ScienceBlogs: Frau Schick, aktuelle Zahlen zeigen einen erfreulichen Trend. Immerhin jede vierte Habilitation in Deutschland stammt von einer Frau. Allerdings ist die Wahl der Fächer sehr spezifisch. Nur 16 Prozent in den Ingenieurswissenschaften aber 46 Prozent in der Veterinärmedizin.
Frauen haben aber meist keine Lust an irgendwelchen Gimmicks mitzuarbeiten. Frauen wollen mehrheitlich an Dingen mitzuwirken, die Sinn machen und die letztendlich heilend für Mensch, Umwelt und Gesellschaft sind. Deshalb finden Sie die Frauen in der Medizin und Tiermedizin.
ScienceBlogs: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, DFG, will ihre „Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards” mit einem Kaskadenmodell – also einer jährlichen Steigerung der Frauenquote etwa auf Lehrstühlen – befördern.
Schick: Quote hat etwas Statisches und erinnert an Stützräder, mit denen Kinder das Fahrrad fahren lernen. Ich halte es häufig für ein Zeichen der Hilflosigkeit und habe durchaus Bedenken, ob wir damit nicht wieder einen typisch deutschen Weg der Überbürokratisierung beschreiten.
Ich habe Bedenken, ob wir mit der Quote nicht wieder einen typisch deutschen Weg der Überbürokratisierung beschreiten.
ScienceBlogs: Wenn das alles nichts hilft, was dann?
Schick: Der erste Ansatz ist sehr simpel. Just do it. Jeder, dem das Thema ernst ist, soll in seinem Wirkungsfeld überlegen, was er dafür tun kann. Statt Quoten sage ich zum Beispiel ganz pragmatisch, wir müssen der Welt zeigen, dass Männer und Frauen Wissenschaft gestalten. Das meine ich durchaus bildhaft. So muss auf jedem Foto mit Würdenträgern mindestens eine Frau sein – und zwar nicht die Sekretärin. Wenn man keine findet, die dort stehen könnte, dann ist es höchste Zeit zu handeln. Und natürlich drückt sich die Relevanz auch in weiblichen Titeln aus.
ScienceBlogs: Und der zweite Ansatz?
Schick: Wie schon erwähnt, sollten wir aufhören, Frauen an die männliche Logik der Technik anzupassen. Dagegen sollten wir die Technik thematisch auf die Frauen zu bewegen.
ScienceBlogs: Wie soll das gehen?
Schick: Ein Beispiel. Wir haben an der Hochschule in der Elektrotechnik einen Frauenanteil von vier Prozent bei den Studentinnen und Studenten. Als wir den Studiengang Regenerative Energien eingeführt haben, hatten wir schlagartig einen Frauenanteil von über 20 Prozent, und das obschon dort ebenfalls ein sehr hoher Anteil an Elektrotechnik gelehrt wird. Frauen suchen schon im Studium nach Inhalten, mit denen sie die Welt ein wenig verbessern können. Wir müssen die Studiengänge entsprechend verändern, dann werden Frauen verstärkt in diese Studiengänge gehen.
ScienceBlogs: Frau Schick, wir danken für das Gespräch
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Das Interview führte Beatrice Lugger
Mehr:
Teil I – Wie wird man eine erfolgreiche Wissenschaftlerin?
Teil II – Wie vereint man Beruf und Familie?
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