Nachdem der ständige Sektretär des schwedischen Literaturnobelpreiskomitees Horace Engdahl letzte Woche damit provozierte, dass US-amerikanische Autoren “zu isoliert und unwissend, um große Literatur zu schreiben” seien, möchte ScienceBlogs gerne eines von zahlreichen Gegenbeispielen vorstellen: Pearl S. Buck erhielt 1938 den Literaturnobelpreis und war damit neben Ernest Hemingway, John Steinbeck und Toni Morrison eine von zehn PreisträgerInnen in ihrer Heimat.
Geboren wurde die Tochter eines presbyterianischen Missionars als Pearl Comfort Sydenstricker am 26. Juni 1892 in Hillsboro in West Virginia als viertes von insgesamt sieben Kindern. Bereits als Pearl drei Monate alt war, reiste ihre Familie nach China, wo das Mädchen große Teile seiner Kindheit verbrachte. Vier ihrer Geschwister starben bereits während ihrer Kindheit.
Pearl wurde sowohl von ihrer Mutter als auch einem chinesischen Erzieher großgezogen, wodurch sie nicht nur zweisprachig aufwuchs, sondern auch den Wunsch entwickelte, diese beiden so gegensätzlichen Kulturen zu überbrücken. Dieser Gedanke hatte auch großen Einfluss auf ihr späteres Werk als Autorin.
Während ihr Vater als Missionar viel durch das Land reiste, missionierte Pearls Mutter im kleinen Kreis in einer Apotheke in Zhenjiang, die sie selbst errichtete. Während des Boxeraufstandes 1900 flüchteten die Sydenstrickers zunächst nach Shanghai um später in die USA zurückzukehren.
Dort machte Pearl im Jahre 1914 ihren Abschluss am Woman’s College in Lynchburg in Virginia. Ihre Eltern waren mittlerweile wieder nach China zurückgekehrt – Pearl selbst zog es zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht nach Asien. Als sie jedoch erfuhr, dass ihre Mutter dort schwer krank sei, reiste sie dennoch wieder ins Reich der Mitte.
Dort verliebte sie sich 1915 den Landwirtschaftsökonomen John Lossing Buck, den sie 1917 heiratete. Das Paar zog in die ärmliche Provinz Anhui, wo Pearl zum ersten Mal den wahren Lebensstandard der Mehrheit der chinesischen Bevölkerung kennenlernte.
Ihre Ehe wurde auf eine harte Probe gestellt: 1921 wurde die Tochter Carol mit einer starken geistigen und körperlichen Behinderung geboren. Kurze Zeit später wurde bei Pearl Unterleibskrebs diagnostiziert, der sie zu einer Gebärmutterentfernung zwang. 1921 stirbt Pearls Mutter, kurze Zeit später zieht Pearls Vater bei dem jungen Paar ein. 1925 adoptierten die Bucks ihre zweite Tochter Janice. Ihre bis dahin bereits zerrüttete Ehe lässt sich damit nicht retten – “18 Jahre gab ich alles, was ich geben konnte, … und 18 Jahre bekam ich nichts zurück,” erklärte sie später.
Bis 1933 arbeiten Pearl und John Lossing als Lehrer in Nanjing. Parallel dazu veröffentlichte Pearl bereits Kurzgeschichten in englischsprachigen Zeitungen in China. Ihr erster Roman, “Ostwind – Westwind” wird 1930 veröffentlicht, ein Jahr später erscheint “Die gute Erde”. Der Roman beschreibt das alltägliche, harte Leben chinesischer Bauern.
Bereits ein Jahr, nachdem “Die gute Erde” auf den Markt kommt, erhält Pearl S. Buck für den Roman den Pulitzerpreis. 1935 heiratet Pearl S. Buck ihren ersten Verleger Richard Walsh, nachdem beide aus ihren vorigen Ehen geschieden sind. Zwei Jahre später wird “Die gute Erde” von Sidney Franklin verfilmt.
1934 kehrt Pearl S. Buck edngültig in die USA zurück, da ihre Tochter Carol dort in einer betreuten Wohneinrichtung lebt und auch ihr Mann fast ausschließlich in den USA arbeitet. Dort lebt sie auf einer Farm in Pennsylvania und adoptiert mit Richard Walsh in den folgenden Jahren sechs weitere Kinder.
1938 dann erhält sie als erste US-amerikanische Frau den Literaturnobelpreis “für ihre reichhaltigen und wahrlich epischen Beschreibungen des Lebens chinesischer Bauern und für ihre biographischen Meisterwerke”. Die Verleihung gilt als eine der umstrittensten, da zwischen der “Guten Erde” und dem Preis die für Nobelverhältnisse wenigen sieben Jahre liegen und Kritiker ihr keinen großen literarischen Rang beimessen. Die seither geltende Regelung, den Nobelpreis nur an AutorInnen zu verleihen, die bereits vorher mindestens einmal dafür nominiert waren, wird bis heute oft als „Lex Buck” bezeichnet.
Mit ihrem Mann gründet Pearl 1942 die “East and West Association”, eine Gesellschaft, die sich um den kulturellen Austausch zwischen Asien und den USA bemüht. Daneben engagiert sie sich für Frauen- und Bürgerrechte. Da in den bis dahin in den USA verfügbaren Adoptionsagenturen asiatische Kinder als “nicht-adoptierbar” gelten, ruft sie 1949 die erste internationale, hautfarbenübergreifende Adoptionsagentur “Welcome House” ins Leben.
Nach dem Tod Richard Walshs 1960 stürzt Pearl S. Buck sich in neue Hobbies und beschäftigt sich unter anderem mit Bildhauerei, Filmregie und Landwirtschaft. Sie gründet eine Hilfsorganisation für alleingelassene Kinder amerikanischer Soldaten mit asiatischen Frauen.
Als sie am 6. März 1973 in Danby in Vermont stirbt, hat sie über 70 Bücher veröffentlicht, darunter Romane, Kurzgeschichtensammlungen, Biographien, ihre Autobiographie, Theaterstücke, Kinderbücher, Übersetzungen aus dem Chinesischen und Gedichte. Bis heute besuchen jedes Jahr 15.000 Menschen ihr Anwesen in Pennsylvania.
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