine Plastizität unseres Verhaltens, die allem Anschein nach adaptiv ist. Evolutionsbiologisch zu argumentieren, wir würden keinen freien Willen haben, ist demnach gar nicht mehr möglich. Der einzige Bereich, in dem freier Wille realistisch angefochten werden kann, ist vielleicht die Quantenmechanik. In anderen Bereichen funktioniert das nur, wenn sich jede Disziplin den Begriff passend zurecht definiert – und das scheint mir ja der Fall zu sein.

    Ich denke, wir sollten aufhören, die Frage nach “frei oder nicht frei” (schwarz oder weiß) zu stellen, sondern schauen, in wie weit unsere Entscheidungen (bewusste und unbewusste) tatsächlich von unseren Erfahrungen, unseren Genen beeinflusst werden. Dies ist zum Teil erheblich der Fall, aber das ändert nichts daran, dass wir, vor dieselbe Wahl gestellt, in der Lage sind, uns einmal so, ein ander Mal so zu entscheiden. Warum versuchen wir immer, eine endgültige Antwort für alles zu finden. Hat uns 42 nichts gelehrt?

  57. #57 Nils
    Januar 18, 2012

    @Martin:
    Hm, ich glaube ich sehe das anders als du. “Entscheiden” heißt genauso, dass wir nach Abwegen der Situation zu einem falschen Schluss kommen können. Das Problem ist, dass es sich bei deinem Beispiel um eine fiktive Situation handelt, die nie durchgeführt werden kann. Deswegen ist freier Wille ein Konzept, welches meiner Meinung nach eben nur in Gedankenexperimenten eine Rolle spielt.

  58. #58 Thanus
    Januar 18, 2012

    @Nils

    Was mir noch zu deinem Artikel aufgefallen ist, weil du meinst, die Aussage von Coyne, dass Strafe auch bei unfreiem Willen sinnvoll wäre aufgrund der Abschreckung, widersprechen Untersuchungen zum Thema Todesstrafe. Die Todesstrafe setzt ein Gewaltverbrechen voraus und bei Gewaltverbrechen scheint der Strafrahmen tatsächlich keinen Einfluss auf künftige Gewaltverbrechen zu haben. Vermutlich weil Gewaltverbrechen triebgesteuerter sind, als andere, also um einiges unbewusster ablaufen. Bei kleineren Delikten trifft das aber nicht zu. Würden etwa Diebstähle nicht mehr bestraft, wäre die Hölle los.

  59. #59 cydonia
    Januar 18, 2012

    @Nils
    Besonders letzter Absatz: Zustimmung
    @Joseph Kuhn
    Das scharfe Schießen meinerseits hatte auch damit zu tun, dass die schwer erkennbare Hauptaussage des Posts von Thomas H bereits von anderen und auch von mir selbst in für die breite Öffentlichkeit verständlichen Worten vorher formuliert worden war.
    Es hat der Philosophie enorm geschadet, dass allenthalben geheideggert wurde und wird, besonders in Bereichen, in denen man sich mit wenig Mühe klar ausdrücken könnte. Und wenn dann wirklich gute Leute wie Kant, Habermas und übrigens auch Heidegger aufgrund ihres konzentrierten Denkens eine Sprache benutzen, die einiges an Übung und Konzentration erfordert, um den Inhalt in seiner Fülle wahrzunehmen, dann ist das etwas anderes, als wenn recht einfach zu verstehende Gedanken zu merkwürdigen Gebilden aufgeblasen werden. Ich kenne genügend Menschen, die solche Blasen gerne platzen lassen würden, es aber aus lauter Höflichkeit selten oder nie tun.
    Ich nehme die Nadel inzwischen jedesmal raus, aus Respekt vor wirklich guten und durchdachten Texten.

  60. #60 MartinB
    Januar 18, 2012

    @Nils
    Ich habe kein Problem damit, dass eine Entscheidung “falsch” sein kann – aber in dem hypiothetischen Fall zweier identischer Kopien von mir müssten doch beide dieselbe falsche Entscheidung treffen.

  61. #61 cydonia
    Januar 18, 2012

    @MartinB 8:11
    Die Versuchsanordnung ist mir zu künstlich. Es muss kein Zufall sein, wenn ich mal so und mal so handle….und ich sehe gerade, dass Nils meinen Gedanken schon formuliert hat.
    Wahrscheinlich müssen wir uns auch mit dem Konzept “Zufall” noch mal eingehend beschäftigen.

  62. #62 cydonia
    Januar 18, 2012

    @Martin B
    Wieso müssten sie das? Wenn ich das auf die Evolution übertrüge müssten immer die gleichen Lebewesen entstehen, wenn die Bedingungen gleich sind. Ich denke nicht, dass du dem zustimmst. Allerdings denke ich auch, dass der Vergleich ein wenig hinkt, aber weniger, als man zuerst annimmt.

  63. #63 Thanus
    Januar 18, 2012

    Wenn die Bedingungen gleich wären, würden auch immer die gleichen Lebewesen entstehen. Die Bedingungen sind aber niemals gleich und deshalb kommt es zu einer Artenvielfalt.

  64. #64 MartinB
    Januar 18, 2012

    @cydonia
    Wenn *nicht* jedesmal dieselbe entscheidung getroffen wird, was bestimmt dann die Entscheidung? Zufall?

    In der Evolution akzeptieren wir den Einfluss des Zufalls, aber bei unseren Entscheidungen?

  65. #65 Thanus
    Januar 18, 2012

    In der Evolution akzeptieren manche den Einfluss des Zufalls, weil sie noch keine Erklärung für die Entstehung von Leben gefunden haben.

    Gott würfelt nicht, wie schon Einstein sagte.

  66. #66 Heino
    Januar 18, 2012

    @Theres
    #Ein unfreier Wille heißt nichts anders, als dass alles seit jeher festgelegt ist, da kann man den Begriff noch so oft uminterpretieren, es wird daran nichts ändern. Jedes einzelne Wort in diesem Blog wäre dann für jemanden vorhersagbar gewesen, wenn er Einblick in alle Teile, und den Gesetzen den sie gehorchen, gehabt hätte, so wie ein Billardspieler bei einem Stoß den Lauf der Kugeln voraussagen kann.#

    Da hast du wohl den Zufall unterschlagen.

  67. #67 cydonia
    Januar 18, 2012

    Ich fürchte, wir kommen tatsächlich nicht umhin den Zufall in die Diskussion mit einzubeziehen, und auch zu definieren, was wir damit meinen.
    Und ja, ich komme nicht umhin dem Einfluss des Zufalls auf meine Entscheidungen eine große Bedeutung zuzumessen. Das setzt die Vorstellung, die ich von freiem Willen habe aber nicht außer Kraft.

  68. #68 Thanus
    Januar 18, 2012

    Zufall ist eine Wortschöpfung des Menschen für Unerklärliches, aber vielleicht gar nicht existent.

  69. #69 cydonia
    Januar 18, 2012

    Thanus, wenn du das ernstmeinst, musst du mit erheblichem Gegenwind rechnen. Später auch von mir…

  70. #70 MartinB
    Januar 18, 2012

    @cydonia
    Hmm, und wie stelle ich mir das mit dem Zufall vor?
    Ich mache nochmal das Gedankenexperiment zweier absolut identischer Kopien des Universums. Im einen entscheide ich mich anders als im anderen.
    Soll ich mir vorstellen, dass irgendein zufälliger Prozess (im Extremfall ein Quantenprozess in meinem Gehirn) letztlich bestimmt, ob ich A oder B tue?
    Wenn nein – was meinst du dann mit Zufall?
    Wenn ja – das ist dann vielleicht “frei”, aber es hat in meinen Augen nichts mit “Willen” zu tun.

  71. #71 Heino
    Januar 18, 2012

    @Thanus

    Wenn das so wäre, wie du sagst, dann wäre würfeln gerade etwas, bei dem der Zufall nicht zum Tragen käme. Denn dann sollte Gott wissen, wie er den Würfel werfen muss, damit eine bestimmte Zahl herauskommt.

  72. #72 Thanus
    Januar 18, 2012

    Um beim Billardbeispiel zu bleiben. Ein Könner des Spiels wird den Lauf der Kugeln weitestgehend voraussagen können und was dem ungeübten Zuseher als zufälliger Zusammenstoß zweier Kugeln erscheint, war doch nur vorausberechnet und durch den Stoß exakt vorherbestimmt.

  73. #73 cydonia
    Januar 18, 2012

    @MartinB
    Jetzt wos gerade interessant wird, muss ich leider gehen. Bis gleich.

  74. #74 Thanus
    Januar 18, 2012

    @Heino

    Genau so ist es. Gott wäre der perfekte absolut fehlerfrei spielende Billardspieler und sein Tisch das Universum.

  75. #75 Nils
    Januar 18, 2012

    Ich habe kein Problem damit, dass eine Entscheidung “falsch” sein kann – aber in dem hypiothetischen Fall zweier identischer Kopien von mir müssten doch beide dieselbe falsche Entscheidung treffen.

    @Martin:
    Okay, da hast du natürlich Recht. Ich glaube ich sehe das Ganze nicht aus dieser abstrakten Sicht eines hypothetischen Logikexperiments, weil es in der Natur diese Situationen nicht gibt. Ich denke es hilft, sich vom “Freien Willen” zu distanzieren und – wie das zunehmend auch in den Naturwissenschaften der Fall ist – von Volition zu reden. Dadurch verwandelt man nämlich die Dichotomie in ein kontinuierliches, erforschbares Konzept.

  76. #76 Andrea N.D.
    Januar 18, 2012

    @cydonia:
    Ich finde, Du hast übertrieben mit der Spache und zwar nicht nur, weil sie mir selbstverständlich scheint, sondern auch und vor allem darum: Wenn ich Beiträge von Naturwissenschaftlern hier lese, habe ich auch meine Probleme und verstehe viele Dinge nicht. Manchmal steige ich aus (dann muss aber nicht das Niveau so gesenkt werden, dass auch ich Dummie das verstehe, warum?) und manchmal informiere ich mich selbst darüber hinaus. Das ist meine Sache. Thomas H. hat keine über das normale Maß hinausgehenden Fachwörter verwendet und Entschuldigung – in dieser Diskussion gibt es nun einmal Fachwörter und Begriffe. Wer Dualismus etc. nicht versteht, sollte vielleicht einmal ein Fremdwörterlexikon zur Hand nehmen. Philosophie wird definitiv dann zum Geschwurbel, wenn man ohne Begriffsklärung etc. einmal so über das Leben redet. Thomas H. hat das sicherlich nicht getan. Und Thomas H. “heideggern” zu nennen ist total daneben – oder Du hast Heidegger nicht gelesen.

    @Joseph Kuhn:
    Wer übrigens ein Buch lesen will, in dem noch schärfer geschossen wird als hier: Bei Suhrkamp gibt es eine Debatte zwischen Maxwell Bennett und Peter Hacker mit Daniel Dennett und John Searle genau zu der Frage, wie Begriffe wie “Wille”, “Denken” etc. in der Hirnforschung sinnvoll zu verwenden sind. Die Herren schenken sich nichts. Das Buch heißt “Neurowissenschaft und Philosophie”.

    Sehe ich auch so, da geht es zur Sache – allerdings wird das für die Kommentatoren hier nicht zu lesen sein. Die Sprache ist deutlich schwieriger als die von Thomas H. Spannend daran ist, dass der Neurowissenschaftler Bennett und der Philosoph Hacker eine Position vertreten (Begriffsverwirrung in der Neurowissenschaft), die Dennett und Searle (beides Philosophen) opponieren. Im Prinzip (aus dem Gedächtnis heraus) lässt sich die Aussage der ersten Partei darauf reduzieren, dass beispielsweise das Setzen des Gehirns für den ganzen Menschen (was wohl im Neurosprech Usus ist) nicht sinnvoll ist und Verwirrung über die Forschungsergebnisse stiftet. Das Besondere an diesem Buch (wer es sich antun möchte) ist die Kombination Neurowissenschaft-Philosophie.

  77. #77 Andrea N.D.
    Januar 18, 2012

    @MartinB.
    “cydonia
    Wenn *nicht* jedesmal dieselbe entscheidung getroffen wird, was bestimmt dann die Entscheidung? Zufall?

    In der Evolution akzeptieren wir den Einfluss des Zufalls, aber bei unseren Entscheidungen?”

    Eine sehr gute und wichtige Frage. Ich nenne jetzt lieber keine Philosophen, sonst wird es wieder zu altbacken sondern antworte mit einer Gegenfrage: Was spricht dagegen, die Notwendigkeit des Zufalls (immer und überall) zu bejahen/anzunehmen? Ich stelle mir immer vor, dass dies vielleicht der Beginn jeglichen spirituellen Empfindens darstellt.

  78. #78 Heino
    Januar 18, 2012

    @MartinB

    #Ich mache nochmal das Gedankenexperiment zweier absolut identischer Kopien des Universums. Im einen entscheide ich mich anders als im anderen.
    Soll ich mir vorstellen, dass irgendein zufälliger Prozess (im Extremfall ein Quantenprozess in meinem Gehirn) letztlich bestimmt, ob ich A oder B tue?#

    Einfacher konstruierter Fall: Du möchtest eine Entscheidung treffen, auf Grund eines Ereignisses. Zb. du würfelst. Da wir wissen, dass du nicht in der Lage bist, dich auf Würfel und Kraft so genau zu konzentrieren, dass du mit Sicherheit identische Zahlen, bzw. zwei identische Würfe hintereinander machen kannst, kann man auch nicht annehmen, dass die beiden identischen Kopien der Universen mit Sicherheit zu identischen Würfen fähig sind.

    @Thanus:

    Warum sollte es keinen Zufall geben? Wie bekommst du den Zufall aus der Quantentheorie heraus?

  79. #79 Thanus
    Januar 18, 2012

    @Heino

    Die Quantentheorie heißt nicht umsonst Theorie. Einstein konnte genau aus dem Grund der (scheinbaren) Zufälligkeiten nichts mir ihr anfangen.

  80. #80 cydonia
    Januar 18, 2012

    @Andrea N.D.
    Ist es zuviel verlangt, die Kommentare etwas genauer und ganz zu lesen? Ich denke, deutlich genug gewesen zu sein. Und der Versuch, dich gerade selbst als Mitglied eines elitären Clubs zu definieren, der das alles versteht, im Gegensatz zu “den Kommentatoren”, ist recht merkwürdig.
    “Neurowissenschaft und Philosophie” ist ein exzellenter Tipp, und das Buch wird sicher von den meisten hier Anwesenden gut verstanden, weil dort eben nicht die Schwurbelelite versammelt ist, sondern Leute, die was zu sagen haben.
    @MartinB
    Ich möchte den Zufall zuerst in zwei Bereiche trennen. Nennen wir sie äußeren und inneren Zufall. Beginnen wir mit einem konkreten Beispiel aus dem realen Leben, weil es zuallererst das sein dürfte, was die meisten Menschen wirklich interessiert:
    Mein Lieblingstee ist alle. Ohne ihn und seine Wirkung bin ich aber aufgeschmissen. Ich gehe also trotz Zeitmangels(Deadline) raus, und möchte mir neuen Tee in der Stadt besorgen. Auf der Straße begnet mir ein Freund, den ich schnell abzufertigen Versuche und erkläre ihm warum. Er sagt mir, dass ganz in der Nähe ein neuer Teeladen entstanden ist. Ich mache(auch aus Neugierde) den Umweg, und wie es der Zufall will, ist just an dem Tag eine Frau in dem Laden, die sonst nie da ist. Ich hätte mit großer Wahrscheinlichkeit sonst keine Gelegenheit bekommen, sie je zu Gesicht zu bekommen. Die Entscheidung, sie zu heiraten habe ich aber aber, zusammen mit ihr, getroffen. Ohne die Verkettung äußerer Zufälle, hätte es aber dazu nie kommen können.(Und Thanus, lass bitte Gott aus dem Spiel).
    Ein anderes, gleiches ich wäre ohne diese zufällige Verkettung jetzt in ganz anderen Lebensumständen.
    Ein innerer Zufall wäre z.B. der, der mich an einem bestimmten Tag so missmutig sein lässt, dass ich die Frau gar nicht richtig wahrnehme. Mein gleiches Ich kauft den Tee, geht wieder und nix ist passiert.
    Die Entscheidungskraft liegt also schon bei mir, aber ob ich die Gelegenheit habe, zu entscheiden ist dem Zufall geschuldet. Wenn ich dann entscheide spielen auch besonders innere Zufälle eine Rolle, dennoch ist es auch mein Wille, der ins Spiel kommt.
    @Nils
    “Volition” ist eine gute Wahl, denke ich.

  81. #81 Thanus
    Januar 18, 2012

    “Zufall” kann es nur aus Sicht des einzelnen Individuums geben, das keinen Überblick über die Gesamtheit aller Dinge hat, wie es etwa ein Gott hätte. Im Grunde könnte man dann jeden Augenblick als Zufall kommentieren.

  82. #82 cydonia
    Januar 18, 2012

    Issjagut, Thanus. Ich weiß, dass es für viele Menschen unerträglich ist, dem Zufall permanent ausgesetzt zu sein. Wenn du an Gott glauben willst, dann tu das. Aber nerv bitte nicht.

  83. #83 Heino
    Januar 18, 2012

    @Thanus

    #Die Quantentheorie heißt nicht umsonst Theorie. Einstein konnte genau aus dem Grund der (scheinbaren) Zufälligkeiten nichts mir ihr anfangen.#

    Gut. Das ist verständlich. Die Relativitätstheorie, heißt ebenfalls “Theorie”. Aus genau diesem Grund der (scheinbaren) Relativität kann ich nichts damit anfangen.

    #”Zufall” kann es nur aus Sicht des einzelnen Individuums geben, das keinen Überblick über die Gesamtheit aller Dinge hat, wie es etwa ein Gott hätte.#

    Klares Argument. Dann wäre ein Wesen nur dann ein Gott, wenn er den Überblick über den Zufall hätte.

    Weitergekommen sind wir bis jetzt noch nicht …

  84. #84 Nils
    Januar 18, 2012

    @cydonia:
    Nur mal am Rande: Ich halte von unverständlichen Texten auch nichts, aber ich merke immer wieder, dass was für den einen unverständlich ist, für den anderen klar und gut strukturiert erscheint. Statt den einen oder anderen Schreibstil zu preisen oder zu kritisieren, lass die Kommentare sich doch selbst ausselektieren. Solange es mindestens einen Leser gibt, der sich mit Thomas H. unterhalten möchte, scheint mir sein Schreibstil für den (oder die) Leser angemessen. Oder? 😉

  85. #85 Thanus
    Januar 18, 2012

    Gott als Synonym für Allwissenheit einzusetzen, hat nichts mit dem Glauben an die Existenz von möglicher Allwissenheit zu tun.

    Wenn ein Zufall als etwas definiert ist, was einer bestimmten Person in einem bestimmten Moment zufällig erscheint, dann hat der begriff Sinn. Wenn ein Zufall aber etwas ist, dass jedem in diesem Moment als Zufall erscheinen müsste, egal welche informationen er von den Umständen hat, dann wird es schwierig, einen Zufall zu finden.

  86. #86 cydonia
    Januar 18, 2012

    @Nils
    Ich habe trotz erheblichen Dranges, schon darauf verzichtet, den Text zu zerpflücken. Ich habe auch durchaus verstanden, was da drin steht, deswegen ja mein Unmut.
    But you’re the boss. Ich werde mich in Zukunft bremsen.
    Zum besseren Verständnis meiner Reaktion: Ich bin gerade am Korrekturlesen eines meiner eigenen Texte, mit dem Ziel ein philosophisches Thema(weil das mein Bereich ist) möglichst allgemeinverständlich aufzuarbeiten. Das ist recht mühsam, und der Reflex breiter Bevölkerungsschichten, philosophische Texte gar nicht erst zu lesen, weil das eben kein Schwein verstehen kann, ist vorhanden. Mir liegt sehr daran, dazu beizutragen, diese Situation zu ändern.

  87. #87 Heino
    Januar 18, 2012

    @Thanus:

    Bislang hast du lediglich behauptet, dass es keinen Zufall gibt. Begründe doch mal, oder beweise es!

  88. #88 MartinB
    Januar 18, 2012

    @cydonia
    Beides von dem, was du sagst, würde ich nicht als Zufall bezeichnen – wenn wir (anders als Thanus) die moderne Wissenschaft akzeptieren, dann gibt es echten Zufall nur bei Quantenprozessen.

    Was du meinst sind Koinzidenzen – Ereignisse die ohne gemeinsame Ursache gemeinsam auftreten.

    Zufälle dieser Art (Koinzidenzen) haben aber nichts mit der Frage nach dem freien Willen zu tun, so wie ich sie gestellt habe:
    Ist es möglich, dass *zwei identische Kopien von mir* in *derselben* Situation unterschiedlich entscheiden können?

  89. #89 Thanus
    Januar 18, 2012

    @Heino

    Man hat den Zufall bis in den kleinsten bekannten Bereich der Quantenprozesse zurückgedrängt. Warum sollte er gerade dort auftreten? Die Quantentheorie ist ja nicht der Weisheit letzter Schluss.

  90. #90 cydonia
    Januar 18, 2012

    @MartinB
    Gut, Begriffsklärungen sind, wie gesagt, immer sehr erwünscht. Ok, Koinzidenzen.
    Nur muss gleichzeitig klar sein, dass beim Gebrauch des Begriffs “Zufall” den meisten nicht klar sein dürfte, dass eine genaue Definition vonnöten wäre. Auf diese Unterscheidung sollte sich also immer im Vorfeld geeinigt werden, bevor man ins Gespräch eintritt.
    Dennoch wage ich zu behaupten, dass eine saubere Trennung von Koinzidenzen und Zufall, auch Zufall in deinem Sinne, kaum möglich sein dürfte.
    Insofern ist die Frage nach den identischen Kopien in derselben Situation kaum zu beantworten.

  91. #91 Wikipedia
    Januar 18, 2012

    “Vom Zufall spricht man dann, wenn für ein einzelnes Ereignis oder das Zusammentreffen von mehreren Ereignissen keine kausale Erklärung gegeben werden kann. Als kausale Erklärungen für Ereignisse kommen in erster Linie allgemeine Gesetzmäßigkeiten oder Absichten handelnder Personen in Frage. Die “Erklärung” Zufall ist also gerade der Verzicht auf eine (kausale) Erklärung.”

  92. #92 cydonia
    Januar 18, 2012

    “in erster Linie”…und schon sind allen möglichen Ausweitungen oder Einschränkungen der Begriffsdefinition Tür und Tor geöffnet. Das reicht nicht als saubere Grundlage.

  93. #93 Thanus
    Januar 18, 2012

    Verzicht (aufgrund Unwissenheit) auf eine kausale Erklärung ist aber der entscheidende Punkt.

  94. #94 cydonia
    Januar 18, 2012

    @MartinB
    Nachtrag: Dir ist schon klar, dass, wenn du einem französischen Muttersprachler ausgerechnet “coincidences” als etwas vom Zufall zu Unterscheidendes vorschlägst, dieser sich fragen wird, wo du die Unterscheidung denn genau machst.
    Bei solchen Diskussionen steht uns fast immer die Sprache im Weg. Der Drang mancher Philosophen alles, aber auch wirklich alles in einer einheitlichen absolut logifizierten Sprache auszudrücken wird manchmal mehr als verständlich.

  95. #95 MartinB
    Januar 18, 2012

    @cydonia
    “Dennoch wage ich zu behaupten, dass eine saubere Trennung von Koinzidenzen und Zufall, auch Zufall in deinem Sinne, kaum möglich sein dürfte. ”

    Zufall: Ein prinzipiell nicht vorhersagbares Ereignis. Die Existenz eines zufälliges Ereignisses impliziert, dass die welt nicht deterministisch ist (darum geht’s hier ja auch letztlich).

    Koinzidenz: Ein praktisch nicht vorhersagbares Ereignis.

  96. #96 cydonia
    Januar 18, 2012

    Was heißt denn “prinzipiell nicht voraussehbar” genau?

  97. #97 Heino
    Januar 18, 2012

    @Thanus

    #Man hat den Zufall bis in den kleinsten bekannten Bereich der Quantenprozesse zurückgedrängt. Warum sollte er gerade dort auftreten? Die Quantentheorie ist ja nicht der Weisheit letzter Schluss.#

    Mag sein, dass die Quantentheorie nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Jedoch sieht ein Beweis für die Nicht-Existenz von Zufall anders aus. Zb. könnte eine Theorie, die ein besserer Schluss der Weiseheit wäre, ebenfalls auf Zufall basieren.

  98. #98 Andrea N.D.
    Januar 18, 2012

    @cydonia:
    “@Andrea N.D.
    Ist es zuviel verlangt, die Kommentare etwas genauer und ganz zu lesen? Ich denke, deutlich genug gewesen zu sein. Und der Versuch, dich gerade selbst als Mitglied eines elitären Clubs zu definieren, der das alles versteht, im Gegensatz zu “den Kommentatoren”, ist recht merkwürdig.
    “Neurowissenschaft und Philosophie” ist ein exzellenter Tipp, und das Buch wird sicher von den meisten hier Anwesenden gut verstanden, weil dort eben nicht die Schwurbelelite versammelt ist, sondern Leute, die was zu sagen haben.”

    Vermutlich hast Du mich missverstanden. Ich wollte eigentlich keinen elitären Club aufmachen, sondern nur darauf hinweisen, dass es sogar in der Philosophie (gerade in Bezug auf die hier angesprochene Problematik) Fachbegriffe geben kann; und dass diese nicht zwingend etwas mit Heidegger zu tun haben (obwohl dieser auch seine eigenen Fachsprache entwickelt hat, die sich allerdings nicht durchgesetzt hat). Jeder (naturwissenschaftlichen) Disziplin wird ihre Fachsprache automatisch zugestanden und wer diese nicht versteht, muss sich eben einlesen. Unter Schwurbeln verstehe ich die Leute, die meinen, dass Philosophie betreiben ein bisschen Quatschen über Leben und Willen ist.
    Ich denke, dass Du unter Schwurbeln verstehst, dass jemand Fachbegriffe ohne Inhalt/Argument/Zusammenhang verwendet. Ich halte aber beide Schwurblerarten für gleichermaßen anstrengend und hatte dies bei Thomas H. nicht so gesehen. Allerdings finde ich wichtig, dass beide Schwurblerarten auseinandergehalten werden.

    Bei dem Buch “Neurowissenschaften und Philosophie” ist bei den Philosophen der Gegenposition es nicht immer einfach zu folgen bzw. deren Position klar herauszuarbeiten. Deshalb halte ich das Buch für Jemanden, der sich noch nicht mit der philosophischen und neurowissenschaftlichen Terminologie beschäftigt hat, für ziemlich schwierig. Aber das ist mein persönlicher Eindruck und hat wenig mit einem elitären Club zu tun. Ich wollte mit dieser Bemerkung eigentlich nur meine Voreingenommenheit als Philosophin neutralisieren, d.h. dass für mich die Begrifflichkeit zwar selbstverständlich erscheint, aber trotzdem verschiedenen Gedankengängen schwer zu folgen ist.

    Aus Deinen Aussagen entnehme ich, dass Du “Neurowissenschaft und Philosophie” gelesen hast. Vielleicht kannst Du kurz etwas zur zweiten, rein philosophischen Position sagen (“Leute, die etwas zu sagen haben”). Mir ist das aus dem Gedächtnis nicht möglich.

  99. #99 cydonia
    Januar 18, 2012

    @Andrea N.D.
    Machen wirs doch so: In Anbetracht der Tatsache, dass mehrere Kommentatoren signalisiert haben, den angesprochenen Text wegen der auch von mir angesprochenen Probleme nicht zu Ende gelesen zu haben, könntest du das Ganze doch mal in allgemeinverständlicher Sprache paraphrasieren. Ich bin gespannt.

  100. #100 Andrea N.D.
    Januar 18, 2012

    Ergänzend zu Notwendigkeit und Zufall möchte ich noch den Begriff der “Kontingenz” einbringen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Kontingenz_(Philosophie)

    Ich denke, dass keine Definition für Zufall, Notwendigkeit, Vorhersagbarkeit etc. gewonnen werden kann. Man könnte nur so vorgehen: Wenn ich dies und dies annehmen (beispielsweise eine durchgängige Kausalität in der Welt), dann erhalte ich dieses Verständnis von Zufall. Wenn ich aber diese Prämissen nicht annehme, erhalte ich ein anderes Verständnis von Zufall/Notwendigkeit/Kontingenz. Insofern ist es müßig, sich über den Inhalt eines Begriffes verständigen zu wollen, wenn die Prämissen unberücksichtigt bleiben. Und es wird nicht nur eine Lösung geben.

  101. #101 Thanus
    Januar 18, 2012

    @Heino

    Nichts lässt sich beweisen! Und meine endgültige Meinung ist es nicht, dass es keinen Zufall gibt, ich vertrete diese lediglich hier, denn wie MartinB bemerkt hat, schließt ein deterministisches Weltbild den Zufall aus und den freien Willen ebenso (auch wenn sich manche Philosophen das anders zurechtbiegen wollen).

  102. #102 Andrea N.D.
    Januar 18, 2012

    @cydonia:
    Das war doch genau der Punkt, warum ich sagte, dass ich es verstehe. Mir ist die Terminologie in Fleisch und Blut übergegangen, deshalb hatte ich keine Verständnisprobleme.
    1. Absatz: Wiederholung dessen, was Niels bereits geschrieben hatte, in der philosophischen Terminologie mit der Aufforderung zur Begriffsklärung
    2. Absatz: Diskrepanz zwischen Alltags- und philosophischer oder logischer Begrifflichkeit
    3. Absatz: Dazu kann ich nur Bieri empfehlen; alle von ihm herausgegebenen oder selbst geschriebenen Bücher sind empfehlenswert; “Das Handwerk der Freiheit” ist zudem sehr gut verständlich (ohne Geschwurbel und wenig Fachterminologie)
    4. Absatz: Bezug auf Philosophiegeschichte, zu diesem Thema unvermeidbar: Descartes; danach eigentlich Referieren der Position von Bennett/Hacker in “Neurowissenschaften und Philosophie” – mit dem Hauptargument, dass nicht nur alltagssprachliche sondern u. U. auch wissenschaftliche “Redeweisen” dem Problem nicht gerecht werden, es verzerren oder sogar verfälschen. Ich finde den Absatz ziemlich gelungen.
    5. Absatz: Hier müsste ich über den Link länger einsteigen, was ich jetzt aus Zeitgründen nicht tue. Aber zum weiteren Verständnis wurde ja der Link angegeben. Ich würde hier noch anmerken, dass auch analytische und apriori gemachte Überlegungen vielleicht doch zur empirischen Erkenntnis gerechnet werden könnten, wenn man sich überlegt, dass sie eben durch ständige Reflexion entstehen. Hier stellt sich die Frage, inwieweit epistemische Reflexion ebenso zum Sein (zur Ontologie) gehört. Aber das wird ein immer weiteres Feld und es kann nicht einfach mit ein bisschen “gut, dass wir darüber geredet haben” abgetan werden.

    Ich bin gespannt auf Deine Kurzzusammenfassung der Position von Dennett/Searle – da habe ich mich trotz Terminologie sehr schwer getan.

  103. #103 MartinB
    Januar 18, 2012

    @cydonia
    “Was heißt denn “prinzipiell nicht voraussehbar” genau?”
    Dass die Naturgesetze eine Vorhersage eines Einzelereignisses nicht erlauben, egal mit welchen Mitteln. (Prinzipiell im Sinne von: Durch Naturgesetze gegeben.) So wie bei Messprozessen in der QM.

  104. #104 cydonia
    Januar 18, 2012

    @Andrea N.D.
    Vielen Dank! Und ich denke wirklich, dass es immer möglich sein sollte, die Dinge kurz und knapp sowie verständlich zu formulieren. Ich unterstelle, vielleicht manchmal zu Unrecht, dass sich der Schreiber zu wenig Mühe gegeben hat, und/oder seine philosophische Bildung raushängen lässt, da ich, wie gesagt, viel Zeit damit verbringe, philosophische Konzepte und Gedanken in Alltagssprache zu übersetzen. Mit Bieri habe ich übrigens ein paar Probleme: nicht wegen des Verständnisses, sondern wegen mancher Positionen.
    Zu Dennett/Searle: ich habe es wirklich so gemeint, dass ich mich für den Tipp bedanke, weil ich es noch nicht gelesen habe, Dennetts und Searles Texte aber im Allgemeinen sehr gut verstehe, wobei Dennett mir wesentlich näher steht: Seine Texte sind Pflichtlektüre. Ich hab das Buch gerade bestellt, und du darfst mich gerne darauf festnageln, später was dazu zu sagen. Die Freiheitsdebatte ist für mich u.A. bis jetzt deswegen nicht zentral gewesen, weil ich nicht sehen konnte, wie man das Thema sauber behandeln könnte.

  105. #105 cydonia
    Januar 18, 2012

    @MartinB
    Hmm…..wundert es dich sehr, wenn ich jetzt behaupte, dass auch viele(alle?) Koinzidenzen prinzipiell nicht voraussehbar sind, selbst wenn man ein Mittel zu kennen glaubt?

  106. #106 Theres
    Januar 18, 2012

    Ein Vorschlag der philosophischen Dilettantin:
    Wie wäre es, Zufall wie freien Willen als Prozesse zu definieren?
    Das sind sie nämlich, und keine Einzelereignisse, meines Erachtens.

    Frei nach MartinB: “Es gibt echten Zufall nur bei Quantenprozessen.”
    Aber die bleiben ja nicht in einem abgeschlossenen Raum hängen, auch nicht in unserem Gehirn, so da welche stattfinden, wovon ich ausgehe. Quantenprozesse im Hirn könnten erhebliche Auswirkungen haben, so in der Art einer Eimerkette nach oben gereicht … könnten sie schließlich … zum Beispiel zu einer Hochzeit führen.
    – Auf diese Weise wären Zufälle prinzipiell nicht voraussehbar, weil eben nicht nur “ein” Zufall ins Spiel kommen muss …
    @MartinB
    Wärst du zweimal vorhanden, würdest du trotzdem nicht gleich sein, genetisch betrachtet, weil es neben reinen Genabfolgen noch weitere Prozesse gibt, die u. a. bei Zwillingen untersucht wurde (Epigenetik). Deshalb wäre anzunehmen, dass du nicht gleich unterscheidest … mein Vorschlag.

    Wie, das würde ich wahrlich gern darstellen können, Neuro- oder Biologen scheinen aber weniger mit Physik zu tun haben zu wollen als die hiesigen Kommentatoren.

  107. #107 Andrea N.D.
    Januar 18, 2012

    @cydonia:
    Zustimmung zum letzten Satz – das scheint genau das Problem seit hunderten von Jahren bzw. spätestens seit Wegfallen Gottes.

    Ich fragte deswegen mit dem Buch nach, weil ich persönlich die Position von Bennett überzogen fand, d.h. dass es eigentlich doch keine so große Rolle spielt, ob der Hirnforscher nun Gehirn sagt und den Menschen meint oder nicht, solange er keine Konzepte entwickelt. Bennett hat das aber nicht so gesehen und auch gut begründet. Es besteht dann nämlich die Gefahr, dass alles dem “Gehirn” zugeschrieben wird und wir würden wohl das, was Thomas H. mit “dem Unterschied zwischen epistemischer Reflexion und Ontologie” angesprochen hat, vernachlässigen: Handlungen, Kultur, Kunstwerke, etc. Wann kommt Dingen, die nicht “materialisiert” sind Seinsstatus zu? Die Einwände von Dennett/Searle, habe ich, wie gesagt nicht so verstanden und verinnerlicht, dass ich sie referrieren kann.

    Andererseits gibt es genug denkende Menschen, die unseren üblichen Subjekt- bzw. Identitätsbegriff scharf kritisieren (4. Absatz Thomas H.). Manche Philosophen leugnen die Existenz des Subjekts, d.h. das, was wir unter Subjekt verstehen ist reine Reflexion, quasi erdacht ohne vorgängigen (apriori) Seinsstatus. Das ist alles sehr spannend, aber sprengt den Rahmen; deshalb verweise ich auf meinen vorletzten Kommentar: Festlegung, in welchem Rahmen man was genau wie definieren will, dann Einigung über Begriffe, die nur gültig in vordefinierten Teilbereichen sind.

  108. #108 Thanus
    Januar 18, 2012

    @cydonia

    “Prinzipelle Unmöglichkeit” ist nicht gleichbedeutend mit “dem Menschen (mit seinem aktuellen Wissensstand) unmöglich”!

  109. #109 cydonia
    Januar 18, 2012

    Nochmal Thanus: ich habe deine Position wahrgenommen, teile sie aber nicht, und du argumentierst nicht. Deswegen ist eine Diskussion mit dir für mich nicht möglich und auch nicht erwünscht. Würdest du das also bitte respektieren?

  110. #110 MartinB
    Januar 18, 2012

    @cydonia
    “wundert es dich sehr, wenn ich jetzt behaupte, dass auch viele(alle?) Koinzidenzen prinzipiell nicht voraussehbar sind, selbst wenn man ein Mittel zu kennen glaubt?”
    Ja, das würde heißen, dass du entweder
    – glaubst dass die Welt in bisher unbekannter Weise nicht deterministisch ist oder
    – glaubst dass Quanteneffekte einen massiven Einfluss auf den Alltag haben (was ich, im Gegensatz zu Penrose, für falsch halte).

    Oder gibt es da eine dritte Option?

    @Theres
    Mit zweimal gleich vorhanden sein meine ich natürlich: Eine identische Kopie von mir, so wie ich jetzt gerade bin, so wie z.B. bei einem Transporterunfall (Star Trek, Folge Riker 2=?) – dazu gibt es auch ne passende Geschichte von Dennett.

    @Thanus
    Dass Quanteneffekt für’s bewusstsein relevant sein könnten, halte ich für falsch – Dennett geht darauf (genauer gesagt auf die rolle eines beliebigen vollkommen zufälligen Prozesses für die Willensfreiheit) übrigens ausführlich in “Freedom Evolves” ein.

  111. #111 Niels
    Januar 18, 2012

    @cydonia

    wundert es dich sehr, wenn ich jetzt behaupte, dass auch viele(alle?) Koinzidenzen prinzipiell nicht voraussehbar sind, selbst wenn man ein Mittel zu kennen glaubt?

    Mich wundert es jedenfalls.
    Offenbar meinst du mit dem Begriff “prinzipiell” etwas anderes als MartinB.
    Er hat “prinzipiell” aber doch sogar definiert.
    “prinzipiell möglich” = durch die Naturgesetze nicht ausgeschlossen

    Mir scheint, du verwendest dagegen “prinzipiell” wie von Thanus gerade dargelegt.
    “prinzipiell möglich” = “dem Menschen möglich”

    Oder habe ich das falsch verstanden?

  112. #112 roel
    Januar 18, 2012

    @MartinB Irgendwo war das schon mal Thema bei Dir im Block (meine ich), aber ich finde es auf die Schnelle nicht. Warum gibt es echten Zufall nur bei Quantenprozessen? Der Link würde mir genügen.

  113. #113 Heino
    Januar 18, 2012

    @Thanus

    jetzt hast du mich verwirrt. Du bist für den Zufall und MartinB dagegen??

    @Andrea N.D.

    #Zustimmung zum letzten Satz – das scheint genau das Problem seit hunderten von Jahren bzw. spätestens seit Wegfallen Gottes. #

    Wodurch und wann ist Gott weggefallen?

  114. #114 Theres
    Januar 18, 2012

    @MartinB
    Ja, so hatte ich das auch verstanden, nur etwas zu salopp ausgedrückt.

    Zu:

    Dass die Naturgesetze eine Vorhersage eines Einzelereignisses nicht erlauben, egal mit welchen Mitteln. (Prinzipiell im Sinne von: Durch Naturgesetze gegeben.) So wie bei Messprozessen in der QM.

    Ist es nicht so, dass Naturgesetze diskrete Ereignisse beschreiben?
    Dann können sie Prozesse nicht hinreichend beschreiben, nicht ohne Hilfskonstruktionen, oder bin ich auf dem Holzweg?

  115. #115 cydonia
    Januar 18, 2012

    @MartinB
    Sagen wir es so: ich finde Penroses Position absolut faszinierend, teile sie aber nicht so ganz. Ich plädiere in der Tat für eine dritte Option, deren genaue Beschreibung ich aber noch nicht zu liefern in der Lage bin.
    @Nils
    Ich kann deinen Einwand gerade nicht nachvollziehen……

  116. #116 Theres
    Januar 18, 2012

    Ups, der letzte Absatz war unüberlegt …
    *Memo an mich: denken, überdenken, überprüfen, nicht gleich abschicken …*

  117. #117 Thanus
    Januar 18, 2012

    @Cydonia

    Nichts für ungut, aber deine Argumentation beschränkt sich bislang auf eine eigenwillige Auslegung von Begriffen. Darauf habe ich dich aufmerksam gemacht.

    @MartinB

    Es spielt auch keine Rolle, ob Quanteneffekte für’s Bewusstsein relevant sind. Wenn es aber Zufälle in Quamtenprozessen geben kann, dann kann es überall Zufälle geben. Daher scheint es mir logischer, dass es keine Zufälle gibt, auch nicht in Quantenprozessen und sich das auch irgendwann klären wird. Aber wir hatten ja ohnehin schon einmal geklärt, dass ein eventuell existierender Zufall kein Wegbereiter für die Willensfreiheit sein kann.

  118. #118 Nils
    Januar 18, 2012

    Hey, vorsichtig mit dem Weglassen bzw, Ergänzen von ‘e’s. Ich schreib mich ohne e (Nils, dafür mit ‘Sb’ davor). Hier gibt es auch noch einen Kommentator namens Niels (mit ‘e’). Nicht dass wir beim Gespräch zufällig die Gesprächspartner wechseln. 😉

  119. #119 cydonia
    Januar 18, 2012

    …und ich wollte mich mit diesem Thema eigentlich gerade jetzt NICHT beschäftigen. Und nun, da die Maschine angeworfen ist, kann ich sie nicht bremsen….Dank an alle für die zahlreichen Anregungen.

  120. #120 MartinB
    Januar 18, 2012

    @Thanus
    “Wenn es aber Zufälle in Quamtenprozessen geben kann, dann kann es überall Zufälle geben. ”
    Klar, wenn es auf der erde Elefanten geben kann, dann kann es überall im Universum Elefanten geben. Halte ich für kein besonders gutes Argument.

    @roel
    Weiß nicht genau, welchen text du meinst, vielleicht den hier:
    https://www.scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2011/04/quantenmechanik-die-beliebtesten-phrasen-und-was-dahinter-steckt.php

    @cydonia
    “Ich plädiere in der Tat für eine dritte Option”
    Da bin ich ja sehr gespannt, kann ich mir nicht vorstellen, wie das aussehen soll. (Und klar, faszinierend ist Penrose ohne Zweifel, aber seine Ideen zu Bewusstsein und dem Gödel-Satz sind etwas dubios.)

    Niels hat genau das eingewandt, was icha uch gesagt habe: Wie definierst du Zufall und wie “prinzipiell”? Ich habe meine Definitionen gegeben.

  121. #121 roel
    Januar 18, 2012

    @MartinB Genau die, Danke.

  122. #122 Andrea N.D.
    Januar 18, 2012

    @MartinB.
    Deine Definition von Zufall funktioniert aber nur, wenn Du eine durchgehende Kausalität annimmst, richtig?

  123. #123 Thanus
    Januar 18, 2012

    Würde Einstein mit dem heutigen Wissen weiter daran festhalten, zufällige Quanteneffekte auszuschließen?

  124. #124 Andrea N.D.
    Januar 18, 2012

    @Heino:
    In der philosophischen Diskussion (grob) seit Beginn der Aufklärung, bezogen auf den Satz von cydonia.

  125. #125 cydonia
    Januar 18, 2012

    @MartinB
    ich habe deine Definition von “prinzipiell” wahr- und auch für diese Diskussion angenommen. Mein Denkweg ist nur gerade etwas schräg, und ich finde noch keine passenden Formulierungen. “Dubios” sind meine Gedanken gerade auch, und definitiv noch nicht spruchreif. Deine Position sieht sauber aus, aber ich habe ein grundlegendes Problem damit. Irgendwas beißt sich, und zwar ganz gewaltig. Ich muss jetzt nur noch rausfinden, was es genau ist.
    Und es besteht immer auch die Möglichkeit, dass ich eine meiner bisher gehegten Vorstellungen aufgeben muss. Wir werden sehen.

  126. #126 MartinB
    Januar 18, 2012

    @Thanus
    Zumindest hätte er ganz schön zu tun, die Bellsche Ungleichung und die zugehörigen Experimente zu erklären, wenn er das nicht wollte. Bei einer “verborgenen-Variablen-Theorie” sind ja extrem üble nicht-lokalitäten im Spiel, die würden Einstein wohl auch nicht schmecken.

    Aber letztlich ist es für die Welt herzlich schnurz, was Einstein glaubte/glauben würde.

  127. #127 Thanus
    Januar 18, 2012

    Zweifellos ist das für die Welt oder die wirkliche Wirklichkeit wurscht, was jemand glaubt, aber nachdem ich keine Ahnung von Quantenmechanik habe, kann ich mich nur bestimmten Glaubensrichtungen anschließen.

    Ich bastle aber gerade an einer vierten und fünften (wohlgemerkt) Option und lasse euch zu gegebener Zeit daran teilhaben 😉

  128. #128 MartinB
    Januar 18, 2012

    @Thanus
    Aber jemand, der seit über 50 Jahren tot ist und die aktuellen Theorien nie akzeptiert hat, ist sicher nicht gerade der beste Ratgeber.

    Um “Glauben” geht es in der QM eher weniger.

  129. #129 Physiker
    Januar 18, 2012

    @MartinB:

    Ist es möglich, dass *zwei identische Kopien von mir* in *derselben* Situation unterschiedlich entscheiden können?

    Die Antwort auf diese Frage lautet doch aus physikalischer Sicht eindeutig Ja. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses ziemlich klein sein dürfte – vom Zufall in der Quantenmechanik bleibt ja in unserer makroskopischen Welt ziemlich wenig übrig. Diese Frage hat aber weniger mit Willensfreiheit als mit Determinismus zu tun. (Sorry, wenn so bereits argumentiert wurde – ich habe mir nicht alle Kommentare durchgelesen.)

  130. #130 Heino
    Januar 18, 2012

    @Andrea N.D.

    # …bezogen auf den Satz von cydonia.#

    in einem Forum, wo die Beiträge zeitlich geordnet sind, ist es nicht leicht, sich zurecht zu finden. Zumal, wenn der gleiche Autor noch was dazwischen postet.

    @MartinB

    #”Wenn es aber Zufälle in Quamtenprozessen geben kann, dann kann es überall Zufälle geben. ”
    Klar, wenn es auf der erde Elefanten geben kann, dann kann es überall im Universum Elefanten geben. Halte ich für kein besonders gutes Argument. #

    keine besonders wertvolle Schlussfolgerung. Wenn es Zufälle in Quantenprozessen geben kann, dann können sie sich so auswirken, dass auch im realen Leben Zufälle beobachtbar sind. Zb. Rauschen im Fernseher (als es noch analog war) oder im Radio. Oder das Billardkugel-Experiment. Mehrere Billardkugeln mit Abstand hintereinander. Wenn man die letzte treffen will, dann muss die erste ziemlich exakt getroffen werden, je mehr Kugeln hintereinander bzw. je größer die Abstände, desto geringer darf die Ungenauigkeit sein. Irgendwann ist man bei der Plank-Länge. Und schon spielen Quanteneffekte eine Rolle.

  131. #131 MartinB
    Januar 18, 2012

    @Physiker
    Ja, aber die Standard-Definition von Willensfreiheit (die ich für sinnlos halte) lautet ja “Ich hätte in derselben Situation auch anders entscheiden können”.
    Und das geht meiner Ansicht nach nur, wenn man irgendwie eine nicht-deterministische Komponente ins Spiel bringt.

  132. #132 Niels
    Januar 18, 2012

    @Physiker
    Wie kommst du darauf, dass die Frage des Determinismus in der Physik geklärt wäre?
    Es gibt deterministische und indeterministische Interpretationen der QM und wieder andere, die diese Frage einfach offen lassen.

  133. #133 ZetaOri
    Januar 18, 2012

    @Theres· 18.01.12 · 13:38 Uhr

    […] auch nicht in unserem Gehirn, so da welche stattfinden, wovon ich ausgehe. …

    Alleine die C14-Reaktionen schießen im Gehirn in jeder Sekunde ca. 40 Elektronen mit >150 keV und einer Reichweite von einigen Millimetern im Gewebe durch die Gegend (und hinterlassen anstelle des C-Atoms in irgendeinem Aminosäure-Molekül ein N-Atom, Auswirkungen?). Das reicht, um 1.000 Synapsen zu durchfliegen und bei typischen Ionisierungsenergien von z.B. Alkalimetallen um 5 eV einige 10.000 zufällige(!) Ionen zu erzeugen, macht in nur einem Jahr einige zig Mio Ionen, die natürlich auch dann, wenn überhaupt keine bewusste ‘Entscheidung’ ansteht, die Struktur des Gehirns verändern können.

    … Quantenprozesse im Hirn könnten erhebliche Auswirkungen haben, so in der Art einer Eimerkette nach oben gereicht …

    Als sowohl philosophischer als auch biologischer Dilettant würde es mich gleichwohl wundern, wenn das überhaupt keine Auswirkungen hätte. Es muss ja nicht gleich die Entscheidung sein, ob ich jetzt aus dem Fenster springe oder mich doch lieber ins Bett lege. Bei vielen Entscheidungen liegen die Präferenzen ganz nahe beieinander: Kaufe ich jetzt doch wieder meinen Lieblingstee, oder nehme ich mal einen anderen . . . den ‘zufälligerweise’ auch gerade eine junge Dame wählt . . . die mir die Vorzüge dieses Tees . . . während ich ihr erzähle, wie ich . . . . .

    …könnten sie schließlich … zum Beispiel zu einer Hochzeit führen.

    Tscha, Zufälle gibt´s! ;-D

  134. #134 Thanus
    Januar 18, 2012

    @MartinB

    Für diejenigen, die sich mit Quantenmeachnik beschäftigen, geht es vielleicht nicht um Glauben, aber allen anderen, die sich nicht damit beschäftigen, bleibt gar nichts anderes über, als das zu glauben, was die Experten erzählen. Das gilt natürlich für jeden Lebensbereich und deshalb hat auch die gesamte Menschheit einmal daran geglaubt, dass die Erde eine Scheibe ist.

  135. #135 cydonia
    Januar 18, 2012

    @MartinB
    Ich denke tatsächlich, dass wir irgendwo eine nicht-deterministische Komponente ins Spiel bringen müssen. Wie die aussieht…vorläufig keine Ahnung. Aber ohne scheints auch nicht zu klappen.

  136. #136 Heino
    Januar 18, 2012

    @ZetaOri

    #Als sowohl philosophischer als auch biologischer Dilettant würde es mich gleichwohl wundern, wenn das überhaupt keine Auswirkungen hätte. Es muss ja nicht gleich die Entscheidung sein, ob ich jetzt aus dem Fenster springe oder mich doch lieber ins Bett lege. #

    Naja, wir leben schließlich im Jahr 13 Milliarden, 400 Millionen, … Und da hat eine gewisse Evolution stattgefunden, die eine Umgangsweise mit den stochastischen Vorgängen gefunden hat, die für eine gewisse Anzahl stabiler Prozesse geführt hat. Die instabilen Prozesse finden zwar ebenfalls statt, aber für uns sind die stabileren wichtiger und deshalb beobachten wir sie ständig und glauben, die instabilen wären nicht da. Oder bloß in der Quantenmechanik.

  137. #137 Theres
    Januar 18, 2012

    @ZetaOri und Heino
    Sollten wir die Eimerkette und die C14- Reaktion als neue philosophische Begriffe einführen?
    Als dritte Möglichkeit, würde ich stänkern (bezogen auf MartinBs Frage oben …)

  138. #138 Physiker
    Januar 18, 2012

    @MartinB:

    Ja, aber die Standard-Definition von Willensfreiheit (die ich für sinnlos halte) lautet ja “Ich hätte in derselben Situation auch anders entscheiden können”.

    Ich denke nicht, dass das die Standard-Definition ist (die wäre nämlich in der Tat ziemlich sinnlos), vgl. z.B.
    Geert Keil “Willensfreiheit und Determinismus” Reihe “Grundwissen Philosophie”, Reclam Stuttgart 2009

  139. #139 Heino
    Januar 18, 2012

    @Theres

    wie wärs mit einem sowohl als auch? Welche Frage von MartinB meinst du? Dass eine nicht-deterministische Komponenten notwendig ist, ist für mich keine Frage. Im Gegenteil – Ich zweifle eher an der deterministischen Komponente. Mit Statistik kann man die Welt beschreiben. Aber – gehts auch ohne??

  140. #140 Thanus
    Januar 18, 2012

    MartinB hat schon mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass auch mit Zufällen, wie sie möglicherweise in Quanteneffekten auftreten und selbst wenn diese auch auf andere Lebensbereiche Auswirkungen haben, die Idee der Willensfreiheit nicht zu retten ist. Denn niemand möchte, dass seine Entscheidungen durch den Zufall gesteuert sind, noch könnte man jemanden für seine Taten verantwortlich machen, wenn sie dem Zufall unterlägen.

  141. #141 Theres
    Januar 18, 2012

    @Heino
    Ich meinte doch sowohl als auch – da stand ein “und”, also beides.
    Diese Frage MartinBs meine ich. Zitat: “Ja, das würde heißen, dass du entweder
    – glaubst dass die Welt in bisher unbekannter Weise nicht deterministisch ist oder
    – glaubst dass Quanteneffekte einen massiven Einfluss auf den Alltag haben (was ich, im Gegensatz zu Penrose, für falsch halte). Oder gibt es da eine dritte Option?”

    Da ich mit Statistik so meine Schwierigkeiten habe, muss eine optimale Weltbeschreibung [für mich] ohne gehen. Tja … 😉

  142. #142 Heino
    Januar 18, 2012

    @Theres

    alles ist statistisch. Egal, wie gut man selbst sie mathematisch beherrscht. Schickt man einen Brief, dann kommt er mit einer Wahrscheinlichkeit 0,999x an. Bei 20% Regenwahrscheinlichkeit regnet es (vielleicht). Wenn du eine Nachricht überträgst, dann gibt es Störungen, die zur Verfälschung führen können. Misst du im selben Versuchsaufbau mehrmals, dann kommst du zu unterschiedlichen Ergebnissen. Deshalb zeichnet man Fehlerbalken ein.

    Jetzt kommt jemand und behauptet, dahinter steckt ein deterministisches Modell und wenn man das vollständig kennen würde, dann bräuchte man nur einmal zu messen. Für mich ist das überraschend.

    Quantentheorie KANN man statistisch beschreiben. Wie will man zeigen oder gar beweisen, dass es auch deterministisch geht?

    Ps. Wenn Entscheidungen statistisch gesteuert sind, dann heißt das auf keinen Fall, dass nur mit 50% etwas sinnvolles herauskommt.

  143. #143 Physiker
    Januar 18, 2012

    @Niels:

    Wie kommst du darauf, dass die Frage des Determinismus in der Physik geklärt wäre?
    Es gibt deterministische und indeterministische Interpretationen der QM und wieder andere, die diese Frage einfach offen lassen.

    Kann man in diesen alternativen Interpretationen (theoretisch) ausrechnen wann ein radioaktiver Atomkern zerfällt? Nein. Weil alle physikalisch sinnvollen Interpretationen der QM äquivalent sind. Wenn also die Vorhersagen aller dieser Interpretationen gleich sind, aber verschiedene Aussagen über den Determinismus gemacht werden, dann liegen dem entweder verschiedene Definitionen des Determinismus zugrunde, oder Ihre Defintion von Determinismus ist nicht sinnvoll.

  144. #144 Theres
    Januar 18, 2012

    @Heino
    Jetzt kommt jemand und behauptet, dahinter steckt ein deterministisches Modell und wenn man das vollständig kennen würde, dann bräuchte man nur einmal zu messen.
    Wo hat das jemand gesagt? Wenn, dann habe ich das überlesen.
    Ach ja, der Modellcharakter der Theorien …

  145. #145 ZetaOri
    Januar 18, 2012

    @Theres· 18.01.12 · 16:14 Uhr

    @ZetaOri und Heino
    Sollten wir die Eimerkette und die C14- Reaktion als neue philosophische Begriffe einführen?

    Und vergiss die Rückkopplungen nicht! Mitkopplung kann z.B. zu Lawineneffekten führen oder zu unkontrolliertem Schwingen: Selbsterregung bis zur Resonanzkatastrophe; Gegenkopplung zu Dämpfung bis zur absoluten Blockade! >;->

    Als dritte Möglichkeit, würde ich stänkern (bezogen auf MartinBs Frage oben …)

    Mach doch. 😀

  146. #146 Niels
    Januar 18, 2012

    @Physiker

    Weil alle physikalisch sinnvollen Interpretationen der QM äquivalent sind. Wenn also die Vorhersagen aller dieser Interpretationen gleich sind, aber verschiedene Aussagen über den Determinismus gemacht werden, dann liegen dem entweder verschiedene Definitionen des Determinismus zugrunde, oder Ihre Defintion von Determinismus ist nicht sinnvoll.

    Sorry, aber das ist ganz großer Quatsch.
    Du hast dich mit dem Nickname “Physiker” vielleicht ein bisschen zu weit aus dem Fenster gelehnt, wenn du davon noch nie gehört hast…

  147. #147 ZetaOri
    Januar 18, 2012

    @Thanus· 18.01.12 · 16:35 Uhr

    MartinB hat schon mehrmals darauf aufmerksam gemacht, …

    Wayne?

    Denn niemand möchte, dass seine Entscheidungen durch den Zufall gesteuert sind, …

    Ok, dann bin ich halt ‘Niemand’. Aber die Mutation, die irgendwann in grauer Vorzeit in der DNA z.B. den Bauplan für Dopamin abgelegt hat, war sicher ein Zufall. Und falls mal ‘zufälligerweise’ ein 150 keV-Elektron aus einem C14-Zerfall bei mir eine Dopaminausschüttung auslösen sollte, könnten meine folgenden Entscheidungen deutlich anders ausfallen als ohne! ;-p

    … noch könnte man jemanden für seine Taten verantwortlich machen, …

    Aber für den evtl. Schaden den andere erleiden, und das reicht m.E.

  148. #148 Thanus
    Januar 18, 2012

    @ZetaOri

    Du meinst, dass obwohl man wüsste, dass lediglich eine Quantenfluktuation ausschlaggebend für ein Verbrechen war, dennoch der entstandene Schaden eine Strafe rechtfertigen würde?

    Das wäre dann ungefähr so, wie wenn ein Fußgänger, der auf dem Gehsteig von einem Auto angefahren wird und dadurch durch eine Auslage geschleudert wird, das zerbrochene Fenster ersetzen muss.

  149. #149 Theres
    Januar 18, 2012

    Nein, nein – aber das Verbrechen zu unterlassen, trotz …, wäre ungefähr der freie Wille.

  150. #150 Physiker
    Januar 18, 2012

    @Niels:

    Sorry, aber das ist ganz großer Quatsch.
    Du hast dich mit dem Nickname “Physiker” vielleicht ein bisschen zu weit aus dem Fenster gelehnt, wenn du davon noch nie gehört hast…

    Können Sie präzisieren was genau falsch ist? Wie die meisten Physiker beschäftige ich mich nicht sehr intensiv mit alternativen Interpretationen der Quantenmechanik (QM). Vielleicht können wir das ja auch an einem konkreten Beispiel diskutieren (etwa Viele-Welten-Interpretation oder De-Broglie-Bohm Theorie,…). Ich denke aber nach wie vor, dass meine Schlussfolgerung ziemlich allgemeingültig (und nebenbei auch noch banal) ist: Entweder die Eigenschaft “Determinismus” ist physikalisch, dann sollten alle Interpretationen der QM die gleiche Antwort auf die Frage nach dem Determinismus liefern. Oder die Eigenschaft “Determinismus” ist unphysikalisch, d.h. es liegt keine sinnvolle Definition vor.

  151. #151 cydonia
    Januar 18, 2012

    So, eine Kanne Darjeeling später, und nach der Vollendung des Tagewerks, stellen sich die Dinge für mich jetzt etwas anders dar.
    @MartinB
    Zu: “Ich hätte in der Situation auch anders entscheiden können”….Das scheint mir zu stimmen, weil Menschen in dem Falle normalerweise auf die Koinzidenzen pochen, und ausschließlich an die Koinzidenzen denken.
    Deterministisch ist das Ganze nur insofern, als wir die Existenz und die Unabänderbarkeit von Naturgesetzen voraussetzen können. Über die Naturgesetze hinaus gibt es aber keinerlei Determinismus.
    Wenn dir diese eventuell zu steile These nicht gefällt, dann wäre ich froh darüber, deine Einwände zu hören, damit wir weiter kommen.
    Nach dem nochmaligen Lesen des Threads scheinen die größten Differenzen, wie so oft, auf einen unterschiedlichen Gebrauch von Sprache zurückzuführen sein. Wenn es hakt, dann immer dort am hartnäckigsten.
    Man kann aber Menschen keinen einheitlichen Sprachgebrauch aufoktroyieren: auch deswegen müssen wir definieren bis der Kopf raucht, und uns manchmal richtig viel Mühe geben um zu verstehen, was denn nun vom Gegenüber gemeint sein könnte.

  152. #152 ZetaOri
    Januar 18, 2012

    @Thanus· 18.01.12 · 17:51 Uhr

    […] dennoch der entstandene Schaden eine Strafe rechtfertigen würde?

    (Hervorhebung von mir) Ööh …, nein, dass nennt man Schadenersatz und kennzeichnet den Unterschied zwischen Rache und Wiedergutmachung.

    […] … wenn ein Fußgänger, der auf dem Gehsteig von einem Auto angefahren wird und dadurch durch eine Auslage geschleudert wird, das zerbrochene Fenster ersetzen muss.

    Ööh …, nein, die Kausalkette beginnt hier beim Führer des Fahrzeugs (bzw. beim Halter, falls das Auto alleine gefahren ist, man weiß ja nie …) und der zahlt. Sogar dann, wenn die physikalische Kausalkette weiter zu einem Staubkrümel (oder einem C14-Zerfall) in seiner Nase führt, der ihn zum Niesen brachte. Nennt sich dann ‘Gefährdungshaftung’.
    (übrigens haben wir noch gar nicht von Prävention gesprochen ;-))

  153. #153 Thanus
    Januar 18, 2012

    @ZetaOri

    Und wie sieht dann der Schadenersatz bei Gewaltverbrechen, also etwa Mord aus?

  154. #154 Heino
    Januar 18, 2012

    @Theres

    ##Jetzt kommt jemand und behauptet, dahinter steckt ein deterministisches Modell und wenn man das vollständig kennen würde, dann bräuchte man nur einmal zu messen.##
    #Wo hat das jemand gesagt? Wenn, dann habe ich das überlesen.
    Ach ja, der Modellcharakter der Theorien … #

    Naja, also zunächst habe ich das gesagt. Jedenfalls gilt das, falls eine ganze Menge von physikalischen Gesetzen “wahr” sein sollte. Zb. für den freien Fall eines Körpers. Da sollten sich auch bei mehrfacher Wiederholung keine anderen Messdaten ergeben.

    Falls ich falsch liegen sollte, kannst du das gerne richtig stellen.

  155. #155 Heino
    Januar 18, 2012

    @cydonia

    #Zu: “Ich hätte in der Situation auch anders entscheiden können”….Das scheint mir zu stimmen, weil Menschen in dem Falle normalerweise auf die Koinzidenzen pochen, und ausschließlich an die Koinzidenzen denken.#

    “Hätte”. Aber es lässt sich nicht beweisen, da man sich nachträglich nicht mehr umentscheiden kann.

    #Deterministisch ist das Ganze nur insofern, als wir die Existenz und die Unabänderbarkeit von Naturgesetzen voraussetzen können. Über die Naturgesetze hinaus gibt es aber keinerlei Determinismus.#

    Falls … falls die Naturgesetze überhaupt deterministisch sind.

    #Nach dem nochmaligen Lesen des Threads scheinen die größten Differenzen, wie so oft, auf einen unterschiedlichen Gebrauch von Sprache zurückzuführen sein. Wenn es hakt, dann immer dort am hartnäckigsten.#

    Joh, so isses.

  156. #156 Thanus
    Januar 18, 2012

    I sogs eich, alles ist deterministisch, mit Ausnahme des Indeterminismus 🙂

  157. #157 Theres
    Januar 18, 2012

    @Heino
    Du hast nicht Recht, meine ich jedenfalls, weil …
    Eine lockere Beschreibung der Naturgesetze: Sie sind statistische (physikalische) Gesetze und bewirken kein Weltgeschehen, sondern sind nur Regeln, die der Mensch aus diesem abzulesen versucht. Also kein Determinismus.
    — Was heißt eigentlich falls eine ganze Reihe von Naturgesetzen wahr sein sollte?
    Sicher sind sie das, in ihrem Gültigkeitsbereich, und Wiederholungen bringen mehr oder minder dasselbe Ergebnis. Und? Wo bewirkt das Determinismus?
    Diesen deinen Schluss habe ich nicht verstanden.

  158. #158 Heino
    Januar 18, 2012

    @Theres

    meine Position ist, dass es keinen Determinismus gibt. Die “Naturgesetze” sind Pragmatismen, mit denen man die Welt halbwegs beschreiben kann und mit denen man hervorragend technische Geräte bauen kann.

    #Sie sind statistische (physikalische) Gesetze und bewirken kein Weltgeschehen, sondern sind nur Regeln, die der Mensch aus diesem abzulesen versucht. Also kein Determinismus. #

    gute Beschreibung.

    Wo habe ich nicht recht?

  159. #159 cydonia
    Januar 18, 2012

    @Theres
    Warten wir doch mal ab, was Martin sagt. Ich hoffe mit diesem Ansatz etwas mehr Substanz in die mir bis jetzt noch zu schwammige Diskussion zu bekommen.

  160. #160 Theres
    Januar 18, 2012

    @cydonia
    Stimmt allerdings … …

  161. #161 Thanus
    Januar 18, 2012

    @Substanz

    Wer nicht an Wunder glaubt, sollte sich außerhalb der Naturgesetze nicht zu viel erwarten.

  162. #162 cydonia
    Januar 18, 2012

    Wer an Wunder glaubt, braucht sich an wissenschaftlich orientierten Debatten gar nicht erst zu beteiligen.

  163. #163 ZetaOri
    Januar 18, 2012

    @Thanus· 18.01.12 · 19:25 Uhr

    @ZetaOri
    Und wie sieht dann der Schadenersatz bei Gewaltverbrechen, also etwa Mord aus?

    Na, mindestens z.B. wie heute im Opferentschädigungsgesetz i.V. mit dem Bundesversorgungsgesetz. Natürlich mit der Maßgabe, dass bei habhaftem Täter dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten die Kosten trägt.
    (und natürlich die Prävention, zumindest vor Wiederholung)
    P.S.: Und sollte der Auslöser mal wieder ein C14-Zerfall gewesen sein, wird natürlich von einer Verfolgung des entsprechenden Atoms abgesehen. Ad eins ist es eh mittellos, ad zwo schon genug gestraft: Muss es doch seine weitere (fast ewige) Existenz statt als (radio)aktives Kohlenstoffatom nun als reaktionsträges Stickstoffatom (schon alleine der Name: “STICK”stoff, bääh) fortsetzen.
    P.P.S.: Ich mag Korinthenkacker! >;-)

  164. #164 Joseph Kuhn
    Januar 18, 2012

    Etwas OT:

    Wer an Wunder glaubt, braucht sich an wissenschaftlich orientierten Debatten gar nicht erst zu beteiligen.

    Das ist wahr und zugleich etwas merkwürdig. Mir scheint, dass man von “Wundern” nur sprechen kann, wenn man eine Vorstellung von einer ansonsten naturwissenschaftlich geordneten Welt hat, von der sich das “Wunder” abheben kann.

    Und zur Willensfreiheit: Wovon soll der Wille eigentlich frei sein? Von Sozialisationseinflüssen, von Einflüssen der Werbung, von Ängsten, Wünschen und Trieben, von unbewussten Impulsen, von angeborenen Dispositionen, vom Serotoninspiegel, von mikrophysikalischen Hirnzuständen, … ?

  165. #165 cydonia
    Januar 18, 2012

    Moooment Herr Kuhn! Erst die eine Kuh vom Eis: anschließend können wir dann zu Ihren sicher berechtigten Fragen kommen 🙂
    Das mit den Wundern ist eine ganz alte Geschichte, die schon Spinoza und seine Gegner umgetrieben hat. Er hat als Erster(soweit ich weiß) Gott konsequent den Naturgesetzen unterworfen und ihm nicht zugestanden gegen diese verstoßen zu können. Ich halte das nach wie vor für den Beginn der echten Aufklärung, und möchte dahinter nun wirklich nicht zurück. Wenn wir Wunder zulassen, können wir genausogut einpacken.
    Das Wunder hebt sich auch meiner Meinung nach in keiner Weise von der naturwissenschaftlich geordneten Welt ab. Es hat darin nur genauso viel verloren, wie das Einhorn in Brehms Tierleben.

  166. #166 Joseph Kuhn
    Januar 18, 2012

    @ cydonia: Kein Dissens. Wobei die Sache mit dem Einhorn heikel ist, siehe die Steinlaus im Pschyrembel 😉

  167. #167 BreitSide
    Januar 19, 2012

    Mir fallen grad zwei Sachen auf:

    1) MW waren schon die “ollen Griechen”, also die berühmten Filosofen der Antike, der Überzeugung, dass es keinen Gott gebe und dass auch keiner gebraucht werde. Alles könne (im Prinzip) erklärt werden, wenn wir nur schlau genug wären (abgesehen von Gödels Satz – wie hieß der nochmal – der prinzipiellen Unvollständigkeit oder so).

    2) Ist der Determinismus nicht mit dem Laplaceschen Dämon gestorben? https://de.wikipedia.org/wiki/Laplacescher_D%C3%A4mon

  168. #168 Thanus
    Januar 19, 2012

    Geht die Wissenschaft davon aus, dass es außerhalb der Naturgesetze etwas gibt oder dass die Welt (das Universum) die Summe der Naturgesetze ist?

  169. #169 MartinB
    Januar 19, 2012

    @cydonia
    “Über die Naturgesetze hinaus gibt es aber keinerlei Determinismus.”
    Den Satz verstehe ich nicht (und deswegen wohl auch den rest nicht).

    Ich stelle mich mal auf den konsequent materialistischen (falls ich das wort philosophisch nicht ganz korrekt benutze, bitte ich um Nachsicht) Standpunkt:
    Jedes Ereignis in unserer Welt kann (prinzipiell) vollständig auf Basis von Naturgesetzen erklärt bzw, beschrieben werden.
    Wenn das konsensfähig ist, dann gibt es selbstverständlich über die Naturgesetze hinaus keinen Determinismus.

    Nehmen wir mal an, dass diese materialistische Annahme stimmt. Dann sind die Entscheidungen von Menschen ebenfalls vollständig durch Naturgesetze erklär-/beschreibbar.

    Jetzt haben wir zwei Möglichkeiten:
    1. Die Naturgesetze sind vollständig deterministisch. Dann sind auch unsere Entscheidungen vollständig determiniert und letztlich hat schon der Urknall festgelegt, ob ich mir gleich ne Tasse tee einschenke oder nicht. Willensfreiheit im Sinne von “ich hätte auch anders entscheiden können” gibt es dann nicht.

    2. Die naturgesetze enthalten eine intrinsische Zufallskomponente (z.B. in der Quantenmechanik), es gibt also Prozesse, deren Ergebnis mit keinen denkbaren Mitteln vorhersagbar ist. Jetzt gibt es wieder ne Fallunterscheidung
    a. Diese Zufallskomponente hat keinen Einfluss auf Gehirnprozesse. In dem Fall ist sie für die Frage des freien Willens irrelevant, Gerhinprozesse wären nach wie vor deterministisch, lediglich die Umwelt wäre nicht deterministisch. (Zwei gleiche Personen im selben Zustand würden immer gleich entscheiden, aber zwei gleiche Urknalle würden nicht zu identsichen Situationen führen.) Dann hätte der Zufall einen Einfluss auf das, was ich Koinzidenzen genannt habe. Für den freien Willen ist das dasselbe wie 1.

    b. Die quantenmechanischen Prozesse sind ein inhärenter Bestandteil unseres Denkens/Entscheidens. Dann ist unser Entscheiden insofern “frei”, als es nicht vorhergesagt werden kann, und zwar prinzipiell nicht. Dann müssen wir uns allerdings damit abfinden, dass es letztlich nicht “wir” sind, die entscheiden, sondern zufällige Prozesse. Wenn ich beschließe, Tee einzuschenken, dann verdanke ich diesen Beschluss einem Quantenprozess, der auch anders hätte ausfallen können. (Im quantenmechanischen Multiversums-Bild gibt es irgendwo eine Kopie von mir, die das Gegenteil entschieden hat). Da gewinnt man “Freiheit” – aber bin dann wirklich “ich” es, der die Entscheidung getroffen hat.

  170. #170 Thanus
    Januar 19, 2012

    @MartinB

    Jetzt bin ich verwirrt. Du sagst, du verstündest den Satz, dass es “über die Naturgesetze hinaus keinerlei Determinismus gäbe”nicht, und erwiderst, dass “es selbstverständlich über die Naturgesetze hinaus keinen Determinismus gäbe”.

  171. #171 cydonia
    Januar 19, 2012

    @MartinB
    Vielen Dank für die gut verständliche Zusammenfassung!
    Jetzt hätte ich, ehe ich nachher meinen Senf dazu gebe, noch gerne gewusst, ob du dich jetzt nur auf den “materialistischen” Standpunkt stellst, oder ob du ihn auch wirklich so vertrittst.(Und ich möchte jetzt, glaube ich, keine deterministisch gefärbte Antwort hören, sondern wünsche mir, dass du so tust, als ob du einen freien Willen hättest, falls das möglich ist 🙂
    P.S.: Was natürlich die Antwort irrelevant machen würde: das in den Klammern wäre somit zu ignorieren)

  172. #172 Physiker
    Januar 19, 2012

    Ich muss Nils mit obigem Blog-Artikel völlig recht geben: Mr. Coyne macht überhaupt keine gute Figur mit seinem Artikel über ein Thema zu dem er nicht einmal das nötige philosophische Grundwissen beisteuert. Darüber hinaus machen auch die meisten Kommentatoren hier keine gute Figur, indem sie den einzigen Kommentator, der hier inhaltlich fundiertes beigetragen hat (Thomas H.), wegekelten. Und trotz der gut verständlichen Kritik an dem hier im Kommentarbereich zugrundeliegenden landläufigen Verständnis von Willensfreiheit (und auch Determinismus), werden hier weiter diese unsinnigen am Wortlaut klebenden Definitionen verwendet. Ich empfehle weiterhin als Einstieg das Reclam-Büchlein zum Grundwissen Philosophie (Link siehe weiter oben).

  173. #173 cydonia
    Januar 19, 2012

    Physiker, Sie sind bis jetzt noch nie durch besondere Fachkenntnisse im philosophischen Bereich aufgefallen, und Ihre Meinung in Ehren. Aber hätten Sie denn irgendwas zur Diskussion beizutragen, das über süffisante Belehrungen hinausgeht?

  174. #174 Thomas J
    Januar 19, 2012

    @MartinB

    Verständnisfrage:

    Ist Nr. 1 überhaupt… möglich? Ist es nicht eine Bedingung (Notwendigkeit… weiss nciht, welches Wort passt) der QM, dass sie eben nicht deterministisch sein darf?

    @cydonia

    ich bin gespannt auf deine gestern angekündigten Gedanken.

  175. #175 Nils
    Januar 19, 2012

    @MartinB:
    Schöne Zusammenfassung von, wie ich denke, genau dem, was Jerry Coyne auch sagt. Ich behaupte aber ihr macht (zumindest bei dieser Argumentation) den gleichen Fehler, wenn ihr damit einen “Freien Willen” widerlegen wollt. Ich versuche es mal, es zu erklären:
    Volition is der Prozess der Entscheidungsfindung. Dieser Prozess hängt davon ab, was ein Körper (hier: ein Mensch) an Informationen bekommt, von denen er abhängig macht, wie die Folgeaktion aussehen soll. Das heißt, von Naturgesetzen abhängige Konstrukte (z.B. unser Gehirn, unsere Sinneszellen) berücksichtigen von Naturgesetzen abhängige Zustände (etwa der Umwelt, den abiotischen Faktoren, allen Informationsquellen in unserer Welt), um eine von mehreren Optionen zu wählen.
    Wenn man argumentiert, “wir” hätten keinen freien Willen, dann muss man zwangsläufig “uns” aus der Formel herausnehmen, denn unser Wille (egal ob frei oder nicht frei) basiert doch eben auf unseren Erfahrungen und unseren Genen. Dieser Dualismus ist absurd.

    Ich denke weiterhin, dass ich es falsch finde, für oder gegen freien Willen zu argumentieren. Es ist (meines Erachtens) ein Konzept, welches in sich selbst nicht schlüssig ist. Dass unsere Entscheidungsfindung nicht in einem abstrakten Sinne völlig frei ist, ist offensichtlich. Zu sagen, der Tee, den ich mir jetzt eingieße, wäre vom Urknall determiniert, ist meiner Meinung nach aber genauso falsch, wie dass ein Massenmörder nicht für seine Taten verantwortlich ist.

  176. #176 cydonia
    Januar 19, 2012

    Es wäre, denke ich, wirklich hifreich in diesem Falle “Freedom Evolves” zu lesen, und sich an Dennetts Argumentation entlangzuhangeln. Er behandelt die wichtigsten Fragen, die sich in dem Zusammenhang ergeben können, recht konsequent, und er ist Kompatibilist im besten Sinne, sowie überzeugter Anhänger des Standpunkts, dass man praktische Konsequenzen vorrangig behandeln sollte.
    Übrigens sehe ich, Nils(ohne e), uns hier fast alle mit recht ähnlichen Positionen auftreten. Die kleinen, manchmal nicht leicht zu begründenden Differenzen, sind aber für Denkfortschritte zuweilen entscheidend. Ich bin gespannt, wies weitergeht, und habe weiter Hoffnung auf ein paar erhellende Gedankenblitze aus verschiedensten Richtungen.

  177. #177 Physiker
    Januar 19, 2012

    @cydonia:

    Aber hätten Sie denn irgendwas zur Diskussion beizutragen, das über süffisante Belehrungen hinausgeht?

    Nein. Denn alles was zur Diskussion beiträgt, kann man als Belehrung interpretieren.

    Übrigens empfinde ich es als “pet peeve”, dass in philosphischen (Laien-)Diskussionen sofort klassifiziert wird um dann Grabenkämpfe zwischen Kompatibilisten, Inkompabilitisten, Libertarier, Deterministen, Freiheitsskeptiker, Materialisten, etc. auszutragen. Ich verstehe die Philosophie nicht als Mittel um sich seinen ideologischen Standpunkt zurechtzubasteln, sondern als Methode mit “wenn…, dann”-Aussagen logische Schlüsse zu ziehen. Und mit unserem derzeitigen naturwissenschaftlichen Verständnis sind nun mal alle Kombinationen aus freiem/unfreiem Willen und Determinismus/Indeterminismus kompatibel. Wichtig zu verstehen ist nur, dass dem teilweise unterschiedliche Definitionen zugrunde liegen – und das z.T. auch bei scheinbar so einfach zu verstehenden Begriffen wie Determinismus.

  178. #178 cydonia
    Januar 19, 2012

    Deswegen müssten wir uns ja auch darüber verständigen, worüber wir uns eigentlich unterhalten. Ohne genaue Definition kommen wir nicht besonders weit.

  179. #179 Thanus
    Januar 19, 2012

    Bitte Cydonia, mach du den Anfang und erkläre mir, was du mit dieser Aussage meinst, da offenabr alle anderen es begreifen:

    “Über die Naturgesetze hinaus gibt es aber keinerlei Determinismus.”

    Ich verstehe nicht, was es überhaupt über die Naturgesetze hinaus geben soll.

  180. #180 Niels
    Januar 19, 2012

    @Physiker

    Können Sie präzisieren was genau falsch ist? Wie die meisten Physiker beschäftige ich mich nicht sehr intensiv mit alternativen Interpretationen der Quantenmechanik (QM). Vielleicht können wir das ja auch an einem konkreten Beispiel diskutieren (etwa Viele-Welten-Interpretation oder De-Broglie-Bohm Theorie,…).

    Lustigerweise sind genau die beiden genannten Interpretationen deterministisch.
    Gerade die bohmsche Mechanik ist das übliche Beispiel für eine deterministische Interpretation und wurde meines Wissens von Bohm sogar “causal interpretation” genannt.
    Wenn man sich auch nur ein bisschen mit dieser Interpretation beschäftigt, erkennt man eigentlich sofort, dass sie deterministisch sein muss.
    Quantenobjekte bewegen sich dort auf kontinuierlichen, deterministischen Bahnen. Alle Zustandsänderungen sind durch die Anfangsbedingungen vollständig festgelegt.
    Allerdings sind die Anfangsbedingungen grundsätzlich nicht zu bestimmen.
    Der Determinismus wird zudem durch Nichtlokalität der Theorie erkauft.
    In jeder Einführung zur bohmsche Mechanik wird übrigens auf den Determinismus ausdrücklich hingewiesen. Da können Sie ruhig selber mal nachschauen.

    Ich denke aber nach wie vor, dass meine Schlussfolgerung ziemlich allgemeingültig (und nebenbei auch noch banal) ist: Entweder die Eigenschaft “Determinismus” ist physikalisch, dann sollten alle Interpretationen der QM die gleiche Antwort auf die Frage nach dem Determinismus liefern. Oder die Eigenschaft “Determinismus” ist unphysikalisch, d.h. es liegt keine sinnvolle Definition vor.

    Das ist immer noch Quatsch ist und ich denke nach wie vor, dass man sich bei völliger Unkenntnis nicht so weit aus dem Fenster lehnen sollte, vor allem, wenn der eigene Nickname “Physiker” ist. 😉
    Gerade, wenn man anderen Kommentatoren “keine gute Figur” bescheinigt und behauptet, sie hätten “inhaltlich nichts fundiertes beizutragen”, sollte man besser selbst ganz genau Bescheid wissen, bevor man Absolutaussagen äußert.
    Zu meinem Glück sind alle anderen Physiker ebenfalls der Meinung, dass die Eigenschaft “Determinismus” für physikalische Theorien eine Bedeutung hat und dass verschiedene Interpretationen der QM dazu unterschiedliche Antworten geben.
    Wo kommt überhaupt Ihre Idee her, alle Interpretationen würden die selben physikalischen Eigenschaften aufweisen?
    Sind Ihrer Meinung nach Interpretationen der QM grundsätzlich “unphysikalisch”?
    Sind beispielsweise die extrem häufig diskutierten Eigenschaften Lokalität und Realismus auch “unphysikalisch”, nur weil verschiedene Interpretationen unterschiedliche Antworten geben?
    Damit wären sie dann der erste, der beispielsweise die Bellschen Ungleichungen als unphysikalisch ablehnt.

    Meinetwegen können wir uns übrigens ruhig duzen.

    @Nils
    MartinB will meiner Meinung nach genau darauf hinaus, dass freier Wille ein in sich selbst nicht besonders schlüssiges Konzept ist.

  181. #181 Heino
    Januar 19, 2012

    @martinB

    #b. Die quantenmechanischen Prozesse sind ein inhärenter Bestandteil unseres Denkens/Entscheidens. Dann ist unser Entscheiden insofern “frei”, als es nicht vorhergesagt werden kann, und zwar prinzipiell nicht. Dann müssen wir uns allerdings damit abfinden, dass es letztlich nicht “wir” sind, die entscheiden, sondern zufällige Prozesse. Wenn ich beschließe, Tee einzuschenken, dann verdanke ich diesen Beschluss einem Quantenprozess, der auch anders hätte ausfallen können. (Im quantenmechanischen Multiversums-Bild gibt es irgendwo eine Kopie von mir, die das Gegenteil entschieden hat). Da gewinnt man “Freiheit” – aber bin dann wirklich “ich” es, der die Entscheidung getroffen hat.#

    Jojo. Jetzt haben wir noch ein weiteres Problem. Konnten wir uns bislang noch nicht darauf einigen, was ein freier Wille nun genau sein soll und worin bzw. wogegen die Freiheit besteht, müssen wir jetzt auch noch das “ich” definieren.

    Ohne ICH kein FREIER WILLE.

  182. #182 Nils
    Januar 19, 2012

    @Niels:
    Hm, ich muss zugeben, ich fand sehr viele Parallelen zwischen den Kommentaren von Martin und Jerry Coyne, aber vielleicht habe ich ihn da auch missverstanden. Der Link von Redfox, auf den er auch oben verweist, gibt dir auf jeden Fall Recht. Ein großartiger Artikel. Eddy Nahmias scheint mir schon im November den Coyne-Artikel vom Januar auseinander zu nehmen. Auch die Nachfolgekommentare des Autors sind sehr lesenswert.

    @MartinB:
    Echt kompliziertes Feld. Hältst du also, kurz gesagt, das Konzept auch für Unsinn?

  183. #183 MartinB
    Januar 19, 2012

    @cydonia
    “Jetzt hätte ich, ehe ich nachher meinen Senf dazu gebe, noch gerne gewusst, ob du dich jetzt nur auf den “materialistischen” Standpunkt stellst, oder ob du ihn auch wirklich so vertrittst.”
    Tja, wie soll ich sagen. Ich bin zu gefühlten 98% sicher, dass der rein materialistische Standpunkt richtig ist, und finde es nicht schlimm, es nicht genau zu wissen.

    @Nils
    “Hältst du also, kurz gesagt, das Konzept auch für Unsinn?”
    So wie es meist verwendet wird, ja. Im Dennetschen Sinne (Free will worth wanting) haben wir natürlich einen “freien Willen” – so wie du es ja auch beschreibst. Ich *bin* die Summe aller naturgesetzlich wirkenden bestandteile meiner selbst, also entscheide ich mich auch immer frei und trotzdem im Einklang mit den Naturgesetzen. Die idee, die Naturgesetze würden mich irgendwie “zwingen”, etwas bestimmtes zu tun, impliziert ja schon einen Dualismus.

    Und mir ging es hier vor allem darum, zu argumentieren, dass Dinge wie “Zufall” da nicht weiterhelfen – wenn meine Entscheidungen nicht determiniert sind, dann sind sie auch nicht von mir determiniert.

  184. #184 Physiker
    Januar 19, 2012

    @Niels:

    Lustigerweise sind genau die beiden genannten Interpretationen deterministisch.

    Dummerweise macht das aber überhaupt keinen Unterschied für uns. Du versetzt Dich bei der implizit hier verwendeten Definition von “Determinismus” in die Lage eines ausserhalb unseres Universum stehenden Betrachters. Bei der Viele-Welten-Theorie ist das offensichtlich. Bei der de-Broglie-Bohm-Theorie muss man die Anfangsbedingungen kennen um die Definition (z.B. D4) für Determinismus zu erfüllen – die Kenntniss der Anfangsbedingungen ist aber per Postulat verboten – deshalb ist unsere Welt selbst mit dieser Interpretation der QM nur für einen externen Beobachter determiniert (im Sinne von: Die exakte Kenntnis des Zustandes zum Zeitpunkt t1 ermöglicht die genaue Vorhersage des Zustandes zum Zeitpunkt t2>t1). Und ein externer Beobachter ist im Prinzip nichts anderes als ein Gott…

    Zu meinem Glück sind alle anderen Physiker ebenfalls der Meinung, dass die Eigenschaft “Determinismus” für physikalische Theorien eine Bedeutung hat und dass verschiedene Interpretationen der QM dazu unterschiedliche Antworten geben.

    Welche Bedeutung? Und vor allem für wen? Für uns Menschen oder nur für einen externen Beobachter?

    Wo kommt überhaupt Ihre Idee her, alle Interpretationen würden die selben physikalischen Eigenschaften aufweisen?

    Unter Physikern kann ich mich gerne präziser ausdrücken: mit Eigenschaften meinte ich Erwartungswerte.

    Sind Ihrer Meinung nach Interpretationen der QM grundsätzlich “unphysikalisch”?

    Ja. Im Sinne von: sie sind nicht durch Messungen zu unterscheiden.

    Sind beispielsweise die extrem häufig diskutierten Eigenschaften Lokalität und Realismus auch “unphysikalisch”, nur weil verschiedene Interpretationen unterschiedliche Antworten geben?

    Warum nicht? Sorry, wenn ich da jemandem auf den Schlips trete, der in diesem Gebiet arbeitet – aber die Physik ist ein sehr weites Feld, und ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen. Ich würde mich aber auch ganz besonders darüber freuen, wenn ich wirklich als erster auf etwas hinweise, das mir selbstverständlich zu sein scheint…

  185. #185 Nils
    Januar 19, 2012

    @MartinB:
    Okay, dann hatte ich dich missverstanden. Mir scheint, es kommt echt darauf an, was wer wie definiert. Genau deswegen finde ich das, was Jerry Coyne und (anscheinend) Sam Harris da tun, so gefährlich. Viele Leser der USA Today o.ä. könnten am Ende annehmen, die Sache wäre erledigt und wir wären alle nicht mehr für unsere Taten verantwortlich.

  186. #186 Joseph Kuhn
    Januar 19, 2012

    @ MartinB:

    Jedes Ereignis in unserer Welt kann (prinzipiell) vollständig auf Basis von Naturgesetzen erklärt bzw, beschrieben werden.

    Dass jedes Ereignis in unserer Welt vollständig auf der Basis von Naturgesetzen erklärbar sein sollte, scheint zumindest ein vernünftiges Programm für die Naturwissenschaften zu sein. “Ereignisse” sind schließlich Dinge, die sich, wie der Name schon sagt, in der Welt ereignen, das sollte dann auch beobachtbar sein und für so etwas suchen wir nach Erklärungen.
    Frage: Ist alles in der Welt ein “Ereignis”? Ist 2×2=4 ein “Ereignis”? Wenn nein, was bedeutet das für das Erkenntnisprogramm der Naturwissenschaften? Erklären sie (potentiell) zwar alle “Ereignisse”, aber nicht die ganze Welt?
    2×2=4 gibt keine kausale Beziehung wieder, sondern eine tautologische, also etwas, was unabhängig von der empirischen Beschaffenheit der Welt gilt. Dass das so ist, kann man begründen, eine “Begründung” ist ebenfalls keine kausale Sache, sondern hat etwas mit der Gültigkeit von Urteilen, logischen Beziehungen etc. zu tun, die philosophische Fraktion hier wird das besser formulieren können. Was ist, wenn bei unseren Willensakten Begründungen eine Rolle spielen? Gäbe es dann eine naturwissenschaftliche Erklärungslücke bei diesem Thema? Und haben wir dann neben den Determinationen des Willens durch Ursachen auch noch Determinationen des Willens durch Gründe?

    Beratung erwünscht.

  187. #187 roel
    Januar 19, 2012

    dann jetzt doch ein Abo.

  188. #188 Joseph Kuhn
    Januar 19, 2012

    … noch ein Nachtrag: In den angesprochenen Kontext gehört auch Wolf Singers Bemerkung, “dass es über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien geben muss, die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet”, die mir im Zusammenhang mit seiner Position zur Willensfreiheit nach wie vor nicht verständlich ist.

  189. #189 rolak
    Januar 19, 2012

    Hatte ich ganz vergessen: Cool^^ Freier Wille
    (Werbepostkarte)

  190. #190 Niels
    Januar 19, 2012

    @Physiker

    Dummerweise macht das aber überhaupt keinen Unterschied für uns. Du versetzt Dich bei der implizit hier verwendeten Definition von “Determinismus” in die Lage eines ausserhalb unseres Universum stehenden Betrachters.

    Natürlich. Das ist die in der Physik übliche Verwendung des Begriffs Determinismus.
    Alle Physiker sind sich doch seit Jahrhunderten einig, dass die Newtonschen Gesetze ein deterministisches Universum beschreiben. Davon hast du schon gehört, oder?
    Bei vollständiger Kenntnis aller physikalischer Messgrößen zu einem gegebenen Zeitpunkt ist der Zustand eines newtonschen Universums zu jedem beliebigen anderen Zeitpunkt berechenbar.
    Trotzdem ist das für einen Beobachter im Universum natürlich prinzipiell nie möglich.

    Lies doch mal auf der von dir selbst verlinkten Seite nach:
    Umgekehrt verhält es sich mit der Quantenmechanik. Diese Theorie wird meist als “klar indeterministisch” angesehen, obwohl es auch deterministische Interpretationen gibt (z.B. die Interpretation von David Bohm), die sich heute wieder großer Beliebtheit erfreuen.
    Da steht es doch schwarz auf weiß, dass es deterministische Interpretationen der QM gibt?
    Nur die Sache mit dem “als “klar indeterministisch” angesehen” ist falsch.

    In welcher Definition des Determinismus spielt es denn eine Rolle, was der einzelne Mensch wissen kann? Auf der von der verlinkten Seite spielt das jedenfalls nie eine Rolle, oder? Warum hast du sie eigentlich verlinkt?
    Du hast doch behauptet, die QM wäre nicht-deterministisch.
    Nach welcher sinnvollen Definition des Begriffes Determinismus sind denn alle Interpretationen nicht-deterministisch?

    Unter Physikern kann ich mich gerne präziser ausdrücken: mit Eigenschaften meinte ich Erwartungswerte.

    Ui. Wenn nur Erwartungswerte physikalisch sind, fällt aber so einiges weg.

    Felder, virtuelle Teilchen, Dimensionen, Raumkrümmung, Temperatur, Druck, Entropie, dunkle Energie, …
    Wenn ich noch ein bisschen nachdenke, fallen mir bestimmt noch unzählige andere Beispiele ein.
    Darüber hinaus natürlich noch alles, was man nicht direkt messen kann.
    Alles unphysikalisch.
    Welche physikalischen Gebiete bleiben denn dann überhaupt noch als “physikalisch” übrig?

  191. #191 MartinB
    Januar 19, 2012

    @JosephKuhn
    Zum 2*2=4 zwei (einander widersprechende?) Überlegungen:
    Zum einen ist es ein Ereignis, nämlich ein Denkvorgang bzw. dessen Ergebnis. Dinge wie 2*2=4 Existieren ja nicht in dem Sinne, wie Elektronen oder Elefanten existieren.

    Zum zweiten ist unsere Welt anscheinend ja irgendwie mathematisch beschreibbar, und die Mathematik liegt irgendwie den Naturgesetzen “zugrunde”, jedenfalls scheint es so. Dazu habe ich mir neulich ausführlich Gedanken gemacht:
    https://www.scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2011/08/ist-die-natur-mathematisch.php

    @Nils
    Deswegen habe ich ja in den meisten Kommentaren hier versucht, Begriffe irgendwie festzuzurren, wie Zufall, Koinzidenz, was heißt es überhaupt, sich entscheiden zu können etc.
    Interessant (aber nicht überraschend), dass man trotzdem noch missverstanden werden kann – muss ich wohl noch weiter an meiner Präzision feilen.

  192. #192 Gustav
    Januar 19, 2012

    @MartinB: “um zweiten ist unsere Welt anscheinend ja irgendwie mathematisch beschreibbar, und die Mathematik liegt irgendwie den Naturgesetzen “zugrunde”, jedenfalls scheint es so.”

    Auch möglich, dass unser Gehirn so konstruiert ist, dass wir überall mathematische Vorgänge erkennen. Eine alte Streitfrage, zwischen radikalen Konstruktivismus und Realismus. Aber als ontologische Fragestellung nicht uneingeschränkt beantwortbar.
    Wobei gerade der radikale Konstruktivismus meiner Meinung nach erklärt, warum wir die objektive Realität, also wenn man so will “wahre” Begebenheiten, niemals als solche wahrnehmen können, sondern immer als durch Sinnesreize und Gedächnisleistung konstruierte und subjektive Wahrnehmung. Und von dieser Einsicht müssen wir uns mühsam (und manchmal mit Spaß ;-)) durch Falsifikation im Dunkeln vortasten.

  193. #193 BreitSide
    Januar 19, 2012

    Also ich hab hier ein kleines Problem. Oder zwei:
    1) Der Laplacedämon ist tot. Durch Heisenberg ist klar, dass nicht einmal für ein einziges Elementarteilchen der tatsächliche Zustand zu irgend einer Zeit wirklich, dh 100% bekannt sein kann. Und da jede Menge Systeme dieser Welt chaotisch sind, sind Vorhersagen über gewisse Grenzen hinaus prinzipiell nicht möglich. Der Billardspieler kann so gut sein, wie er will, nach einer Handvoll Kugeln hintereinander reicht schon der Schwerkrafteinfluss von Fixsternen aus, das Ergebnis entscheidend zu beeinflussen.

    2) Radioaktive Ereignisse sind mW prinzipiell nicht vorhersehbar. Im Zusammenspiel mit den og chaotischen Systemen ist wiederum eine wirkliche Vorhersage prinzipiell nicht machbar.

    Natürlich sind – wie schon oben jemand schrub – in gewissen Grenzen Vorhersagen immer möglich. Natürlich fällt der Apfel wie vorhergesagt nach unten. Sobald ich die Genauigkeit erhöhe (wohin genau, auf welchem Weg genau, mit genau welcher Geschwindigkeit), erhöht sich die Unsicherheit.

    Florian Freistetter hat glaubich schon geschrieben, dass selbst die Planetenbahnen auf Dauer chaotisch sind.

    Also: Determinismus bleibt nur übrig, wenn man die Erwartungsgenauigkeit (oder Genauigkeitserwartung) niedrig genug schraubt.

    Was das allerdings mit freiem Willen zu tun hat, erschließt sich mir überhaupt nicht…

  194. #194 Physiker
    Januar 19, 2012

    @Niels:

    Natürlich. Das ist die in der Physik übliche Verwendung des Begriffs Determinismus.
    […]Trotzdem ist das für einen Beobachter im Universum natürlich prinzipiell nie möglich.

    Ich bin jetzt zu faul in Büchern nachzuschlagen ob tatsächlich ein externer Beobachter postuliert wird um den Determinismus-Begriff zu definieren. Falls das tatsächlich der Fall sein sollte, würde mich das wundern, denn das liesse sich auch komplett ohne externen Beobachter bewerkstelligen z.B. indem man ein abgeschlossenes System betrachtet. Im Fall der Viele-Welten-Theorie oder der de-Broglie-Bohm-Mechanik geht das aber nicht. Darin besteht ein prinzipieller Unterschied.

    Nur die Sache mit dem “als “klar indeterministisch” angesehen” ist falsch.

    Ich bin neugierig: inwiefern?

    In welcher Definition des Determinismus spielt es denn eine Rolle, was der einzelne Mensch wissen kann? Auf der von der verlinkten Seite spielt das jedenfalls nie eine Rolle, oder?

    Eigentlich doch – wenn auch indirekt. Man nehme die Definition D4:

    Wenn Z eine vollständige Beschreibung des Zustands unserer Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt t und N eine vollständige Beschreibung aller in dieser Welt geltenden Naturgesetze ist, dann implizieren Z und N zusammen logisch eine vollständige Beschreibung der gesamten Geschichte unserer Welt nach t.

    Diese vollständige Beschreibung ist nur möglich durch Kenntnis der Anfangsbedingungen. Zentrales Postulat der Bohm’schen Mechanik ist es allerdings, dass die Anfangsbedingungen unbekannt sind. Folglich ist eine vollständige Beschreibung des Zustands der Welt nicht möglich. Damit beschreibt diese “Wenn,…dann”-Definition einen Fall der durch ein Postulat explizit ausgeschlossen ist. Irgendwie unbefriedigend, um die Definition zu erfüllen.

    Nach welcher sinnvollen Definition des Begriffes Determinismus sind denn alle Interpretationen nicht-deterministisch?

    Wenn in einem abgeschlossenen System die vollständige Kenntnis des Zustands reicht um einen späteren Zustand dieses Systems in unserem Universum zu berechnen und der Ausgangszustand zumindest prinzipiell beliebig genau bestimmt werden kann.
    Die Formulierung ist sicher nicht wasserdicht, aber ich kann sie gerne noch verbessern. Und das beste: sie klingt vernünftig, ergibt für die Newtonsche Physik das gewünschte Ergebnis und benötigt keinen externen Beobachter/Gott.

    Ui. Wenn nur Erwartungswerte physikalisch sind, fällt aber so einiges weg.
    Felder, virtuelle Teilchen, Dimensionen, Raumkrümmung, Temperatur, Druck, Entropie, dunkle Energie, …

    Wieso? Diese Grössen kann man doch alle mit Hilfe von Erwartungswerten bestimmen. Meine konkrete Frage lautet, wie man experimentell nachprüfen kann ob unsere Welt deterministisch ist oder nicht (ausgehend von Deiner Definition von “Determinismus”), wenn man in verschiedenen Interpetationen der Quantenmechanik zu verschiedenen Antworten kommt. Denn das hiesse ja, dass man experimentell zwischen den Interpretationen unterscheiden könnte – was aber meines Wissens definitiv nicht der Fall ist.

  195. #195 Joseph Kuhn
    Januar 19, 2012

    @ MartinB:

    Dinge wie 2*2=4 Existieren ja nicht in dem Sinne, wie Elektronen oder Elefanten existieren.

    Ja, genau das ist das Problem. Aber wie existieren sie dann und wie hängt ihre Existenz mit der Hirnphysiologie zusammen? Und weiter: Determiniert der Zwang, der von 2×2 zu 4 führt, nicht ganz analog auch alle anderen unserer Entscheidungen, d.h. werden unsere Entscheidungen immer “unfreier”, je besser sie begründet sind? Bis zum Extrem der Rechenaufgabe, die für jeden vernünftig Denkenden nur die Entscheidung “4” zulässt?

  196. #196 Niels
    Januar 20, 2012

    @Physiker

    Nur die Sache mit dem “als “klar indeterministisch” angesehen” ist falsch.

    Ich bin neugierig: inwiefern?

    Nun, wie kann man behaupten, dass etwas “klar indeterministisch” ist, wenn es deterministische und indeterministische Interpretationen gibt, die alle “gleich richtig” sind?
    Deswegen behauptet auch niemand, dass da irgend etwas klar ist.

    Nach welcher sinnvollen Definition des Begriffes Determinismus sind denn alle Interpretationen nicht-deterministisch?

    Wenn in einem abgeschlossenen System die vollständige Kenntnis des Zustands reicht um einen späteren Zustand dieses Systems in unserem Universum zu berechnen und der Ausgangszustand zumindest prinzipiell beliebig genau bestimmt werden kann.
    Die Formulierung ist sicher nicht wasserdicht, aber ich kann sie gerne noch verbessern. Und das beste: sie klingt vernünftig, ergibt für die Newtonsche Physik das gewünschte Ergebnis und benötigt keinen externen Beobachter/Gott.

    Du hast die Frage nicht beantwortet. Es geht um die Interpretationen der QM, nicht um die klassische Mechanik.
    Die Interpretationen sind doch deiner Meinung nach alle nicht-deterministisch und wenn eine Interpretation deterministisch ist, müssen deiner Meinung nach auch alle anderen Interpretationen bei Anlegen des selben Determinismusbegriffes deterministisch sein.

    Deine Definition liefert auch noch nicht einmal für die Newtonsche Physik das richtige Ergebnis. Das einzige echte abgeschlossene System in der klassischen Mechanik ist das Gesamtuniversum.
    Man kann für die momentane Problemstellung nie garantieren, dass bei kleineren abgeschlossenen Systemen keine äußere Einflüsse eine Rolle spielen.
    Mal davon ganz abgesehen, dass man bei chaotischen Systemen die Anfangsbedingungen exakt kennen müsste. Das ist doch ebenfalls prinzipiell unmöglich.

    Man nehme die Definition D4:
    […]
    Diese vollständige Beschreibung ist nur möglich durch Kenntnis der Anfangsbedingungen. Zentrales Postulat der Bohm’schen Mechanik ist es allerdings, dass die Anfangsbedingungen unbekannt sind. Folglich ist eine vollständige Beschreibung des Zustands der Welt nicht möglich.

    In D4 steht nirgends, dass Z mit Hilfe von N bestimmbar sein muss. Die Bomsche Mechanik erfüllt alle Bedingungen von D4 und ist damit D4-deterministisch.
    Wenn man D4 bei anderen Interpretationen anlegt, sind einige deterministisch und andere indeterministisch. Bei manchen kann man nicht mal eine Aussage treffen.
    Okay?

    Ich verstehe dein Problem gar nicht.
    Wenn man davon ausgeht, dass die Frage nach dem Willen vom Determinismus oder Indeterminismus der Welt abhängt, spielt es doch überhaupt keine Rolle, ob ein interner Beobachter alle Anfangsbedingungen kennen kann.
    Es geht doch dann gerade darum, ob sich die Welt deterministisch entwickelt oder nicht. Ob wir selbst alles vorhersagen können oder nicht ist doch völlig egal.

    Ich selbst sehe das aber übrigens wie MartinB. Das Frage nach dem Determinismus hilft einem hier nicht weiter.

    Meine konkrete Frage lautet, wie man experimentell nachprüfen kann ob unsere Welt deterministisch ist oder nicht

    Wie könntest du denn in einer Newtonschen Welt experimentell nachprüfen, ob sie deterministisch ist oder nicht?
    Das geht doch ebenfalls nicht.
    Das ist etwas, dass aus der Theorie abgeleitet werden muss.

    Wie prüfst du eigentlich experimentell, ob Materie und Energie wirklich den Raum krümmen?
    Physikalische Theorien werden immer und ausschließlich durch mathematische Formeln beschrieben. Die Interpretation dieser Formeln kann man doch nie experimentell nachprüfen.

  197. #197 Gustav
    Januar 20, 2012

    @BreitSide:

    1) Der Laplacedämon ist tot. Durch Heisenberg ist klar, dass nicht einmal für ein einziges Elementarteilchen der tatsächliche Zustand zu irgend einer Zeit wirklich, dh 100% bekannt sein kann.

    So stimmt das nicht ganz. Ort und Impuls eines Teilchen können in der Vergangenheit sehr wohl scharfe Werte zugeordnet werden. Die Unschärferealationen beziehen sich auf einen festen Zeitpunkt und müssen nicht notwendig für die Vergangenheit gelten (so auch nach Heisenberg).

    Im Nachhinein können Ort und Impuls genauer bestimmt werden, als von der Ort-Impuls-Unschärferelation zugelassen würde. Der Informationsgewinn über die Vergangenheit eines Teilchen hat aber keine Konsequenzen und gilt nur bis zum Moment der Messung. Der nachträgliche Informationsgewinn erlaubt auch keine Rückschlüsse auf die Zukunft eines Teilchen.

    Das ist vor allem für die Bohmsche Mechanik interessant. Da einem Teilchen bis zu dem Punkt seiner Lokalisierung ein kontinuierlicher Bewegungspfad zugeordnet werden kann, dessen Punkte – in der Bohmschen Mechanik – als verborgene Variable aufgefasst werden. Damit bekommt das Teilchen bis zu seiner Lokalisierung nachträglich eine deterministische und objektive Realität. (vgl. Theoretische Physik: Quantenmechanik, Abschn. 10.4, Spektrum Verlag)

  198. #198 cydonia
    Januar 20, 2012

    @MartinB & andere
    Ich habe lange gezögert, hier nochmal einzugreifen, weil ich an diesem Punkt der Diskussion dazu tendiere, über Grundsätzliches zu schreiben, und dies dann auszuufern droht.
    “..und finde es nicht schlimm, es nicht genau zu wissen” schreibst du. Ich stimme dir vollkommen zu, und füge hinzu, dass diese Position mir die einzig vernünftige zu sein scheint.
    Um bei der Willensfreiheit-Diskussion überhaupt einen Fuß auf den Boden zu kriegen, ist es sicher sinnvoll, das Wiss- und Erfahrbare klar zu definieren und einzugrenzen zu versuchen. Dennoch führt dieser Weg sehr schnell in eine “mathematisierte” Beschreibung der Wirklichkeit, die zwar oft hilft, Klarheit zu schaffen, in diesem Falle aber auch dazu führen dürfte, dass die meisten Menschen sich aus einer sie sehr wohl direkt betreffenden Diskussion verabschieden müssen, weil sie den direkten Bezug zu ihrer Wirklichkeit irgendwann nicht mehr herstellen können.
    Der freie Wille ist ein Konzept, über das fast alle mitreden wollen und auch können. Die große Schwierigkeit besteht nun darin, dass wir über ein nicht genormtes und oft genug nicht klar definierendes Medium kommunizieren. Wie ich weiter oben schon mal bemerkte, verstehe ich die Tendenz, Sprache möglichst intensiv zu logifizieren, und z.B. Wortbedeutungen absolut zu setzen, nur allzu gut.
    Allerdings geht genau diese Tendenz weit an den Bedürfnissen eines durchschnittlichen Diskussionsteilnehmers vorbei.
    Und genau hier möchte ich dir auch widersprechen, Martin. Das Verständnis von “freiem Willen” ist breit und facettenreich, und ist auch bei “normalen” Diskussionsteilnehmern oft nicht so weit von Dennetts “Freier Wille”-Konzept entfernt. “Normale” Menschen(man verzeihe mir diesen merkwürdigen Ausdruck) sehen sich aber gezwungen, im Alltag das Konzept “Freier Wille” für sich selbst einigermaßen zu umreißen, um Entscheidungen im Sinne von Dennett treffen zu können. Und das gelingt vielen ebenfalls ganz gut.
    Deswegen fand ich z.B. die Frage von Joseph Kuhn zu bestimmten Einflüssen sehr gut. Wenn wir es beispielsweise in unserer Gesellschaft mit Menschen zu tun haben, die stark pädophile Tendenzen zeigen, ist es wichtig, einerseits zu untersuchen, inwieweit diese Menschen überhaupt in der Lage sind, Kontrolle über sich selbst auszuüben und wie wir als Gesellschaft damit umgehen. Die Willensdiskussion in einem solchen Falle bis ins Detail aufdröseln zu wollen ist nicht nötig und kann sogar kontraproduktiv sein, weil aufgrund mangelnden Verständnisses massiv Fehlschlüsse gezogen werden können.
    Ich plädiere deswegen für eine Trennung der Bereiche. Wenn MartinB “Freedom Evolves” bespricht können wir dort nochmal in die Vollen gehen, und die theoretischen Grundlagen sezieren. Ansonsten ist am pragmatische Umgang mit dem Thema, wie er allgemein gepflegt wird, für mich nichts auszusetzen, weil wir für real existierende Probleme einen pragmatischen Umgang brauchen, der auch dem klassischen “Zufall” seinen Platz zugesteht, selbst wenn dies bei genauerem Hinschauen zu Fehlinterpretationen führen könnte, die aber in der Realität nicht unbedingt relevant werden.
    Kommunikation lässt sich auch aufgrund einer imperfekten Sprache nicht optimal gestalten. Vielleicht können wir das akzeptieren, und den “Freien Willen” nicht auf die Goldwaage legen, wenn der Ausdruck fällt.
    Ich zumindest habe beschlossen, das Thema vorläufig ruhen zu lassen. Die theoretischen Grundlagen sind mir zu unsicher. Wenn ich sicheren Boden unter den gedanklichen Füßen spüre, mach ich weiter. Vorher nicht.

  199. #199 Physiker
    Januar 20, 2012

    @Niels:

    Nun, wie kann man behaupten, dass etwas “klar indeterministisch” ist, wenn es deterministische und indeterministische Interpretationen gibt, die alle “gleich richtig” sind?
    Deswegen behauptet auch niemand, dass da irgend etwas klar ist.

    Dann sind unsere Ansichten (obwohl Du meine als Quatsch bezeichnest) ja fast identisch. Ich gehe nur einen kleinen Schritt weiter und bezeichne eine Definition, die einen externen Beobachter benötigt und die zu unterschiedlichen Ergebnissen führt zwischen denen man prinzipiell nicht unterscheiden kann, als nicht physikalisch sinnvoll.
    Hier nochmal mein Definitions-Vorschlag:
    Wenn in einem abgeschlossenen System die vollständige Kenntnis des Zustands reicht um einen späteren Zustand dieses Systems in unserem Universum zu berechnen und der Ausgangszustand zumindest prinzipiell beliebig genau bestimmt werden kann.

    Du hast die Frage nicht beantwortet. Es geht um die Interpretationen der QM, nicht um die klassische Mechanik.

    Doch. Diese Definition liefert zumindest in den drei bisher diskutierten Interpretationen der QM ein indeterministisches Weltbild. In der Bohmschen Mechanik, weil die Anfangsbedingungen unbekannt sind und in der Viele-Welten-Theorie weil sich die Definition sinnvollerweise auf unsere Welt beschränkt (wobei dieser Punkt meiner Meinung nach in einer Definition eigentlich selbstverständlich sein sollte…).

    Deine Definition liefert auch noch nicht einmal für die Newtonsche Physik das richtige Ergebnis. Das einzige echte abgeschlossene System in der klassischen Mechanik ist das Gesamtuniversum.

    Ein abgeschlossenes System ist eine Idealisierung und keine Transzendierung (wie eine Betrachtung des Universums von aussen). Idealisierungen in Definitionen zu benutzen finde ich in Ordnung (Transzendierungen zu benutzen, finde ich in der Physik nicht in Ordnung). Daher kann ich Deine Kritik nicht nachvollziehen.

    Man kann für die momentane Problemstellung nie garantieren, dass bei kleineren abgeschlossenen Systemen keine äußere Einflüsse eine Rolle spielen.
    Mal davon ganz abgesehen, dass man bei chaotischen Systemen die Anfangsbedingungen exakt kennen müsste. Das ist doch ebenfalls prinzipiell unmöglich.

    Dito. In der Idealisierung ist beides prinzipiell möglich. Die obige Definition hat in dieser Hinsicht keinen Mangel, den man nicht auch unstrittigen Definitionen in der Thermodynamik vorwerfen könnte.

    In D4 steht nirgends, dass Z mit Hilfe von N bestimmbar sein muss. Die Bomsche Mechanik erfüllt alle Bedingungen von D4 und ist damit D4-deterministisch.

    Du hast recht – das steht nirgends in D4. Es ist aber eine sinnvolle Voraussetzung (dass Z mit Hilfe von N zumindest prinzipiell bestimmbar sein sollte), die meiner Meinung nach nicht explizit erwähnt werden muss. Ansonsten erhält man einen Widerspruch, denn in N steht ja als direkte Folge eines Postulats drinnen, dass D4 nicht einmal für ein idealisiertes System prinzipiell möglich ist. Aber auf diesen Punkt werde ich wegen der schwammigen Definition sicher nicht bestehen.

    Wenn man D4 bei anderen Interpretationen anlegt, sind einige deterministisch und andere indeterministisch. Bei manchen kann man nicht mal eine Aussage treffen. Okay?

    Das sehe ich konkret in diesem Fall als Schwäche der Definition.

    Wenn man davon ausgeht, dass die Frage nach dem Willen vom Determinismus oder Indeterminismus der Welt abhängt, spielt es doch überhaupt keine Rolle, ob ein interner Beobachter alle Anfangsbedingungen kennen kann.

    Davon gehe ich nicht aus (siehe meine ersten Beiträge).

    Es geht doch dann gerade darum, ob sich die Welt deterministisch entwickelt oder nicht. Ob wir selbst alles vorhersagen können oder nicht ist doch völlig egal.

    Das klingt für mich nach Theologie und nicht nach Physik. Und das ist genau der Kern meiner Kritik: Bei der Definition von Determinismus sollte es nur darum gehen, ob wir selbst etwas prinzipiell (d.h. in idealisierten Systemen) vorhersagen können und nicht ob irgend ein Gott alles vorhersagen könnte.

    Ich selbst sehe das aber übrigens wie MartinB. Das Frage nach dem Determinismus hilft einem hier nicht weiter.

    Das könnte daran liegen, dass unbrauchbare Definitionen verwendet werden.

    Physikalische Theorien werden immer und ausschließlich durch mathematische Formeln beschrieben. Die Interpretation dieser Formeln kann man doch nie experimentell nachprüfen.

    Richtig, aber ob “Determinismus” eine Eigenschaft ist die experimentell (über die Bestätigung einer Theorie) überprüft werden kann, liegt einzig und alleine an der Definition.

  200. #200 Physiker
    Januar 20, 2012

    @Gustav:

    Das ist vor allem für die Bohmsche Mechanik interessant.

    Der de-Broglie-Bohm Interpretation der Quantenmechanik wird meiner Meinung nach bei derartigen Diskussionen viel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt bzw. überbewertet. Es handelt sich dabei ganz klar um eine Aussenseiter-Interpretation mit einem grossen Manko das so gut wie nie erwähnt wird: Es ist bislang meines Wissens noch nicht gelungen die Interpretation auf die relativistische Quantenmechanik zu verallgemeinern. Das ist eigentlich ein K.O.-Kriterium.

  201. #201 Gustav
    Januar 20, 2012

    @Physiker:

    Es geht doch dann gerade darum, ob sich die Welt deterministisch entwickelt oder nicht. Ob wir selbst alles vorhersagen können oder nicht ist doch völlig egal.

    Das klingt für mich nach Theologie und nicht nach Physik. Und das ist genau der Kern meiner Kritik: Bei der Definition von Determinismus sollte es nur darum gehen, ob wir selbst etwas prinzipiell (d.h. in idealisierten Systemen) vorhersagen können und nicht ob irgend ein Gott alles vorhersagen könnte.

    Naja, nein. Auch der klassische Determinismus sagt, dass alle Parameter bekannt sein müssen, um eine beliebig genaue und bliebig weit in die Zukunft reichende Vorhersage machen zu können. Das ist natürlich nicht möglich, dass würde bedeuten, dass ich alle Teilchen im Universum kennen müsste – wenn ich die kenne und daher alles beliebig berechnen kann und dadurch auch verändern kann (“geb ich diesen Teilchen diesen Schubs, dann entwickelt sich alles so und so”), bin ich Gott (oje, das klang gerade größenwahnsinnig ;-)).

    Die Probleme tauchen doch schon bei chaotischen Systemen auf, die sind auch nicht vorhersagbar, selbst wenn es sich dabei um ein deterministisches Chaos handelt.

    Determinismus gilt dann absolut und eingeschränkt, wenn ich alle Parameter eines Systems kenne und trotzdem ist Determinismus überprüfbar, sie liefert ja jeden Tag Vorhersagen und unsere Erwartungshaltung ist darauf getrimmt, dass Determinismus zutrifft. Die Quantenmechanik hat noch keine abschliessende Antwort ob Determinsmus zumindestens teilweise widerlegt wurde, weil noch nicht abschliessend geklärt ist, ob deterministische Interpretationen der Quantenmechanik nicht zielführender sind.

    Was wir aber nicht machen können, bei keiner Theorie und keiner Aussage, daher auch nicht bei der Annahme einer determinsitischen Welt, dass wir abschliessend den Beweis erbringen, dass die Welt determinsitisch ist. Dazu müssten wir eben alle Parameter des Systems kennen, um so etwas behaupten zu können. Sehrwohl lässt sich Determinismus experimentell überprüfen.

    @Niels:

    Physikalische Theorien werden immer und ausschließlich durch mathematische Formeln beschrieben. Die Interpretation dieser Formeln kann man doch nie experimentell nachprüfen.

    Da versteh ich nciht was du meinst.Die Theorie steht immer als erste, dann wird sie mathematisch ausformuliert und überhaupt die geforderte matehmatisch-logische Konsostenz der Theorie zu schaffen. Wenn das nicht klappt, dann erreicht die Theorie nicht einmal den Status eines “mathematischen Modells”. Aus den Modell selbst ergeben sich die Vorhersagen, die mathematische Ausforumilierung defineirt nur die genaue Vorhersage (und möglicherweise ergeben sich aus der Ausformulierung ncoh weitere Vorhersagen). Diese lassen sich dann empirisch überprüfen. Widerlegen die Beobachtungen den Vorhersagen, kann die gesamte Theorie falsifiziert werden (oft kommt es noch zu ad hoc Thesen).

    Die Interpretationen ergeben sich aus der Theorie, aus dem Modell und den Vorstellungen, die Theorie wird durch die Mathematik beschrieben und logisch konsistenz gemacht und durch Vorhersagen überprüft. Die Interpretation hängt also eng mit dem Wohl und Weh der Theorie ab.

    Anders schauts ein bisschen bei der Quantenmechanik aus, wo mehrere Interpretationen gleichwertig die beobachtbaren Phänomene beschreiben können.
    Die Kopenhagener Anhänger meinen, dass nach Occam’s razor die Bohmsche Mechanik zu viele Annahmen macht, die kontern ähnlich, dass die Annahme es gäbe kein Determinismus problematisch ist und die Quantenmechanik nicht vollständig ist. Hier ist die Interpretation noch Gegenstand aktueller Forschung, sollten verborgene Parameter gefunden werden, ist die Sachlage eindeutig, bis dahin ist es ein Abwägen,w elche Interpretation nun die wenigeren Annahmen macht.

    Eine abschliessend gefundene Interpretation hängt dann aber wieder eng mit dem erdachten Modell auf, die Mathematik ist nur dazu da, dass Modell logisch auszuformulieren.

  202. #202 Gustav
    Januar 20, 2012

    @Physiker:

    Der de-Broglie-Bohm Interpretation der Quantenmechanik wird meiner Meinung nach bei derartigen Diskussionen viel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt bzw. überbewertet. Es handelt sich dabei ganz klar um eine Aussenseiter-Interpretation mit einem grossen Manko das so gut wie nie erwähnt wird: Es ist bislang meines Wissens noch nicht gelungen die Interpretation auf die relativistische Quantenmechanik zu verallgemeinern. Das ist eigentlich ein K.O.-Kriterium.

    Bestimmend ist nicht,w er welche Aussenseiterrolle hat, Physik ist ja keine demokratische Abstimmung, sondern ob die Interpretation gleichwertig ist. Und das ist die Bohmsche Mechanik.

    Relativistische Quantenmechanik schön und gut, aber die ist nicht vollständig. Also die Kopenhagener Interpretation ist ebenso wenig vollständig relativistisch. Die Quantenfeldtheorie ist ein guter Lösungsansatz kann aber nicht die gesamte Quantenmechanik befriedigend relativistisch beschreiben.

    Aber ja, stimmt schon, das größe Problem der Bohmsche Mechanik ist, dass sie eine nciht-relativistische Theorie ist. Doch gibt es aber interessante Lösungsansätze, so gibt es in der relativistischen Dirac-Theorie einige Ansätze die wichtige Einschränkungen für die Bohmsche Mechanik für eine relativistische Theorie beseitigen. So hat das in der Bohmschen Mechanik geforderte ausgezeichnete Bezugssystem keine Bedeutung in manchen Ansätzen der Dirac-theorie.
    Also ganz so schlimm ists um die Bohmsche in diesen Punkt auch nicht gestellt.

    Und dass sich die Kopenhagener durchgesetzt hat, hat durchaus geschichtliche Gründe, weil Bohr und Heisenberg die bestimmenden Persönlichkeiten waren.

  203. #203 Gustav
    Januar 20, 2012

    Ergänzung: es gibt zahlreiche relativistsiche Ansätze für die Bohmsche Mechanik, für bsnische Felder gibt es inzwischen eine vollstäbndig relativistische Beschreibung.

    Siehe:
    https://arxiv.org/abs/quant-ph/0602229
    https://proceedings.aip.org/resource/2/apcpcs/844/1/321_1?isAuthorized=no

  204. #204 Theres
    Januar 20, 2012

    *piep, meld, meld, einwerf*
    Äh: Der freie Wille – frei wovon?
    Die Frage wäre noch offen, und die Beantwortung erst …

  205. #205 MartinB
    Januar 20, 2012

    @Physiker
    Naja, ob das so fair ist – man hat 20 Jahre gebraucht, um von der Schrödinger-Gleichung zur QFT zu kommen, und da haben viele Leute dran gearbeitet wie Feynman, Schwinger, Dirac. Es arbeiten vielleicht eine Handvoll Außenseiter an der relativistischen Bohm-Mechanik…

    @cydonia
    Ja, das ist das Problem bei diesen Diskussionen – jeder hat seine eigenen Begriffe.

    Bis ich den Dennett bespreche, wird’s aber bestimmt noch ne ganze Weile dauern.

  206. #206 Niels
    Januar 20, 2012

    @Physiker

    Bei der Definition von Determinismus sollte es nur darum gehen, ob wir selbst etwas prinzipiell (d.h. in idealisierten Systemen) vorhersagen können und nicht ob irgend ein Gott alles vorhersagen könnte.

    Fällt dir nicht auf, dass das alles schon in dem von dir selbst verlinkten Artikel besprochen wird?
    In Wirklichkeit vertrittst du D1. Aus deinem Link:

    Eine erste Möglichkeit besteht darin, vom Begriff der Vorhersagbarkeit auszugehen. Danach ist der Determinismus genau dann wahr, wenn gilt:
    (D1)
    Für jeden Zeitpunkt gilt: Wenn ein ‘Laplacescher Dämon’ (ein Wesen mit übermenschlicher Intelligenz) die Naturgesetze und den Zustand der Welt zu diesem Zeitpunkt bis ins kleinste Detail kennen würde, dann könnte er jedes Ereignis in der Zukunft vorhersagen.

    Problematisch an dieser Definition ist, dass es aus mindestens zwei Gründen unmöglich sein kann, selbst determinierte Prozesse vorauszusagen. Der eine Grund hat mit dem zu tun, was man “deterministisches Chaos” nennt. Dabei handelt es sich um Prozesse, die zwar vollständig determiniert ablaufen, bei denen aber schon minimalste Änderungen in den Anfangsbedingungen erhebliche Abweichungen in den Zuständen bewirken können, zu denen diese Prozesse führen. Häufig ist es uns Menschen jedenfalls nicht möglich festzustellen, welche Anfangsbedingungen genau vorliegen. Und deshalb können wir auch nicht voraussagen, zu welchen Ergebnissen diese Prozesse führen werden, obwohl sie vollständig deterministisch ablaufen.

    Die Idee des Laplaceschen Dämon’ stammt aus dem Jahr 1814. Wozu wurde deiner Meinung nach dieses Konzept erfunden, wenn es bei der Frage nach dem Determinismus der Newtonschen Physik darum geht, was der Mensch wissen kann?

    Im Text ist dann auch noch weiter erklärt, warum man jetzt zur Definition (D4) kommt.
    Solltest du mal lesen.

    Na gut. Wir kommen aber wahrscheinlich trotzdem nicht weiter.
    Übrigens macht deine Definition nicht einmal alle bekannteren Interpretation QM indeterministisch.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Interpretations_of_quantum_mechanics#Other_interpretations

    Deine Definition wird außerdem in der Physik nicht verwendet. Du wirst keinen Physiker finden, der die Bohmsche Mechanik als indeterministsch bezeichnet.
    Wenn du die in der QM übliche Verwendung des Begriffs sinnlos findest, bist du eben anderer Meinung als alle anderen Physiker, die sich schon einmal mit Interpretationen der QM beschäftigt haben. Da kann man nichts machen.
    Allerdings sehe ich nicht, wie deine Definition irgendwie bei der Frage des freien Willens weiterhelfen soll.

    @Gustav
    Ich meine, dass wir auch völlig ohne Interpretation mit der Quantenmechanik Vorhersagen machen können.
    Anderes Beispiel: Wenn wir die Formeln der allgemeinen Relativitätstheorie anwenden, können wir voraussagen, wie sich Körper im Raum bewegen.
    Dass sich die Körper auf Geodäten der gekrümmten Raumzeit bewegen ist aber eine reine Interpretation. Stattdessen könnten die Objekte auch genau so von Engeln bewegt werden, dass die Gleichungen erfüllt werden.
    Oder das ganze Konzept taugt nur zur näherungsweisen Beschreibung und hat mit der Realität überhaupt nichts zu tun.

    Es ging doch darum, dass Physiker behauptet hat, nur Erwartungswerte wären physikalisch. Dann sind Interpretationen der Formeln wie die Annahme einer gekrümmten Raumzeit unphysikalisch, oder?

  207. #207 Physiker
    Januar 20, 2012

    @Gustav:

    Ergänzung: es gibt zahlreiche relativistsiche Ansätze für die Bohmsche Mechanik, für b[o]s[o]nische Felder gibt es inzwischen eine vollstäbndig relativistische Beschreibung.

    Toll. Wir können ja dann weiter reden, sobald die Beschreibung auch für die in unserem Universum recht seltenen Fermionen klappt.

  208. #208 BreitSide
    Januar 20, 2012

    @Gustav: interessant, nach Bohm/de Broglie ist also nur unser grobes Messinstrumentarium die Hürde des Laplaceschen Dämons?

    Bleibt die Frage radioaktiven Zerfalls. Gibt es da eine deterministische Erklärung?

  209. #209 Physiker
    Januar 20, 2012

    @Niels:

    Fällt dir nicht auf, dass das alles schon in dem von dir selbst verlinkten Artikel besprochen wird?
    In Wirklichkeit vertrittst du D1. Aus deinem Link:

    Nein. Denn ich lehne eine (physikalisch sinnvolle) Definition ab, die aus einem transzendenten Blickwinkel erfolgt.

    Die Idee des Laplaceschen Dämon’ stammt aus dem Jahr 1814. Wozu wurde deiner Meinung nach dieses Konzept erfunden, wenn es bei der Frage nach dem Determinismus der Newtonschen Physik darum geht, was der Mensch wissen kann?

    Ich bestreite ja nicht, dass vor 200 Jahren Gedankenexperimente, die Aussagen über die Möglichkeiten eines Gottes/Dämons machen, aktuell waren. Es wirkt auf mich nur befremdlich, wenn das immer noch der aktuelle Stand der “Forschung” sein soll – obwohl man prima ohne solche transzendenten Konstrukte auskommt.

    Übrigens macht deine Definition nicht einmal alle bekannteren Interpretation QM indeterministisch.

    Das lässt sich sicher korrigieren. Denn an der Unmöglichkeit der Vorhersage des Zerfalls eines radioaktiven Atoms ändern die Interpretation der QM nichts.

    Deine Definition wird außerdem in der Physik nicht verwendet. Du wirst keinen Physiker finden, der die Bohmsche Mechanik als indeterministsch bezeichnet.

    Wie lautet denn stattdessen die in (diesem Bereich) der Physik übliche Definition?

    Wenn du die in der QM übliche Verwendung des Begriffs sinnlos findest, bist du eben anderer Meinung als alle anderen Physiker, die sich schon einmal mit Interpretationen der QM beschäftigt haben. Da kann man nichts machen.

    Vorsicht: Ich habe nie geschrieben, dass ich diese Definition in diesem Fall “sinnlos” finde – sie wäre nur “physikalisch sinnlos”. Vielleicht hilft sie ja entgegen meiner Vermutung doch in der Philosophie/Theologie weiter…

    Allerdings sehe ich nicht, wie deine Definition irgendwie bei der Frage des freien Willens weiterhelfen soll.

    Und ich sehe nicht, wie eine Definition weiterhelfen soll die völlig willkürlich verschiedenen Antworten gibt.

    Es ging doch darum, dass Physiker behauptet hat, nur Erwartungswerte wären physikalisch. Dann sind Interpretationen der Formeln wie die Annahme einer gekrümmten Raumzeit unphysikalisch, oder?

    Alles was experimentell überprüft werden kann ist physikalisch. Die gekrümmte Raumzeit kann man durchaus mit Erwartungswerten überprüfen/ausmessen.

  210. #210 Niels
    Januar 20, 2012

    @Physiker

    In Wirklichkeit vertrittst du D1.

    Nein.

    Doch. 😉
    Du verwendest nur statt dem Dämon die Formulierung “zumindest prinzipiell beliebig genau bestimmbar”. Außerdem schmuggelst du im Nachhinein ein, dass eine Idealisierung der Situation als abgeschlossenes System möglich sein muss. Obwohl das in deiner Definition nicht auftaucht.
    Damit versucht du den Laplaceschen Dämon nachzubauen, behauptest aber, Vorhersagen wären auch für Menschen möglich.
    Dabei nennt man das Ganze genau deswegen “Dämon” (man hätte es auch Gott nennen können) und man hat genau deswegen dieses Konzept erfunden, weil es für Menschen eben prinzipiell unmöglich ist.

    Auf
    Der eine Grund hat mit dem zu tun, was man “deterministisches Chaos” nennt. Dabei handelt es sich um Prozesse, die zwar vollständig determiniert ablaufen, bei denen aber schon minimalste Änderungen in den Anfangsbedingungen erhebliche Abweichungen in den Zuständen bewirken können, zu denen diese Prozesse führen. Häufig ist es uns Menschen jedenfalls nicht möglich festzustellen, welche Anfangsbedingungen genau vorliegen. Und deshalb können wir auch nicht voraussagen, zu welchen Ergebnissen diese Prozesse führen werden, obwohl sie vollständig deterministisch ablaufen.
    willst du lieber nicht eingehen, richtig?

    Vorsicht: Ich habe nie geschrieben, dass ich diese Definition in diesem Fall “sinnlos” finde – sie wäre nur “physikalisch sinnlos”.

    Wie sieht denn die Versuchsanordnung aus, die in einer Newtonschen Welt experimentell überprüft, ob Determinismus nach deiner Definition vorliegt oder nicht?
    Da es so eine Versuchsanordnung nicht gibt, ist doch deiner eigenen Argumentation zufolge auch deine eigene Definition “physikalisch sinnlos”.

    Meiner Meinung nach ist D4 die bei den quantenmechanischen Interpretationen verwendete Definition.

    Alles was experimentell überprüft werden kann ist physikalisch. Die gekrümmte Raumzeit kann man durchaus mit Erwartungswerten überprüfen/ausmessen.

    Dann erklär doch mal, wie du das bei der gekrümmten Raumzeit machst. Welcher Erwartungswert wird verwendet und wie geht man vor?

  211. #211 Physiker
    Januar 20, 2012

    @MartinB:

    Naja, ob das so fair ist – man hat 20 Jahre gebraucht, um von der Schrödinger-Gleichung zur QFT zu kommen, und da haben viele Leute dran gearbeitet wie Feynman, Schwinger, Dirac. Es arbeiten vielleicht eine Handvoll Außenseiter an der relativistischen Bohm-Mechanik…

    Fair ist das vielleicht nicht. Aber es hat seine guten Gründe, warum sich nicht so viele Physiker mit der Bohm-Mechanik beschäftigen: a) Es wird der Ortsraum ausgezeichnet b) mit dadurch ist der Formalismus umständlicher c) relativistische Effekte wie z.B. die Spin-Bahn-Kopplung sind nicht enthalten.
    Fazit: Sie ist einfach nicht praktisch/nützlich.

  212. #212 Physiker
    Januar 20, 2012

    @Niels:

    Doch. 😉
    Du verwendest nur statt dem Dämon die Formulierung “zumindest prinzipiell beliebig genau bestimmbar”. Außerdem schmuggelst du im Nachhinein ein, dass eine Idealisierung der Situation als abgeschlossenes System möglich sein muss.

    Nice try… Ich fordere nicht, dass sich die Realität idealisieren lässt – das wäre auch ziemlich absurd. Ausserdem ist eine Idealisierung keine Transzendierung… aber ich glaube, ich wiederhole mich. Darüber hinaus kommt die Definition D1 und D4 zum gleichen Ergebnis bei der Einschätzung der bisher diskutierten Interpretationen der QM. Meine Definition liefert ein anderes Ergebnis.

    Vorhersagen wären auch für Menschen möglich.

    Sind sie das im begrenzten Masse etwa nicht? Das ist es doch genau, worauf es ankommt. Und das ist es auch, worum sich die gesamte Physik dreht.

    Auf […] willst du lieber nicht eingehen, richtig?

    Ich sehe im Gegensatz zu dem Autor kein Problem mit D1 aufgrund von deterministischem Chaos und Selbstkonsistenz. Denn dazu wird ja gerade der Dämon eingeführt. Beide Punkte stellen auch kein Problem bei meiner Definition dar, denn ein abgeschlossenes System ist so definiert, dass der Beobachter eben nicht Teil des Systems ist, und det. Chaos habe ich berücksichtigt durch die Formulierung “prinzipiell beliebig genau”.

    Wie sieht denn die Versuchsanordnung aus, die in einer Newtonschen Welt experimentell überprüft, ob Determinismus nach deiner Definition vorliegt oder nicht?

    Über die Bellschen Ungleichungen.

    Meiner Meinung nach ist D4 die bei den quantenmechanischen Interpretationen verwendete Definition.

    In obigem Paper nicht.

    Dann erklär doch mal, wie du das bei der gekrümmten Raumzeit machst. Welcher Erwartungswert wird verwendet und wie geht man vor?

    In dem man Entfernungen (über Orts-Erwartungswerte) misst und daraus eine Metrik konstruiert.

    Sag’ mal, arbeitest Du wirklich in diesem Bereich der Physik, oder gibst Du das nur vor? Mich haben Deine Antworten jedenfalls nicht überzeugt (und das obwohl ich den hier vorgebrachten Standpunkt nur zum Spass vertrete) – im Gegenteil: Falls Du Dich tatsächlich mit dem Thema näher beschäftigst, hat das meine Skepsis demgegenüber nur noch weiter geschürt.

  213. #213 JK
    Januar 20, 2012

    Wenn Evolutionsbiologen über Freien Willen plaudern … gesellen sich gern ein paar Physiker dazu, die über die Quantentheorie plaudern 😉

  214. #214 Stefan W.
    Januar 20, 2012

    Das ging hier ja lange recht fleischlos zu.

    Zum Warmmachen will ich zuerst 3 Aussagen angreifen, die mir zu sehr aufgestoßen sind:

    Thanus· 18.01.12 · 08:59 Uhr Vermutlich weil Gewaltverbrechen triebgesteuerter sind, als andere, also um einiges unbewusster ablaufen.

    Würden Gewaltverbrechen unbewusst ablaufen, dann würden die meisten Täter davon hinterher erst erfahren oder wüssten gar nicht, was passiert ist – zumindest nach allen mir bekannten Definitionen von ‘unbewusst’. Was sonst könnte aber gemeint sein? Reflexartig wohl auch nicht in einem halbwegs strengen Sinne.

    Thanus· 19.01.12 · 08:23 Uhr Geht die Wissenschaft davon aus, dass es außerhalb der Naturgesetze etwas gibt oder dass die Welt (das Universum) die Summe der Naturgesetze ist?

    Neben der Naturgesetze käme ja noch mindestens ein Ausgangszustand hinzu, aus dem sich, gemäß dieser Gesetze, die Folgezustände entwickelt hätten.

    Aber QM und Radioaktivität als ultimative Showstopper sind ja schon genannt worden.

    MartinB· 19.01.12 · 09:03 Uhr b. Die quantenmechanischen Prozesse sind ein inhärenter Bestandteil unseres Denkens/Entscheidens. Dann ist unser Entscheiden insofern “frei”, als es nicht vorhergesagt werden kann, und zwar prinzipiell nicht.

    Unvorhersehbarkeit einer Entscheidung ist m.M. nach überhaupt kein Kriterium für Freiheit. Dass sie nicht von einem anderen erzwungen wird macht die Freiheit aus.

    Und damit bin ich in der Diskussion drinnen.

    Es gibt 2 Punkte, die nicht zu schnell vermixt werden sollten, wenn man die Willensfreiheit bemüht: Zum einen die Freiheit gegenüber anderen Menschen, zum anderen die von inneren Zwängen.

    Wenn ich in der Eisbude frei entscheiden kann, welches Eis ich esse, dann esse ich bestimmt kein Orangeneis. Wer mich kennt, und mit einem Orangeneis zurückkommen sieht wird sagen “Das hast Du Dir aber nicht freiwillig ausgesucht!” und so wird es sein. Komme ich dagegen ganz vorhersehbar mit Schokoeis zurück, dann hat mich kaum jmd. zu dieser Wahl gezwungen.

    Aber bin ich innerlich frei, wenn ich mich doch gar nicht zu Orangeneis entscheiden kann?

    Wenn es innere Zwänge sind, dann gehören diese zu mir und machen mich eben aus. Wenn man mich zwingen muss ein Orangeneis zu bestellen, weil ich den Geschmack nicht mag – wie soll es dann meine Willensfreiheit ausdrücken, wenn ich gegen meinen Willen ein Orangeneis bestelle?

    Noch schräger die Idee, ich müsse unvorhersehbar wie eine Lottokugel mal dieses Eis, mal jenes wählen. Das ist die Freiheit des freien Falls, der sich da äußert, und bekanntlich recht deterministisch ist, insofern es nach unten geht.

    Das ewige Herumrätseln um Determinismus, Zufall und kompletten Zufall ist überflüssig wie ein Kropf. Ein Ereignis ist zufällig, wenn sich der Ausgang nicht vorhersagen lässt. Wenn ich es nicht vorhersagen kann, aber ein anderer schon, dann ist es für mich zufällig aber für andere nicht. Die Lottozahlen sind solange zufällig, so lange sie niemand vorhersagen kann.

    Die Diskussion, ob theoretisch mit genug Informationen und Rechenpower und einer Hundertschaft Physikern die die Lottomaschine in ein Speziallabor … – das mag man ja auch mal ausdiskutieren, aber für die Willensfreiheit braucht man doch solche Grenzfälle nicht zu betrachten!

    Am Ende, wenn alle Betrachtungen durch sind, dann mag man ja zu den Extremen greifen, aber man fängt doch mit dem Unverfänglichen an.

    Stellen wir uns eine Katze vor, und stellen wir uns vor Katzen funktionierten folgendermaßen: Sie hätten ein Gedächtnis, aber könnten die Reihenfolge der Ereignisse der Vergangenheit nicht sich merken. Jetzt sitzt meine Katze am Fenster und sieht den Vollmond. Sie erinnert sich, das schon mal gesehen zu haben, und dass es auch manchmal Halbmond oder Neumond ist, aber hätte keine Erinnerung über die Reihenfolge, Häufigkeit und Periodizität.

    Für die Katze wäre der Mond eine zufällige Erscheinung, und für mich aber nicht. Für mich ist aber der Würfelwurf ein Zufallsereignis, weil ich den Ausgang nicht vorhersagen kann. Ich kann mir zwar ein Physikerteam vorstellen, dass mit ultrapräzisen Instrumenten die Würfel vermisst, aber das ist und bleibt bis auf weiteres eine Phantasie, und gewürfelt haben schon die alten Römer. Solange ich den Ausgang nicht vorherbestimmen kann ist es Zufall für mich.

    Und da sind wir bei einem leicht paradoxen Experiment, das jeder machen kann.

    Der erste Clou liegt in der Freiheit mitzumachen oder nicht. Es soll ja niemand vom Experiment berichten – daher braucht keine Sorge zu bestehen, ich wollte jmd. vorführen.

    Also das Experiment geht so: Man verpflichtet sich selbst innerlich 10x einen Würfel zu würfen, pardon, zu werfen, und dabei jede Zahl vernehmlich zu äußern, die man wirft. Nicht brüllen, niemanden aufwecken, aber einfach sagen “drei – vier – zwei – zwei …” usw. . Man kann sich vorher innerlich festlegen, ob man sich an diese Regeln, deren Befolgung niemand überprüfen kann, halten will, das ist die erste freie Willensentscheidung, aber dann kommen 10 weitere.

    Man kann 10x in Folge sich der Unfreiheit hingeben und sklavisch aufsagen, was der doofe Würfel einem sagt. Und paradoxer Weise liegt gerade hier aber auch die Freiheit sich selbst an die Regel zu halten. Es ist ein lustiges Gefühl 10x für nix sich zu entscheiden – es kostet nicht, man kann tun was man will, man ist kaum innerlich durch irgendetwas determiniert. Aber was soll dabei rauskommen?

    Nun ja.
    Wenn man sich 10x so verhält wie der Würfel es befiehlt, will man wirklich sich selbst weißmachen, dass das, was die Stimme tut, mit dem, was der Würfel tut, verzahnt ist? Dass beides determiniert ist, und so passieren musste?

    Oder musstet Ihr mir in diesem Blog begegnen und den Anweisungen folgen? Dr. Mabuse somebody?

    Als Stichwort gehört noch hierher die Frage, ob ich meine Frau geschlagen habe. Ah – ich war das nicht – meine Hand war’s.

  215. #215 Niels
    Januar 21, 2012

    @Physiker

    Wie sieht denn die Versuchsanordnung aus, die in einer Newtonschen Welt experimentell überprüft, ob Determinismus nach deiner Definition vorliegt oder nicht?

    Über die Bellschen Ungleichungen.

    Was? Du willst in einer rein Newtonschen Welt(!) ein Quantenexperiment durchführen und dieses Experiment soll dann etwas über den Determinismus der newtonschen Theorie(!) aussagen?
    Ist das wirklich ernst gemeint?

    Meiner Meinung nach ist D4 die bei den quantenmechanischen Interpretationen verwendete Definition.

    In obigem Paper nicht.

    Was ist denn deiner Meinung nach die im Paper verwendete Defintion?

    Ich sehe im Gegensatz zu dem Autor kein Problem mit D1 aufgrund von deterministischem Chaos und Selbstkonsistenz. Denn dazu wird ja gerade der Dämon eingeführt.

    Für den Dämon gibt es doch auch kein Problem mit dem Chaos.
    Es gibt aber eines, wenn man von der Berechenbarkeit durch den Menschen ausgeht.
    So steht es doch auch im Link.
    Häufig ist es uns Menschen jedenfalls nicht möglich festzustellen, welche Anfangsbedingungen genau vorliegen. Und deshalb können wir auch nicht voraussagen, zu welchen Ergebnissen diese Prozesse führen werden, obwohl sie vollständig deterministisch ablaufen.

    det. Chaos habe ich berücksichtigt durch die Formulierung “prinzipiell beliebig genau”.

    Was ist denn der Unterschied zwischen

    Wenn ein ‘Laplacescher Dämon’ die Naturgesetze und den Zustand der Welt zu diesem Zeitpunkt bis ins kleinste Detail kennen würde, dann könnte er jedes Ereignis in der Zukunft vorhersagen

    und

    Wenn in einem abgeschlossenen System die vollständige Kenntnis des Zustands reicht um einen späteren Zustand dieses Systems in unserem Universum zu berechnen und der Ausgangszustand zumindest prinzipiell beliebig genau bestimmt werden kann.

    Du hast “den Zustand der Welt” durch “Ausgangszustand” ersetzt und “bis ins kleinste Detail” durch “prinzipiell beliebig genau”. Das bedeutet jeweils das Selbe, das hättest du dir also auch sparen können.
    Dann hast du den “Laplaceschen Dämon” gestrichen und dafür einen nicht näher spefizierten Berechner eingesetzt.
    Wenn dieser Berechner ein Mensch ist, kann er nichts “prinzipiell beliebig genau” bestimmen. Das passt einfach nicht zusammen, die Definition führt zu einem logischen Widerspruch.
    Wenn der Berechner ein übermenschliches Wesen wie der Laplacesche Dämon ist, hast du die Definition D1 nachgebaut.

    Beide Punkte stellen auch kein Problem bei meiner Definition dar, denn ein abgeschlossenes System ist so definiert, dass der Beobachter eben nicht Teil des Systems ist

    Genau das ist das andere Problem.
    Du ersetzt in der Definiton D1 einfach willkürlich “Welt” durch ein für den Menschen zur Berechnung passendes “abgeschlossenes System”.
    Das ist aber nicht zulässig. In D1 steht nicht zufällig “Welt”. Das einzige System, dass wirklich garantiert abgeschlossen ist, ist nun mal die ganze Welt.
    Ein Mensch kann doch bei einer Vorhersage vorher nie wissen, wie groß das “abgeschlossene System” sein muss, dass er berücksichtigen müsste. Eine Idealisierung hilft da überhaupt nichts, weil dann die Vorhersage völlig falsch werden kann.
    Wenn man etwas über immer längere Zeiträume vorhersagen will, leuchtet doch zum Beispiel sofort ein, dass das zu berücksichtigende “abgeschlossene System” beliebig groß wird.
    Beispielsweise ist ein Krebs verursachendes Teilchen der kosmischen Strahlung für den betroffenen Menschen ganz eindeutig nicht vernachlässigbar. Die Erkrankung dieses Menschen kann dann außerdem prinzipiell den ganzen Planeten beeinflussen.

    Wenn der Beobachter sogar nicht einmal Teil des Systems ist, können Menschen niemals etwas darüber aussagen, ob die menschliche Geschichte prinzipiell berechenbar ist oder nicht.
    Darum geht es aber doch gerade.
    Der allwissende, außenstehende Dämon würde das Problem natürlich lösen, aber ihn du willst in doch unbedingt abschaffen.

    Du baust also D1 nach.
    Zwei der Änderung verändern tatsächlich nichts, sie spielen wie aufgeführt keine Rolle.
    Eine der anderen beiden Veränderungen führt zu einem Widerspruch und die andere macht D1 unbrauchbar.

    Vorhersagen wären auch für Menschen möglich.

    Sind sie das im begrenzten Masse etwa nicht? Das ist es doch genau, worauf es ankommt. Und das ist es auch, worum sich die gesamte Physik dreht.

    Na toll, dann sind ausnahmslos alle physikalischen Theorien deterministisch. Natürlich auch die QM.
    Glückwunsch.
    “Im begrenzten Maße” bedeutet für bestimmte chaotische Prozesse dann übrigens Millisekunden.
    Wie gesagt, diese Definition des Begriffs Determinismus ist nutzlos.

  216. #216 Gustav
    Januar 21, 2012

    @Niels: *Interpretation der Formeln und experimentelle Überprüfbarkeit*: Okay, jetzt habe ich es auch verstanden. 😉

    @BreitSide·

    interessant, nach Bohm/de Broglie ist also nur unser grobes Messinstrumentarium die Hürde des Laplaceschen Dämons?

    Bleibt die Frage radioaktiven Zerfalls. Gibt es da eine deterministische Erklärung?

    Ja, uns (Nicht-Dämonen) ermöglicht es den nachträglichen Informationsgewinn, der uns eine nachträgliche deterministische Zuschreibung erlaubt. Die Bohmsche Mechanik sagt auch, dass der nachträgliche Informationsgewinn uns keine Rückschlüsse über die Zukunft eines Teilchen erlaubt.

    Aber bei Kenntnis aller verborgenen Variablen und sonstiger Parameter sollte für einen Laplaceschen Dämon die Berechnung möglich sein.

    Und ja, die Bohmsche Mechanik postuliert verborgene Variablen auch für den radioaktiven Zerfall. zB Vorgänge in der unmittelbaren Umgebung des Teilchen, wie Vakuumfluktationen (vgl. Relativistische Quantenmechanik, Quantenfeldtheorie, “Kanonische Feldquantisierung”, Spektrum Verlag)

    @Physiker:

    Zuerst zur eigentlichen Diskussion:

    “Dann erklär doch mal, wie du das bei der gekrümmten Raumzeit machst. Welcher Erwartungswert wird verwendet und wie geht man vor?

    In dem man Entfernungen (über Orts-Erwartungswerte) misst und daraus eine Metrik konstruiert.”

    Das ist aber ebenfalls nur eine Interpretation. Eine durchaus vernünftige mit der man wissenschaftlich Arbeiten kann, aber trotzdem es ist und bleibt eine Interpretation.

    Unsere Theorien beschreiben Phänomene und die RT beschreibt die Bewegung von Körper ausgezeichnet, ihr liegt der Vorstellung der gekrümmten Raumzeit zu Grunde und die Fortbewegung auf Geodäten. Aber das ist nur eine nichtüberprüfbare Interpretation, genau so gut können es, wie Niels es schon angemerkt hat, Engeln sein, die Körper bewegen und unsere Formeln beschreiben deren “Bewegungen” richtig.

    Da kommt Occam’s Razzor ins Spiel und es gibt gute Gründe warum Die Theorie der gekrümmten Raumzeit wissenschaftlich ist und die “Engelstheorie” nicht – trotzdem, Occam’s Razzor und die Ansprüche an wissenschaftliche Theorien sind Forderungen an eine wissenschaftliche Methode, es sind ausgezeichnete Werkzeuge, aber mehr auch nicht. Wissenschaftliche Aussagen sind immer Vorurteilswissen, immer Interpretation und tatsächlich wissen können wir maximal das Scheitern einer Theorie, nicht aber ob eine Interpretation besser ist als alle anderen. Wir können nicht einmal wissen, ob es eine ausgezeichnete Methode gibt. Das wäre eine ausgesprochen positivistische Sichtweise. (vgl. Popper)

    @D1: die Formulierung “zumindest prinzipiell beliebig genau bestimmbar” ist D1:

    Für jeden Zeitpunkt gilt: Wenn ein Laplacescher Dämon’ (ein Wesen mit übermenschlicher Intelligenz) die Naturgesetze und den Zustand der Welt zu diesem Zeitpunkt bis ins kleinste Detail kennen würde, dann könnte er jedes Ereignis in der Zukunft vorhersagen.

    “Prinzipiell beliebig genau” ist nur eine andere Formulierung.

    Das Ansinnen die Newtonschen Mechanik mittels der Bellschen Ungleichung zu lösen ist Unsinn. Das funktioniert nicht, wie Niels schon dargelegt hat. Ein solcher Nachweis müsste mit Mitteln der Newtonschen Mechanik erfolgen.

    @Bohmsche Mechanik:

    Du vergisst dabei aber, dass auch die Kopenhagener Deutung durchaus ihre Nachteile hat. So eben die Aufgabe des Determinismus. Auch kann die Kopenhagener bestimmte Phänomene nur schwer erklären oder nur in Annahme von absurden Vorstellungen, nur ein Beispiel: das Broglie-Box-Paradox. Oder wie wird aus einem statistischen Vorgang, wie die Kopenhagener es will, eine deterministische “klassische” Welt? Da hilft auch nicht die Dekohärenz viel weiter.

    Auch war das Beispiel der vollständig relativistischen Beschreibung eben nur _ein_ Beispiel, hier findest du mehr zu Bohmsche Mechanik, Relativität, Nichtlokalität und Quantenfeldtheorie: https://www.mathematik.uni-muenchen.de/~bohmmech/BohmHome/bmlitera.htm

    Wie oben geschrieben, sollte die Ortsauszeichnung der Bohmschen Mechanik nicht überbewertet werden, auch in der klassischen Kopenhagener Deutung gibt es Ortsauszeichnung. In manchen Varianten der Dirac Theorie auf Basis der Bohmschen Mechanik spielt die Ortsauszeichnung keine Rolle und die Koppenhagener Deutung kann ebenso viele relativistische Effekte nicht beschreiben, berücksichtigt sie nicht einmal.

    Und zu dem Argument, dass es gute Gründe gäbe, dass sich so viele PhysikerInnen damit nicht beschäftigen: Eine zweite deterministische Erklärung, die Many-worlds interpretation, postuliert ganze zusätzliche Welten, die aber niemals nachweisbar sind – und trotzdem hat sie viele Anhänger (wohl mehr als bei der Bohmschen Mechanik). Also ganz so logisch nach der Art “hat gute Gründe, warum sich so wenige damit beschäftigen” kann der Zuspruch bzw. Ablehnung von den unterschiedlichen Interpretationen nicht erfolgen.

    Die heutige Zustimmung für die Kopenhagener hat historische Gründe und egal wie viele daran arbeiten, die Bohmsche Mechanik hat gegenüber der Kopenhagener Deutung die gleiche Erklärungsmächtigkeit. Relativistische Beschreibungen aller Deutungen sind aktueller Forschungsgegenstand und sollten nicht überbewertet werden.

    Ein Beispiel: Die String Theorie schafft es nicht einmal falsifizierbare Vorhersagen zu produzieren (auch die Entdeckung supersymmetrischer Partner wäre keine Bestätigung für die string theory), die loop quantum gravity produiziert dagegen falsifizierbare Aussagen und auch verifzierbarer Aussagen. Gutes Beispiel ist die Reichweite der Protonen mit kinetischer Energie über 10^19 EV, die die LQR erklären kann. Die ST kann solche Erfolge nicht aufweisen.

    Und trotzdem arbeiten nicht nur mehr PhysikerInnen an der ST, sondern sie gilt auch als das bevorzugte Modell gegenüber der LQG. Deswegen, weil an der ST seit Jahrzehnten geforscht wird, sie galt lange Zeit als einzige Theorie, die eine GUT liefern könnte. Sie ist also historisch gewachsen und hat dadurch natürlich mehr Anhänger.

    Fakt ist aber: Aufgrund der fehlenden falsifizierbare Vorhersagen, ist die ST korrekt formuliert keine wissenschaftliche Theorie, die LQG ist dagegen, wegen der falsifizierbare Vorhersagen, eine wissenschaftliche Theorie. Warum arbeiten also deiner Meinung nach mehr PhysikerInnen an der ST?

    Was aber schlussendlich nur von Bedeutung ist: Kann eine Theorie Phänomene erklären und kann sie falsifizierbare Vorhersagen produzieren. Das kann die Bohmsche Mechanik im gleichen Maß wie die Kopenhagener Deutung. Alles andere, wie zb Beliebtheit, hat nichts mit Physik zu tun.

    Hier übrigens ein paper zu “Comment on “The Free Will Theorem” von der Arbeitsgruppe

    “Bohmsche Mechanik”: https://arxiv.org/abs/quant-ph/0611283

    Ich hab es mir aber nicht durchgelesen.

  217. #217 Joseph Kuhn
    Januar 21, 2012

    @ Stefan W.:

    Wenn es innere Zwänge sind, dann gehören diese zu mir und machen mich eben aus.

    Dass Entscheidungen einer Person zugerechnet werden können, damit in gewissem Sinne auch vorhersehbar sind, und trotzdem als frei gelten, macht die oben schon angesprochene kompatibilistische Position aus. Allerdings hat das Grenzen: Jeder kennt den Satz “Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist”, d.h. Leute distanzieren sich manchmal auch von ihren inneren Dispositionen, eben weil sie sie als inneren “Zwang” erleben. Bei psychischen Störungen kann das juristisch zur Unzurechnungsfähigkeit führen – dann gelten die Betroffenen als in ihrer Entscheidung unfrei.

  218. #218 Stefan W.
    Januar 21, 2012

    @Joseph: Richtig, aber das ist die Ausnahme. Der Normalfall ist der andere. Der Normalfall wird auch durch die Ausnahmen nicht aus der Welt geschafft, sondern in der Welt kommt beides vor.

  219. #219 Thanus
    Januar 21, 2012

    Streitgespräch: Ist der freie Wille bloß eine Illusion?
    https://www.nida-ruemelin.de/docs/fr_singer.pdf

  220. #220 Joseph Kuhn
    Januar 21, 2012

    Als “Beilage” zum Gespräch zwischen Singer und Nida-Rümelin sei Singers “Weihnachtsinterview” empfohlen.

  221. #221 Thanus
    Januar 21, 2012

    Die Postion mancher hier wird am besten von Peter Bieri beschrieben:

    „Nehmen wir an, Sie hätten einen freien Willen. Es wäre ein Wille, der von nichts abhinge: ein vollständig losgelöster, von allen ursächlichen Zusammenhängen freier Wille. Ein solcher Wille wäre ein aberwitziger, abstruser Wille. Seine Losgelöstheit nämlich würde bedeuten, dass er unabhängig wäre von Ihrem Körper, Ihrem Charakter, Ihren Gedanken und Empfindungen, Ihren Phantasien und Erinnerungen. Es wäre, mit anderen Worten, ein Wille ohne Zusammenhang mit all dem, was Sie zu einer bestimmten Person macht. In einem substantiellen Sinn des Wortes wäre er deshalb gar nicht Ihr Wille.“ ( Peter Bieri: „Unbedingte Freiheit: eine Fata Morgana“ (in „Das Handwerk der Freiheit“)

  222. #222 BreitSide
    Januar 21, 2012

    @StefanW: sehr schönes Beisöiel, das mit dem Würfeln.

    Ich hab mich mal vor Jahrzehnten – noch als Student – eher aus der Innensicht mit dem Freien Willen befasst: mache ich den Schritt oder nicht? Es gibt keinerlei Konsequenzen. Ich muss es nur tun. Oder nicht tun.

    Wir fällen laufend Entscheidungen, jeden Sekundenbruchteil, und denken uns meistens nix dabei. Erst wenn wir uns auf den Entscheidungsprozess selbst konzentrieren, wird er mysteriös.

  223. #223 Joseph Kuhn
    Januar 21, 2012

    @ Stefan W., @ BreitSide: Dass man 10 x mal das zufällige Ergebnis des Würfelfalls nachspricht, spricht weder für den freien Willen noch gegen den Determinismus, man könnte auch einen Computer so programmieren, dass er die Würfelzahlen registriert und nachspricht. Seine Aktivität wäre strikt deterministisch. Und die erste Entscheidung, die Würfelzahlen nachzusprechen oder nicht: warum sollte sie nicht durch meinen momentanen synaptischen Zustand determiniert sein (oder durch mein “Connectom”, wie es bei Geograffitico gerade diskutiert wird? Sie würde dann unter physikalisch identischen Bedingungen immer identisch ausfallen. Inwiefern führt das Würfelbeispiel also weiter? Aber vielleicht habe ich einfach den springenden Punkt dabei nicht verstanden.

  224. #224 Stefan W.
    Januar 22, 2012

    @Joseph Kuhn: Du würdest sagen, dass ein programmierter Computer das Experiment genauso wie Du abspult? Dass er auch die Freiheit hat beim 7. Würfelwurf abzubrechen, weil es ihm unheimlich wird, oder “Hurz” zu rufen, weil es ihm zu blöd ist, oder sich die Möglichkeit des “Hurz” zu überlegen, aber dann doch brav die Würfelzahlen aufzusagen?

  225. #225 Joseph Kuhn
    Januar 22, 2012

    @ Stefan W.: Anders herum. Ich ging davon aus, das Würfelbeispiel solle nur zeigen, dass das Nachsprechen nicht determiniert ist, weil es angesichts des Zufallsergebnisses des Würfelfalls nicht vorhersagbar ist. Gegen diese Argumentation spricht die Möglichkeit, das Nachsprechen zu programmieren. Wenn das Würfelbeispiel dagegen zeigen soll, dass der Mensch beim Nachsprechen “frei” ist, weil er statt “5” auch “Hurz” (schön gewählt ;-)) sagen könne, dann verstehe ich das Würfelbeispiel nicht. Wodurch soll das Beispiel zeigen, dass er “frei” ist, das zu tun? Warum soll die “5-oder-Hurz-Entscheidung” nicht durch seinen aktuellen synaptischen Zustand determiniert sein, also unter physikalisch identischen Zuständen immer identisch ausfallen (quantentheoretische Unbestimmtheiten einmal weggelassen)?

    Was den Computer angeht: Der Computer hätte jedenfalls keine freie “5-oder-Hurz-Entscheidung”, wir kennen ja sein Programm und dürfen aufgrund der Bauweise von Computern davon ausgehen, dass er sich nicht “entscheidet”, ob er sich daran hält oder nicht.

  226. #226 Thanus
    Januar 22, 2012

    Wenn es eine Versuchsanordnung gäbe, und es sei es auch nur eine theoretische, die den freien oder den unfreien Willen belegen würde, dann hätten wir diese Diskussion nicht und es stellte sich die Frage, warum die klügsten Köpfe in der Geschichte der Menschheit nicht längst ein solches Beispiel gefunden haben.

  227. #227 ZetaOri
    Januar 22, 2012

    @Thanus· 22.01.12 · 09:09 Uhr

    […] warum die klügsten Köpfe in der Geschichte der Menschheit nicht längst ein solches Beispiel gefunden haben.

    Ich wage mal `ne steile These: Vielleicht, weil “die klügsten Köpfe in der Geschichte der Menschheit” es wichtiger fanden, sich um “wirkliche” Probleme zu kümmern?

  228. #228 Thanus
    Januar 22, 2012

    Die Frage nach dem freien Willen kann man getrost als eine der meistdiskutierten überhaupt betrachten, zu der nahezu alle Geistesgrößen ihre Meinung kundtaten und ich nehme an, dass sie das taten, nachdem sie sich den Kopf darüber zerbrochen haben.

  229. #229 ZetaOri
    Januar 22, 2012

    @Thanus· 22.01.12 · 13:34 Uhr

    Die Frage nach dem freien Willen kann man getrost als eine der meistdiskutierten überhaupt betrachten, …

    Kann man, getrost! Allerdings …

    … zu der nahezu alle Geistesgrößen ihre Meinung kundtaten und ich nehme an, dass sie das taten, nachdem sie sich den Kopf darüber zerbrochen haben.

    … goutiere ich nicht unbedingt die Klassifizierung derjenigen, die sich darüber den Kopf zerbrochen haben, als “Geistesgrößen”, zumindest bei den meisten, die es nach dem “Kopf zerbrechen” noch für wichtig hielten, darüber ihre Meinung kundzutun. (ausser vielleicht mit einem lapidaren: “völlig Schnuppe”) >;-)

  230. #230 Stefan W.
    Januar 22, 2012

    Wenn es eine Versuchsanordnung gäbe, und es sei es auch nur eine theoretische, die den freien oder den unfreien Willen belegen würde, dann hätten wir diese Diskussion nicht und es stellte sich die Frage, warum die klügsten Köpfe in der Geschichte der Menschheit nicht längst ein solches Beispiel gefunden haben.

    Weil sie nicht auf die Idee gekommen sind?

    Wenn du meinst, das alles, was man denken kann, schon gedacht worden ist – bitte. Ich glaube das nicht, und werde es nicht aus Spekulation zur Vorraussetzung meiner Argumentation machen.

    Gibt es ein großes Reservoir an bereits diskutierten Beispielen, wo es versucht wurde? Ohne ein paar solcher Beispiele halte ich die Aussage für einen typischen Fall von Denkste!

  231. #231 Thanus
    Januar 22, 2012

    @Steafn W.

    Ich gehe davon aus, dass Maschinen in weniger als 30 Jahren durch einen solchen Würfelversuch nicht mehr von einem Menschen zu unterscheiden sind.

    @ZetaOri

    Ich glaube, du unterschätzt völlig, was die Frage nach der Willensfreiheit des Menschen für einen gewichtigen Punkt in Philosophie und Naturwissenschaft eingenommen hat und noch immer einnimmt.

  232. #232 ZetaOri
    Januar 22, 2012

    @Thanus· 22.01.12 · 17:10 Uhr

    […] @ZetaOri
    Ich glaube, du unterschätzt völlig, was die Frage nach der Willensfreiheit des Menschen für einen gewichtigen Punkt in Philosophie …

    Bis dahin: Nö, aber ich glaube, du überschätzt völlig die Gewichtigkeit der Philosophie, zumindest der Warmluftfraktion derselben.

    … und Naturwissenschaft eingenommen hat und noch immer einnimmt.

    ????? Klär mich auf. Also z.B. auf welche bahnbrechenden naturwissenschaftlichen Errungenschaften wir ohne das “Kopfzerbrechen” über “freier Wille oder doch nicht” heute verzichten müssten.

  233. #233 Thanus
    Januar 22, 2012

    Nur weil der praktische Nutzen gleich Null ist (wie bei den meisten philosophischen und vielen naturwissenschaftlichen Fragen), bedeutet das nicht, dass sich nicht viele helle Köpfe damit ernsthaft herumgeschlagen haben.

  234. #234 Stefan W.
    Januar 22, 2012

    Joseph Kuhn· 22.01.12 · 08:48 Uhr
    Wodurch soll das Beispiel zeigen, dass er “frei” ist, das zu tun?

    Ja, es soll einerseits verdeutlichen, dass es unterschiedliche Interpretationen des Begriffs “frei” gibt.

    Man kann sich ja auf den Standpunkt stellen, dass man Abendessen muss, weil man Hunger hat. Isst man nicht zu Abend, dann weil man störrisch ist, und jemandem beweisen will, dass man nicht Abendessen muss. Wir hätten also die Regel: Der Hunger zwingt uns zu essen, außer … .

    Aber man ist, als kreativer Mensch, immer in der Regel noch eine Ausnahme auf die Ausnahme obendrauf zu satteln. Bei Millionen Einflußfaktoren der Vergangenheit – welcher davon determiniert, ob ich Schokoeis wähle oder Vanille?

    Im Würfeltest kann ich zumindest zeigen, dass ich sowohl 4 als auch 2 sagen kann. Und es ist keine lange geplante und unbewusste Steuerung, die mich dazu bringt fast immer Schokoeis zu essen (4 zu sagen), aber doch etwas Abwechslung zu verlangen, und ab und an Vanille (2 sagen).

    Ich lasse mich willentlich vom Zufall steuern, denn niemand wird ernstlich behaupten, ich könne willentlich eine 4 werfen, nur weil ich jetzt mal wieder 4 sagen muss.

    Jetzt verstehe ich Deinen Einwand so, dass es keinen Determinismus gibt, der mich zwingt 4 zu sagen, sondern es gibt einen Determinismus, der mich zwingt, zu sagen, was der Würfel zeigt. Den nächsten zwingt der Determinismus aber nicht, sondern der sagt aus einem Fimmel immer eins mehr, also 5. Der Dritte sagt “Hurz”. Determiniert wodurch?

    Ich sage: Was immer Du sagst – Du bist es, der es sagt. Die inneren Zwänge, das bist Du. Deine Freiheit besteht darin, den inneren Zwängen zu folgen, statt äußeren. Ist da ein äußerer Zwang 4 zu sagen?

    Bei der Frage, ob man frei ist, bei der nächsten Wahl die FDP zu wählen, oder welches Fach man studieren will, da sind die inneren Zwänge ja leicht erklärbar, aber bei etwas läppichem wie Zahlen?

    Sollte jemand die geraden Zahlen mögen, und 1 und 5, aber sich der 3 dann doch standhaft verweigern müssen?

    Ich habe als Kind schon mit dem freien Willen experimentiert, und zwar habe ich, wenn Mutter nicht da war, mir aus der Zuckerschütte eine Riesenportion Zucker aufgeschaufelt, und vor den Mund gehalten, und mich gefragt, ob ich die Freiheit habe nein zu sagen. Manchmal war das Ergebnis, dass ich die Freiheit nicht habe, und den Zucker hinunterschlingen musste, (grusel 🙂 ) – andere Male hatte ich die Freiheit ‘nein’ zu sagen, und zur Belohnung habe ich nach dem Experiment dann doch eine Ladung Zucker eingenommen. Das Setting war aber nicht fair – der Zucker war in der Überzahl!

    Aber für einen Moment baut sich eine Irrsinns Spannung auf. Soll man, oder soll man nicht.

    Und mit den Zahlen kann man das figurschonender und ohne die Frage der Selbstdisziplin angehen.

    Gut – aber im Wesentlichen ist das Ganze eine Frage der Selbstverwirrung. Wenn wir wissen wollen, ob etwas eine freie Entscheidung ist, dann müssen wir ja ein Bild davon haben, was eine freie Entscheidung wäre.

    Eine Entscheidung, wie bei der Auswahl des Speiseeis, die jemand treffen soll, der sich von seiner Vergangenheit nicht beeinflussen läßt — angenommen er sei wie ein Pawlowscher Hund immer, wenn es Orangeneis gab, geprügelt worden, und bei Schokoeis nicht. Ist dessen Entcheidung später, wenn gar keine Prügel mehr droht, unfrei, wenn er nie wieder O-Eis wünscht?

    Je nach Fragestellung würden wir sagen ja oder nein. Innerlich ist er unfrei – er könnte nicht O-Eis wählen; vielleicht wenn es um Leben und Tot ginge, oder nach einer Therapie. Aber andere Eisesser können sich ganz leicht für O-Eis entscheiden, oder unser Eisesser für Vanille statt Schoko.

    Seine Geschichte als Folteropfer der Orangeneissadisten gehört aber zu seiner Identität. Vielleicht ist er auch kein Riese, und mag daher Fußball mehr als Basketball. Er mag vielleicht auch die Popmusik seiner Jugendzeit mehr als die Popmusik der heutigen Jugend und mehr als die Balladen des Mittelalters.

    Ein unvoreingenommener Mensch, der keine Vorlieben hat, der dürfte auch keine Erfahrung haben, aber das funktioniert nicht.

    Wenn ich noch nie Springbock gegessen habe, dann aber vielleicht Wild, wenn nicht Wild, dann aber doch Fleisch, wenn nicht Fleisch, dann vielleicht feste Nahrung die erhitzt wurde. Ohne Erfahrungen wäre ich tot, und wäre jeder tot. Man hat also Erfahrungen, und daher Vorlieben. Ein Stein hat keine Erfahrungen.

    Der fällt den Berg runter, und weiß nichts davon. Der Geologe mag sehen, dass Jahrhunderte lang der Gletscher drübergerutscht ist, aber der Stein ist nur im lyrischen Sinne vielleicht frei, Teil einer Gewölllawine zu werden, die einen Orangeneisesser verschüttet. Die Spuren im Stein sind für den Stein ohne Bedeutung.

    Wenn der Stein ein Würfel war, dem raumdiagonal die Hälfte abgeschlagen wurde, so dass er jetzt noch die Zahlen 1, 2, 3 sowie eine rauhe Seite zeigen kann, dann hat er – lyrisch gesprochen – nicht mehr die Freiheit 4, 5 oder 6 zu zeigen. Aber als er noch ein Würfel war, hatte er überhaupt keine Freiheit, sondern war willenlos dem Spiel der Kräfte ausgeliefert.

    Wir sind uns aber vieler unserer Spuren der Vergangenheit bewusst. Die Reflexion erlaubt es uns bei einem Auslandsaufenthalt unseren inneren Schweinehund zu überwinden, und gegrillte Heuschrecken zu essen – soviel, wie die Höflichkeit gebietet vielleicht, außer wir finden Gefallen daran.

    Aber wir müssen auch nicht. Wir können auch als Wienerschnitzeldogmatiker unangenehm auffallen. Das ist nunmal der Begriff von Freiheit den wir haben – als Wesen mit Bewusstsein und Geschichte unsere eigenen Konsequenzen aus der Geschichte zu ziehen, und nicht wie eine Lottokugel unberechenbar irgendwohin zu fallen.

    Und wenn wir dann vor dem Würfelexperiment sitzen, dann wissen wir hoffentlich nicht, was wir jetzt tun müssen, sondern werden von der Beliebigkeit der Situation ein wenig paralysiert. 🙂 Bis uns die Freiheit erlaubt, das Ding so oder so zu einem Ende zu führen.

    Uhrz.

  235. #235 ZetaOri
    Januar 22, 2012

    @Thanus· 22.01.12 · 17:44 Uhr

    Nur weil der praktische Nutzen gleich Null ist, …

    Wie ist denn der philosophische Nutzen? Und ich denke, genau DAS …

    […] … bedeutet das nicht, dass sich nicht viele helle Köpfe damit ernsthaft herumgeschlagen haben.

    … werden sich die wirklich hellen Köpfe nach nur ganz kurzem Zerbrechen derselben schnell gefragt haben.

  236. #236 Thanus
    Januar 22, 2012

    @ZetaOri

    Also waren alle, die sich mit der Frage eingehend befasst haben, nicht “wirklich hell”. Mag sein, selbst Bertrand Russel sagt ja, dass etwa einem Spinoza andere an Klugheit überlegen waren 😉

  237. #237 Joseph Kuhn
    Januar 22, 2012

    @ Stefan W.: Wenn ich Ihren Kommentar richtig verstehe, meinen Sie, dass man im normalen Leben im Rahmen seiner biografischen Prägungen und diverser momentaner Aspekte (Hunger, letzte Lektüre, Aussicht aus dem Fenster, Angebot des Eisladens, Grad der Reflexion über die anstehende Entscheidung etc.) in einem gewissen Sinne “freie” Entscheidungen treffen kann, z.B. ob man ein Eis isst oder nicht. Das sehe ich auch so. Ob das eine neue Einsicht ist und was das Würfelbeispiel zu dieser Einsicht beiträgt, sei zu dieser späten Stunde dahingestellt – möge das Eis mit Ihnen sein 😉

  238. #238 ZetaOri
    Januar 22, 2012

    Thanus· 22.01.12 · 19:40 Uhr

    @ZetaOri
    Also waren alle, die sich mit der Frage eingehend befasst haben, nicht “wirklich hell”.

    Sobald Du mir einen ‘philosophischen Nutzen’ (den praktischen haben wir ja schon beiseite gestellt) aus der Beantwortung der Frage nach Willensfreiheit (sei es selbst die eines “Gottes”) nennst, bin ich bereit meine Einschätzung zu revidieren. Möglicherweise fliegt dieser (der Nutzen) ja in einer Teekanne um die Sonne. Die “Helligkeit” (oder Hellheit?) zeigt sich dann daran, wie schnell man dies erkennt.

    Mag sein, selbst Bertrand Russel sagt ja, dass etwa einem Spinoza andere an Klugheit überlegen waren 😉

    Na ja, alte Revolvermann-Weisheit: Irgendwann kommt einer, der schneller zieht!
    (konnte nur dummerweise von den Betroffenen nie weitergegeben werden) ;D

  239. #239 Webba er bak!
    Januar 23, 2012

    In der Tat sind die immer wiederkehrenden Debatten um den freien Willen mit das Niedrigste, was vulgärphilosophisch stattfindet! – Die Argumentation einiger Hirnforscher und sonstwie Bemühter geht in etwa so: Huch!, die Welt könnte ja deterministisch sein, dann wäre sozusagen alles vorherbestimmt und das Individuum – bspw. beim Begehen von Straftaten – nur ein Opfer der Umstände.

    BTW, so ähnlich wurde von denjenigen, die Individuen grundsätzlich gerne aus der Verantwortung gesehen hätten, auch vor 40-45 Jahren argumentiert. Damals war es aber die Gesellschaft, die individuelles Handeln vorbestimmt haben sollte.

    Zur Sache bzw. zu Aussagen wie ‘Wir sind einfache Konstrukte unserer Gehirne. Wir können dem Input in unser Gehirn keinen verworrenen ‘Willen’ aufzwingen.’ oder ‘Ich würde behaupten, dass es schon deswegen nicht möglich ist, unserem Gehirn einen Willen aufzuzwingen, da wir unser Gehirn sind.’ will sich Dr. Webbaer nicht näher äußern außer kurz darauf hinzuweisen, dass bei jenen Aussagen, die bei diesem Thema erfahrungsgemäß hochkommen, fast immer alles falsch ist, lol.

  240. #240 Gustav
    Januar 23, 2012

    @Webba er bak!:

    BTW, so ähnlich wurde von denjenigen, die Individuen grundsätzlich gerne aus der Verantwortung gesehen hätten, auch vor 40-45 Jahren argumentiert. Damals war es aber die Gesellschaft, die individuelles Handeln vorbestimmt haben sollte.

    Wem meinen sie damit? Die berühmt berüchtigte 68er-Generation, der man unterstellt (ob nun richtig oder unrichtig, bewerte ich mal nicht), dass sie soziale Phänomene auf gesellschaftliche Mechanismen zurückführte? (Was ja nicht so falsch ist, unabhängig von der Eigenverantwortung von Menschen. Denn alles andere würde ja bedeuten, dass der Mensch kein soziales Wesen ist. Dass also das soziale Umfeld keinen Einfluss auf den Menschen hat)

    Falls ja, dass waren sicher die letzten die einen Freien Willen ablehnten und auf Determinismus viel Wert legten. Eher hätten sie diese Position als biologistisch, “rationales/naturwissenschaftliches Sachzwang-Denken” bezeichnet. Und sicher waren die nicht der Meinung, dass die Gesellschaft Handlungen vorherbestimmt. Eher so: die “verwaltete Welt” (Adorno), die “kranke Gesllschaft” (Adorno, “Jede psychotherapeutische Heilung wäre innerhalb einer kranken Gesellschaft unweigerlich eine Krankmachung, weil Anpassung an die kranke Gesellschaft”) enthemmt Menschen, so dass sie sich – aus freien Willen (!) – zu Schlechtem entscheiden. Wobei ganz nach dem Motto von Adorno: “Es gibt kein richtiges Leben im falschen”, damit nicht die Menschen schuld seien, sondern eben diese “kranke Gesellschaft”. Die Menschen wehren sich nur gegen die “unnatürliche” Gesellschaft. Das aber alles mit feien Willen.

    Ich halte nicht viel von der Dampfplauderei der Frankfurter Schule (die gesamteGesellschaft zu pathologisieren, das ist eine ordentliche Fehlleistung), aber die Beispiele beschreiben gut, wie das Verhältnis ‘Gesellschaft – Individuum’ analysiert, aus Sicht der Freudo-Marxisten und Stichwortgeber der 68er-Intellektuellen, wurde.
    Das ist aber eine vollkommen andere Basis, als in der Diskussion über Freien Willen und Kriminalität.

  241. #241 Webba er bak!
    Januar 23, 2012

    Lieber Gustav, Sie haben vielleicht schon gemerkt, dass die Sache mit dem freien Willen für den Webbaeren ein absolutes Reizthema ist, darum nur ein paar lose Ergänzungen:
    1.) Die neue Masche mit dem angeblichen Nichtvorhandensein des Freien Willens kommt in Doitschland u.a. auch im Rahmen der Gehirnforschung vor und wird als Mittel genutzt um Anpassungen im Strafrecht zu fordern. Es gibt hier grausame Texte. – So wie seinerzeit welche unter Hinweis auf die Gesellschaft den Täter primär als Opfer sahen, dessen Resozialisierung Primärziel sein müsse nach der Tat. Hier gibt es eine Parallele. Nicht behauptet worden ist, dass der Freie Wille seinerzeit in diesem Zusammenhang ein Thema war, obwohl die sozialistische Schule mit Aussagen wie ‘Das Sein bestimmt das Bewusstsein.’ durchaus ähnlich klang.
    2.) Was ist ein Freier Wille? – Es gibt hier keine klaren Sichten, ist Freiheit im positiven (“frei zu sein X zu tun”) oder negativen (“frei von Y zu sein”) Sinne gemeint?, was ist der Wille?, ist der Wille nicht etwas, das jemandem zugesprochen wird? Wissen Sie, was Sie wollen? Nehmen wir mal an es gäbe einen freien Willen und rufen einem freien Nihilisten zu ‘Spring vom Kirchturm!’, würde der dann seinen Willen bilden und springen oder nicht springen? Wäre sein Willen frei, nicht aber seine Tat?
    3.) D.h. wenn man in diesem Kontext irgendetwas herausfinden will, wird eine andere Terminologie benötigt.
    4.) Wichtig: Der Determinismus eines Systems kann nur von einem Außenstehenden festgestellt werden, der zudem umfängliches Systemwissen benötigt, ein systemteilnehmendes Erkenntnissubjekt kann gar nicht diesbezüglich feststellen.

    MFG
    Dr. Webbaer

  242. #242 Gustav
    Januar 23, 2012

    @Webba er bak!:

    @1: Nein, es gibt keine Parallele. Nur weil etwas gleich aussieht, muss es nicht gleich sein. Der Vergleich hinkt nicht einmal. Die Grundvorstellung ist eine vollkommen andere. Nach der Vorstellung von Teilen der 68er-Bewegung, ist die Gesellschaft so beschaffen, dass das Individuum sich bewusst zu einer Art Widerstand gegen die Gesellschaft entscheidet.
    Die Gesellschaft ist in diesem Sinne “krank” (was ich damit meine: siehe die Ausführungen in meinen Vorpost [nicht das wer glaub, ich vertrete diese Position ;-)]) und ein “richtiges” Verhalten, also ein an die “kranke Gesellschaft” angepasstes Verhalten ist in Wirklichkeit selbst krankhaft. Ein nicht angepasstes Verhalten widerspricht nach dieser Vorstellung der “kranken Gesellschaft” und ist nur “natürlich” für Menschen, die sich damit gegen die falsche “Ordnung” wehren.
    Es gab in Teilen der 68er niemals die Vorstellung, dass die Gesellschaft Verbrechen determiniert und Menschen so handeln müssen wie sie handeln, ganz im Gegenteil. Das ist Propaganda aus konservativen Kreisen, auf die sie offenbar hereingefallen sind.
    Der Satz “die Gesellschaft ist schuld” meint in diesem Sinn, dass die Gesellschaft (in entsprechendenr Diktion: die kapitalistisch-imperialistische Gesellschaft) das Übel ist. Verbrechen sind damit keine Verbrechen, da sie sich gegen die (falsche) Gesellschaft richten (wie Eigentumsdelikte gegen die kapitalistische Gesellschaft). Der Mensch bleibt damit handelndes Subjekt – noch mehr: Der Mensch wird erst dann zu einem handelnden Subjekt, wenn er sich aktiv gegen die (“kranke”) Gesellschaft entscheidet. Der alte Marx (auf den sich die Freudomarxisten der Frankfurter Schule berufen) hätte gesagt, wenn die Klasse ansich zur Klasse für sich wird, also ihre rasselnden Ketten erkennt und entsprechend handelt. Das alles – bei Marx das Proletariat ansich, bei Adorno und Habermas etwas bescheidener, das Subjekt ansich – entscheiden bewusst und willentlich. Diese Vorstellung von Teilen der Intelektuellen 68er ist vom Wesen her etwas vollkommen anderes, als die Diskussion um den Freien Willen.

    Zu ihren politischen Vorstellungen, die da durchklingen, möchte ich nix sagen, nur soviel, dass sie nicht zu einer Problemlösung führen. Auch wenn es sie noch so reizt.

    Wir brauchen gar nicht definieren was ein freier Wille ist, die Frage ist: Ist unser Verhalten in einer Art determinisert, dass wir uns immer so entscheiden wie wir uns entscheiden. Dass wir also keine Wahl haben uns anders zu entscheiden. Wir einen Mord begehen und uns zu keinem Zeitpunkt anders entscheiden hätten können.

    Das ist die Fragestellung, wird die entsprechend beantwortet, ist ein Umdenken von Begriffen wie “Schuld” nur logisch.
    Ihre verbissene (aus ihrer politischen Einstellung begründbaren) Ablehnung verhindert Diskussionen darüber oder versucht Diskussionen darüber zu verhindern. Das widerspricht aber, meiner Meinung nach, der Idee einer offenen Gesellschaft, wo bisherige Vorstellungen immer überdacht werden müssen und zur Diskussion gestellt werden. Wie ist gesellschaftlicher Fortschritt denn sonst denkbar?

  243. #243 Thanus
    Januar 23, 2012

    @ZetaOri

    Die Frage nach dem Nutzen der Philosophie allgemein ist ein eigenes Thema und vermutlich nur individuell zu beantworten. Ich dir nur sagen, dass mich die Frage nach dem freien Willen ebenso beschäftigt, wie etwa die Frage nach Gott oder die Frage nach der Entstehung von dem, was wir Leben nennen. Wenn für dich die Frage mit dem Würfelbeispiel beantwortet ist, kannst du das Thema ja abhaken.

  244. #244 Webba er bak!
    Januar 23, 2012

    Ein nicht angepasstes Verhalten widerspricht nach dieser Vorstellung der “kranken Gesellschaft” und ist nur “natürlich” für Menschen, die sich damit gegen die falsche “Ordnung” wehren. (Gustav)

    Jenau!, so wurde das damals gesehen, kommuniziert & die Täter so entlastet. Heute dagegen kommen Hirnforscher und entlasten Täter durch die Behauptung eines Determinismus oder versuchen es zumindest. Hier schien dem Schreiber dieser Zeilen eine bemerkenswerte Paralelle gegeben; andere mögen das nicht so sehen – was abär den Braten nicht fett macht bei diesem kleinen Exkurs zu den seinerzeitig meist Langhaarigen.

    Ist unser Verhalten in einer Art determinisert, dass wir uns immer so entscheiden wie wir uns entscheiden. Dass wir also keine Wahl haben uns anders zu entscheiden. Wir einen Mord begehen und uns zu keinem Zeitpunkt anders entscheiden hätten können. Das ist die Fragestellung, wird die entsprechend beantwortet, ist ein Umdenken von Begriffen wie “Schuld” nur logisch.

    Sie meinen ‘folgerichtig’?, ‘logisch’ ist da gar nichts, die Folgerichtigkeit scheint dem Schreiber dieser Zeilen auch nicht gegeben zu sein unter diesen Umständen: eher würde er härteres Konditionieren erwarten, damit andere nicht “determiniert” in opportuner Situation “schuldlos” Straftaten ausüben.

    D.h. Konditionierung wäre auch in einer deterministischen Welt zu erwarten, gerade in so einer Welt, ABÄR Dr. Webbaer hat oben ja bereits ausgeführt, dass Systemteilnehmer, aus dem “Inneren des Systems”, nie in der Lage sein können begründet Systemdeterminiertheit zu behaupten. Darum bleibt’s immer Spekulatius.

    MFG
    Dr. Webbaer (den Projektionen anderer eigentlich noch nie besonders interessiert haben, also lassen’S stecken demnächst, danke)

  245. #245 Physiker
    Januar 23, 2012

    @Niels:
    Deine Argumentation ist zutiefst unphysikalisch. Ausserdem fängst Du an, rhetorische Tricksereien zu verwenden, um Dich um die eigentlichen Argumente zu drücken:

    Was? Du willst in einer rein Newtonschen Welt(!) ein Quantenexperiment durchführen und dieses Experiment soll dann etwas über den Determinismus der newtonschen Theorie(!) aussagen?

    Deine Frage war wissenschaftstheoretischer Unsinn. Denn nach Popper können wir gar nicht verifizieren sondern nur falsifizieren. Darüber hinaus stellt sich diese hypothetische Frage gar nicht: Die stattdessen sinnvolle Frage lautet “können wir mit Experimenten entscheiden ob unsere Welt deterministisch ist?” Das zitierte Paper bejaht diese Frage. In Deiner Antwort konstruierst Du übrigens einen rein rhetorischen Widerspruch: Du interpretierst das Experiment bereits im vorraus als Quantenexperiment. Im hypothetischen Fall einer klassischen Welt wären aber die Bellschen Ungleichungen erfüllt und das Experiment hiesse konsequenterweise nicht mehr Quantenexperiment.

    Was ist denn deiner Meinung nach die im Paper verwendete Defintion?

    Es ist zumindest eine Definition nach der die QM indeterministisch ist, und zwar unabhängig von der Interpretation. Ich spare es mir, den Referenzen nachzugehen um evtl. die genaue Definition nachzuschlagen, da sich mit dieser Verwendung des Begriffs “Determinismus” in der Physik Deine Einwände sowieso schon erledigt haben.

    Häufig ist es uns Menschen jedenfalls nicht möglich festzustellen, welche Anfangsbedingungen genau vorliegen.

    Das ist ein absolut unphysikalischer Einwand und noch dazu völlig irrelevant, da ich ja nur die prinzipielle Möglichkeit fordere. Ausserdem verstehe ich nicht, warum Du Dich in Deiner Kritik so an den Möglichkeiten des Menschen aufhängst. Der Mensch kommt in meiner Definition gar nicht vor – und das ist auch Absicht.

    Das bedeutet jeweils das Selbe, das hättest du dir also auch sparen können.

    Man kann meine Position auf der Erde prinzipiell beliebig genau messen” bedeutet nicht das Selbe wie “Gott weiss, wo ich bin“. Laut Ihrer Definition von “Determinismus” weiss das Gott in der Kopenhagener Deutung der QM nur wenn ich stillstehe und in der Bohmschen Interpretation weiss Gott auch unabhängig davon wie schnell ich bin, weil Gott aus unerklärlichen Gründen bei der zweiten Interpretation plötzlich nicht mehr an ein Postulat (nämlich die Unkenntnis des Anfangszustands) gebunden ist, während sich Gott in der ersten Interpetation keine solche Freiheit herausnimmt (z.B. den Zufall zu kennen?). Dashalb ist es unsinnig/unphysikalisch transzendente Wesen in eine Definition aufzunehmen die physikalisch sinnvoll sein soll.

    Wenn dieser Berechner ein Mensch ist, kann er nichts “prinzipiell beliebig genau” bestimmen.

    Doch. In jedem QM-Buch oder Thermodynamik/Statistik-Buch finden Sie diese Formulierung. Wie gesagt, darauf baut die gesamte Physik auf.

    Das einzige System, dass wirklich garantiert abgeschlossen ist, ist nun mal die ganze Welt. […]

    Du hast das Konzept der Idealisierung in der Physik nicht verstanden.

    Der allwissende, außenstehende Dämon würde das Problem natürlich lösen, aber ihn du willst in doch unbedingt abschaffen.

    Ein allwissender, aussenstehender Dämon weiss immer alles. Dieses Konzept kann also prinzipiell keine zusätzliche Erkenntnis bringen, ausser dass solche Dämonen unphysikalisch sind.

    Wie gesagt, diese Definition des Begriffs Determinismus ist nutzlos.

    Die Möglichkeit einer Vorhersage und Determinismus ist nicht das gleiche. Die QM bietet Möglichkeiten für Vorhersagen und ist laut zitiertem Paper (und dem hier von mir vertretenem Standpunkt) nicht deterministisch.

  246. #246 Gustav
    Januar 23, 2012

    @Webba er bak!: Wenn sie Teile aus der Erklräung aus dem Kontext nehmen, dann ja, dann bestätigte der Satz ihre Vorstellungen. Aber nur für diesen Fall. Da mögen sie sich jetzt so fühlen, als hätten sie schon immer Recht gehabt, sollen sie auch, ist mir egal, aber damit zeigen sie nur, dass sie nicht wirklich an einer Diskussion interessiert sind. Die ich damit auch beende.

  247. #247 ZetaOri
    Januar 23, 2012

    @Thanus· 23.01.12 · 08:38 Uhr

    @ZetaOri
    Die Frage nach dem Nutzen der Philosophie allgemein ist ein eigenes Thema …

    Völlig richtig. Darum habe ich sie ja auch nicht gestellt.

    … und vermutlich nur individuell zu beantworten.

    Nicht ganz. Die Gesellschaft muss schon sagen, was ihr die Philosophiererei wert ist, schließlich bezahlt sie sie. Die wenigsten Philosophen werden (zumindset heutzutage) materiell so unabhängig sein, dass sie unbelastet vom notwendigen Broterwerb ihrem Hobby nachgehen können.

    Ich dir nur sagen, dass mich die Frage nach dem freien Willen ebenso beschäftigt, wie etwa die Frage nach Gott oder die Frage nach der Entstehung von dem, was wir Leben nennen.

    Bei den ersten beiden Fragen geht es mir exakt genau so, allerdings, fürchte ich, auf einem völlig anderen Level. 😀
    Die letzte Frage ist allerdings eine genuin naturwissenschaftliche (auch wenn ab und an von der Philosophie okkupiert, von der Theologie ganz abgesehen >;-)), deren Beantwortung ganz erhebliche Relevanz für uns haben kann.

    Wenn für dich die Frage mit dem Würfelbeispiel beantwortet ist, …

    Nö, ist sie nicht, aber die Frage nach ihrer Relevanz ist für mich(!) beantwortet: -> 0.

    … kannst du das Thema ja abhaken.

    Das ist doch mal ein guter Rat, ich glaube ich werde mich daran halten. Danke! 😉

  248. #248 Physiker
    Januar 23, 2012

    @Gustav:

    Aber bei Kenntnis aller verborgenen Variablen und sonstiger Parameter sollte für einen Laplaceschen Dämon die Berechnung möglich sein.

    Und warum soll der Laplacesche Dämon die “verborgenen Variablen und sonstige Parameter” kennen obwohl die Bohmsche Mechanik explizit postuliert, dass diese nicht zugänglich sind? Im gleichen Masse sollte für einen Laplaceschen Dämon, der alles weiss, auch die Kenntnis des echten Zufalls in der Kopenhagener Deutung, kein Problem sein. Damit wäre somit auch diese Deutung deterministisch. Sie messen mit zweierlei Mass.

    Das ist aber ebenfalls nur eine Interpretation. Eine durchaus vernünftige mit der man wissenschaftlich Arbeiten kann, aber trotzdem es ist und bleibt eine Interpretation.

    Wenn Sie eine Positionsmessung (und nichts anderes ist die Bestimmung der Metrik) als Interpetation abtun, dann sind Sie cartesischer Skeptizist. Eine Diskussion mit cartesischen Skeptikern ist aber sinnlos. Darüber hinaus ist diese eine der wenigen philosophischen Positionen, die widerlegt ist.

    Aber das ist nur eine nichtüberprüfbare Interpretation, genau so gut können es, wie Niels es schon angemerkt hat, Engeln sein, die Körper bewegen und unsere Formeln beschreiben deren “Bewegungen” richtig.
    Da kommt Occam’s Razzor ins Spiel […]

    Wenn die Interpretationen nicht überprüfbar sind, dann gilt das gleiche für deren Aussage zum Determinismus. Damit ist die Determinismus-Eigenschaft nach Ihrer Definition genauso unphysikalisch wie die Engel. Occam’s Razzor kommt an der Stelle überhaupt nicht ins Spiel, denn dieses Prinzip entscheidet eben nicht darüber was wissenschaftlich/physikalisch ist und was nicht. Hier haben Sie etwas Grundlegendes nicht verstanden.

    “Prinzipiell beliebig genau” ist nur eine andere Formulierung.

    Eben nicht. “Prinzipiell beliebig genau” hebelt ja gerade kein Bohmsches Postulat aus. Laut Bohmscher Mechanik kann man die Anfangsbedingungen aber aus Prinzip nicht kennen. Der Laplacesche Dämon soll aber aber seltsamerweise die Anfangsbedingungen kennen. Es handelt sich also nicht einfach nur um eine andere Formulierung sondern um einen komplett verschiedenen Sachverhalt.

    Das Ansinnen die Newtonschen Mechanik mittels der Bellschen Ungleichung zu lösen ist Unsinn. Das funktioniert nicht, wie Niels schon dargelegt hat. Ein solcher Nachweis müsste mit Mitteln der Newtonschen Mechanik erfolgen.

    Das ist eine selten unsinnige Aussage:
    a) niemand sprach davon, die Newtonsche Mechanik zu “lösen”
    b) angenommen Sie meinten “beweisen” statt lösen, siehe meine Antwort an Niels
    c) Sie fordern einen Zirkelschluss.

    Du vergisst dabei aber, dass auch die Kopenhagener Deutung durchaus ihre Nachteile hat. So eben die Aufgabe des Determinismus. Auch kann die Kopenhagener bestimmte Phänomene nur schwer erklären oder nur in Annahme von absurden Vorstellungen, nur ein Beispiel: das Broglie-Box-Paradox. Oder wie wird aus einem statistischen Vorgang, wie die Kopenhagener es will, eine deterministische “klassische” Welt? Da hilft auch nicht die Dekohärenz viel weiter.

    Die Argumentation ist gequirlter Unsinn. Wir haben uns schon lange mit dem abgefunden, was Sie als “absurde Vorstellung” bezeichnen. Besonders antiquiert ist Ihre Vorstellung, dass nur eine “deterministisches “klassisches””-Weltbild befriedigend wäre. Sorry, daran wird auch eine alternative Interpretation der QM nichts ändern.

    […] die Koppenhagener Deutung kann ebenso viele relativistische Effekte nicht beschreiben, berücksichtigt sie nicht einmal.

    Das halte ich für ein Gerücht.

    Eine zweite deterministische Erklärung, die Many-worlds interpretation, postuliert ganze zusätzliche Welten, die aber niemals nachweisbar sind – und trotzdem hat sie viele Anhänger (wohl mehr als bei der Bohmschen Mechanik).

    a) mag dieser Eindruck täuschen, wegen der Popularität von Sci-Fi-Filmen die das aufgreifen und folglich vieler Laien die das für bare Münze halten
    b) sind Interpetationen kein Glaubensersatz und benötigen auch keine “Anhänger”
    c) wird auch diese Interpretation keinen Formalismus haben der (abgesehen von Nischenanwendungen) praktischer als der bisher verwendete ist.
    d) widerspechen Sie sich damit selbst: denn die Beliebtheit soll ja egal sein.

    Die heutige Zustimmung für die Kopenhagener hat historische Gründe

    Den meisten Physikern ist die Interpretation piep-egal. Es ist einfach praktischer eine Gleichung zu lösen als zwei.

  249. #249 Gustav
    Januar 23, 2012

    Und warum soll der Laplacesche Dämon die “verborgenen Variablen und sonstige Parameter” kennen obwohl die Bohmsche Mechanik explizit postuliert, dass diese nicht zugänglich sind? Im gleichen Masse sollte für einen Laplaceschen Dämon, der alles weiss, auch die Kenntnis des echten Zufalls in der Kopenhagener Deutung, kein Problem sein. Damit wäre somit auch diese Deutung deterministisch. Sie messen mit zweierlei Mass.

    Das war eine Mutmassung von mir, dass es für uns nicht möglich ist. Das wichtige bei der Darstellung ist, dass das System deterministisch ist, da ich zumindestens im Nachhinein immer einen deterministsichen Verlauf bestimmen kann.

    Ihre @Positionsmessung in allen Ehren, aber hier geht es um etwas anderes: ich kann natürlich eine Metrik bestimmen, aber ich kann nicht ausschließen, dass der wahre Grund der Bewegung Engeln sind. Ich kann wissenschaftliche Methoden definieren, aber, ganz im Sinne Poppers, kann ich nicht wissen, ob die etwas besser beschreiben als andere Methoden. Auch wenn natürlich die wissenschaftliche Methode (die es nach Popper zwar so nicht gibt) durchaus erfolgreich ist.

    Und natürlich ist unsere Theorie über den Determinismus nicht beweisbar – keine Aussage ist entgültig beweisbar, siehe Popper.

    Bei @”Prinzipiell beliebig genau” ging es nicht um Bohmsche Mechanik, sondern um ihre andere Formulierung von D1.
    Der Laplacesche Dämon ist so definiert, dass er mehr weiss, als wir Menschen wissen können – genau darum geht es doch!

    Die Argumentation ist gequirlter Unsinn. Wir haben uns schon lange mit dem abgefunden, was Sie als “absurde Vorstellung” bezeichnen. Besonders antiquiert ist Ihre Vorstellung, dass nur eine “deterministisches “klassisches””-Weltbild befriedigend wäre. Sorry, daran wird auch eine alternative Interpretation der QM nichts ändern.

    Bitte beschäftige sie sich mit dem Broglie-Box-Paradox, bevor sie sich zu solchen Aussagen hinreissen lassen. Denn das ist ein Paradoxon und niemand hat sich damit abgefunden, in jedem Lehrbuch wird das so angeführt, siehe zb Theoretische Physik “Quantenmechanik”, Rebhan, Spektrum Verlag.

    […] die Koppenhagener Deutung kann ebenso viele relativistische Effekte nicht beschreiben, berücksichtigt sie nicht einmal.

    Das halte ich für ein Gerücht.

    Soll so sein.

    Abschliessend kann gesagt werden: Es ist für viele PhysikerInnen praktischer den Determinismus nicht aufzugeben. Die relativistischen Beschreibungen der Kopenhagner in allen Ehren, aber sie sind aktueller Forschungsgegenstand, mehr auch nicht.

    @ST und LQG si nd sie gar nicht eingegangen und dass das gute Beispiele sind, wie Theorien historisch gewachsen sind und deswegen mehr Anhänger haben können.

    Damit beende ich die Diskussion, wir drehen uns im Kreis. Ich lege ihnen Lehrbücher, wie das oben beschrieben ans Herz.

  250. #250 Physiker
    Januar 23, 2012

    @Gustav:

    Damit beende ich die Diskussion, wir drehen uns im Kreis.

    Abgesehen davon, dass sich unsere Diskussion schon alleine deshalb nicht im Kreis drehen kann, weil meine obige Antwort die erste (ausführliche) Antwort auf einen Ihrer Beiträge war (und Sie kaum darauf eingegangen sind), ist das besser so. Jeder einzelne Ihrer Sätze enthält nur gequirlten Unsinn – da hilft auch keine Referenz auf ein Lehrbuch.

  251. #251 Niels
    Januar 23, 2012

    @Physiker

    Laut Ihrer Definition von “Determinismus” weiss das Gott in der Kopenhagener Deutung der QM nur wenn ich stillstehe und in der Bohmschen Interpretation weiss Gott auch unabhängig davon wie schnell ich bin, weil Gott aus unerklärlichen Gründen bei der zweiten Interpretation plötzlich nicht mehr an ein Postulat (nämlich die Unkenntnis des Anfangszustands) gebunden ist, während sich Gott in der ersten Interpetation keine solche Freiheit herausnimmt (z.B. den Zufall zu kennen?). Dashalb ist es unsinnig/unphysikalisch transzendente Wesen in eine Definition aufzunehmen die physikalisch sinnvoll sein soll.

    Ich habe auf Definition D4 verwiesen, in der Gott nicht vorkommt.
    Wenn Z eine vollständige Beschreibung des Zustands unserer Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt t und N eine vollständige Beschreibung aller in dieser Welt geltenden Naturgesetze ist, dann implizieren Z und N zusammen logisch eine vollständige Beschreibung der gesamten Geschichte unserer Welt nach t.

    D1 ist nicht “meine” Definition.
    Deine restlichen Bemerkungen ergeben keinen Sinn.
    In einer indeterministischen Welt kann auch ein allwissender Dämon nicht alles vorhersagen, in einer deterministischen Welt kann er das.
    Ist das so schwer zu verstehen?

    Was ist denn deiner Meinung nach die im Paper verwendete Defintion?

    Es ist zumindest eine Definition nach der die QM indeterministisch ist, und zwar unabhängig von der Interpretation. Ich spare es mir, den Referenzen nachzugehen um evtl. die genaue Definition nachzuschlagen, da sich mit dieser Verwendung des Begriffs “Determinismus” in der Physik Deine Einwände sowieso schon erledigt haben.

    Dass in jedem Text und Lehrbuch über die Bohmsche Mechanik steht, dass diese Interpretation deterministisch ist, erledigt deine Einwände seltsamerweise nicht.

    Dass Interpretationen immer auch danach unterschieden werden, ob sie deterministisch sind oder nicht, ist dir auch völlig egal.

    Aber ein Paper auf arXiv, dass du offensichtlich nicht verstanden hast und aus dem du nicht einmal die Definition für deterministisch heraussuchen kannst, ist natürlich viel wichtiger.

    Davon abgesehen steht die Definition sehr wohl im Paper, da braucht man nicht in den Fußnoten nachschauen.
    In Prosa direkt am Anfang, später nochmal bei Seite 2 ab: We now define our notion of determinism
    Die dortige Definition ist nach deinem Maßstab übrigens auch “unphysikalisch”.

    Das ist ein absolut unphysikalischer Einwand und noch dazu völlig irrelevant, da ich ja nur die prinzipielle Möglichkeit fordere. Ausserdem verstehe ich nicht, warum Du Dich in Deiner Kritik so an den Möglichkeiten des Menschen aufhängst. Der Mensch kommt in meiner Definition gar nicht vor

    Aha. Deiner Meinung zufolge ist die Tatsache, dass etwas dem Menschen prinzipiell nicht möglich ist, deswegen kein Einwand, weil es nur darum geht, dass du für den Menschen die prinzipielle Möglichkeit einforderst.

    ???

    Gustav und ich haben dir jetzt schon mehrfach erzählt, dass du im Wesentlichen einfach D1 nachbaust.
    Vor allem, wenn der Mensch keine Rolle spielt.

    Wenn dieser Berechner ein Mensch ist, kann er nichts “prinzipiell beliebig genau” bestimmen.

    Doch. In jedem QM-Buch oder Thermodynamik/Statistik-Buch finden Sie diese Formulierung.

    In diesen beiden Büchern kommt “prinzipiell beliebig genau” vor. Toll. Mehr aber auch nicht.
    Die Menschen, die den Dämon erfunden haben, müssen alle sehr viel dümmer als du gewesen sein. Wenn er doch gar nicht nötig ist, weil man statt “Dämon” auch “Mensch” hätte einsetzen können.
    Den Einwand mit den chaotischen Systemen verstehst du offenbar überhaupt nicht.

    Diese Definition liefert zumindest in den drei bisher diskutierten Interpretationen der QM ein indeterministisches Weltbild.

    Weil deine Definition völlig trivial ist.

    Eigentlich willst du , wenn man das ganze Brimborium weglässt, folgendes sagen:

    Weil man mit Hilfe der QM nur Wahrscheinlichkeitsaussagen machen kann, ist die QM indeterministisch.

    Wow, brilliant.

    Wenn die Interpretationen nicht überprüfbar sind, dann gilt das gleiche für deren Aussage zum Determinismus .

    Darum geht es doch die ganze Zeit. Weil man nicht weiß, welche Interpretation richtig ist, weiß man auch nicht, ob die QM deterministisch ist oder nicht.
    Du weißt aber ganz genau, dass die QM indeterministisch ist. Auf diesen Widerspruch haben Gustav und ich hingewiesen.

    Damit ist die Determinismus-Eigenschaft nach Ihrer Definition genauso unphysikalisch wie die Engel.

    Nein. Damit ist die Determinismus –Eigenschaft genauso „unphysikalisch“ wie jede andere Interpretation der mathematischen Formeln einer physikalischen Theorie.
    Jedenfalls dann, wenn man den Begriff „unphysikalisch“ so wie du verwendet.
    Deswegen das Beispiel mit den Engeln.

    Den meisten Physikern ist die Interpretation piep-egal. Es ist einfach praktischer eine Gleichung zu lösen als zwei.

    Dir ist anscheinend nicht klar, dass man bei jeder Interpretation mit den gleichen Formeln rechnet.
    Gerade deswegen sind die Interpretationen den meisten Physikern egal.

    Ausserdem fängst Du an, rhetorische Tricksereien zu verwenden, um Dich um die eigentlichen Argumente zu drücken:

    Was? Du willst in einer rein Newtonschen Welt(!) ein Quantenexperiment durchführen und dieses Experiment soll dann etwas über den Determinismus der newtonschen Theorie(!) aussagen?

    Deine Frage war wissenschaftstheoretischer Unsinn. Denn nach Popper können wir gar nicht verifizieren sondern nur falsifizieren.

    Du hast behauptet, man könne den Determinismus der klassischen Mechanik experimentell überprüfen.
    Auf Nachfrage, wie das funktionieren soll, schlägst du ein Quantenexperiment vor.

    Nachdem Gustav und ich anmerken, dass das offensichtlicher Unsinn ist, erzählst du etwas von Popper, Verifikation und dass wir von Wissenschaftstheorie keine Ahnung haben?

    Wer versucht sich denn jetzt mit Tricksereien aus der Affäre zu ziehen?

    .

    Und nochmal:

    Niels· 19.01.12 · 14:48 Uhr
    ich denke nach wie vor, dass man sich bei völliger Unkenntnis nicht so weit aus dem Fenster lehnen sollte, vor allem, wenn der eigene Nickname “Physiker” ist.

    Wenn du auch noch arrogant wirst und außerdem annimmst, dich hätte jemand dazu berufen, verbindlich zu entscheiden, was physikalisch ist und was nicht, wird die Sache auch nicht besser.

  252. #252 BreitSide
    Januar 23, 2012

    Gustav· 23.01.12 · 13:19 Uhr

    Und wieder einer hat erkannt, dass der WebBarsch wieder nur seine unappetitliche braune Bärensoße verspritzen will.

  253. #253 Webba er bak!
    Januar 24, 2012

    Und natürlich ist unsere Theorie über den Determinismus nicht beweisbar – keine Aussage ist entgültig beweisbar, siehe Popper. (Gustiav)

    Zu einigen obigen Anmerkungen zur Wissenschaftlichen Methode Zustimmung, hierzu noch ein paar kleinere Ergänzungen: Determinismus wäre bestimmbar, wenn das betrachtete System vollständig unserer Kontrolle untersteht, bspw. ein IT-System ist [1], als Systemteilnehmer selbst geht diesbezüglich gar nichts: Aus diesem Grund würde Dr. Webbaer gerne ‘unsere Theorie über den Determinismus’ als schlechte, als untaugliche Sicht einordnen wollen. [2]

    BTW und zur “Entgültigkeit”: Was wird hier von der Aussage ‘Etwas ist.’ diesbezüglich gehalten.’?

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1] bei komplexeren IT-Systemen können Sie den theoretisch vorhandenen Determinismus aber praktisch vergessen wg. ungezählter “Schnittstellen zur Physik”
    [2] Man stelle sich das mal rein praktisch vor: Da kommt einer und stellt die Freiheit des individuellen Wollens in Frage und fordert Konsequenzen jeglicher Art, auch für den Strafvollzug, – und beruft sich auf seine persönliche spekulative Theorie “Alles ist deterministisch!”; zudem sind’s bemerkenswerterweise oft Hirnforscher, zumindest in doitschem Land, die so vortragen.

  254. #254 Physiker
    Januar 24, 2012

    @Niels:

    Laut Ihrer Definition von “Determinismus” […]

    Ich habe auf Definition D4 verwiesen, in der Gott nicht vorkommt. […]
    D1 ist nicht “meine” Definition.

    Sorry, das war unaufmerksam von mir. Durch die langen Beiträge wird’s jetzte ein wenig unübersichtlich. Ich meinte tatsächlich die Definition, auf die Du im entsprechenden Diskussionsabschnitt verweist (und nicht diejenige, die Du Dir zu eigen machst). Und das war, wenn man diesen Argumentationsstrang zurückverfolgt die Definition D1. Denn Du hast behauptet, dass meine Definition gleichbedeutend mit D1 wäre.

    In einer indeterministischen Welt kann auch ein allwissender Dämon nicht alles vorhersagen, in einer deterministischen Welt kann er das.
    Ist das so schwer zu verstehen?

    Ja.
    Denn ein allwissender Dämon ist allwissend und kann immer alles vorhersagen. Wie dem auch sei: Das ist genau der zentrale Punkt zu dem wir unterschiedliche Meinungen haben. Deine obige Aussage über allwissende Dämonen ist logischer Unsinn, physikalisch irrelevant/blödsinnig und und nichts anderes als religöses Gesülze (das sogar für Theologen ein Armutszeugnis wäre).

  255. #255 Thanus
    Januar 24, 2012

    Allwissenheit und Indeterminismus schließen sich aus.

  256. #256 Webba er bak!
    Januar 24, 2012

    Ein durchgehend potent prognostisch veranlagter Dämon kann in einem nichtprognostizierbaren indeterministischen System nur so glücklich werden, wie logisch möglich – und gedankenexperimentell mit allwissenden Dämonen zu arbeiten, ist eigentlich nicht unüblich. – Was beisst denn hier noch?, kann man irgendwie helfen?

  257. #257 Physiker
    Januar 24, 2012

    @Niels:

    Dass in jedem Text und Lehrbuch über die Bohmsche Mechanik steht, dass diese Interpretation deterministisch ist, erledigt deine Einwände seltsamerweise nicht.

    Nein, natürlich nicht. Denn diese Texte und Lehrbücher verwenden dann wohl eine philosophische und keine physikalisch sinnvolle Definition von Determinismus. Und das ist doch völlig in Ordnung (solange man nicht behauptet, dass dem Begriff irgendeine physikalische Bedeutung zukäme).

    Dass Interpretationen immer auch danach unterschieden werden, ob sie deterministisch sind oder nicht, ist dir auch völlig egal.

    Man kann Interpretationen auch danach klassifizieren, welche Jesus bevorzugen würde. Aber irgendwie sind wohl die meisten Physiker doch Philosophie-affiner.

    Aber ein Paper auf arXiv, dass du offensichtlich nicht verstanden hast und aus dem du nicht einmal die Definition für deterministisch heraussuchen kannst, ist natürlich viel wichtiger.

    Genau. Denn es ist für meine Argumentation irrelevant, ob ich es verstanden habe oder die genau Definition heraussuchen kann.

    Die dortige Definition ist nach deinem Maßstab übrigens auch “unphysikalisch”.

    Nein, soweit ich das in der Kürze überblicke, nicht.

    Aha. Deiner Meinung zufolge ist die Tatsache, dass etwas dem Menschen prinzipiell nicht möglich ist, deswegen kein Einwand, weil es nur darum geht, dass du für den Menschen die prinzipielle Möglichkeit einforderst.

    Verstehe nicht, was Du damit sagen willst. In der Physik ist die Formulierung “prinzipiell möglich” ziemlich geläufig – und ich vermute wir verstehen darunter etwas verschiedenes.

    In diesen beiden Büchern kommt “prinzipiell beliebig genau” vor. Toll. Mehr aber auch nicht.

    Die Formulierung kommt dort genau in der von mir verwendeten Bedeutung vor. Mir ist noch nicht klar geworden, was Du daran zu kritisieren hast oder welche andere Bedeutung Du verwendest.

    Die Menschen, die den Dämon erfunden haben, müssen alle sehr viel dümmer als du gewesen sein. Wenn er doch gar nicht nötig ist, weil man statt “Dämon” auch “Mensch” hätte einsetzen können.

    1814 waren die Kozepte der Thermodynamik (abgeschlossene Systeme) noch gar nicht entwickelt.

    Weil deine Definition völlig trivial ist.

    a) war das gleich meine allererste Behauptung
    b) triviale Definitionen sind gut

    Eigentlich willst du , wenn man das ganze Brimborium weglässt, folgendes sagen:
    Weil man mit Hilfe der QM nur Wahrscheinlichkeitsaussagen machen kann, ist die QM indeterministisch.

    Ganz so einfach ist es auch wieder nicht, denn das könnte ja
    a) an unserer Inkompetenz liegen den exakten (Ausgangs-)Zustand zu ermitteln
    b) eine Schwäche der zugrundeliegenden Theorie sein
    Deshalb muss man es doch ein wenig umständlicher formulieren.

    Darum geht es doch die ganze Zeit. Weil man nicht weiß, welche Interpretation richtig ist, weiß man auch nicht, ob die QM deterministisch ist oder nicht.

    Das kann man aber aus Prinzip nicht entscheiden, weil alle (diskutierten) Interpretationen die selben Vorhersagen machen. Damit kann dem so definierten Determinismus-Begriff keine physikalische Bedeutung zukommen. q.e.d.

    Damit ist die Determinismus –Eigenschaft genauso „unphysikalisch“ wie jede andere Interpretation der mathematischen Formeln einer physikalischen Theorie.

    Das ist wieder ein Kategorienfehler: Eine Interpretation ist nicht das gleiche wie eine Eigenschaft, die durchaus auch als empirisch prüfbar angesehen werden kann.

  258. #258 Niels
    Januar 24, 2012

    @Physiker

    Das kann man aber aus Prinzip nicht entscheiden, weil alle (diskutierten) Interpretationen die selben Vorhersagen machen. Damit kann dem so definierten Determinismus-Begriff keine physikalische Bedeutung zukommen. q.e.d.

    Die Engel-Interpretation und die Raumkrümmungs-Interpretation wurden doch schon vorgestellt. Was ist richtig?
    Das kann man aber aus Prinzip nicht entscheiden, weil alle (diskutierten) Interpretationen (wie Engel und Raumkrümmung) die selben Vorhersagen machen. Damit kann dem so definierten Raumkrümmungs-Begriff keine physikalische Bedeutung zukommen. q.e.d.

    Die dortige Definition ist nach deinem Maßstab übrigens auch “unphysikalisch”.

    Nein, soweit ich das in der Kürze überblicke, nicht.

    Dann bist du in deiner Kürze nicht einmal bis zum vierten Satz gekommen.

    the problem we want to address is whether determinism is always present regardless of our capacity of prediction in practice.

    […]

    the deterministic assumption postulates the existence of the same standing hidden variable values (the unknown initial conditions) behind all the successive self-responses of the isolated system along a certain finite time, this isolated system including at least the measurement device besides the measured system.
    […]
    According to the determinism postulate for our enlarged system, there exists a function (unknown to us) which provides those outcomes for each value of time, starting from the initial conditions

    Davon mal abgesehen:
    Warum soll eigentlich ausgerechnet deine Definition so furchtbar physikalisch sein?
    Weil du sie aufgestellt hast und du schließlich der absolute Experte in allen physikalischen Fragen bist?
    Komisch, dass deine Definition in Physik-Lehrbüchern, Lexika oder physikalischen Papern nicht zu finden ist.
    Liegt wohl daran, dass niemand außer dir richtig beurteilen kann, was “echte Physik” ausmacht.

    Aber ein Paper auf arXiv, dass du offensichtlich nicht verstanden hast und aus dem du nicht einmal die Definition für deterministisch heraussuchen kannst, ist natürlich viel wichtiger.

    Genau. Denn es ist für meine Argumentation irrelevant, ob ich es verstanden habe oder die genau Definition heraussuchen kann.

    Wenn es für dich irrelevant ist, ob du etwas verstanden hat, bevor du deinen Senf dazu gibst, erklärt das manches bei dieser Diskussion.

    Aber machs dir ruhig weiter einfach.
    Alle Dinge, die du nicht verstanden hast, sind einfach “unphysikalisch” und “irrelevant”. Erspart auch das weitere Nachdenken und erzeugt ein wohliges Gefühl der Überlegenheit.

    Na ja, Gustav hat recht. Wir drehen uns ergebnislos im Kreis.
    Ich seh auch nicht, dass sich das ändern würde.
    Agree to disagree?

  259. #259 Physiker
    Januar 24, 2012

    @Niels:
    Ich habe meine vorherigen Antworten in zwei Beiträge gesplitted: Einen kurzen, der mir wichtig war und in einen langen, der mir unwichtig ist.

    Die Engel-Interpretation und die Raumkrümmungs-Interpretation wurden doch schon vorgestellt. Was ist richtig?

    Die Raum(zeit)krümmung kann man (interpretationslos) messen. Engel nicht. Deshalb ist Deine Analogie in die Hose gegangen.

    Dann bist du in deiner Kürze nicht einmal bis zum vierten Satz gekommen.

    Das musst Du schon genauer erklären, was daran unphysikalisch sein soll.

    Agree to disagree?

    Das werte ich als sehr plumpen Versuch sich aus der Diskussion zu stehlen, obwohl ich von Dir abgesehen von Nörgeleien, rhetorischen Fragen, Vorwürfen, Unterstellungen, persönlichen Angriffen und Deinem Hauptargument “Alle anderen sehen das anders” kaum etwas griffiges zu Deinem Standpunkt erfahren habe.

  260. #260 Webba er bak!
    Januar 24, 2012

    Wenn der Webbaer hier einmal streitschlichtend eingreifen darf: Das von beiden Physiker-Kollegen zuletzt bemühte Thema ist erkennbar nebensächlich und Niels, der dem Wb auch namentlich bekannt ist, hat im Wesentlichen recht. Er ist zudem auch jung und weniger borniert.

    MFG
    Dr. Webbaer

  261. #261 Niels
    Januar 24, 2012

    @Physiker
    Dann miss die Raum(zeit)krümmung doch mal, auch wenn das außer dir kein Mensch schafft. Danach kannst du dich wieder melden.

    Das werte ich als sehr plumpen Versuch sich aus der Diskussion zu stehlen, obwohl ich von Dir abgesehen von Nörgeleien, rhetorischen Fragen, Vorwürfen, Unterstellungen, persönlichen Angriffen und Deinem Hauptargument “Alle anderen sehen das anders” kaum etwas griffiges zu Deinem Standpunkt erfahren habe.

    Außer “das ist alles unphysikalisch und irrelevant, weil ich das so sage” hast du noch keine Argumente gebracht.

    “Alle anderen sehen das anders” ist übrigens nicht mein Hauptargument. Das habe ich nur immer wieder erwähnt, damit du mal über deinen Standpunkt nachdenkst.
    Das ist ähnlich wie beim Klimawandel: Wenn praktisch alle Experten und Lehrbücher anderer Meinung sind als man selbst, sollte man die eigene Position noch mal überprüfen, weil da doch was dran sein könnte.

    Mir bringt das hier jedenfalls nichts. Deswegen will ich die Diskussion beenden.
    Wenn du der Meinung bist, dass Gustav und ich nur Nörgeleien, rhetorische Fragen, Vorwürfen, Unterstellungen und persönliche Angriffen geschrieben haben, bringt es dir doch auch nichts.
    Warum willst du also weitermachen?
    Ich hätte auch einfach nicht mehr antworten können, das erschien mir aber zu unhöflich.

  262. #262 Andrea N.D.
    Januar 25, 2012

    @Niels, @Physiker:
    Trotz (grundsätzlicher?) Meinungsverschiedenheiten gerne gelesen.

    @MartinB.
    “Ich mache nochmal das Gedankenexperiment zweier absolut identischer Kopien des Universums. Im einen entscheide ich mich anders als im anderen.”

    Ich musste lange darüber nachdenken, worüber ich hier eigentlich immer stolpere. Da dies eine Basishypothese Deiner Argumentation ist (zu der ich keine Meinung habe), möchte ich doch noch erläutern, worüber ich gestolpert bin:
    So weit ich weiß, beinhaltet der Identitätsbegriff auch den Raum – sonst ist es keine Identität. Natürlich kannst Du für das Gedankenexperiment eine Kopie Deiner Welt annehmen. Es wird dort aber nie Identität herrschen. Und das ist genau der Punkt: Du wirst in keiner Kopie notwendig zu einer identischen Entscheidung gelangen können; genauso wird es aber notwendig Kombinationen geben, die zu einer identischen Entscheidung führen werden.

  263. #263 Physiker
    Januar 25, 2012

    @Niels:

    Dann miss die Raum(zeit)krümmung doch mal, auch wenn das außer dir kein Mensch schafft. Danach kannst du dich wieder melden.

    Die Zeit”krümmung” kann man über Uhren(vergleiche) messen, die Raumkrümmung z.B. im Prinzip über die Summe der Innenwinkel in Dreiecken. Da gibt es überhaupt nichts interpretationsbedürftiges.

    Außer “das ist alles unphysikalisch und irrelevant, weil ich das so sage” hast du noch keine Argumente gebracht.

    Doch, aber diese hast Du konsequent ignoriert.

    “Alle anderen sehen das anders” ist übrigens nicht mein Hauptargument. Das habe ich nur immer wieder erwähnt, damit du mal über deinen Standpunkt nachdenkst.

    a) habe ich gar nicht behauptet, dass das mein Standpunkt wäre. Ich habe in dieser Diskussion einen Standpunkt konsequent zu Ende gedacht, den die überwältigende Mehrheit der Physiker angehört und kurz mit dem Satz “physikalisch ist, was man messen kann” zusammengefasst werden kann. Prominenter Vertreter dieser Rückbesinnung auf experimentell zugängliches ist z.B. Phil Anderson.
    b) Diejenigen, die das “anders sehen” sind eine verschwindend geringe Minderheit. Ich habe grade eben ca. 10 QM-Lehrbücher durchwälzt und so gut wie alle schweigen zu diesem Thema. Eine Mehrheit ist das also nicht. Und das eine Buch (Walter Greiner) das dem Determinismus sogar einen grösseren Abschnitt (in einem Kapitel das als philosophische Ausschweiffung gekennzeichnet ist) schenkt beginnt diesen mit dem Satz, dass die QM indeterministisch ist und mit einer anschliessenden Definition die meinem Vorschlag inhaltlich und sogar teilweise wörtlich sehr nahe kommt. Ein anderes Buch (Schwabl) definiert den Determinismus über die Heisenbergsche Unschärferelation, so dass die Newton-Gleichungen deterministisch und die QM (egal nach welcher Interpretation) indeterministisch ist. Keines der Bücher greift auf das veraltete Konzept des Laplaceschen Dämons zurück um den Determinismus zu defininieren.

    Das ist ähnlich wie beim Klimawandel: Wenn praktisch alle Experten und Lehrbücher anderer Meinung sind als man selbst, sollte man die eigene Position noch mal überprüfen, weil da doch was dran sein könnte.

    Dumm nur, dass das wohl eine komplette Fehleinschätzung Deinerseits ist, die wahrscheinlich nur auf Wikipedia-Einträgen beruht und vielleicht ein paar vereinzelter Wissenschaftler, die auf diesem Grenzgebiet zur Philosophie forschen und mit philosophischen Definitionen um sich werfen um mit scheinbar kontroversen Ansichten Aufmerksamkeit zu erheischen.

    Ich hätte auch einfach nicht mehr antworten können, das erschien mir aber zu unhöflich.

    Der war gut…wie wenn Du Dich in den vorausgehenden Beiträgen um Höflichkeit bemüht hättest…

    Übrigens würde es mir zu denken geben, wenn der titelgeile Charmin-Bär für mich Partei ergreift… brrr…

  264. #264 Niels
    Januar 25, 2012

    @Physiker

    Diejenigen, die das “anders sehen” sind eine verschwindend geringe Minderheit. Ich habe grade eben ca. 10 QM-Lehrbücher durchwälzt und so gut wie alle schweigen zu diesem Thema.

    Wenn Einführungs-Lehrbücher zur Quantenmechanik dazu schweigen, belegt das also, dass alle bis auf eine absolute Minderheit deinen Standpunkt teilen?
    Seltsame Logik. Schweigen bedeutet also Zustimmung zu einer bestimmten Sichtweise.

    Darüber hinaus wäre es vielleicht hilfreich, nicht nur in Einführungs-Lehrbücher zu schauen!

    Übrigens bezweifele ich stark,dass deine acht ungenannten Bücher wirklich dazu schweigen.
    Wenn sie ein Kapitel über die Bellschen Ungleichungen haben, steht dort mit großer Wahrscheinlichkeit etwas zu diesem Thema.
    Du hast zum Beispiel nur zwei Bücher als Gegenargument genannt und sogar in diesen beiden Büchern steht jeweils genau das von Gustav und mir Geschriebene!

    Ein anderes Buch (Schwabl) definiert den Determinismus über die Heisenbergsche Unschärferelation, so dass die Newton-Gleichungen deterministisch und die QM (egal nach welcher Interpretation) indeterministisch ist.

    Tja, tatsächlich steht dort das genaue Gegenteil.
    Im Schwabl steht klar, dass es sowohl indeterministische als auch deterministische Interpretationen gibt.
    Wobei laut Schwabl die deterministischen Interpretation der QM genau so deterministisch sind wie die Newtonsche Theorie.

    Schwabl, Franz: Quantenmechanik
    20.1 Der quantenmechanische Zustand, Kausalität und Determinismus

    Unter klassischem Determinismus versteht man den Sachverhalt, daß Ort
    und Impuls, die ja den Zustand in der klassischen Mechanik definieren, mit
    beliebiger Genauigkeit angegeben werden konnen. In der Quantentheorie haben Ort und Impuls nicht gleichzeitig scharfe Werte, sondern es ergibt sich
    je nach Wellenfunktion eine statistische Verteilung, es liegt hier also kein
    Determinismus vor

    Hier hast du offensichtlich aufgehört zu lesen. Das war aber nur die Einleitung.
    Praktisch direkt darunter steht:

    Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden folgende Probleme angesprochen: Klärung des Zustandsbegriffes, Untersuchung der Frage, ob man die Quantentheorie durch verborgene Parameter ergänzen kann


    20.4 EPR-Argument, Versteckte Parameter, Bellsche Ungleichung


    Der nichtdeterministische Charakter der Quantenmechanik ist der an klassischen Vorgangen geschulten Vorstellung fremd. Es hat deshalb immer Versuche gegeben, die Quantentheorie durch eine statistische Theorie zu ersetzen.
    Danach gäbe es verborgene Parameter, durch die für jedes einzelne Objekt alle Observablen tatsachlich festgelegt wären. Nur wären dem Experimentator die Werte der verborgenen Parameter nicht bekannt, woraus der Wahrscheinlichkeitscharakter resultierte.

    Der Wahrscheinlichkeitscharakter der Quantenmechanik wäre dann ganz analog dem der klassischen statistischen Mechanik, wo auch im Prinzip die Bewegung aller Teilchen als bekannt vorstellbar ist
    […]
    Es ist hier nicht der Platz, auf die verschiedenen Stadien der Theorien von
    verborgenen Parametern, verknupft mit dem von Neumannschen Gegenbeweis und der Bohmschen Neuformulierung der Theorie der Führungswellen einzugehen

    Dort steht doch ganz klar: Der Wahrscheinlichkeitscharakter der Quantenmechanik wäre dann ganz analog dem der klassischen statistischen Mechanik, wo auch im Prinzip die Bewegung aller Teilchen als bekannt vorstellbar ist
    So eine Interpretation ist also genau so deterministisch wie die klassische Mechanik!
    Da steht also: Es gibt indeterministische und deterministische Interpretationen.
    Als Beispiel einer indeterministischen Theorie/Interpretation wird die Bohmsche Mechanik = die Bohmsche Neuformulierung der Theorie der Führungswellen genannt.
    Diese Interpretation wurde dir in dieser Diskussion schon zig Mal vorgestellt.

    Und das eine Buch (Walter Greiner) das dem Determinismus sogar einen grösseren Abschnitt (in einem Kapitel das als philosophische Ausschweiffung gekennzeichnet ist) schenkt beginnt diesen mit dem Satz, dass die QM indeterministisch ist und mit einer anschliessenden Definition die meinem Vorschlag inhaltlich und sogar teilweise wörtlich sehr nahe kommt.

    Da hast du aber so einiges nicht verstanden. Im Greiner ist nämlich ebenfalls der Sachverhalt so dargestellt, wie Gustav und ich ihn schon die ganze Zeit schildern.
    Dort steht es sogar ausdrücklich und völlig unmissverständlich.

    Greiner, Walter: Quantenmechanik

    95: Das Bellsche Theorem

    Viel der Schwierigkeiten mit dem nicht-lokalen, indeterministischem Charakter der Quantenmechanik werden vermieden durch die Kopenhagener Interpretation, die das Maßgerät als Teil des quantenmechanischen Systems ansieht.
    Ein weiterer Ansatz ist es, eine Theorie verborgener Parameter zu konstruieren, die die beiden korrelierten Teilchen zusammen mit der Meßapperatur als ein System betrachten.
    Es ist tatsächlich möglich, eine solche nicht-lokale, aber deterministische(!!!) Theorie zu konstruieren, die die Ergebnisse der Quantenmechanik reproduziert.

    Das Standardbeispiel für eine solche Theorie ist dann wie gesagt die Bohmsche Mechanik.
    Dort steht also wieder genau das Gegenteil des von dir Behaupteten!
    Laut Greiner gibt es deterministische und indeterministische Interpretationen!

    Keines der Bücher greift auf das veraltete Konzept des Laplaceschen Dämons zurück um den Determinismus zu defininieren

    Eigentlich wurde das auch nie behauptet, oder?

    Wobei ich mir dabei aber nicht so sicher bin.
    Im Greiner hab ich auf die Schnelle keine genaue Definition des Begriffes Determinismus gefunden. Vielleicht kannst du sie ja nachliefern?
    Beim Schwabl sehe ich keinen bedeutsamen Unterschied zwischen seinem “klassischen Determinismus” und D1.

    Wenn du bei den anderen acht Büchern beim Thema Laplacescher Dämon genau so viel verstanden hast wie darüber, was Greiner und Schwabl zum Determinismus der QM sagen, kann in diesen Bücher außerdem weiß Gott was drinstehen.

    Dumm nur, dass das wohl eine komplette Fehleinschätzung Deinerseits ist, die wahrscheinlich nur auf Wikipedia-Einträgen beruht und vielleicht ein paar vereinzelter Wissenschaftler

    Na ja, offenbar habe ich bei dieser Einschätzung doch ganz gute Gesellschaft.
    Sämtliche Wikipediaeinträge zu diesem Thema teilen meine Ansicht, Gustav ebenfalls, sowie die beiden von dir genannten Lehrbüchern. Außerdem sämtliche Artikel und Bücher zur Bohmschen Mechanik.

    Dagegen steht auf deiner Seite bisher noch gar niemand.
    Wie gesagt, darüber würde ich mal nachdenken.

  265. #265 Niels
    Januar 25, 2012

    Ich habe in dieser Diskussion einen Standpunkt konsequent zu Ende gedacht, den die überwältigende Mehrheit der Physiker angehört und kurz mit dem Satz “physikalisch ist, was man messen kann” zusammengefasst werden kann. Prominenter Vertreter dieser Rückbesinnung auf experimentell zugängliches ist z.B. Phil Anderson.

    Vermutlich vertreten die meisten Physiker irgendeine Form von Materialismus.

    Dein Standpunkt “nur Erwartungswerte sind physikalisch” ist etwas Anderes.
    Aber vielleicht kann Andrea N.D. dazu etwas sagen. Sie kennt sich da sicher besser aus.

    Andrea N.D.?

    Aus der von dir verlinkten Äußerung Phil Andersons steht nur folgendes lose mit dem Thema Verbundenes:
    My belief is based on the fact that string theory is the first science in hundreds of years to be pursued in pre-Baconian fashion, without any adequate experimental guidance.
    Die allgemeine Relativitätstheorie würde übrigens auch “without any adequate experimental guidance” entwickelt.

    Und weiter?
    Phil Anderson findet also die String-Theorie doof und steht auf die Baconian method.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Baconian_method
    The Baconian method advocates “inductive reasoning”. By reasoning using “induction” Bacon meant the ability to gradually generalize a finding based on accumulating data – he advised proceeding by this method (building a case from the ground up).

    Da interpretiert du jetzt aber ziemlich viel rein, wenn du behauptet, Phil Anderson habe damit gesagt “physikalisch ist, was man messen kann”.
    Gibts noch bessere Belege dafür, dass angeblich “die überwältigende Mehrheit der Physiker” das so sieht?

    Ach ja, sind für dich eigentlich die Bellsche Ungleichung oder das Kochen-Specker-Theorem “physikalisch”?
    Wenn ja, warum? Sie beschäftigen sich mit Dingen, die man nicht messen kann.

  266. #266 Webba er bak!
    Januar 26, 2012

    Für weiterhin interessierte Mitleser: Es ist nicht so, dass Physiker bei diesem Thema irgendetwas Werthaltiges beitragen müssen; die aus der Philosophie ausgelagerten Disziplinen sind speziell, d.h. bei solchen Fragen wie denjenigen nach der Spezifität der Welt nur handlangend verfügbar. Man darf oder soll sich hier von fachgebietsinternen Geraune und Gehacke [1] nicht irritieren lassen – und der von dritter Seite behauptete Determinismus kann auch mit “einfachen” philosophischen Mitteln zurückgewiesen werden.

    BTW: Wäre die Welt deterministisch, hätte das welche gesellschaftlichen Folgen? A: Jenau!

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1] Mal stecken lassen, sowas trägt man privat oder in der Herrensauna aus.

  267. #267 Physiker
    Januar 26, 2012

    @Niels:

    Dein Standpunkt “nur Erwartungswerte sind physikalisch” ist etwas Anderes.

    Du legst mir diese Aussage ständig in den Mund, obwohl ich sie nie gemacht habe. Der Kern unserer Meinungsverschiedenheit geht wohl auf eine unterschiedliche Definition von “(un)physikalisch” zurück. Ich nehme an, Du definierst “physikalisch” etwas weiter als ich (wie eigentlich genau?). Ich habe hier eine Definition verwendet, die sich am Experiment orientiert. Mit dieser Definition (die ich zugegebenermassen recht flapsig/provokativ formuliert habe “physikalisch ist, was man messen kann”) brandmarke ich sofort die Frage nach dem was vor dem Urknall war, dem Inneren von Schwarzen Löchern, der Existenz von Paralelluniversen, etc. als unphysikalisch (worüber wir uns wahrscheinlich einig sind). Auf der anderen Seite bezeichne ich damit aber auch z.B. eine globale Phase (in der quantenmechanischen Wellenfunktion) als unphysikalisch – was schon deutlich kontroverser sein dürfte. Deshalb bin ich verwundert, dass Du dies nicht als Einwand gebracht hast und Dich stattdessen in seltsamene Behauptungen zu Laplaceschen Dämonen und zur Messbarkeit der Metrik verstrickt hast. Dass aber eine globale Phase keine physikalische Bedeutung hat ist eine absolut vertretbare Aussage. Und diese Aussage schmälert auch nicht die Nützlichkeit des Konzepts der Eichinvarianz, sondern sie macht nur eine Aussage über die Messbarkeit der Grösse. Sorry für diesen kleinen Exkurs. Völlig analog dazu ist aber meinem hier vertretenem Standpunkt nach die philosophische Verwendung des Determinismus-Begriffs: Er mag nützlich sein, um Theorien zu klassifizieren – es kommt ihm aber keine physikalische Bedeutung zu.

    Aus der von dir verlinkten Äußerung Phil Andersons steht nur folgendes lose mit dem Thema Verbundenes:
    My belief is based on the fact that string theory is the first science in hundreds of years to be pursued in pre-Baconian fashion, without any adequate experimental guidance.

    Diese Kritik kann man durchaus auch auf die QM-Interpretationsdebatte übertragen.

    Die allgemeine Relativitätstheorie würde übrigens auch “without any adequate experimental guidance” entwickelt.

    Das hat Phil Anderson aber sicher nicht gemeint. Denn die ART ist bestens experimentell bestätigt. Ob unser Universum aber deterministisch ist oder nicht lässt sich mit der philosophischen Definition aus Prinzip nicht experimentell klären.

    Da interpretiert du jetzt aber ziemlich viel rein, wenn du behauptet, Phil Anderson habe damit gesagt “physikalisch ist, was man messen kann”.

    Das habe ich auch nicht behauptet. Vielleicht finde ich ein besseres Zitat – vielleicht hat er das, was ich in Erinnerung habe aber nur auf einer Konferenz gesagt.

    Ach ja, sind für dich eigentlich die Bellsche Ungleichung oder das Kochen-Specker-Theorem “physikalisch”?
    Wenn ja, warum? Sie beschäftigen sich mit Dingen, die man nicht messen kann.

    Wäre mir wirklich neu, dass man die Erwartunswerte nicht messen kann. Sagen Sie das mal Anton Zeilinger…

  268. #268 Andrea N.D.
    Januar 26, 2012

    Dein Standpunkt “nur Erwartungswerte sind physikalisch” ist etwas Anderes.
    Aber vielleicht kann Andrea N.D. dazu etwas sagen. Sie kennt sich da sicher besser aus.

    Andrea N.D.?”

    Definitiv nicht. Ich bin in Physik geistig in der 11. Klasse ausgestiegen, nein, eigentlich in der 10. Klasse. Und das ist schon länger her.
    Generell halte ich es aber mit dem Determinismus wie mit dem freier-Wille-Konzept: Vielleicht nützlich für (die begrenzte Reichweite von) Theorien oder die Alltagsbewältigung (einschließlich religiöser Konzepte), mehr nicht. Und: vor allem ausgedacht, nicht vor dem Ereignis existierend.

  269. #269 Physiker
    Januar 26, 2012

    @Niels· 25.01.12 · 21:20 Uhr (Teil I)

    Schweigen bedeutet also Zustimmung zu einer bestimmten Sichtweise.

    Manchmal ja. Wenn in so gut wie keinem QM-Lehrbuch näher auf alternative Interperetationen der QM eingegangen wird, dann schliesse ich daraus, dass dies – wenn überhaupt – nur ein Randgebiet darstellt, was zumindest so gut wie ausschliesst, dass “alle anderen das anders sehen”.

    Darüber hinaus wäre es vielleicht hilfreich, nicht nur in Einführungs-Lehrbücher zu schauen!

    Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Anstatt nur an den Interpretationen aus den von mir genannten Quellen rumzunörgeln, würde ich es grossartig finden, wenn Du diesen konstuktiven Beitrag leisten könntest. Für mich bedeutet das leider einen zu grossen Zeitaufwand, da ich mich in diesem Fachgebiet nicht auskenne.

    Übrigens bezweifele ich stark,dass deine acht ungenannten Bücher wirklich dazu schweigen.

    Mag sein – wahrscheinlich ist der Index dieser Bücher einfach schlecht.

    Du hast zum Beispiel nur zwei Bücher als Gegenargument genannt und sogar in diesen beiden Büchern steht jeweils genau das von Gustav und mir Geschriebene!

    Das sehe ich nicht so. Ich zitiere dazu mal aus der Einleitung von Greiner zu dem Kapitel:
    “Viele Fragen, die dabei auftauchen, gehören mehr in den Bereich der Meinungen und Ansichten als der Tatsachen; deshalb glauben viele Physiker, dass sie mehr in den Bereich der Philosophie als in die Physik gehören.”

    Tja, tatsächlich steht dort das genaue Gegenteil.
    Im Schwabl steht klar, dass es sowohl indeterministische als auch deterministische Interpretationen gibt.

    Das stimmt so nicht. Das muss man schon hineininterpretieren.

    Der Wahrscheinlichkeitscharakter der Quantenmechanik wäre dann ganz analog dem der klassischen statistischen Mechanik, wo auch im Prinzip die Bewegung aller Teilchen als bekannt vorstellbar ist

    Hier steht bewusst im gesamten Abschnitt der Konjunktiv (“wäre”), weil am Ende diese Vorstellung als Widerlegt präsentiert wird – zumindest jedenfalls mit lokalen verborgenen Parametern. Auf die Bohmschen Mechanik geht Schwabel (wie aus Deinem Zitat hervorgeht) gar nicht ein und verweist auf ein Buch von Baumann und Sexl. Tatsächlich bleibt also die einzige Aussage von Schwabel, dass die QM indeterministisch ist.

  270. #270 Physiker
    Januar 26, 2012

    @Niels· 25.01.12 · 21:20 Uhr (Teil II)
    Zu Greiner:

    Es ist tatsächlich möglich, eine solche nicht-lokale, aber deterministische(!!!) Theorie zu konstruieren, die die Ergebnisse der Quantenmechanik reproduziert.

    Was kurz darauf gleich wieder durch den Satz “Viele Physiker glauben deshalb, dass Indeterminismus eben eine Eigenschaft physikalischer Phänomene ist.” relativiert wird. Womit ich diese Vorstellung eindeutig zu den in der Einleitung genannten Meinungsverschiedenheiten in der Philosophie zuordne.

    Keines der Bücher greift auf das veraltete Konzept des Laplaceschen Dämons zurück um den Determinismus zu defininieren

    Eigentlich wurde das auch nie behauptet, oder?

    Das klang weiter oben aber noch ganz anders:

    Darum geht es aber doch gerade.
    Der allwissende, außenstehende Dämon würde das Problem natürlich lösen, aber ihn du willst in doch unbedingt abschaffen.

    Im Greiner hab ich auf die Schnelle keine genaue Definition des Begriffes Determinismus gefunden. Vielleicht kannst du sie ja nachliefern?

    Gerne:
    “Die QM ist eine indet. Theorie. Damit ist gemeint, dass es phys. Messungen gibt, deren Ergebnis nicht eindeutig festgelegt ist durch den Zustand des Systems vor der Messung (zumindest soweit es prinzipiell möglich ist, diesen zu beobachten).”
    Das ist inhaltlich fast haargenau die von mir vorgeschlagene Definition.

    Beim Schwabl sehe ich keinen bedeutsamen Unterschied zwischen seinem “klassischen Determinismus” und D1.

    Schwabels Definition hängt an der Heisenbergschen Unschärferelation. Ich sehe also inzwischen zwei Möglichkeiten: Entweder der Vertreter der Bohmschen Mechanik sieht die Unschärferelation (wegen der Unkenntnis der Anfangsbedingungen) als erfüllt an – dann ist diese Interpretation auch indeterministisch. Oder man sieht sich aus willkürlichen Gründen nicht an dieses Postulat der Bohmschen Mechanik gebunden; dann wäre die Bohmsche Interpretation tatsächlich deterministisch. Mit Willkür kann ich aber als Physiker nun mal nichts anfangen.

  271. #271 MartinB
    Januar 26, 2012

    Ist ja lustig hier – Physiker liest ein paar Einführungsbücher zur QM und erklärt damit Niels (Scienceblog-anerkannter Experte für QM-Interpretationen) wie die Welt funktioniert.
    Ich geh dann gleich mal und erklär Graeme Dott, wie man Snooker spielt.

    Ernsthaft @Physiker: Die meisten Physiker vertreten wohl das berühmte shut-up and calculate, und das spiegelt sich auch in den Lehrbüchern wider. Ich empfehle als rühmliche Ausnahme den Morrison; ein Blick in den Penrose würde vielleicht auch nicht schaden…

  272. #272 Physiker
    Januar 26, 2012

    @Niels· 25.01.12 · 21:20 Uhr (Teil III – unwichtiges)

    Sämtliche Wikipediaeinträge zu diesem Thema teilen meine Ansicht,

    Darauf würde ich nicht allzuviel geben, denn
    a) steht Deine Ansicht dort nirgends explizit
    b) sind die Wiki-Einträge auch mit meiner Ansicht konform (dass hier jemand philosophische und nicht physikalisch sinnvolle Definitionen verwendet hat)
    c) ist das ein sehr befangenes Thema

    Gustav ebenfalls,

    Gustav hat noch viel seltsamere/widersprüchlichere Ansichten vertreten.

    sowie die beiden von dir genannten Lehrbüchern.

    Naja…

    Außerdem sämtliche Artikel und Bücher zur Bohmschen Mechanik.

    Glaub’ ich sofort. Ich würde das ja auch so machen – wäre doch viel zu langweilig ein Buch/einen Artikel über eine alternative Interpretation zu schreiben, in der alles gleich ist. Unbefangener wäre z.B. ein Review-Artikel oder ein Buch das verschiedene Interpretationen diskutiert.

    Dagegen steht auf deiner Seite bisher noch gar niemand.
    Wie gesagt, darüber würde ich mal nachdenken.

    Ich muss überhaupt nicht lange nachdenken, wenn jemand behauptet ein allwissender Dämon könnte keine Vorhersagen treffen.

  273. #273 Physiker
    Januar 26, 2012

    @MartinB:

    Ist ja lustig hier – Physiker liest ein paar Einführungsbücher zur QM und erklärt damit Niels (Scienceblog-anerkannter Experte für QM-Interpretationen) wie die Welt funktioniert.
    Ich geh dann gleich mal und erklär Graeme Dott, wie man Snooker spielt.

    Na hoffentlich wird das hier kein Paradebeispiel für Dunning-Kruger… bisher hat Niels aber noch nicht sehr viele Bälle versenkt.

    Ernsthaft @Physiker: Die meisten Physiker vertreten wohl das berühmte shut-up and calculate, und das spiegelt sich auch in den Lehrbüchern wider.

    Vielleicht hat das ja genau den von mir genannten Grund.

  274. #274 Niels
    Januar 26, 2012

    Ach ja, sind für dich eigentlich die Bellsche Ungleichung oder das Kochen-Specker-Theorem “physikalisch”?
    Wenn ja, warum? Sie beschäftigen sich mit Dingen, die man nicht messen kann.

    Wäre mir wirklich neu, dass man die Erwartunswerte nicht messen kann. Sagen Sie das mal Anton Zeilinger…

    Du hast allgemein ziemlich feste Ansichten zu Dingen, die dir völlig neu sind.

    Das Kochen-Specker-Theorem ist ein Theorem, kein Experiment. Es geht um Kontextualität. Das ist kein Erwartunswert, man kann es nicht messen.

    Die experimentell bestätigte Verletzung der Bellsche Ungleichung sagt aus, dass die QM nicht gleichzeitig realistisch und lokal sein kann.
    Interpretationen, die lokal sind, dürfen nicht realistisch sein.
    Interpretationen, die realistisch sind, dürfen nicht lokal sein..
    Weder Realismus noch Lokalität sind Erwartungswerte. Man kann weder messen, ob Lokalität vorliegt, noch kann man messen, ob Realismus vorliegt.
    Wenn man das könnte, wären die Schlussfolgerungen aus der Verletzung der Bellsche Ungleichung doch auch völlig uninteressant.
    Man könnte einfach messen, ob die QM lokal ist. Danach könnte man messen, ob die QM realistisch ist.

    Darüber hinaus ist die Kopenhagener Deutung, die deiner Meinung nach praktisch alle Physiker vertreten, sogar nicht-realistisch und nicht-lokal.
    Das ist dir bekannt, oder?
    Für diese Interpretation spielen die Schlussfolgerungen aus der Verletzung der Gleichungen also absolut gar keine Rolle.
    Deswegen sollte auch die auch die Bellsche Ungleichung keine Rolle spielen.

    Trotzdem gibt es in jedem besseren Lehrbuch der QM ein Kapitel zur Bellschen Ungleichung.
    Dabei ist dieses Thema deiner Definition zufolge “unphysikalisch”.
    Seltsam, oder?

    Warum sind diese Dinge für dich nach deiner Definition “physikalisch”?
    Welche Erwartunsgwerte kannst du dabei messen, die andere Menschen nicht messen können?
    Und was hat deiner Meinung nach Zeilinger damit zu tun?
    Einfach mal ein bisschen Namedropping, weil du kein Argument formulieren kannst?

    Dagegen steht auf deiner Seite bisher noch gar niemand.
    Wie gesagt, darüber würde ich mal nachdenken.

    Ich muss überhaupt nicht lange nachdenken, wenn jemand behauptet ein allwissender Dämon könnte keine Vorhersagen treffen.

    Netter Versuch.
    Dass der Laplacescher Dämon in einer indeterministischen Welt keine Vorhersagen treffen kann, ist nun mal eine Tatsache. Keine Ahnung, warum du das nicht verstehen kannst.

    Darüber hinaus vertrete ich die Definition des Dämons nicht einmal.
    Das hast du doch sogar vorher schon eingestanden. Warum der Sinneswandel?

    Davon abgesehen hast du diesen Dämon in die Diskussion eingebracht, nicht ich.

    Wobei das natürlich für unser Thema nicht die gerinste Rolle spielt.
    Der Laplacesche Dämon hat nichts mit dem von dir behauptetem Nicht-Determinismus aller Interpretationen der QM zu tun.
    Darum geht es hier doch.

    Das war also wieder kein Argument, sondern nur ein Strohmann.

    Gustav ebenfalls,

    Gustav hat noch viel seltsamere/widersprüchlichere Ansichten vertreten.

    Sachen, die du nicht verstehst, sind deswegen nicht zwangsläufig seltsam oder widersprüchlich.
    Außerdem hast du mal wieder vergessen, aus dieser bloßen Behauptung ein echtes Argument zu machen, weil du die Widersprüchlichkeiten nicht darlegst sondern einfach nur behauptest.

    Außerdem sämtliche Artikel und Bücher zur Bohmschen Mechanik.

    Glaub’ ich sofort. Ich würde das ja auch so machen – wäre doch viel zu langweilig ein Buch/einen Artikel über eine alternative Interpretation zu schreiben, in der alles gleich ist.

    Och nö, auch noch eine Verschwörungstheorie.
    Dass es in den beiden von dir genannten Büchern auch so steht, hat du schon wieder vergessen?

    “Die Wikipedia ist befangen” ist übrigens auch nur eine Behauptung, kein Argument.

    sowie die beiden von dir genannten Lehrbücher.

    Naja…

    Das ist also das einzige “Gegenargument”, das dir zum Thema Determinismus in der QM einfällt.

    Du betreibst Namedropping, in dem du einfach behauptest, in einem Lehrbuch stünde, dass die QM indeterministisch ist.
    Wenn man tatsächlich in dieses Buch schaut, steht dort:

    Es ist tatsächlich möglich, eine solche nicht-lokale, aber deterministische(!!!) Theorie zu konstruieren, die die Ergebnisse der Quantenmechanik reproduziert

    Danach lässt du noch den Namen eines zweiten Lehrbuches fallen
    Aber auch in diesem Buch steht genau das Gegenteil des von dir Behauptete.

    Das wird dir mit Zitaten belegt.

    Dein Gegenargument ist Naja….

    Wenn du einen festen, unverrückbaren Glauben besitzt, aber keine Belege dafür vorweisen kannst und auf Argumente und Belege der Gegenseite mit “Naja…” reagierst, macht eine Diskussion für mich keinen Sinn.

  275. #275 Niels
    Januar 26, 2012

    @Physiker

    Übrigens bezweifele ich stark,dass deine acht ungenannten Bücher wirklich dazu schweigen.

    Mag sein – wahrscheinlich ist der Index dieser Bücher einfach schlecht.

    Schweigen bedeutet also Zustimmung zu einer bestimmten Sichtweise.

    Manchmal ja. Wenn in so gut wie keinem QM-Lehrbuch näher auf alternative Interperetationen der QM eingegangen wird

    In den beiden von dir genannten QM-Lehrbuch steht es, du hast es nur nicht gefunden.

    Bei den anderen acht Büchern hast du gerade zugegeben, dass du keine Ahnung hast, was drin steht.
    Ob sie wirklich einen schlechten Index haben, ist fraglich. Schließlich konnte ich in den beiden genannten Büchern die Zitate über den Index finden, du aber nicht.

    Übrigens kann ich mir wirklich nicht vorstellen, dass dazu nie etwas in den Vorlesungen erwähnt wurde. Eine kurze Bemerkung dazu wird eigentlich immer gemacht.

    Das sehe ich nicht so. Ich zitiere dazu mal aus der Einleitung von Greiner zu dem Kapitel:
    “Viele Fragen, die dabei auftauchen, gehören mehr in den Bereich der Meinungen und Ansichten als der Tatsachen; deshalb glauben viele Physiker, dass sie mehr in den Bereich der Philosophie als in die Physik gehören.

    Auf welche Fragen bezieht sich das denn?

    Natürlich beschäftigen sich die meisten Physiker gar nicht mit den verschiedenen Interpretationen. Das habe ich doch selbst schon gesagt.

    Du behauptest aber, praktisch alle Physiker würden davon ausgehen, dass die QM indeterministisch ist. Das ist doch eine völlig andere Aussage und außerdem falsch.

    Im Schwabl steht klar, dass es sowohl indeterministische als auch deterministische Interpretationen gibt.

    Das stimmt so nicht. Das muss man schon hineininterpretieren.

    Dort steht keinesfalls “Die QM ist indeterministisch”, wie von dir behauptet.

    Wie ist
    Der Wahrscheinlichkeitscharakter der Quantenmechanik wäre dann ganz analog dem der klassischen statistischen Mechanik, wo auch im Prinzip die Bewegung aller Teilchen als bekannt vorstellbar ist
    deiner Meinung nach zu interpretieren?
    Was will der Schwabl damit aussagen?

    Hier steht bewusst im gesamten Abschnitt der Konjunktiv (“wäre”), weil am Ende diese Vorstellung als Widerlegt präsentiert wird

    Natürlich wird diese Vorstellung nicht als widerlegt präsentiert.
    Der Konjunktiv steht dort, weil man nicht weiß, ob die QM deterministisch oder indeterministisch ist. Beides ist möglich.
    Wenn man eine Alternative genauer untersucht, verwendet man deswegen die Möglichkeitsform = Konjunktiv.

    – zumindest jedenfalls mit lokalen verborgenen Parametern.

    Und? Ist für ich auf einmal Lokalität zwingend?
    Da sind wir bei einem ganz anderen, für dich ebenfalls “unphysikalischen” Thema.

    Auf die Bohmschen Mechanik geht Schwabel (wie aus Deinem Zitat hervorgeht) gar nicht ein

    Doch, natürlich. Er nennt sie als Beispiel einer Interpretation, deren Wahrscheinlichkeitscharakter analog zu dem der klassischen statistischen Mechanik ist.
    Also als Beispiel einer deterministischen Theorie.
    Dass er sie ausführlich erklärt, habe ich nie behauptet.

    bleibt also die einzige Aussage von Schwabel, dass die QM indeterministisch ist.

    Aua. Wo soll das stehen?
    Lies dir die oben zusammengestellten Zitate bitte noch einmal durch.

    “Viele Physiker glauben deshalb, dass Indeterminismus eben eine Eigenschaft physikalischer Phänomene ist.” relativiert wird.

    Die Frage nach Determinismus oder Indeterminismus ist nicht geklärt.
    Viele Physiker glauben an Determinismus, viele andere an Indeterminismus. Die meisten sagen, es wäre ungeklärt.
    Das ist genau das, was ich dir schon die ganze Zeit zu vermitteln versuche.

    Du behauptest dagegen, die QM wäre klar indeterministisch!

    “Die QM ist eine indet. Theorie. Damit ist gemeint, dass es phys. Messungen gibt, deren Ergebnis nicht eindeutig festgelegt ist durch den Zustand des Systems vor der Messung (zumindest soweit es prinzipiell möglich ist, diesen zu beobachten).”

    Natürlich. Die QM kann nur Wahrscheinlichkeitsvorhersagen treffen. Das ist völlig trivial, muss in einem Anfängerlehrbuch der QM aber natürlich erwähnt werden.
    Das kann aber gar nicht Greiners allgemeineDefinition von Determinismus sein.
    Sonst könnte er nicht schreiben:
    Es ist tatsächlich möglich, eine solche nicht-lokale, aber deterministische(!!!) Theorie zu konstruieren

    Schwabels Definition hängt an der Heisenbergschen Unschärferelation. Ich sehe also inzwischen zwei Möglichkeiten: Entweder der Vertreter der Bohmschen Mechanik sieht die Unschärferelation (wegen der Unkenntnis der Anfangsbedingungen) als erfüllt an – dann ist diese Interpretation auch indeterministisch. Oder man sieht sich aus willkürlichen Gründen nicht an dieses Postulat der Bohmschen Mechanik gebunden; dann wäre die Bohmsche Interpretation tatsächlich deterministisch. Mit Willkür kann ich aber als Physiker nun mal nichts anfangen.

    Schwabl schreibt, dass aufgrund der Unschärferelation kein klassischer Determinismus vorliegt.
    Das ist trivial. Habe ich auch schon gesagt. In einem Einstiegs-Lehrbuch muss das natürlich trotzdem mal erwähnt werden.

    Möglichkeit 1) und 2) treffen natürlich nicht zu!

    Na hoffentlich wird das hier kein Paradebeispiel für Dunning-Kruger

    Kennst du das mit dem Glashaus und den Steinen? 😉

  276. #276 Niels
    Januar 26, 2012

    @Physiker

    Ernsthaft @Physiker: Die meisten Physiker vertreten wohl das berühmte shut-up and calculate, und das spiegelt sich auch in den Lehrbüchern wider.

    Vielleicht hat das ja genau den von mir genannten Grund.

    Nein, natürlich nicht.
    Das hat den einfachen Grund, dass man auch völlig ohne jede Interpretation rechnen kann.
    Weil die Interpretationen alle auf den selben Gleichungen beruhen und die Gleichungen die eigentlichen Ergebnisse der Experimente sind.
    Darauf habe ich schon mehrmals hingewiesen, als ich darauf hingewiesen habe, dass für dich deswegen alle Interpretationen der QM “unphysikalisch” sein müssten.
    Zumindest, wenn du “unphysikalisch” konsequent verwendest.

    Das hast du aber nicht verstanden und du erzählst seither andauernd etwas von Erwartungswerten und behauptest, in der Kopenhagener Interpretation wären die Rechnungen einfacher als in der Bohmschen Mechanik.

  277. #277 Physiker
    Januar 27, 2012

    @Niels· 26.01.12 · 20:02 Uhr:
    Cool down – hier geht’s nicht um den Weltuntergang…

    Das Kochen-Specker-Theorem ist ein Theorem, kein Experiment. Es geht um Kontextualität. Das ist kein Erwartunswert, man kann es nicht messen.
    Die experimentell bestätigte Verletzung der Bellsche Ungleichung sagt aus, dass die QM nicht gleichzeitig realistisch und lokal sein kann.

    Natürlich kann man in beiden Fällen Experimente machen: Bei den Bellschen Ungleichungen gibst Du das ja ohnehin zu und das Kochen-Specker Theorem kann man auch mit Experimenten untersuchen. Also beschäftigen sie sich nicht “mit Dingen die man nicht messen kann”. Wenn Du etwas anderes meintest, musst Du das schon etwas präziser beschreiben. Ansonsten musst Du halt mit Widerspruch rechnen. Abgesehen davon, sehe ich auch nicht wirklich was das mit unserer eigentlichen Diskussion zu tun haben soll. Ich vermute, wie bereits erwähnt, Dich stört mein hier vorgeschlagenes Konzept dessen, was man als “physikalisch” bezeichnen kann. Anstatt aber nur mit unpassenden Vergleichen rumzunörgeln, präsentier doch einfach einen konstruktiven Einwand.

    Für diese Interpretation spielen die Schlussfolgerungen aus der Verletzung der Gleichungen also absolut gar keine Rolle.
    Deswegen sollte auch die auch die Bellsche Ungleichung keine Rolle spielen.

    Diese Aussage ist logischer Unsinn: Du nimmst das Ergebnis des Experiments bereits vorweg. Denn wenn das Experiment keine Verletzung der Bellschen Ungleichungen zeigen würde, dann ergäben sich sehrwohl Schlussfolgerungen. Ich zitiere Schwabl: “Das Experiment entscheidet für die QM und gegen lokale verborgene Parameter”.

    Ich muss überhaupt nicht lange nachdenken, wenn jemand behauptet ein allwissender Dämon könnte keine Vorhersagen treffen.

    Netter Versuch. Dass der Laplacescher Dämon in einer indeterministischen Welt keine Vorhersagen treffen kann, ist nun mal eine Tatsache.

    Aha, einfach mal das “allwissend” von vorhin unter den Teppich kehren. Geschenkt. Mir zeigt das jedenfalls: Du hast meine Kritik verstanden. Wenn Du also wirklich der “Scienceblog-anerkannter Experte für QM-Interpretationen” bist, warum argumentierst Du dann den von mir präsentierten Einwand nicht in Grund und Boden?

    Wenn du einen festen, unverrückbaren Glauben besitzt, aber keine Belege dafür vorweisen kannst und auf Argumente und Belege der Gegenseite mit “Naja…” reagierst, macht eine Diskussion für mich keinen Sinn.

    Meine Argumente befanden sich in den vorausgehenden Kommentaren (Teil I und II). Im Teil III befanden sich nur Anmerkungen. Nachdem Du aber per Cherry-picking aus meinen Beiträgen bunt gemischt zitierst und mich damit nur noch rhetorisch angreifst, bestätigt das nur noch meine Vermutung: Du hast nichts gegen den von mir hier vertretenen Standpunkt in der Hand. Zumindest nichts, was Du schnell aus dem Ärmel schütteln könnest – und das ist für einen “anerkannten Experten” ziemlich schwach.

  278. #278 Physiker
    Januar 27, 2012

    @Niels· 26.01.12 · 20:56 Uhr

    Auf welche Fragen bezieht sich das [Anm.: Zitat aus Greiner] denn

    Man kann das – wie bereits geschrieben – auf den Widerspruch beziehen, dass Greiner erst die QM indeterministisch nennt, dann schreibt es gäbe auch deterministische Interpretationen und anschliessend ein “Viele Physiker glauben deshalb, dass Indeterminismus eben eine Eigenschaft physikalischer Phänomene ist.” hinterherschiebt. Am einfachsten ist das zu erklären, wenn man annimmt, dass dem verschiedene Defitionen von “Determinismus” zugrunde liegen.

    Du behauptest aber, praktisch alle Physiker würden davon ausgehen, dass die QM indeterministisch ist.

    Abgesehen davon, dass ich das nie behauptet habe, bereue ich es schon länger auf irgendwelche nicht nachprüfbare Mehrheitsentscheidungen, eingegangen zu sein. Du behauptest, es wäre die Lehrmeinung, dass die Frage nach der Determiniertheit der QM unbeantwortet sei. Laut meinem hier vertretenen Standpunkt, liegt das daran, dass eine philosophische Definition von Determinismus verwendet wird die aus Prinzip nicht experimentell überprüfbar – und somit unphysikalisch – ist. Dir wird hier die Experise auf diesem Gebiet zugesprochen – also: widerleg’ doch einfach meine Kritik. Kann doch nicht sein, dass ich der erste bin, der diesen Einwand vorbringt…

    Dort steht keinesfalls “Die QM ist indeterministisch”, wie von dir behauptet.

    Doch und zwar wörtlich: “Der nichtdeterministische Charakter der QM ist der an klassischen Vorgängen geschulten Vorstellung fremd.”

    Wie ist “Der Wahrscheinlichkeitscharakter der Quantenmechanik wäre dann ganz analog dem der klassischen statistischen Mechanik, wo auch im Prinzip die Bewegung aller Teilchen als bekannt vorstellbar ist” deiner Meinung nach zu interpretieren?

    Jedenfalls im Kontext der EPR-Argumentation (siehe Überschrift). D.h. es geht dabei um lokale verborgene Parameter und nicht wie in der Bohmschen Mechanik um globale verborgene Parameter.

    Doch, natürlich. Er nennt sie [Anm.: die Bohmsche Mechanik] als Beispiel einer Interpretation, deren Wahrscheinlichkeitscharakter analog zu dem der klassischen statistischen Mechanik ist. Also als Beispiel einer deterministischen Theorie.

    Genau das tut er nicht. Denn im gesamten Abschnitt geht es um lokale verborgene Parameter. Der Hinweis auf die Bohmsche Mechanik ist eine ausschweifende Bemerkung, die nichts an der Argumentation dieses Abschnitts ändert.

    Viele Physiker glauben an Determinismus, viele andere an Indeterminismus. Die meisten sagen, es wäre ungeklärt. Das ist genau das, was ich dir schon die ganze Zeit zu vermitteln versuche.

    Woran viele Physiker “glauben” interessiert mich nicht. Mich interessiert die Frage, ob im Rahmen der Physik die Frage nach dem Determinismus (un)geklärt ist. Und wenn Du meinst, diese Frage wäre noch offen, dann zitier doch einfach eine vernünftige Quelle dazu.

    Du behauptest dagegen, die QM wäre klar indeterministisch!

    Das steht zumindest wörtlich so in Einführungs-QM-Bücher. Und anders als Martin, werde ich diese Autoren nicht als zweitklassig abwerten. Denn das was in Lehrbüchern steht ist ja gerade die Lehrmeinung.

    Das kann aber gar nicht Greiners allgemeineDefinition von Determinismus sein.
    Sonst könnte er nicht schreiben:
    Es ist tatsächlich möglich, eine solche nicht-lokale, aber deterministische(!!!) Theorie zu konstruieren

    Das ist schon wieder ein logischer Fehlschluss, und zwar der der unerwünschten Konsequenz. Also ich lege mehr Vertrauen in eine Definition die am Anfang eines Kapitels gebracht wird als auf Meinungsverschiedenheiten die weiter hinten erwähnt werden.

    Möglichkeit 1) und 2) treffen natürlich nicht zu!

    Und welche dann?

  279. #279 MartinB
    Januar 27, 2012

    @Physiker
    “Und wenn Du meinst, diese Frage wäre noch offen, dann zitier doch einfach eine vernünftige Quelle dazu. ”
    Roger Penrose, Road to Reality, ch. 29 sollte hier massiv weiterhelfen.

  280. #280 MartinB
    Januar 27, 2012

    “Und anders als Martin, werde ich diese Autoren nicht als zweitklassig abwerten.”
    Es geht nicht um zweitklassig, es geht darum, dass diese Fragen den meisten Physikern als uninteressant erscheinen, weil es für Experimente egal ist, ob ich eine deterministische Interpretation der QM wähle oder nicht.

    Zitat Hawking
    ” Reality is not a quality you can test with litmus
    paper. All I’m concerned with is that the theory should predict the
    results of measurements”

    Und das tut die Theorie, egal ob ich viele Welten, Bohm-Mechanik oder Kopenhagen oder sonstwas als Interpretation verwende oder die Frage nach der Interpretation offen lasse.

    Und es scheint mir auch nicht ganz unwahrscheinlich, dass viele Autoren auch der Meinung sind, erst mit einem gesunden Verständnis, wie man Dinge mit der Qm berechnet und welche physikalischen Phänomene es gibt, kann man sinnvoll
    über die Interpretation nachdenken – Leute die halbverstandene Wissensbrocken über Quantenemchanik wiederkäuen, gibt es eh schon zu viele.

    Penrose sieht die Sache übrigens ganz anders als Hawking
    “…present-day quantum mechanics has no credible ontology, so that it
    *must* be seriously modified in order for the physics of the world to
    make sense.”
    Aber Road to Reality ist hier wirklich Pflichtlektüre.
    Zusätzlich auf jeden Fall noch “Speakable and Unspeakable in Quantum Mechanics” von Bell höchstselbst.

  281. #281 Niels
    Januar 27, 2012

    @MartinB
    In Kapitel 29 bei Road to Reality hab ich gestern schon reingeschaut.
    Da gibts es keinen Knaller-Satz, den man zitieren könnte. Man müsste längere Abschnitte zitieren und im Zusammenhang betrachten.
    Das bringt aber nichts, da interpretiert Physiker dann wieder genau das Gegenteil des Gemeinten hinein.

    @Physiker

    Meine Argumente befanden sich in den vorausgehenden Kommentaren (Teil I und II). Im Teil III befanden sich nur Anmerkungen.

    Ja, Teil 2 und 3 hatte ich zuerst völlig übersehen.
    Ich kommentiere hier nur nebenher, während ich vor dem Computer immer wieder darauf warte, dass etwas fertig wird.
    Deswegen auch der schlechte Stil mit den unzähligen Zitaten und der fehlende Zusammenhang. Ist nicht schön, geht aber viel schneller. (Außerdem machst du es ja genau so.)
    Wobei ich es nicht Cherry-picking nennen würde, wenn ich praktisch jeden Satz von dir zitiere.

    Davon abgesehen habe ich auch in Teil 2 und 3 keine Argumente gesehen. Nur eine Versteifung auf einen einzelnen Satz in einem Lehrbuch, während der Rest ignoriert wird.
    Darauf bin ich dann aber trotzdem noch in einem weiteren Beitrag eingegangen.

    Ich muss überhaupt nicht lange nachdenken, wenn jemand behauptet ein allwissender Dämon könnte keine Vorhersagen treffen.

    Netter Versuch. Dass der Laplacescher Dämon in einer indeterministischen Welt keine Vorhersagen treffen kann, ist nun mal eine Tatsache.

    Aha, einfach mal das “allwissend” von vorhin unter den Teppich kehren.

    Nach der Urspungsdefinition ist der Dämon

    Eine Intelligenz, die in einem gegebenen Augenblick alle Kräfte kennt, mit denen die Welt begabt ist, und die gegenwärtige Lage der Gebilde, die sie zusammensetzen, und die überdies umfassend genug wäre, diese Kenntnisse der Analyse zu unterwerfen
    Das habe ich als allwissend abgekürzt.
    Unter dem Teppich habe ich es nicht gekehrt, allwissender Dämon und Laplacescher Dämon sind für mich deckungsgleich.
    Meinetwegen ist diese Abkürzung ungeeinget, weil du unter allwissend etwas anderes versteht.
    Wie würdest du obiges abkürzen?

    Dort steht keinesfalls “Die QM ist indeterministisch”, wie von dir behauptet.

    Doch und zwar wörtlich: “Der nichtdeterministische Charakter der QM ist der an klassischen Vorgängen geschulten Vorstellung fremd.”

    Natürlich. Das stimmt doch auch.

    Der mögliche deterministische Charakter der QM ist der an klassischen Vorgängen geschulten Vorstellung allerdings mindestens genau so fremd wie der mögliche Indeterminismus.

    Deswegen reiten die Bücher doch auf den nichtlokalen verborgenen Parametern herum.
    Diese Idee ist sehr fremdartig.

    Auch die Unschärferelation ist der klassischen Physik fremd. Und?

    Wie ist “Der Wahrscheinlichkeitscharakter der Quantenmechanik wäre dann ganz analog dem der klassischen statistischen Mechanik, wo auch im Prinzip die Bewegung aller Teilchen als bekannt vorstellbar ist” deiner Meinung nach zu interpretieren?

    Jedenfalls im Kontext der EPR-Argumentation (siehe Überschrift). D.h. es geht dabei um lokale verborgene Parameter und nicht wie in der Bohmschen Mechanik um globale verborgene Parameter.

    Aha, darum geht deiner Meinung nach also.
    Dann kannst du sicherlich erklären, warum dieser Satz für die Bohmsche Mechanik mit globalen verborgenen Parametern nicht gilt.
    Oder?

    Doch, natürlich. Er nennt sie [Anm.: die Bohmsche Mechanik] als Beispiel einer Interpretation, deren Wahrscheinlichkeitscharakter analog zu dem der klassischen statistischen Mechanik ist. Also als Beispiel einer deterministischen Theorie.

    Genau das tut er nicht. Denn im gesamten Abschnitt geht es um lokale verborgene Parameter. Der Hinweis auf die Bohmsche Mechanik ist eine ausschweifende Bemerkung, die nichts an der Argumentation dieses Abschnitts ändert.

    So wirds sein.
    Er erklärt, warum QM zwangsläufig indeterministisch ist und macht dann eine “ausschweifende Bemerkung” über eine deterministische Interpretation, um seinen Standpunkt zu untermauern.
    Klingt logisch.

    Du behauptest dagegen, die QM wäre klar indeterministisch!

    Das steht zumindest wörtlich so in Einführungs-QM-Bücher.

    Da steht:
    Es ist tatsächlich möglich, eine solche nicht-lokale, aber deterministische(!) Theorie zu konstruieren, die die Ergebnisse der Quantenmechanik reproduziert.

    Das kann aber gar nicht Greiners allgemeineDefinition von Determinismus sein.
    Sonst könnte er nicht schreiben:
    Es ist tatsächlich möglich, eine solche nicht-lokale, aber deterministische(!!!) Theorie zu konstruieren

    Das ist schon wieder ein logischer Fehlschluss, und zwar der der unerwünschten Konsequenz.

    Unerwünschte Konsequenz:

    Bei dieser Form des logischen Fehlschlusses ist es wichtig zu bemerken, dass keinerlei Aussage über den Wahrheitsgehalt der Eingangsthese gemacht wird. Letztere wird nur deswegen abgelehnt, weil die Konsequenz nicht den eigenen Wunschvorstellungen entspricht.

    Am Auffinden von logischen Fehlschlüssen musst doch noch arbeiten. Dein Detektor hat eine unglaublich hohe false-positiv Rate.
    Bisher immer nur falsche Treffer. Würde ich mal nachjustieren.

    Cool down – hier geht’s nicht um den Weltuntergang…

    Na ja, ich bin cool.
    Aber dir gehts eigentlich auch gar nicht um meinen Gemütszustand. Das ist ja bekanntlich auch ein rhetorischer Trick, dem Gegenüber immer wieder vorzuhalten, er solle sich doch beruhigen.
    Dadurch wirkt man selbst souverän. Außerdem besteht die Hoffnung, dass sich der Gesprächspartner wirklich aufregt, wenn man ihn oft genug damit nervt. 😉

    Dir wird hier die Experise auf diesem Gebiet zugesprochen – also: widerleg’ doch einfach meine Kritik. Kann doch nicht sein, dass ich der erste bin, der diesen Einwand vorbringt…..

    Wenn du deine Kritik mal vernünftig formulierst, versuche ich das.
    Im Moment zeigst du nur, dass du den Schwabl und den Greiner nicht richtig verstanden hast.

    Diese Aussage ist logischer Unsinn: Du nimmst das Ergebnis des Experiments bereits vorweg. Denn wenn das Experiment keine Verletzung der Bellschen Ungleichungen zeigen würde, dann ergäben sich sehrwohl Schlussfolgerungen. Ich zitiere Schwabl: “Das Experiment entscheidet für die QM und gegen lokale verborgene Parameter”.

    Ich nehme das Ergebnis nicht vorweg. Die Experimente wurden durchgeführt, ich spreche über das Ergebnis.

    Dass Lokalität bei verborgenen Parameter-Interpretationen ausgeschlossen werden muss, habe ich selbst schon mehrfach geschrieben. Ist aber eigentlich völlig irrelevant.

    Verborgene Parameter kann man nicht messen, ob sie lokal sind oder nicht.
    Deswegen heißen sie verborgen!
    Damit sind sie für dich “unphysikalisch”.
    Deswegen muss für dich die ganze Sache mit den Bellschen Ungleichungen “unphysikalisch” sein.

    Wenn Du also wirklich der “Scienceblog-anerkannter Experte für QM-Interpretationen” bist, warum argumentierst Du dann den von mir präsentierten Einwand nicht in Grund und Boden?

    Dass mit dem “Experte auf Scienceblogs” lässt dich nicht mehr los, oder? 😉
    Keine Ahnung, ob ich das bin. MartinB kennt sich dabei wahrscheinlich mindestens genau so gut aus wie ich, will aber lieber tiefstapeln.

    Gegen welchen Einwand soll ich den argumentieren?

    Natürlich kannst du nur Messwerte als “physikalisch” betrachten. Damit sind dann alle Interpretationen, Folgerungen und Beschreibungen von und aus physikalischen Formeln “unphysikalisch”.
    Das ist zwar ein ziemlich ungewöhnlicher Standpunkt, gegen solche philosophischen Ansichten kann man aber grundsätzlich nicht argumentieren.

    Allerdings vertrittst du diesen Standpunkt eigentlich gar nicht oder verstehst in völlig falsch. Darauf weise ich immer wieder hin.
    Für dich sind nämlich außer den Messwerten ziemlich wahllos auch manche Folgerungen und Interpretationen “physikalisch”, andere Folgerungen dagegen “unphysikalisch”.

    Die Bellsche Ungleichung führt nur zu einer Schlussfolgerung, auf Messwerte hat sie überhaupt keinen Einfluss. Also muss sie für dich “unphysikalisch” sein.
    Interpretationen kann man auch nicht messen, deswegen sollten sie für dich generell keine Rolle spielen. Vorhersagen funktionieren völlig ohne jede Interpretation.
    Determinismus kann man ebenfalls nicht messen, deswegen sollte er für dich keine Rolle spielen und “unphysikalisch” sein.
    Trotzdem weißt du ganz genau, dass die QM indeterministisch ist.
    Das ergibt einfach keinen Sinn.

  282. #282 MartinB
    Januar 27, 2012

    @Niels
    “Da gibts es keinen Knaller-Satz, den man zitieren könnte. Man müsste längere Abschnitte zitieren und im Zusammenhang betrachten.”
    Stimmt schon. Aber der “physiker” wolte ja Quellen jenseits von Lehrbüchern – ich dachte, es lohnt vielleicht, mal darauf hinzuweisen, dass es sowas gibt.

    Generell ist die Idee, Lehrbücher über entsprechend vertiefte Werke und Fachartikel zu stellen, schon ziemlich eigenwillig…

    “MartinB kennt sich dabei wahrscheinlich mindestens genau so gut aus wie ich”
    Schön wär’s. Da es diverse Interpretationen der QM gibt, von denen ich erst durch deine Kommentare erfahren habe, aber eher nicht der Fall.

  283. #283 Physiker
    Januar 27, 2012

    @MartinB:
    Es geht in unserer Diskussion um etwas anderes. Denn im Gegensatz zur Eigenschaft Realismus (Hawking-Zitat) kann man den Begriff “Determinismus” durchaus so definieren, dass man diese Eigenschaft “messen” kann. Eine solche Definition (wie man sie z.B. im Greiner findet) wäre sogar viel näher am allgemeinen Verständnis dieses Begriffs. Was für einen Sinn soll es denn haben, die Bohmsche Mechanik als deterministisch zu bezeichnen, wenn die Quantengleichgewichtshypothese es sowieso verbietet Vorhersagen (die mit der genauen Kenntnis der Anfangsbedingungen möglich wären) zu machen?
    Danke für den Literaturtipp. Ich werd’s mir mal anschauen – auch wenn mir bereits der Titel unsympatisch vorkommt.

  284. #284 MartinB
    Januar 27, 2012

    @Physiker
    Dass diese schnell-Definition im Greiner durch den später geschriebenen und von Niels zitierten Satz ausgehebelt wird, übersiehst du mal wieder. Bitte liefere mir mal die saubere Definition von “Determinismus”, den ich messen kann, der Satz mit “prinzipiell möglich” kann’s ja wohl nicht sein, es sei denn, du hast ein Prinzipometer erfunden. (Wie misst man, ob etwas “prinzipiell unmöglich” ist?)

    Der Greiner ist ein Lehrbuch. Da werden gern mal anfänglich vereinfachte Definitionen verwendet, um Dinge zu erklären. Lehrbücher über echte Fachartikel etc. zu stellen, ist wirklich ziemlich absurd.
    Wenn dir Penrose unsympathisch ist, dann versuch’s mit dem Buch von Bell.

    “Was für einen Sinn soll es denn haben, die Bohmsche Mechanik als deterministisch zu bezeichnen, wenn die Quantengleichgewichtshypothese es sowieso verbietet Vorhersagen (die mit der genauen Kenntnis der Anfangsbedingungen möglich wären) zu machen?”
    Weil es für die Natur der Realität einen ziemlichen unterschied macht, ob es verborgene Parameter gibt, die das Ergebnis von Quantenprozessen bestimmen oder ob diese “echt” zufällig sind – selbst wenn es keinen messbaren Unterschied gibt (und den gibt es nicht).

    Deswegen nennt man ja Dinge wie Kopenhagen oder Bohm auch “Interpretationen” – weil sie exakt dieselben Vorhersagen machen, diese aber mit unterschiedlichen theoretischen Entitäten beschrieben werden.

  285. #285 Niels
    Januar 27, 2012

    @Physiker

    Es geht in unserer Diskussion um etwas anderes. Denn im Gegensatz zur Eigenschaft Realismus (Hawking-Zitat) kann man den Begriff “Determinismus” durchaus so definieren, dass man diese Eigenschaft “messen” kann.

    Doch, es geht in dieser Diskussion genau darum.

    Du hast es nicht geschafft, eine experimentell überprüfbare Definition für Determinismus zu liefern. Das wurde dir schon von Anfang an immer und immer wieder dargelegt.
    Du bist außerdem davon überzeugt, dass nur messbare Dinge “physikalisch” sind.

    Trotzdem weißt du genau, dass die QM indeterministsch ist.

    Hawkings Zitat dreht sich genau um dieses Thema. Du hast dieses Zitat aber offenbar gründlich missverstanden.
    Er redet doch überhaupt nicht (wie du behauptest) über die bisher besprochene Eigenschaft Realismus (realism), sondern über etwas völlig anderes.
    Hawking spricht davon, dass es kein Experiment gibt, mit dem man die reality, also die Wirklichkeit/die Realität testen kann.
    Womit er natürlich recht hat.

    Die Wirklichkeit/die Realität umfasst natürlich unter anderem auch Dinge wie die Eigenschaft lokal/nicht-lokal, den Realismus (realism) bzw. Nicht-Realismus und die Eigenschaft deterministisch/indeterministisch.

    Weil man die Wirklichkeit nicht testen kann (und die Wirklichkeit umfasst natürlich auch den Determinismus/Indeterminismus), spielt es für ihn keine Rolle, welche Aussagen eine Theorie über die Wirklichkeit (und damit auch über den Determinismus) macht.

    Stattdessen ist es für in nur wichtig, dass eine Theorie die Messwerte korrekt vorhersagt.
    Damit spielen für ihn auch die verschiedenen Interpretationen der QM keine Rolle.
    Der mathematische Formalismus ohne jede tiefere Beschreibung reicht ihm völlig.

    Die Frage nach dem Determinismus der Wirklichkeit/Realität geht ihm sonstwo vorbei, weil man niemals ein Experiment machen kann, dass diese Frage endgültig klärt.

    Wie gesagt, dass ist ein Standpunkt, gegen den man nicht argumentieren kann.
    Das ist eine mögliche Sichtweise auf die Physik.

    Dein Standpunkt ist dagegen irgendeine seltsame, unverständliche Mischung und in sich selbst widersprüchlich.

  286. #286 Niels
    Januar 27, 2012

    @MartinB
    Hawking ist also ein Anhänger des Instrumentalismus, oder?

  287. #287 Dr. Webbaer
    Januar 28, 2012

    (…) saubere Definition von “Determinismus”, den ich messen kann (…)

    Man versteht Systeme im allgemeinen dann als deterministisch, wenn die systemeigenen Zustandsmengen festen Regel(menge)n folgend entsprechend entwickelt/geändert werden, so dass sich bspw. (theoretisch und praktisch) diese Änderungen nachvollziehen wie vorhersagen lassen – die angelegten Regel- und Zustandsmengen umfänglich kennend.

    Zum ‘Messen’: Gemessen werden können die Änderungen der Zustandsmengen “aus dem Systeminneren”, also vom Systemteilnehmer, nur ausschnitts- oder näherungsweise, d.h. der Systenteilnehmer kann sich nie sicher sein die Datenlage und deren Entwicklung korrekt erfasst zu haben.

    Das ist auch ein Grund dafür, dass der Begriff ‘Wirklichkeit’ entwickelt worden ist: Die Wirklichkeit ist das, was beim Erkenntnissubjekt oder anderen Subjekten und Objekten wirkt. Die Realität ist die Sachlichkeit, ein aus oben genannten Gründen zweifelhafter Begriff, denn Sachen entstehen erst beim Erkenntnissubjekt bei der Theoretisierung, so meint jedenfalls der antirealistische Konstruktivist. Russell fragte sich beispielsweise, wo ein Tisch oder eine Katze anfängt und aufhört, auch das gute alte Höhlengleichnis darf gerne in diesem Zusammenhang zur Kenntnis genommen werden.

    Aber Kollege Bäker hat natürlich recht, man braucht erst einmal Kenntnis und Konsens bei den Begrifflichkeiten. Sonst bleibt es leider oft – gerade beim Thema “Freier Willen” – bei Geseiere.

    MFG
    Dr. Webbaer

  288. #288 Physiker
    Januar 28, 2012

    @MartinB:

    Dass diese schnell-Definition im Greiner durch den später geschriebenen und von Niels zitierten Satz ausgehebelt wird, übersiehst du mal wieder.

    Nein. Dazu habe ich mehrfach Stellung genommen. Nur Ihr beide überseht das mal wieder. Und bei einer “schnell-Definition” einen angeblich überflüssigen Halbsatz zu kritisieren ist auch ziemlich inkonsistent.

    Bitte liefere mir mal die saubere Definition von “Determinismus”, den ich messen kann, der Satz mit “prinzipiell möglich” kann’s ja wohl nicht sein, es sei denn, du hast ein Prinzipometer erfunden. (Wie misst man, ob etwas “prinzipiell unmöglich” ist?)

    Diese Kritik ist albern – ausserdem hatten wir das Thema schon.
    a) Durchforste mal die gesamte Physik-Literatur nach der Formulierung “prinzipiell (un)möglich” und bemängele erstmal bei jedem einzelnen Treffer, dass es kein Prinzipometer gäbe… viel Spass.
    b) Gerade die Bohmsche Mechanik postuliert doch in der Quantengleichgewichtshypothese, dass es prinzipiell unmöglich ist, die Anfangsbedingungen zu kennen. Wo ist also das Problem? Das Prinzipometer besteht einfach darin, im Theoriegebäude nachzulesen. Und laut Newton ist es prinzipiell möglich die Anfangsbedingungen beliebig genau zu bestimmen. Laut Kopenhagener Deutung ebenfalls, aber laut Bohmscher Mechanik eben nicht.

    Der Greiner ist ein Lehrbuch. Da werden gern mal anfänglich vereinfachte Definitionen verwendet, um Dinge zu erklären. Lehrbücher über echte Fachartikel etc. zu stellen, ist wirklich ziemlich absurd.

    Behauptungen aus Lehrbüchern abzustreiten, ohne konkrete Belege durch Fachartikel zu bringen, ist ebenfalls ziemlich absurd.

    Weil es für die Natur der Realität einen ziemlichen unterschied macht, […] – selbst wenn es keinen messbaren Unterschied gibt (und den gibt es nicht).

    Das kann man als widersprüchlichen Unsinn oder theologische Spinnerei bezeichnen. Denn wenn es für uns keinen Unterschied macht – für wen dann? Für Gott? Aber diesen Einwand habe ich auch schon gebracht – ich möchte ungern die gleiche Diskussion wiederholen.

  289. #289 Niels
    Januar 28, 2012

    @Physiker

    MartinB· 27.01.12 · 21:27 Uhr
    Dass diese schnell-Definition im Greiner durch den später geschriebenen und von Niels zitierten Satz ausgehebelt wird, übersiehst du mal wieder. Bitte liefere mir mal die saubere Definition von “Determinismus”, den ich messen kann, der Satz mit “prinzipiell möglich” kann’s ja wohl nicht sein, es sei denn, du hast ein Prinzipometer erfunden.

    Und bei einer “schnell-Definition” einen angeblich überflüssigen Halbsatz zu kritisieren ist auch ziemlich inkonsistent.

    MartinB geht es hier doch überhaupt nicht um die Schnelldefinition im Greiner.
    Er kritisiert deine Behauptung, dass man eine Definition von Determinismus, in der “prinzipiell möglich” vorkommt, durch Messungen überprüfen kann.
    Im Greiner wird doch nie behauptet, dass man den Determinismus messen kann.

    Durchforste mal die gesamte Physik-Literatur nach der Formulierung “prinzipiell (un)möglich” und bemängele erstmal bei jedem einzelnen Treffer, dass es kein Prinzipometer gäbe

    Verstehst du wirklich nicht, worum es geht?

    Finde du erst einmal eine Stelle in der Physik-Literatur, in der behauptet wird, “prinzipiell (un)möglich” lasse sich messen.

    Gerade die Bohmsche Mechanik postuliert doch in der Quantengleichgewichtshypothese,

    Nein, die Quantengleichgewichtshypothese lässt sich aus der Bohmschen Mechanik herleiten.

    Wo ist also das Problem? Das Prinzipometer besteht einfach darin, im Theoriegebäude nachzulesen.

    Auf einmal?
    Dagegen hast du dich doch bisher mit Händen und Füßen gewehrt.

    Dann sind die Ergebnisse des Prinzipometers aber “unphysikalisch”, weil für dich bekanntlich gilt: “physikalisch ist, was man messen kann”.

    Das Nachlesen im Theoriegebäude hast du nämlich seither mit entschiedenem Vokabular abgelehnt:
    theologische Spinnerei, ein logischer Fehlschluss, “unphysikalisch”, widersprüchlicher Unsinn, physikalisch irrelevant/blödsinnig und “nichts anderes als religöses Gesülze (das sogar für Theologen ein Armutszeugnis wäre)”, …

    Aber gut, lesen wir mal im Theoriengebäude nach. Wir finden verschiedene Interpretationen der QM. Manche sind deterministisch, manche sind indeterministisch.
    Diese Frage ist also nicht geklärt.
    Damit sind wir natürlich wieder exakt beim Beginn dieser ganzen Diskussion angekommen.

    Und laut Newton ist es prinzipiell möglich die Anfangsbedingungen beliebig genau zu bestimmen. Laut Kopenhagener Deutung ebenfalls

    Autsch.

    In der Kopenhagener Deutung kann man die Anfangsbedingungen also prinzipiell beliebig genau bestimmen? Meinst du das wirklich ernst?

  290. #290 MartinB
    Januar 29, 2012

    @Physiker
    “Behauptungen aus Lehrbüchern abzustreiten, ohne konkrete Belege durch Fachartikel zu bringen, ist ebenfalls ziemlich absurd.”
    ist schon lustig – mal in das mehrfach empfohlene Buch von Bell reingeschaut? Dann hättest du nämlich gesehen, dass es sich um eine Sammlung von fachartikeln handelt.

    “Diese Kritik ist albern – ausserdem hatten wir das Thema schon”
    Na wenn das so albern ist und wir das schon hatten, dann wird es dir ja nicht schwerfallen, diese Definition zu geben

    “Gerade die Bohmsche Mechanik postuliert doch in der Quantengleichgewichtshypothese, dass es prinzipiell unmöglich ist, die Anfangsbedingungen zu kennen. Wo ist also das Problem? ”
    Das problem ist, dass Bohm – im Gegensatz zu dir – nicht behauptet, man könne messen, ob die Welt deterministisch ist. Er spendiert uns eine Interpretation der QM mit nichtlokalität und Determinismus als Alternative zur handelsülichen Kopenhagener Interpretation. Die Behauptung, man könne die Frage nach dem Determinismus durch Messung beantworten, hat außer dir bisher niemand aufgestellt, soweit ich sehe.

    “laut Newton ist es prinzipiell möglich die Anfangsbedingungen beliebig genau zu bestimmen. Laut Kopenhagener Deutung ebenfalls”
    Klar. Ist überhaupt kein Problem zu messen, in welchem Zustand ein Elektron gerade ist. Ganz einfach. Wellenfunktionen misst man völlig ohne Probleme.

    Ganz ehrlich – leg dir mal nen anderen Nickname zu, wenn du solche Klopfer raushaust.

  291. #291 Dr. Webbaer
    Januar 29, 2012

    Ganz ehrlich – leg dir mal nen anderen Nickname zu, wenn du solche Klopfer raushaust.

    Oh, die Höchststrafe, ein Grund für den eher philosophisch interessierten Webbaeren die Meinung des geschätzten Kollegen zur Sache des Freien Willens einzuholen, sollte diese in den obigen Kommentaren herauslesebar sein, Moment, …, gleich wieder da, …, …, …, uh, da kam ja recht viel, nur kurz zu dem Punkt der Determiniertheit und zur Frage was “Freies Wollen” sein kann, die Determiniertheit dieses Weltsystems kann nicht festgestellt werden, die hypothetische Frage ob eine Determiniertheit dieses Systems irgendetwas mit dem freien Wollen zu tun hat und welche Folgerungen im Ja-Fall gezogen werden können, ist unbeantwortbar. Weil in keinem Fall dem gemeinten freien Willen unterworfen, lol.

    MFG
    Dr. Webbaer

  292. #292 Physiker
    Januar 31, 2012

    @MartinB· 29.01.12 · 14:45 Uhr

    “Behauptungen aus Lehrbüchern abzustreiten, ohne konkrete Belege durch Fachartikel zu bringen, ist ebenfalls ziemlich absurd.”
    ist schon lustig – mal in das mehrfach empfohlene Buch von Bell reingeschaut? Dann hättest du nämlich gesehen, dass es sich um eine Sammlung von fachartikeln handelt.

    Fachartikel? Wenn man so will. Mal ehrlich: Das was auf dem Buch drauf steht, ist auch drin: “Philosophisches”. In Bibliotheken ist es auch genau dort einsortiert – und einzelne Artikel lesen sich genauso wie Märchenbücher/Zitate-Sammlungen: nur dass das einleitende “Es war einmal” fehlt. Also ich habe in dem Buch keine Definition von “Determinismus” gefunden – nur allerhand Artikel die herumphilosophieren – nicht zu vergessen die marktschreierische Werbung für die alternativen Interpretationen der QM.

    Na wenn das so albern ist und wir das schon hatten, dann wird es dir ja nicht schwerfallen, diese Definition zu geben

    Bleiben wir doch bei der Definition von Greiner. Gibt’s noch mehr dran rumzunörgeln?

    “Gerade die Bohmsche Mechanik postuliert doch in der Quantengleichgewichtshypothese, dass es prinzipiell unmöglich ist, die Anfangsbedingungen zu kennen. Wo ist also das Problem? ”
    Das problem ist, dass Bohm – im Gegensatz zu dir – nicht behauptet, man könne messen, ob die Welt deterministisch ist.

    Das hat nichts mehr mit meinem Einwand zu tun.

    Die Behauptung, man könne die Frage nach dem Determinismus durch Messung beantworten, hat außer dir bisher niemand aufgestellt, soweit ich sehe.

    Cool. Ich schreib’ gleich drüber ein Paper und füg’ es mit anderen philosophischen Traktaten zu einem Buch zusammen. Mal ehrlich, wenn schon in Wikipedia steht
    “At the same time, some forms of determinism may be empirically testable […]”,
    dann bin ich wohl kaum der erste. Und so unvernünfig kann es ja gar nicht sein, von mehreren Definitionen, eine zu bevorzugen, die überprüfbar ist. Und zwar selbst dann nicht, wenn alle philosophischen Fachartikel anderer Meinung sind.

    “laut Newton ist es prinzipiell möglich die Anfangsbedingungen beliebig genau zu bestimmen. Laut Kopenhagener Deutung ebenfalls”
    Klar. Ist überhaupt kein Problem zu messen, in welchem Zustand ein Elektron gerade ist.

    Sorry, ich meinte “festzulegen” statt “bestimmen”.

    Ganz ehrlich – leg dir mal nen anderen Nickname zu,

    Das scheint ja wirklich Euer Hauptanliegen zu sein (siehe auch Niels Beiträge). Wenn Ihr mir versprecht, dann auf meine Argumente einzugehen, wechsle ich gerne meinen Nickname.

  293. #293 MartinB
    Februar 1, 2012

    @Physiker
    Du meinst diese Definition:
    “Damit ist gemeint, dass es phys. Messungen gibt, deren Ergebnis nicht eindeutig festgelegt ist durch den Zustand des Systems vor der Messung (zumindest soweit es prinzipiell möglich ist, diesen zu beobachten)”

    Die ist ja soweit ganz o.k., aber du hast doch behauptet, es sei empirisch feststelltbar, ob eine Theorie deterministisch ist. Dazu musst du also messen können, ob etwas prinzipiell möglich ist oder nicht – deswegen ja meine Aussage mit dem Prinzipometer.

    Im übrigen sagt der Greiner, wie ja schon mehrfach von Niels und mir angeführt, dass es auch deterministische Interpretationen gibt – aber den Satz ignorierst du ja mit großer Beharrlichkeit.

    Zum Buch von Bell: Die meisten der Artikel darin sind in Fachzeitschriften erschienen, deine sonstige Meinung dazu – nun ja, meinen kann man viel.

    Laut Kopenhagener Deutung ist es möglich, die Anfangsbedingungen beliebig festzulegen, laut Bohm-Mechanik aber nicht? Das sehe ich nicht ein.

    Übrigens solltest du in dem von dir zitierten Wiki-Artikel (“some forms” heißt auch nicht unbedingt, dass das für unsere Diskussion hier zutrifft) mal den letzten Abschnitt über deterministische Interpretationen der Qm lesen. Und diese Tabelle hilft vielleicht auch:
    https://en.wikipedia.org/wiki/Interpretation_of_quantum_mechanics#Comparison

    “festlegen statt bestimmen”?
    Nehmen wir mal ein einsames Elektron im Universum, Wie legst du es auf einen bestimmten Ortseigenwert fest? Eine einfache Messung reicht da ja nicht (du kannst ja nicht steuern, welchen Eigenwert du misst), du müsstest also z.B. ein elektrisches Feld anlegen, dass das Elektron passend lokalisiert, und das könntest du in der Bohm-Mechanik genauso machen.
    Kannst du mal an diesem oder einem anderen Beispiel erläutern, wie ich in der Kopenhagener Deutung etwas festlegen kann, das nicht genauso in der Bohm-Mechanik geht? Angesichts der Tatsache, dass beide physikalisch identische Vorhersagen machen, kann ich mir das nicht vorstellen.

  294. #294 Physiker
    Februar 1, 2012

    @MartinB· 01.02.12 · 09:10 Uhr

    “Damit ist gemeint, dass es phys. Messungen gibt, deren Ergebnis nicht eindeutig festgelegt ist durch den Zustand des Systems vor der Messung (zumindest soweit es prinzipiell möglich ist, diesen zu beobachten)”
    Die ist ja soweit ganz o.k

    Dann ist es doch eine einfache Übungsaufgabe die Kopenhagener Deutung und die Bohmsche Mechanik an dieser Definition zu messen. Nehmen wir als Beispiel einen isolierten Spin der sich im Überlagerungszustand (up+down)/sqrt(2) befindet. Nach Kopenhagener Deutung ist der Zustand exakt bestimmt, wenn wir die beiden Koeffizienten vor “up” und “down” kennen. Trotzdem können wir nicht vorhersagen welches Ergebnis die Messung liefern wird. Daher ist diese Interpetation laut dieser Definition indeterministisch. Laut Bohmscher Mechanik hat sich dieser Spin aber bereits von Anfang an in einem der beiden Zustände befunden. Wir wissen nur nicht in welchem. Es ist sogar prinzipiell unmöglich das vorher festzustellen. Da aber genau das in der Definition gefordert wird, ist die Bohmsche Mechanik ebenfalls indeterministisch.

    […] aber du hast doch behauptet, es sei empirisch feststelltbar, ob eine Theorie deterministisch ist.

    Das habe ich nicht behauptet. Man muss unterscheiden, ob man zeigen will dass eine Theorie oder unsere Welt (in)deterministisch ist. Ersteres geht nur mit logischen Schlussfolgerungen und letzteres geht bei geeigneter Definition auch empirisch. Je mehr empirisch geht, desto besser.

    Im übrigen sagt der Greiner, wie ja schon mehrfach von Niels und mir angeführt, dass es auch deterministische Interpretationen gibt – aber den Satz ignorierst du ja mit großer Beharrlichkeit.

    Und Du ignorierst mit grosser Beharrlichkeit meine Erwiderung darauf. Denn wie ich bereits schrieb findet man direkt im Anschluss folgenden Satz: “Viele Physiker glauben deshalb, dass Indeterminismus eben eine Eigenschaft physikalischer Phänomene ist.” Auf diesen Widerspruch (auch den zur vorausgehenden Definition von “Determinismus”) geht Greiner auch direkt in der Einleitung des Kapitels ein:
    “Viele Fragen, die dabei auftauchen, gehören mehr in den Bereich der Meinungen und Ansichten als der Tatsachen; deshalb glauben viele Physiker, dass sie mehr in den Bereich der Philosophie als in die Physik gehören.”

    Zum Buch von Bell: Die meisten der Artikel darin sind in Fachzeitschriften erschienen

    In Physik- oder Philosophie-Fachzeitschriften?

    “some forms” heißt auch nicht unbedingt, dass das für unsere Diskussion hier zutrifft

    Warum? Weil Du Dich nicht auf genau diesen Punkt einlassen willst? Sorry, aber es ist schon sehr offensichtlich wie Du mit allen Mitteln genau dieser Diskussion ausweichst. Warum?

    Und diese Tabelle hilft vielleicht auch: https://en.wikipedia.org/wiki/Interpretation_of_quantum_mechanics#Comparison

    Diese Tabelle diskutieren wir seit letzter Woche. Warum soll sie weiterhelfen, wenn die Tabelle auf dem Mist eines anonymen Wikipedianer gewachsen ist, der den Determinismus-Begriff auf eine Seite weiterverlinkt deren Hauptausage u.a. darin besteht, dass Determinismus verschieden definiert werden kann.

    Kannst du mal an diesem oder einem anderen Beispiel erläutern, wie ich in der Kopenhagener Deutung etwas festlegen kann, das nicht genauso in der Bohm-Mechanik geht?

    Die Kopenhagener Deutung (KD) und die Bohmsche Mechanik (BM) sind zwei Sichtweisen des selben Sachverhalts: Entweder ein Teilchen hat nicht gleichzeitig einen Ort und Impuls den man messen könnte (KD), oder es hat gleichzeitig einen Ort und Impuls aber es ist nur nicht möglich diese gleichzeitig zu messen (BM). In der KD hat also ein Teilchen mit beliebig genau bestimmten Ort keine Impuls-Variable. Man kann also den Impuls deshalb nicht festlegen. In der BM existieren beide Variablen und haben einen fixen Wert – wir sind nur (prinzipiell) unfähig beide zu messen. Damit ist der Anfangszustand durch zwei Variablen festgelegt (die aber aus Prinzip nicht beide gleichzeitig bestimmbar/festlegbar sind). Das ist es genau worauf sich der letzte Halbsatz in der Definition von Greiner bezieht.

  295. #295 Physiker
    Februar 1, 2012

    @Niels· 27.01.12 · 23:13 Uhr:
    Ich denke, ich bin Dir noch ein paar Antworten schuldig:

    Doch, es geht in dieser Diskussion genau darum.

    Toll. Wir sind uns also nicht einmal darüber einig worüber sich unsere Diskussion dreht.

    Du hast es nicht geschafft, eine experimentell überprüfbare Definition für Determinismus zu liefern.

    Doch. Ich habe eine solche Definition vorgeschlagen, und zusätzlich sind jeweils im Schwabl und Greiner solche Definitionen nachzulesen.

    Du bist außerdem davon überzeugt, dass nur messbare Dinge “physikalisch” sind.

    Was ist denn Deiner Meinung nach alles noch “physikalisch”? Ist Deiner Meinung nach die globale Phase in der QM auch physikalisch? Warum gehst Du nicht auf diese Erwiderung von mir ein? Dort habe ich doch ausführlich erklärt, warum eine solche Definition von “physikalisch” sinnvoll und auch durchaus üblich ist.

    Trotzdem weißt du genau, dass die QM indeterministsch ist.

    Habe ich nie behauptet. Habe ich stattdessen nicht oft genug betont, dass das definitionsabhängig ist?

    Er redet doch überhaupt nicht (wie du behauptest) über die bisher besprochene Eigenschaft Realismus (realism), […]
    […] die reality, also die Wirklichkeit/die Realität testen kann.

    Übersetzung: Geschenkt.

    Weil man die Wirklichkeit nicht testen kann (und die Wirklichkeit umfasst natürlich auch den Determinismus/Indeterminismus), spielt es für ihn keine Rolle, welche Aussagen eine Theorie über die Wirklichkeit (und damit auch über den Determinismus) macht.

    Ist diese Meinung auch publiziert? Stattdessen publiziert ist die gegenteilige Auffassung, dass man sehrwohl zumindest Teilaspekte testen kann. Hier übrigens noch ein Artikel zur Handlungsfreiheit.

    Wie gesagt, dass ist ein Standpunkt, gegen den man nicht argumentieren kann.

    Auch nicht mit Nature-Publikationen?

  296. #296 Niels
    Februar 1, 2012

    Zum Buch von Bell: Die meisten der Artikel darin sind in Fachzeitschriften erschienen

    In Physik- oder Philosophie-Fachzeitschriften?

    Du hast das Buch doch angeblich gelesen, oder? Sonst könntest du schließlich nicht behaupten, darin “nur allerhand Artikel die herumphilosophieren – nicht zu vergessen die marktschreierische Werbung für die alternativen Interpretationen der QM” gefunden zu haben.

    Wie können dir da die Literaturangaben entgangen sein? Die stehen doch direkt am Anfang!

    MartinB· 01.02.12 · 09:10 Uhr
    “some forms” heißt auch nicht unbedingt, dass das für unsere Diskussion hier zutrifft

    Physiker· 01.02.12 · 14:23 Uhr
    Warum? Weil Du Dich nicht auf genau diesen Punkt einlassen willst? Sorry, aber es ist schon sehr offensichtlich wie Du mit allen Mitteln genau dieser Diskussion ausweichst. Warum?

    Wie soll man denn auf “some forms” “may be” eingehen?
    Der Wikipedia sagt doch nur, dass es vielleicht(!) empirisch testbare Determinismus-Definitionen geben könnte.
    Wenn du welche kennst, stell sie doch einfach mal vor. Dann sehen wir weiter

    Wer hier der Diskussion ausweicht ist wieder eine andere Frage.
    Wenn ein may be in der kurzen Einleitung extrem wichtig ist, man die folgenden ellenlangen Kapitel, in denen das Ganze genauer ausgeführt wird, aber völlig ignorieren kann, muss das schon ein bisschen wundern.
    Dort findet man z.B.:

    Furthermore, it is possible to augment quantum mechanics with non-local hidden variables to achieve a deterministic theory that is in agreement with experiment.

    […]

    So if the wave function itself is reality (rather than probability of classical coordinates), quantum mechanics can be said to be deterministic.

    Ach ja, ich vergaß. Das spielt keine Rolle, weil die Wikipedia hier unglaubwürdig und befangen sein muss…

    Diese Tabelle diskutieren wir seit letzter Woche. Warum soll sie weiterhelfen, wenn die Tabelle auf dem Mist eines anonymen Wikipedianer gewachsen ist

    Natürlich. Diese Tabelle muss Mist sein. Steht ja in der Wikipedia und vertritt eine andere Ansicht. Kann also gar nicht anders sein…

    Genau deswegen diskutieren wir die Tabelle doch auch gar nicht. Weil du alle Belege, dass Interpretationen in deterministisch und indeterministisch aufgeteilt werden können, aus fadenscheinigen Gründen ablehnst:

    1) Die Wikipedia ist immer dann befangen, wenn es dir gerade in den Kram passt
    2) Alle Autoren wissenschaftlicher Fachbücher zu bestimmten Interpretationen behaupten in diesen Büchern nur deshalb, diese Interpretationen seien deterministisch , “weil es viel zu langweilig” ist “ein Buch/einen Artikel über eine alternative Interpretation zu schreiben, in der alles gleich ist.”
    Da gibt es also eine riesige Verschwörung.
    3) Der Schwabl meint mit
    Der Wahrscheinlichkeitscharakter der Quantenmechanik wäre dann ganz analog dem der klassischen statistischen Mechanik, wo auch im Prinzip die Bewegung aller Teilchen als bekannt vorstellbar ist,
    dass die QM indeterministisch ist. Deswegen das “wäre” im Satz.
    4) Der Greiner schreibt am Angang eines Kapitels eine perfekte Definition. Der ganze Rest des Kapitels ist nur philosophischer Unsinn und kann vollständig ignoriert werden.
    5) Bell hatte keine Ahnung, betrieb nur Philosophie und veröffentlichte nur in philosophischen Fachzeitschriften
    6) Die anderen schon genannten Fachbücher werden einfach ignoriert

    Man muss unterscheiden, ob man zeigen will dass eine Theorie oder unsere Welt (in)deterministisch ist. Ersteres geht nur mit logischen Schlussfolgerungen und letzteres geht bei geeigneter Definition auch empirisch. Je mehr empirisch geht, desto besser.

    Warum stellst diese geeignete Definition dann nicht endlich vor, anstatt immer nur ihre Existenz zu behaupten?

    Außerdem musst du noch erklären, warum

    Greiner:
    Damit ist gemeint, dass es phys. Messungen gibt, deren Ergebnis nicht eindeutig festgelegt ist durch den Zustand des Systems vor der Messung (zumindest soweit es prinzipiell möglich ist, diesen zu beobachten).”

    ein leuchtende Beispiel an Empirismus und Physikalität (im Sinne von “physikalisch ist, was man messen kann”) ist.

    Und warum dagegen

    D4:
    Wenn Z eine vollständige Beschreibung des Zustands unserer Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt t und N eine vollständige Beschreibung aller in dieser Welt geltenden Naturgesetze ist, dann implizieren Z und N zusammen logisch eine vollständige Beschreibung der gesamten Geschichte unserer Welt nach t.

    philosophischer Unsinn ist, mit der sich ein echter Physiker niemals befassen sollte.

  297. #297 Niels
    Februar 1, 2012

    Doch, es geht in dieser Diskussion genau darum.

    Toll. Wir sind uns also nicht einmal darüber einig worüber sich unsere Diskussion dreht.

    Das liegt daran, dass du widersprüchliche Dinge vertrittst und außerdem bei Bedarf behauptest, du hättest manche Dinge niemals gesagt.

    Ich hab dich aber schon mehrfach aufgefordert, deinen Standpunkt nochmal kurz, klar und zusammenhängend darzulegen.

    Du hast es nicht geschafft, eine experimentell überprüfbare Definition für Determinismus zu liefern.

    Doch. Ich habe eine solche Definition vorgeschlagen, und zusätzlich sind jeweils im Schwabl und Greiner solche Definitionen nachzulesen.

    Das heißt, du hast seit vorgestern ein Prinzipometer für den experimentellen Einsatz entwickelt?

    Cool. Hast du Bilder?

    (Jetzt mal im Ernst: Hatten wir das nicht wirklich schon zur Genüge?
    Zwischendrin hast du doch sogar behauptet, die hättest eigentlich nie gefordert, dass deine Definition experimentell überprüfbar sein müsste?)

    Dort habe ich doch ausführlich erklärt, warum eine solche Definition von “physikalisch” sinnvoll und auch durchaus üblich ist.

    Und ich hab dir mit Engelsgeduld immer wieder erklärt, dass es nach dieser Definition von “physikalisch” keinen Sinn macht, überhaupt im Rahmen der “Physik” über Determinismus zu sprechen.
    Weil Determinismus nicht gemessen werden kann und damit nach deiner Definition “unphysikalisch” sein muss.
    Genau wie alle Interpretationen der QM.

    Übersetzung: Geschenkt.

    Den Unterschied zwischen “realism” und “realtiy” hast du offenbar immer noch nicht verstanden.
    Schade.

    Weil man die Wirklichkeit nicht testen kann (und die Wirklichkeit umfasst natürlich auch den Determinismus/Indeterminismus), spielt es für ihn keine Rolle, welche Aussagen eine Theorie über die Wirklichkeit (und damit auch über den Determinismus) macht.

    Ist diese Meinung auch publiziert?

    Publiziert? Wo kommt diese Frage auf einmal her?
    Diese Ansicht vertritt Hawking, zumindest in diesem Zitat. Du hast diese Zitat völlig falsch verstanden und es fälschlicherweise als Beleg für deine Behauptung verwendet. Weil du den Unterschied zwischen realism und reality nicht kennst.
    Darum ging es doch eigentlich.

    Aber natürlich wurde auch extrem viel zu dieser Position der Wissenschaftstheorie publiziert. Soll ich jetzt wirklich Bücher aufzählen?

    Stattdessen publiziert ist die gegenteilige Auffassung, dass man sehrwohl zumindest Teilaspekte testen kann. Hier übrigens noch ein Artikel zur Handlungsfreiheit.

    Musst du hier eigentlich immer wieder Paper verlinken, die du nicht einmal gelesen, geschweige denn verstanden hast?

    Was soll das bringen?

    Natürlich wurde hier nicht die gegenteilige Ansicht zu Hawkings Zitat publiziert.

    Und nein, natürlich kann man den Instrumentalismus nicht durch Experimente überprüfen.
    Genau so wenig wie den Realismus oder andere wissenschaftstheoretische Ansichten.

    Wie gesagt, dass ist ein Standpunkt, gegen den man nicht argumentieren kann.

    Auch nicht mit Nature-Publikationen?

    Seufzt.
    Nein, auch nicht mit Nature-Publikationen. Vor allem nicht mit Nature-Publikationen, in denen es um etwas völlig anderes geht.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Instrumentalism

  298. #298 Physiker
    Februar 1, 2012

    @Niels· 28.01.12 · 15:42 Uhr:

    Nein, die Quantengleichgewichtshypothese lässt sich aus der Bohmschen Mechanik herleiten.

    Ableitbare Quantengleichgewichtshypothese hin oder her, die Bohmsche Mechanik verbietet trotzdem die Kenntnis der Anfangskonfiguration.

    Das Nachlesen im Theoriegebäude hast du nämlich seither mit entschiedenem Vokabular abgelehnt:

    Nein. Ich habe einen externen Betrachter der nur an eine willkürliche Auswahl von Postulaten gebunden ist mit diesem Vokabular abgelehnt.

    Aber gut, lesen wir mal im Theoriengebäude nach. Wir finden verschiedene Interpretationen der QM. Manche sind deterministisch, manche sind indeterministisch.
    Diese Frage ist also nicht geklärt.

    Wenn man auf Stur schaltet, und nur Definitionen akzeptiert die keinen Erkenntnisgewinn ermöglichen weil die danach getroffenen Unterscheidung für uns in jeder Hinsicht irrelevant sind, dann ist das so. Meiner Meinung aber ist bereits die Aussage “Diese Frage ist also nicht geklärt” genauso irreführend und unsinnig wie die Aussage “Es ist nicht geklärt ob rot salzig klingt”.

  299. #299 MartinB
    Februar 1, 2012

    @”Physiker”
    Langsam verlier ich den Faden. Du zitierst den Wiki-Satz
    “Mal ehrlich, wenn schon in Wikipedia steht
    “At the same time, some forms of determinism may be empirically testable […]”,
    dann bin ich wohl kaum der erste. Und so unvernünfig kann es ja gar nicht sein, von mehreren Definitionen, eine zu bevorzugen, die überprüfbar ist.”
    als Argument dafür, dass Determinismus eine empirisch prüfbare Eigenschaft ist, hast aber gleichzeitig nie gesagt, dass Determinismus eine empirisch prüfbare Eigenschaft ist? Wie denn nun?

    “Man muss unterscheiden, ob man zeigen will dass eine Theorie oder unsere Welt (in)deterministisch ist. Ersteres geht nur mit logischen Schlussfolgerungen und letzteres geht bei geeigneter Definition auch empirisch.”
    Bei ersterem stimme ich dir wohl zu, und in diesem Zusammenhang ergibt dann auch die Definition aus dem Greiner (von wegen prinzipiell möglich) einen Sinn. Hier ist aber dann klar, dass Bohm deterministisch ist, Kopenhagen nicht.

    Bei letzterem stimme ich nicht zu – es sei denn, du bekennst jetzt endlich Farbe und sagst mir, wie eine empirische Definition denn nun konkret aussehen soll (und bitte etwas genauer als ein “some forms may be”).

    “Viele Physiker glauben deshalb, dass Indeterminismus eben eine Eigenschaft physikalischer Phänomene ist.”
    Ja – und? Ich verstehe nicht, wofür das ein Argument sein soll. Viele Physiker glauben das – das impliziert ja offensichtlich erstens, dass nicht alle das glauben, und zweitens, dass das eben etwas ist, das man glauben muss. Was wiederum heißt, dass der Determinismus eben keine empirisch entscheidbare Frage ist. Warum das jetzt ein Argument für deinen Standpuntk sein soll, verstehe ich nicht.

    “In Physik- oder Philosophie-Fachzeitschriften?”
    Ich dachte, du hast das gelesen? Da kann dir doch die Quellenangabe kaum entgangen sein.

    “Sorry, aber es ist schon sehr offensichtlich wie Du mit allen Mitteln genau dieser Diskussion ausweichst. Warum? ”
    Weil “some forms may be” so unkonkret ist, dass es alles und nichts heißt. Das steht in dem Wikitext so weit am Anfang, dass noch nicht mal ernsthaft etwas über Quantenmechanik gesagt wurde. Wenn du bitte mal konkret sagen könntest, welche Form denn nun wie deterministisch ist, dann können wir das diskutieren. (Aber wie auch Niels anmerkt, lustig, dass dieser vage Satz für Dich ein Beweis ist, die detaillierte Tabelle der QM-Interpretatioonen aber nichts gilt.)

    “Die Kopenhagener Deutung (KD) und die Bohmsche Mechanik (BM) sind zwei Sichtweisen des selben Sachverhalts”
    Wie könnte es dann ein empirisches verfahren geben, dass zwischen der indeterministischen KD und der deterministischen BM unterscheidet?

    “In der KD hat also ein Teilchen mit beliebig genau bestimmten Ort keine Impuls-Variable. Man kann also den Impuls deshalb nicht festlegen. In der BM existieren beide Variablen und haben einen fixen Wert – wir sind nur (prinzipiell) unfähig beide zu messen. Damit ist der Anfangszustand durch zwei Variablen festgelegt (die aber aus Prinzip nicht beide gleichzeitig bestimmbar/festlegbar sind).”
    O.k., jetzt verstehe ich, wie du diesen Satz meintest.

  300. #300 Physiker
    Februar 1, 2012

    Niels· 01.02.12 · 17:13 Uhr

    Außerdem musst du noch erklären, warum

    Greiner:
    Damit ist gemeint, dass es phys. Messungen gibt, deren Ergebnis nicht eindeutig festgelegt ist durch den Zustand des Systems vor der Messung (zumindest soweit es prinzipiell möglich ist, diesen zu beobachten).

    ein leuchtende Beispiel an Empirismus und Physikalität (im Sinne von “physikalisch ist, was man messen kann”) ist.

    Weil man überprüfen kann ob es Messungen gibt, deren Ergebnis nicht eindeutig vorher festgelegt sind indem man ein System in einen definierten Anfangszustand bringt und dann die Messung mehrmals wiederholt.

    Und warum dagegen

    D4:
    Wenn Z eine vollständige Beschreibung des Zustands unserer Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt t und N eine vollständige Beschreibung aller in dieser Welt geltenden Naturgesetze ist, dann implizieren Z und N zusammen logisch eine vollständige Beschreibung der gesamten Geschichte unserer Welt nach t.

    philosophischer Unsinn ist, mit der sich ein echter Physiker niemals befassen sollte.

    Weil nicht eindeutig ist wie diese Definition zu interpretieren ist, wenn N ein Naturgesetz enthält, das besagt, dass eine vollständige Beschreibung des Zustands unserer Welt (Z) nicht möglich ist.

  301. #301 Dr. Webbaer
    Februar 1, 2012

    @Martin Bäker, Niels O.
    Könnt Ihr das nicht woanders austragen?, hat ja mit dem Thema nichts zu tun – und vielleicht hat der eine oder andere diesen kommentarischen Beitragsstrang noch auf dem Radar und befürchtet, dass ihm wegen Euren permanent nebensächlichen Meinungsbeiträgen eine mögliche interessante Nachricht entgeht…

    MFG
    Dr. Webbaer

  302. #302 Nils
    Februar 1, 2012

    Ich muss zugeben, dass ich dem Webbär hier leicht Recht gebe. Nicht so sehr, weil mich eure Diskussion stört (ganz im Gegenteil, denn ich finde es als Außenseiter hier zwar sehr schwer, den Argumenten zu folgen, aber möchte euch nicht das Forum für eine solche Diskussion nehmen), aber weil ich den Eindruck habe, dass ihr drei wahrscheinlich noch bis zum St.-Nimmerleinstag weiter reden könnt, ohne dass der “Physiker” und Martin/Niels einen grünen Zweig finden.
    Davon abgesehen: Ian Pollock hat drüben bei Rationally Speaking einen Kommentar zu der gerade neu auffrischenden Freier-Wille-Debatte geschrieben, in der er argumentiert, dass Entscheidungen und Determinismus keinen Widerspruch darstellen. Lesenswert, finde ich.

  303. #303 BreitSide
    Februar 1, 2012

    @Nils: Pervers ist, dass dieser Einwurf ausgerechnet von dem titelgeilen braunen Pseudopetz kommt, der in fast jedem Fred seine unappetitlichen misogynen reaktionären Kommentare loslässt. Und das überwiegend abseits des Themas. Die regelmäßige Kloppe durch die Nichttrolle halten ihn leider nicht ab.

  304. #304 Dr. Webbaer
    Februar 2, 2012

    Ich muss zugeben, dass ich dem Webbär hier leicht Recht gebe.

    Es ist immer gut dem Webbaeren recht zu geben. – BTW: Mussten Sie dem Webbaeren recht geben?, fiel das leicht?, oder gaben Sie ihm nur leicht (ein wenig) recht? Oder fiel es leicht ihm ein wenig recht zu geben?

    Bereits einfachste Überlegungen stellen einfache Modelle vom Freien Wollen in Frage. Hat hier einer der Anwesenden bereits einmal etwas frei gewollt im Sinne eines freien Willens? Fühlt sich jemand der Anwesenden so modellhaft gut angesprochen? Oder sind Entscheidungen nicht eher Funktionen, die bspw. auf Ereignisse flexibel reagieren oder auch das Nash-Equilibrium implementieren, also idealerweise in Kooperationsserien unterschiedliche Entscheidungen in vergleichbarer Situation?

    Hierzu noch, der Webbaer hat ja bereits mehrfach eingeräumt es hier im Ganzen mit einem Reizthema zu tun zu haben, zu dem er noch nie Brauchbares las, also nur kurz:

    If you were put in the same position twice — if the tape of your life could be rewound to the exact moment when you made a decision, with every circumstance leading up to that moment the same and all the molecules in the universe aligned in the same way — you could have chosen differently. (Quelle)

    Was ist das? Ein Erkenntnissubjekt ist in ein und derselben Situation und soll eine Entscheidung finden, die wir uns einfach als Funktion EF (W) vorstellen, wobei die umgebende Welt identisch ist, alles also identisch ist. Das Funktionsergebnis soll aber nicht gleich sein, hmm, wie implementiert man sowas mathematisch? A: Gar nicht. Das heißt dieses Bild (diese Sicht, diese Theorie) muss falsch sein. Nur was ist im Zitat gemeint? Und was soll hier freies Wollen sein? Vielleicht Chaos?`Wahnsinn?

    Nils, nun sagen Sie doch auch mal was.

    LG, Dr. W

  305. #305 MartinB
    Februar 2, 2012

    @Nils
    Super, und jetzt können wir das nächste Jahr hören, wie das Webtier den “hiesigen Inhaltemeister” lobt, der den Rat des Bären ja so sehr schätzt…
    Dass es tatsächlich noch Blogger gibt, die den nicht ignorieren.

    Aber bitte, dein Blog, deine Regeln.

    @Niels, Physiker
    Ich schlage vor, wir gehen zu mir 😉

    Hier wäre doch ein einigermaßen passender Ort für Diskussionen über QM:
    https://www.scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2011/05/quantenmechanik-nichtlokalitat-und-unscharfe.php

  306. #306 Nils
    Februar 2, 2012

    @Martin:
    Super, und jetzt können wir das nächste Jahr hören, wie das Webtier den “hiesigen Inhaltemeister” lobt, der den Rat des Bären ja so sehr schätzt…

    Das macht der Webbär eh schon, weil er seine Präsenz hier bei den Sb ja nicht gefährden will. Seinen Kommentar grad hätte ich eh ignoriert, da er anscheinend nicht den eigentlichen Artikel hier gelesen hat, sonst würde er nicht versuchen, mich für eine Diskussion zu einem Thema aufzufordern, von dem ich behaupte, dass Evolutionsbiologen vielleicht die Finger lassen sollten.
    Ich sage auch nur, dass mir bei eurer Diskussion es so scheint, dass die Diskussion mit dem “Physiker” sich auf der Stelle dreht. Ich vermute es liegt, wie ihr schon sagt, an den verworrenen und sich ändernden Aussagen von ihm, aber das ist für mich schwer zu beurteilen, weil ihr da ja eindeutig Physikalisch-philosophische Themen führt. Da kann ich so gut wie nichts zu beitragen.
    Ich finde es interessant, dass ihr so lange die Diskussion mit ihm aufrecht haltet. Wenn ihr das möchtet, gerne. Wie ich ja schon sagte, stört es mich nicht im Geringsten. Auch nicht hier. Schade allerdings, dass du meinen Kommentar als Rauswurf verstehst …

    @Webbär:
    Vielleicht mal das falsche Ego runterschrauben?! Nur weil ich toleranter mit deinen Kommentaren umgehe als manch anderer (und vielleicht auch als ich das sollte), heißt das nicht dass ich deine Kommentare ausnahmslos gut heiße. Bisher habe ich grundsätzlich zwischen Kommentarinhalt und Kommentator unterschieden. Und das mache ich auch weiter so. Kommentare wie den letzten, die nur dazu dienen dich selbst in Pose zu setzen und nichts zu den Diskussionen beizutragen, werde ich aber bei dir auch weiterhin ignorieren.

  307. #307 Dr. Webbaer
    Februar 2, 2012

    Kommentare wie den letzten, die nur dazu dienen dich selbst in Pose zu setzen und nichts zu den Diskussionen beizutragen, werde ich aber bei dir auch weiterhin ignorieren.

    Ehrenwort!, das war nicht angestrebt und der Webbaer war auch nicht indisponiert; das war nicht nett! – Lassen Sie sich doch einmal diese Forderung (Gedankenexpe3riment: “Jerry’s practical test of free will’) auf der Zunge zergehen:

    If you were put in the same position twice — if the tape of your life could be rewound to the exact moment when you made a decision, with every circumstance leading up to that moment the same and all the molecules in the universe aligned in the same way — you could have chosen differently.

    Gefordert ist für ein Erkenntnissubjekt eine Entscheidungsfindung (eine Funktion) EF, die bei gleicher Parametrisierung (gleichen Funktionsparametern) W unterschiedliche Funktionswerte liefert, es habe also zu gelten EF (W) = FW1 und EF (W) = FW2.

    Solche Funktionen gibt es nicht, so sind stattdessen echte Paradoxa definiert.

    “Nils, nun sagen Sie doch auch mal was.” – Sowas dürfen Sie natürlich gerne ignorieren, das war ein “Loriot” und eine Reminiszenz an Aufhalte in D. Nicht sehr witzig natürlich. – Schade, dass Sie noch so nachgelegt haben, das war nicht nötig.

    MFG
    Dr. Webbaer

  308. #308 Physiker
    Februar 2, 2012

    Ich dachte eigentlich, diese Diskussion passt hier super zum Thema, da es schliesslich darum geht, was Naturwissenschaftler zum Freien Willen/Determinismus sagen. Zum Thema “Freien Wille” halte ich mich genauso raus wie Nils – das sollen die Philosophen klären (wobei es durchaus auch hier Teilaspekte gibt, die von Experimentalphysikern untersucht werden, wie die weiter oben zitierte Arbeit zum lokalen Realismus mit Handlungsfreiheit). Vielleicht hat diese Diskussion wenigstens gezeigt dass selbst der sehr viel griffigere Begriff “Determinismus” (der so gut wie immer zusammen mit dem Freien Willen diskutiert wird) in den Grenzbereich Physik-Philosophie gehört und damit mit genau dem gleichen Problem konfrontiert ist, wie der “Freie Wille”: Was ist damit eigentlich gemeint?
    Und hier gehen die Meinungen eben auseinander: Wir haben inzwischen ca. ein halbes Dutzend Definitionen von “Determinismus” zumindest andiskutiert (wobei die Meinungen darüber auseinandergehen inwieweit diese Definitionen übereinstimmen). Wenn ich kurz und verständlich die Meinungen hierzu nochmal zusammenfassen darf, dann ergibt sich folgendes Bild:

    • Niels vertritt den am meisten verbreitetsten Standpunkt unter den Vertretern der alternativen Interpretationen der Quantenmechanik. Er vertritt eine Definition von “Determinismus” die ausschliesslich philosophische Bedeutung hat, da es keine Möglichkeit gibt nachzuprüfen ob unsere Welt deterministisch ist oder nicht. “Philosophisch” ist hier aber nicht abwertend gemeint, denn mit dieser Definition lässt sich sehrwohl logisch Schlussfolgern. Damit ist und bleibt die Frage nach dem Determinismus (der Quantenmechanik und selbst unserer Welt) aber trotzdem ungeklärt und unklärbar. Und zwar per Definition.
    • Aus diesem Grund beschäftigt sich laut Martin die überwiegende Mehrheit der Physiker nicht mit diesem Thema. Denn es ist (mit dieser Definition) eine Glaubensfrage ob die Welt deterministisch ist oder nicht. In den Worten von Martin: “Shut up and calculate”.
    • Ich habe dem einen Standpunkt entgegengesetzt in dem Determinismus für uns nichts anderes als die Möglichkeit bedeutet unter Idealbedingungen eindeutige Vorhersagen treffen zu können. Nachdem die Vorhersagen aller Interpretationen der Quantenmechanik identisch sind, ermöglicht diese Definition eine eindeutige Aussage darüber ob die Quantenmechanik oder die Welt deterministisch ist.
  309. #309 Physiker
    Februar 2, 2012

    @Nils:
    Ich habe eben zweimal versucht eine kleine Zusammenfassung zu posten. Ich vermute, sie ist im Spamfilter hängengeblieben. Kannst Du sie bitte dort rausholen?
    Dann belästige ich auch niemanden mehr hier mit scheinbar verworrenen und sich angeblich ändernden Aussagen.

  310. #310 Nils
    Februar 2, 2012

    @Physiker:
    Freigeschaltet. Und nochmal kurz erwähnt: Diskutiert ruhig weiter, solange ihr drei daran Spaß habt. Ich find’s klasse. Mir schien es nur, als ob die Diskussion langsam in einen Streit überging. Mein “Streitschlichten” startete aber eher einen neuen Streit. Aber ich halte mich raus, so lange ihr das halbwegs ordentlich angeht. 😉

  311. #311 Dr. Webbaer
    Februar 2, 2012

    der “Freie Wille”: Was ist damit eigentlich gemeint?

    Dr. W setzt für das (ihn befriedigende 🙂 Beantworten dieser Fragen oft gerne auch eine kleine Prämie aus, die typischerweise per Neteller oder Paypal zur Auszahlung gelangt; allein, die Konten sind zurzeit leer, bei guter Beantwortung wird aber nachgefüllt, versprochen! – Wobei wir auch wieder beim Thema wären – ob eine Aussage wie ‘in dem Determinismus für uns nichts anderes als die Möglichkeit bedeutet unter Idealbedingungen eindeutige Vorhersagen treffen zu können’ wirklich hilfreich ist in diesem Zusammenhang? ‘Eindeutige Vorhersagen’ – ist das physikalisch, auch im Sinne der Physiklehre, so annehmbar?

    MFG
    Dr. Webbaer (der sich über das Zurückkommen aufs Thema freut, kleinere Exkurse und Späßchen bleiben ihm weiterhin sehr willkommen, pers. Einschätzungen und psychogrammartige Bemühungen weniger…)

  312. #312 MartinB
    Februar 2, 2012

    @Physiker
    “Ich habe dem einen Standpunkt entgegengesetzt in dem Determinismus für uns nichts anderes als die Möglichkeit bedeutet unter Idealbedingungen eindeutige Vorhersagen treffen zu können”
    Und wenn du mir jetzt noch erklärst, wie “Idealbedingungen” etwas anderes als ein letztlich philosophisches Konstrukt sind, dann habe ich vielleicht ne Chance, deinen Standpunkt zu verstehen, der ja anscheinend darauf hinausläuft, dass auch die Bohm-Mechanik indeterministisch ist, weil wir die verborgenen Parameter eben “idealerweise” nicht kennen können.

    “Nachdem die Vorhersagen aller Interpretationen der Quantenmechanik identisch sind, ermöglicht diese Definition eine eindeutige Aussage darüber ob die Quantenmechanik oder die Welt deterministisch ist.”
    Ist es so, dass du eine Definition von “deterministisch” suchst, die für unsere Welt eindeutig entscheidbar ist und deswegen von der üblichen Definition abweichst?

  313. #313 Physiker
    Februar 2, 2012

    @MartinB· 02.02.12 · 13:17 Uhr

    Und wenn du mir jetzt noch erklärst, wie “Idealbedingungen” etwas anderes als ein letztlich philosophisches Konstrukt sind,

    Ich verstehe nicht, was Dich an dem Begriff “Idealisierung” und “im Prinzip” so stört. In Deinem Blog hast Du doch wunderbar erklärt, warum diese Konzepte so nützlich sind. Wenn ich von Deinem Beispiel ausgehe, dass “Die Energie eines abgeschlossenen Systems […] konstant” ist, dann liegt hier ebenfalls eine Idealisierung (“abgeschlossenes System”) – und damit ein philosophisches Konstrukt – vor. Und trotzdem wirst Du mir doch zustimmen, dass man diese Aussage experimentell überprüfen kann. In der Thermodynamik gilt ja gerade die Energieerhaltung als Paradebeispiel für einen empirischen Satz.

    Ist es so, dass du eine Definition von “deterministisch” suchst, die für unsere Welt eindeutig entscheidbar ist und deswegen von der üblichen Definition abweichst?

    Ja (wobei ich der Meinung bin, dass diese Definition bereits gefunden ist, siehe meine, Schwabls oder Greiners Definition – auch wenn man evtl. daran noch etwas feilen müsste). Hilfreich wäre dabei vielleicht eine ähnliche Wikipedia-Tabelle wie die bereits verlinkte, die für verschiedene Definitionen auflistet welche der unterschiedlichen Interpretationen der QM jeweils deterministisch sind, und welche nicht.

  314. #314 Dr. Webbaer
    Februar 2, 2012

    Ich habe dem einen Standpunkt entgegengesetzt in dem Determinismus für uns nichts anderes als die Möglichkeit bedeutet unter Idealbedingungen eindeutige Vorhersagen treffen zu können. (Physikus)

    Und wenn du mir jetzt noch erklärst, wie “Idealbedingungen” etwas anderes als ein letztlich philosophisches Konstrukt sind, dann habe ich vielleicht ne Chance, deinen Standpunkt zu verstehen … (Dr. Bäker)

    Ich verstehe nicht, was Dich an dem Begriff “Idealisierung” und “im Prinzip” so stört.

    Stand doch da, und ist auch erkennbar, wenn vollständig zitiert wird. Sie waren aufgefordert der Sicht darauf zu widersprechen, dass ‘Idealbedingungen’ ein ‘philosophisches Konstrukt’ sind, und was haben Sie darauf geantwortet?

    MFG
    Dr. Webbaer

  315. #315 Physiker
    Februar 2, 2012

    @MartinB· 01.02.12 · 18:29 Uhr
    Ketzerischer Nachtrag:

    Hier ist aber dann klar, dass Bohm deterministisch ist, Kopenhagen nicht.

    Ist das wirklich so klar, das die Bohmsche Mechanik (selbst nach der angeblich so üblichen Definition) deterministisch ist? Siehe z.B. den zweiten Teil dieser Antwort.

  316. #316 MartinB
    Februar 2, 2012

    “Ich verstehe nicht, was Dich an dem Begriff “Idealisierung” und “im Prinzip” so stört.”
    Die sind empirisch nicht nachprüfbar.

    “Und trotzdem wirst Du mir doch zustimmen, dass man diese Aussage experimentell überprüfen kann.”
    Jein – man kann sie immer innerhalb gewisser Grenzen prüfen, d.h. jedes Experiment gibt mir maximal die Aussage: Die Energie ist konstant bei X plus minus y.
    Mit beliebiger Genauigkeit kann man die Energieerhaltung nicht prüfen.

    “In der Thermodynamik gilt ja gerade die Energieerhaltung als Paradebeispiel für einen empirischen Satz.”
    Ja, aber da hängt auch keiner entsprechende philosophische Begriffe dran, die schon eine Bedeutung haben – und auch da ist vorsicht geboten und in der ART gilt die Energieerhaltung nicht mehr wirklich; der Begriff der “Gesamtenergie des Universums” ist nicht eindeutig definiert.

    Idealisierungen sind super-nützlich in der Physik, weil man eh immer endliche Genauigkeiten hat. Für eine fundamentale Frage wie die nach dem Determinismus ist das aber nicht der Fall, denn Determinismus ist anders als Abgeschlossenheit oder Energiegehalt keine quantitative Größe.

    Mir ist nach wie vor unklar, warum es deiner Ansicht nach besser ist, den Begriff “Determinismus” so umzudefinieren, dass Kopenhagen und BM beide nicht-deterministisch sind, wenn das zum einen der landläufigen Definition (salopp: “es gibt keine Zufallskomponente in der Zeitentwicklung”) widerspricht und zum anderen die neue Definition letztlich auch nur auf der Basis von vorhandenen Theorien aber eben nicht rein empirisch geprüft werden kann.
    Was ist eigentlich in deiner Logik mit der Viele-Welten-Interpretation? Ist die über alle Welten betrachtet deterministisch, aber in jeder einzelnen indeterministisch?

  317. #317 Dr. Webbaer
    Februar 2, 2012

    @Physikus
    Sie swingen zwischen epistemologischer Betrachung und Nützlichkeitsdenken hin und her, kleiner Tipp: Bleiben Sie beim Nützlichkeitsdenken, beim Konstruktivismus, Dr. W wäre als Konstruktiver Empirist (van Fraassen) dann auch ganz bei Ihnen, lassen Sie Aussagen zur Erkenntnis aber andere machen…

    MFG
    Dr. Webbaer (dessen Prämienaussetzung für sinnhaften Definitionsbeitrag (siehe oben) beim Freien Willens aber soz. unabhängig von Allem erhalten bleibt)

  318. #318 MartinB
    Februar 2, 2012

    @Physiker
    Zum Nachtrag: Ja, Bohm impliziert halt, dass wir den Anfangszustand nicht kennen können, aber er ist eben trotzdem eindeutig da. Eine Wellenfunktion ist auch nie messbar, wenn ich dir nen elektron in nem unbekannten Zustand gebe, kannst du auch die Wellenfunktion nicht herausbekommen, sondern nur irgendeine Messung machen. Trotzdem gehst doch auch du wohl davon aus, dass die Zeitentwicklung der SGL deterministisch ist, oder nicht?

  319. #319 Dr. Webbaer
    Februar 2, 2012

    Sichten oder Theorien sind immer deterministisch, was auch darin begründet ist, dass Theorien in einer eigenen Welt stattfinden, in derjenigen der Kunst oder Arbeit des Lernens (a.k.a. Mathematik), indeterministische Theorien sind nicht (kaum? 🙂 formulierbar. Der Webbaer weist an dieser Stelle gerne zurück auf die ‘Rationally Speaking Forderung von Jerry”: https://rationallyspeaking.blogspot.com/2012/01/some-observations-on-free-will-wars.html

    If you were put in the same position twice — if the tape of your life could be rewound to the exact moment when you made a decision, with every circumstance leading up to that moment the same and all the molecules in the universe aligned in the same way — you could have chosen differently.

    MFG
    Dr. Webbaer

  320. #320 Andrea N.D.
    Februar 2, 2012

    “Zum Nachtrag: Ja, Bohm impliziert halt, dass wir den Anfangszustand nicht kennen können, aber er ist eben trotzdem eindeutig da. “…
    Warum erinnert mich das nur an meta-physische Konzepte? Ich kenne (kann es nicht wissenschaftlich beweisen) etwas nicht, aber behaupte, dass es trotzdem eindeutig da ist. Dafür wäre dann wohl die Kirche der richtige Ort.

  321. #321 Dr. Webbaer
    Februar 2, 2012

    Warum erinnert mich das nur an meta-physische Konzepte?

    Der Freie Willen ist ein metaphyisches Konzept, das vom Schreiber dieser Zeilen abgelehnt wird, die direkte Einbringung jener Konzepte in die Physiklehre ist nicht sinnhaft möglich, aus Sicht des Schreibers dieser Zeilen, die Metaphysik ist einer Lehre über mögliche Physiklehren. – Das Einzige was aus Sicht des Metaphysikers geht, ist einige Physiklehren metaphysisch zurückzuweisen, fällt Ihnen was zu

    If you were put in the same position twice — if the tape of your life could be rewound to the exact moment when you made a decision, with every circumstance leading up to that moment the same and all the molecules in the universe aligned in the same way — you could have chosen differently. (Quelle)

    ein?

    MFG
    Dr. Webbaer

  322. #322 Andrea N.D.
    Februar 2, 2012

    @webbie:
    Nicht wirklich – außer dass “möglich” keine Übersetzung von “meta” ist. Bärenkommunikation Ende.

  323. #323 Dr. Webbaer
    Februar 2, 2012

    Nicht wirklich – außer dass “möglich” keine Übersetzung von “meta” ist.

    Was biotopbedingt und vergleichsweise gar keine schlechte Nachricht ist; auch wenn es so nicht richt ernst gemeint gewesen sein sollte oder könnte. – Onkel W ist hier ohnehin recht schmerzfrei unterwegs, merkt bestenfalls auf, wenn bspw. ‘Zeitentwicklung der SGL deterministisch’ behauptet anstatt ‘ZEW als deterministisch aufgefasst wird’ und wünscht allen schon einmal ein schönes WE, MFG, Dr. Webbaer (der sich jetzt langsam ausklinkt – war aber schön!)

  324. #324 Niels
    Februar 2, 2012

    @all
    Sollen wir jetzt umziehen?

    (Und wie erstellt man hier nochmal eine Liste?)

    @Physiker

    Ableitbare Quantengleichgewichtshypothese hin oder her

    Na ja, du hast dieses Buzzword in die Diskussion geworfen. Wozu, wenn es keine Rolle spielt?

    Ist das wirklich so klar, das die Bohmsche Mechanik (selbst nach der angeblich so üblichen Definition) deterministisch ist?

    Ja, das ist so.

    Weil nicht eindeutig ist wie diese Definition zu interpretieren ist, wenn N ein Naturgesetz enthält, das besagt, dass eine vollständige Beschreibung des Zustands unserer Welt (Z) nicht möglich ist.

    Doch, das ist eindeutig, wenn man die Definition genau wörtlich versteht. Das macht man bei Definitionen doch immer so.

    Dort wird nur gefordert, dass eine vollständige Beschreibung des Zustands unserer Welt existiert.
    Und nicht, dass die Ermittlung so einer Beschreibung experimentell möglich sein muss.

    Niels vertritt den am meisten verbreitetsten Standpunkt unter den Vertretern der alternativen Interpretationen der Quantenmechanik.

    Hm, keine Ahnung? Vermutlich eher nicht.

    Wobei du unterschlägst, dass die Kopenhagener Deutung natürlich auch nur eine “alternative Interpretationen” ist, die durch nichts besonders ausgezeichnet wird.

    Vertreter der Bohmschen Mechanik und der Viele-Welten-Theorie glauben wahrscheinlich häufig, dass die Welt deterministisch ist.
    Vertreter der Kopenhagener Deutung oder der Transactional interpretation glauben dagegen vermutlich zu großen Teilen an den Indeterminismus.

    Ich vertrete eher den verbreitetsten Standpunkt unter Physikern, die von den verschiedenen Interpretation wissen, sich aber keine spezielle Interpretation zu eigen gemacht haben.

    Du hast doch selbst geschrieben:
    Denn es ist (mit dieser Definition) eine Glaubensfrage ob die Welt deterministisch ist oder nicht. In den Worten von Martin: “Shut up and calculate”.
    Seltsamerweise hast du daraus aber eine eigene Gruppe gemacht.
    Warum die Vertreter von “Glaubensfrage” und die von “ungeklärt” in zwei verschiedene Gruppen aufteilen?
    Für mich sind die Standpunkte “ungeklärt” und “Glaubensfrage” eigentlich im Wesentlichen identisch.

    Ich habe dem einen Standpunkt entgegengesetzt in dem Determinismus für uns nichts anderes als die Möglichkeit bedeutet unter Idealbedingungen eindeutige Vorhersagen treffen zu können.

    Zum einen ist die Sache mit den Idealbedingungen doch ebenfalls philosophisch und deinem Verständnis nach “unphysikalisch”.
    Zum anderen ist seit mindestens 70 Jahren bekannt, dass die QM im Allgemeinen nur Wahrscheinlichkeitsaussagen liefern kann.
    Wozu braucht man dann noch eine Determinismusdefinition, die exakt diese eine Tatsache in großartige Worte kleidet?

    Wenn man auf Stur schaltet, und nur Definitionen akzeptiert die keinen Erkenntnisgewinn ermöglichen weil die danach getroffenen Unterscheidung für uns in jeder Hinsicht irrelevant sind, dann ist das so.

    Welchen Erkenntnisgewinn ermöglicht denn deine Definition?
    Ich kann absolut keinen erkennen.

    Meiner Meinung aber ist bereits die Aussage “Diese Frage ist also nicht geklärt” genauso irreführend und unsinnig wie die Aussage “Es ist nicht geklärt ob rot salzig klingt”.

    ???
    Wenn du ein Schwarz-Weiß-Foto machst und dich jemand bei der Betrachtung der Fotografie nach der richtigen Farbe eines Objekts auf diesem Foto fragt, dann ist diese Frage für dich irreführend und unsinnig?
    Oder gibt es für dich generell keine ungeklärten Fragen?

  325. #325 rolak
    Februar 2, 2012

    Hi Niels, zu den Listen:

    Liste = “<“ListTag”>” {“<li>” PlainHTML “</li>”} “</”ListTag”>”
    ListTag = (ul | ol)

    wobei hinter “Liste” das ListTag in beiden Fällen dasselbe sein muß sowie ul die gepunktete und ol die gezählte Liste ergibt.

  326. #326 Niels
    Februar 2, 2012
    • Danke. 😉
  327. #327 Andrea N.D.
    Februar 3, 2012

    @Niels:
    “Für mich sind die Standpunkte “ungeklärt” und “Glaubensfrage” eigentlich im Wesentlichen identisch.”
    Eine spannende Aussage, die ich vermutlich nicht verstehe. Sie bedeutet offensichtlich genau das, was Martin B. geschrieben hat. Wo ist das Problem, ungeklärte Dinge stehen zu lassen, ohne gleich an irgendetwas (Theorie, Gott, wundersames Wirken der naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeit etc.) zu glauben? Unsere Erkenntnisfähigkeit ist beschränkt? Muss ich mir deshalb Glaubenstheorien basteln, die irgendjemand dann in 50 Jahren widerlegt? Oder vestehe ich Dich komplett falsch?

  328. #328 Niels
    Februar 3, 2012

    @Andrea N.D.
    Mir ist gerade nicht klar, worauf du dich mit dem Hinweis auf Martin B. beziehst?
    Könntest du die Stelle vielleicht zitieren?

    Ansonsten rennst du bei mir offene Türen ein. Ich vertrete wie gesagt den Standpunkt, dass die Frage momentan ungeklärt ist und glaube auch nicht an eine bestimmte Interpretation.

    Mit dem zitierten Satz wollte ich nur auf die eigentlich simple Tatsache hinweisen, dass Dinge nur dann zu einer Glaubensfrage werden können, wenn sie im Moment noch ungeklärt sind.
    (Na ja, eigentlich erlebt man das viel zu häufig anders. Aber in einer idealen Welt wäre das vermutlich so.)

  329. #329 Andrea N.D.
    Februar 3, 2012

    @Niels:
    “Zum Nachtrag: Ja, Bohm impliziert halt, dass wir den Anfangszustand nicht kennen können, aber er ist eben trotzdem eindeutig da. “…
    Klingt genauso wie “”Für mich sind die Standpunkte “ungeklärt” und “Glaubensfrage” eigentlich im Wesentlichen identisch.”

    Damit ist Dein Standpunkt jedoch klar: “Mit dem zitierten Satz wollte ich nur auf die eigentlich simple Tatsache hinweisen, dass Dinge nur dann zu einer Glaubensfrage werden können, wenn sie im Moment noch ungeklärt sind.” Es ging um die Genese nicht um die Identität. Ich wollte nur klar machen, dass erstens alles Interpretation ist (die dann geglaubt werden kann oder nicht) und dass zweitens Glaubenskonzepte, – theorien sowohl in der Wissenschaft als auch in dem vermeintlich genuinen Bereich der metaphysischen Konzepte (inklusive Religionen) vorkommen.

  330. #330 Dr. Webbaer
    Februar 4, 2012

    @Nils:

    Ian Pollock hat drüben bei Rationally Speaking einen Kommentar zu der gerade neu auffrischenden Freier-Wille-Debatte geschrieben, in der er argumentiert, dass Entscheidungen und Determinismus keinen Widerspruch darstellen.

    Kann man sich vielleicht diesbezüglich doch einigen, dass der verlinkte und dort erörterte “Test des Freien Willens”, Jerry Coyne’s “Test” –

    If you were put in the same position twice — if the tape of your life could be rewound to the exact moment when you made a decision, with every circumstance leading up to that moment the same and all the molecules in the universe aligned in the same way — you could have chosen differently.

    – völlig ungeeignet ist und nichts anderes als eine Möglichkeit darstellt ein Paradoxon zu definieren?

    MFG
    Dr. Webbaer

  331. #331 Dr. Webbaer
    März 24, 2012

    K, man einigt sich also anscheinend darauf, dass ein wie auch immer gearteter “freier Wille” nicht sinnvoll und fest definiert werden kann, was ja auch gut ist, denn Freiheit ist immer als aktiv (“frei zu”) und als passiv (“frei von”) zu verstehen und existiert nur als Konstrukt, also außerweltlich…

    Es macht ja auch keinen Sinn Freiheit naturwissenschaftlich folgenden Vorgaben zu definieren, denn Freiheit ist eben konstruktiv & politisch, somit n-wissenschaftlich nicht greifbar. [1] – Was natürlich bereits einfache philosophische Überlegungen nahelegen könnten, aber, jomei!, die Trennung zwischen Politik und Wissenschaft fällt eben einigen schwer.

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1] Es gibt hier einige beachtenswerte Überlegungen aus dem Bereich der Spieltheorie, die aber auch nicht n-wissenschaftlich sind.

  332. #332 Wilhelm Leonhard Schuster
    März 25, 2012

    @Dr Webbaer Ich würde mich außerhalb dieses Blogs gern mit Ihnen unterhalten:
    Über Politik -freier Wille -Freiheit als außerweltliches -weltliches Konstrukt-Determinismus- sowie PROPHETIE,an einem erlebten nachprüfbarem Beispiel aus jüngerer Zeit.
    Verfassungsschutz und Presse sollten beim Eruieren(und zunächst” nur dabei”) kooperativ mitwirken.(Ich habe kein pers. wirtschaftliches Interesse)!
    Es wäre notwendig :Eine Hochschule, die nüchterne Seminar Leute bereitstellt die den Vorgang( immer möglichst in Dreier Gruppe) bearbeitet.(Raum Franken/Würtenbg.) (Richtung :Politik/Psychologie/Religion)!
    Einige Zeugen leben sicherlich nicht mehr.Der Vorgang sollte erst später nach absolutem Abschluß der Untersuchungen veröffentlicht werden. (wenn überhaupt)?

  333. #333 Dr. Webbaer
    März 29, 2012

    Yup, der “freie Wille” beschäftigt den Schreiber dieser Zeilen seit einigen Jahrzehnten immer wieder mal am Rande, ohne dass sich hier für ihn jemals etwas Substanzielles ergeben hätte.

    An dieser Stelle wird eine kleine Prämie (so in Pizzagröße) ausgelobt, die per EKash oder Paysafe zur Auszahlung gelangt, sofern jemand bspw. Jerry Coyne’s Test etwas abzuringen vermag. – Außer dem, was der Schreiber dieser Zeilen bereits herausgearbeitet hat natürlich.

    MFG
    Dr. Webbaer

  334. #334 Wilhelm Leonhard Schuster
    März 30, 2012

    Dr.Webbaer OK. : “Wenn überhaupt!”

  335. #335 BreitSide
    März 30, 2012

    @WLS: Ich bin mal gespannt, wann Du auf den braunen mysogynen Kern des Pseudodoktoren triffst.

    Anfangs ist er immer ganz treubrav, irgendwann fällt dann die Maske.

    Aber Du bist ja selber groß…:-)

  336. #336 Wilhelm Leonhard Schuster
    März 31, 2012

    @BreiteSide Ich meine was der” Pseudodoktor ” schreibt hat Hand und Fuß.Recht hat er mit seinen Analysen.
    Mit dem ” antibraunen Gewäsch ” das manche Kommentatoren von sich geben,
    wird vielfach eine vernünftige demokratische Diskussion abgewürgt.
    Wie demokratisch diese Leute sind, zeigt sich daran, daß eben diese Kommentatoren
    sehr empfindlich reagieren, so man IHRE :” Schwurbelei ” als solche bezeichnet.
    FF hat wie bekannt meine Kritik nicht ertragen können…………..!
    Daß ich kein “GROßER” bin hat” kai ” aufgezeigt. Ich habe Verständnis dafür, daß ” IM ”
    Internet anonym argumentiert wird. Ich habe , wegen meines hohen Alters, nicht nötig mich zu verstecken.Welcher WILLE kann mir schon noch schaden.Die Jungen
    können nicht, wie ich handeln, DIE müssen noch ihre Brötchen verdienen.
    Ihnen bleibt (hoffentlich) erspart , was wir als Jungen verarbeiten mußten.
    Meine ALTEN fragten mich 1952 was ich von IHNEN hielte.
    Meine Antwort damals:”Man hat zwar äußerst unklug gehandelt! Ich verurteile den fehlgeschlagenen Versuch “DEUTSCHLANDS” eigenständig auf die Beine zu kommen jedoch nicht. Nun, nach der totalen Niederlage, ist für die nächsten 1000 Jahre Ruhe.”
    Die Alten darauf:”DER hat uns doch ALLE betrogen” Und doch war” freier Wille überall”
    mit den allbekannten Ausnahmen!
    1943 oder war es schon 1942 an einem schönen Sommertage , ich ein Bub von etwa 11 Jahren tollte aus” freiem Willen” um unseren Hof, der 60 Meter entfernt an der Bahnlinie Nürnberg /Crailsheim lag.Reger Verkehr damals : Güterzüge die Menge, Soldatenzüge(offeneGüterwagen) von Ost nach West ,von West nach Ost,-Massen an Kriegsgefangenen Transporten konnte man beobachten.Alles Normal in jener Zeit.
    Da gab es aber (seltener) Züge da waren Frauen, Männer, Kinder -wir konnten diese Züge nicht einordnen und nahmen an, das seien Zigeuner, die, wie wir wußten, eingefangen wurden, damit diese keinen Schaden anrichteten.
    Als ich, so in der Nähe der Bahn rumlungerte, hielt einer dieser Züge an.
    Ich lief zum Zug mir die Leute, die einen völlig herunter gekommenen Eindruck machten, aus der Nähe zu besehen.An einem der Güterwagen mit Dach aber großen offenen Türen angekommen, fragte ich die Leute :”Ja was habt IHR den Angestellt, daß man EUCH so transportiert. Die Antwort ,Haß erfüllt , wutschäumend ,in fürchterlichem Chor:
    “Wir haben nichts angestellt , wir sind Deutsche wie Du-ziagstn doch rei den Kerrl ,
    Fluch, Fluch Fluch über DICH ,dein Haus und Deutschland.
    Ein alter Mann mit grauem Barte, ganz hinten in der Ecke sagt :”Laßt den unschuldigen Buben, der kann doch nix dafür- steig zu uns ei,fahr mit uns, mir passen auf, daß Dir nix passiert.Erzähl dann daheim, was mit uns (Juden) g´macht wird.
    Nun die laute Stimme von einem Zugende zum Anderen :”Halt, paß auf DER gh´ört
    net zu uns . Mit Gewehr im Anschlag kommt der Wächter auf mich zu .Ich frage IHN was mit den Leuten” los sei “. Er:” verschwinde von da,ball hättn wir dich derschossen,
    das verstehst du noch net “.Ich trollte mich, und wäre übrigens nicht in den Zug eingestiegen.
    Waren das doch Leute, die mich und mein Land verflucht hatten.
    Heute weiß ich, daß die Leute diese Behandlung nicht verdient hatten und IHRE Reaktion verständlich war.Nach Lage der Dinge, meine damalige Reaktion aber auch.!
    Ich habe noch erlebt von Kommunisten und Lafontainschen Sozialdemokraten brutalst
    niedergebrüllt zu werden (1987) als ich öffentlich, beiläufig, erwähnte: die “Wiedervereinigung” werde in nicht allzu weiter Ferne kommen.(Kohl hat das genial durchziehen können.) (Waren das Braune?) (Wahrscheinlich sagen heutige!)
    Der freie Wille von Millionen von Leuten wird in solchen Fällen von wenigen stärkstens “mit beeinflußt”!
    Daß nach diesem Vorgang :”Zusammenbruch des Kommunismus” die” Gabbiladisten ”
    total verrückt spielen würden war zu erwarten.
    Arbeiten wir also diese Sache gemeinsam auf! ( Evolution ? )
    Ohne daß: Mao te tsung oder Andere fröhliche Urständ”Willensfreiheit” feiern?
    Es ist halt tragisch, daß in allen Staaten nur relativ wenige das Meinungs Monopol haben und damit den Einzelnen doch stark beschränken. (müssen, wegen des drohenden Chaos?)

  337. #337 BreitSide
    März 31, 2012

    @WLS: Du verkennst den grundlegenden Kern des Problems:

    Du schreibst Vieles, was sich skurril anhört, hast aber meistens (ich muss zugeben, ich habe oft nicht die Energie, Deinen Geistes- oder Schreibwindungen zu folgen) einen soliden Kern. Oder es ist harmloses freies Assoziieren. Auch gut, ich bin ja für jede Blödelei zu haben.

    Dr.Eister WebBarsch aber versucht nur, mit seinem dämlichen Geschreibsel in der 3. Person den Eindruck des zauseligen Professoralen zu vermitteln.

    Hinter dieser Fassade steckt aber die hässliche Fratze des reaktionären zutiefst frauen- und umweltfeindlichen Braunen.

    ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    Dieser dein letzter Post hebt sich allerdings von allen anderen, an die ich mich erinnere, deutlich ab: Hier beziehst Du deutlichst und persönlichst Stellung, und das ist äußerst respektabel.

    Diese damalige Mischung aus Nicht-wissen-wollen, lange anerzogener Antipathie (Zigeuner, Juden, Schwule, Sozis und andere Verbrecher waren ja gerade im bäuerlichen Miljö noch nie gern gesehen), aber auch unschuldiger Neugier bei fast absoluter Ohnmacht gegen Streicher und andere Meinungsmonopolisten war eben anfällig für einen rücksichtslosen Macher und genialen Gegeneinander-Ausspieler.

    Und dann noch die äußerst geschickte und erfolgreiche Jugendarbeit der Braunen (Burg Hoheneck bei Bad Windsheim/Ansbach). Übrigens gerade in Mittelfranken war (und ist noch!) der braune Anteil ganz besonders hoch. Nicht umsonst war Nürnberg die Zentralstadt der Bewegung. Und auf dem flachen mittelfränkischen Land hatten die Republikaner vor gar nicht so langer Zeit noch zweistellige Ergebnisse.

    Zum unseligen Saarländer (ich meine Oskar, nicht Erich), der die Mauer gerne selbst wieder aufgebaut hätte, dient als Gegenbeispiel die wutschnaubende Verteufelung der Ostpolitik Brandts, der deswegen schon fast exkommuniziert werden sollte. Da hat sich keine Seite mit Ruhm bekleckert. Schon gar nicht Dein ehemaliger Landesvater, der es schaffte, ohne einen Hals zwischen Kopf und Körper die DDR noch ein paar Jahre mit Milliarden zu stützen.

  338. #338 Wilhelm Leonhard Schuster
    April 1, 2012

    @BreiteSide Ich bin immer mißtrauisch wenn jemand Namen verhonepipelt,
    auch wenn es komische Kommentatoren sein sollten.
    Auch frage ich mich ob ich mit diesem Kommentar das Thema des Blogs total verfehle.
    Ich habe die Überschrift nochmal angeguckt und festgestellt ,daß ich beim Thema
    Evolution bleiben werde.Herr Breiteside SIE verkennen das Problem!
    Grundlegendes:Franken war immer Kernland des alten Reiches und fast immer reichstreu gewesen.Die Evolution der Staatsentwicklung in Deutschland erforderte die Sachsen besser in das Reich einzubinden.Der fränkische König handelte entsprechend, und übergab die Königswürde den mächtigeren Sachsen nicht ahnen könnend, daß Andere nicht ebenso staatsmännisch denken können und das” Fränkische Herzogtum” “in Folge dessen”: zu Grunde richteten.Auch wenn Franken total zersplittert worden ist:Franken ist” ideell ” über die Zeiten gesehen “Königsland “geblieben.Sogar unter den Habsburgern . Daß die Brandenburger Zollern letztlich vom Reich “absprangen ” ist bedauerlich ,jedoch der Engherzigkeit der Habsburger: “Glaubensfragen”betreffend zuzuschreiben. Ist es unter diesen Umständen denn so abwegig, als die Chance da war, auf Burg Hoheneck von Kaiser und Reich zu träumen?
    Wer da von wegen braun plappert ….die spinnen doch die Römer!
    Die Römer sind untergegangen und der Traum vom mittelalterlichen”Deutschen Kaiser=
    reich” ebenfalls.Übernommen haben die Reichs- Idee die Amerikaner, die nun “Europa” am kurzen Zügel (mit langer Leine) führen.Das weiß auch der “dümmste Braune” und er weiß auch, daß DAS für Deutschland gar nicht so uneben ist. Ich habe als junger Mann nicht gut gefunden,daß eine “Partei” mit den C protzt ,weil dieses C doch so viel Unheil über die Deutschen Staatswesen gebracht hat.Mir wäre eine “Republikanische Partei”(Vorbild Amerika)lieber gewesen. Der Schönhuber dachte ebenso und hatte damit in Franken großen Erfolg.Braun aber, war der Schönhuber gewißlich nicht und die 25 % Franken die ihn gewählt haben ,auch nicht!
    Im Grunde ist Braun oder nicht Braun in Deutschland unwichtig, da in Amerika entschieden wird, wohin der” Europäische Hase” läuft.
    Europa ist offenen Auges in die amerikanische Schuldenfalle getappt .(Gewissenlose Leute haben dieses bewerkstelligt)(Man besichtige nach Burg Hoheneck ,die Cadolsburg!)
    Und da zappelt Europa nun und versucht sich” evolutionär ” (um beim Thema zu bleiben) herauszuwinden. Na denn :Vorwärts christliche Soldaten,die Braunen sind weg und total besiegt, sucht EUCH einen anderen Gegner den ihr Mausetot, wie einst, diese machen könnt.Wie aber, werden sich die evolutionären ehemaligen Waffenbrüder,die Kommunisten schlagen?
    >Ich möchte da nicht in der Haut der Amerikaner stecken

  339. #339 Nils
    April 1, 2012

    Okay, das wird hier etwas zu off-topic. Der “Pub” wird bis auf Weiteres geschlossen.