Ist Intelligenz eigentlich so vorteilhaft?
Diese Vielzahl an kognitiven Prozessen, die bei jedem Test und jedem Experiment, das Intelligenz messen will, ablaufen, unterliegen mit großer Wahrscheinlichkeit Selektionsdrücken. Uns Menschen hat es geholfen, planen zu können und die eigene Position aus der Sicht eines anderen zu betrachten. Doch Selektion wirkt nicht auf die Fähigkeit, einen Knopf auf einem Computer zu drücken, ein Labyrinth in einer bestimmten Zeit zu durchlaufen, oder möglichst wenige lila Deckel umzudrehen. Selektion wirkt auf alle Verhaltensweisen und Prozesse, die dazu führen, dass wir am Ende unseres Lebens erfolgreiche Nachkommen in die Welt gesetzt haben. Wenn das Drücken der Knöpfe dafür essentiell ist, wird diese Fähigkeit einen größeren Stellenwert haben. In allen anderen Fällen ist es eine Abwägung von Kosten und Vorteilen, was entscheidet, welche Rolle Selektion bei der Evolution eines bestimmten Verhaltens spielt.
Messen können wir lediglich ein Verhalten, das in dieser Situation für das Tier angemessen erscheint. Die Aufgabe der Forscher (und infolgedessen auch all derjenigen, die über diese Forschung lesen) ist es, diese Ergebnisse zu interpretieren und zu überlegen, wie sie dieses Verhalten bezeichnen würden. Das Schöne daran ist, dass wir mit jedem neuen Datensatz ein besseres Bild darüber bekommen, wie relevant Intelligenz für eine Art ist. Und das hilft uns auch, unsere eigene Intelligenz in einen evolutionsbiologischen Zusammenhang zu stellen.
Ob es jetzt besonders hilfreich ist, schlau zu sein, und ob der Vergleich von Intelligenz eines Individuums mit einem anderen besonders sinnvoll ist? Dazu lasse ich die beiden Autorinnen selbst zu Wort kommen:
“Unserer Ansicht nach sollten wir nicht erwarten, dass Selektion kognitive Fähigkeiten maximiert; das bedeutet, Selektion wird nicht dazu neigen, „schlaue“ Tiere zu bevorzugen. Wir würden eher erwarten, dass Selektion Tiere bevorzugt, die im Kontext ihrer Umwelt schlau sind, das heißt, dass sie eine Reihe an kognitiven Fähigkeiten besitzen, die für ihre Umwelt optimal sind.”
Rowe, C., & Healy, S. (2014). Measuring variation in cognition Behavioral Ecology DOI: 10.1093/beheco/aru090
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