Heute wird es etwas interdisziplinär. Auch wenn hier mit Florian ein gestandener Astronom bloggt, möchte ich einen Exkurs in sein Metier wagen- weil ich die unterschiedlichen Vorgänge, die ähnlich einer Plattentektonik sind/sein könnten, auf den umgebenden Himmelskörpern schlicht spannend finde.
Auf kleinen Planeten wie dem Merkur oder den großen Monden ist die Lithosphäre zu mächtig im Verhältnis zum Durchmesser des Körpers, um einen solchen Konvektionsprozess in Gang zu setzen.
Schalenbau des Ganymed
Anders sieht es aus bei erdähnlichen Monden wie dem Jupitermond Ganymed. Dieser besteht oberflächlich aus zwei kontinentalen Platten unterschiedlicher Bewegungsrichtung, die im Laufe ihrer (mittlerweile stillgestandenen) Plattentektonik Gräben bildeten, Störungszonen und Verwerfungen formten und Gebirge auffalteten. Selbst Zonen wässriger Lavaflüsse, bedingt duch Kryovulkanismus, sind erkannt und beschrieben worden. Durch seinen vierschichtigen Aufbau aus metallischem Kern, Silikatmantel, Wassereisdecke und fester Eiskruste vermuten Wissenschaftler, dass er zu früheren Zeiten deutlich höhere Temperaturen hatte, die eine solche Art der Tektonik möglich machten.
3D Bild der Kraterlandschaft der Venus
Erdähnlich wie die Venus ist, mit ihrem starken Vulkanismus und den Gebirgen auf der Oberfläche, konnte jedoch eine Plattentektonik bisher ausgeschlossen werden, was Fragen hinsichtlich der Orogenese aufwirft. Die plausibelste Erklärung für eine fehlende Bewegung der Lithosphäreplatten ist das Nichtvorhandenseins freien Wassers. In Kristallen eingebundene Wassermoleküle dienen bei Druck- und Temperaturzunahme als Schmiermittel für eine Viskosität innerhalb der Gesteinskörper. Durch das Subduzieren solchen Krustenmaterials werden große Mengen Wasser im äußeren Erdmantel frei und sorgen so für eine Absenkung der Schmelztemperatur und somit für das Aufschmelzen des Gesteins, was letztlich Teil der Mantelkonvektion wird. Da auf der Venus kein Kristallwasser nachgewiesen werden konnte, ist es plausibel, dass ein solcher Kreislauf nicht in Gang kommen kann.
Auf dem Mars gibt es Kristallwasser. Eine Lithosphäre mit aufgereihten Schildvulkanen und folgenden Grabensystemen. Hier ist es wahrscheinlich die zu niedrige Temperatur, die die Entstehung einer echten Plattentektonik verhindert. Man könnte behaupten, die heute sichtbaren Strukturen sind Relikte eines vergangenen Riftings.
Auf Europa ähneln Eisschollen Lithosphärenplatten
Denkbar wäre eine “Kontinentaldrift” auf dem Jupitermond Europa und dem Saturnmond Enceladus. Unter Europas Eispanzer befindet sich festes Material, und die Verteilung der Lineatur der Europa-Oberfläche lässt vermuten, dass der Eispanzer nicht fest mit dem Lithosphärenkörper verbunden ist, sondern wie Packeis aufschwimmt. Eine teilweise Aufschmelzung des Eises durch Gezeitenkräfte wäre plausibel. Es gibt Bereiche glatter Eisfläche, die darauf schließen lässt, dass in Bruchzonen erwärmtes Eis nach außen drang und noch unbeschadet durchfrieren konnte. Vergleichbar mit irdischen Verhältnissen könnte Europas Eispanzer 12-15km dick sein und auf einem 100km mächtigen “Ozean” schwimmen. Die Gezeitenkräfte heben Bereiche der Kruste um bis zu 30m an, so dass Brüche, Verwerfungen und Überschiebungen stattfinden konnten. Es scheint, dass die Eiskruste völlig vom Gesteinskörper des Mondes abgekoppelt ist, denn die Daten der Raumsonden Galileo und Voyager II zeigen, dass sich die Kruste in 10000 Jahren einmal komplett um den inneren Kern gedreht haben muss.
Terraines auf Enceladus
Enceladus als annähernd kugelförmiger Himmelskörper besitzt einen schweren Kern, eventuell silikatischen Ursprungs, und eine Eiskruste. Durch Kältevulkanismus (Kryovulkanismus) konnte durch Gezeitenkräfte leicht erwärmtes Wasser aus dem Untergrund emporsteigen und sich auf der Oberfläche ausbreiten. Enceladus ist der kleinste Himmelskörper des Sonnensystems, auf dem geologische Prozesse beobachtet werden konnten.
Zuletzt fällt der Blick diesen Artikels auf Io. Der Jupitermond zeigt einen derart starken Vulkanismus, dass eine Entstehung von Lithosphärenplatten bisher nicht möglich war.
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