Nachdem meine kleine Abhandlung der Geschichte der Plattentektonik auf Interesse gestoßen ist, dachte ich, ich führe das Ganze heute gleich mal weiter.
Viele (Irr)wege wurden beschritten, bis Alfred Wegener 1915 den Mut hatte, revolutionäre Aussagen zum Auseinanderbrechen und Bewegen der kontinentalen Lithosphäreplatten der Erdkruste zu veröffentlichen. Seine Begründungen über Gezeiten-, Flieh- oder andere Gravitationskräfte als darunterliegenden Mechanismus hinderten seine Theorie damals, den Durchbruch zu erlangen. Erst 1960 mit der Erforschung der Plattentektonik, sollten seine Ideen endlich breiten Anklang finden.
Die Plattentektonik ist die Grundlage für die meisten groben geologischen Prozesse auf diesem Planeten. Auch wenn nicht alle Phänomene bis zur Gänze geklärt sind, wird sie in ihrer Gesamtheit doch von den meisten Menschen heute als schlüssig und wahrscheinlich angesehen.
Vorgänge an Plattengrenzen. Systematisch
So sorgt die Konvektion des zähviskosen Gesteinsmaterials im Erdmantel dafür, dass die äußeren Bereiche, die die sieben großen Lithosphärenplatten einbetten, langsam und stetig bewegt werden. Die Erdkruste und ihre ozeanische und kontinentale Kruste sind somit nicht “schwimmende” Fragmente auf einem heissen, flüssigen Untergrund sondern lediglich die sichtbare, abgekühlte “Haut” des Mantelkörpers. Diese ist teilweise eingerissen und wird kontinuierlich neu gebildet und vernichtet.
Primäre Auswirkungen dessen sind die Entstehung von Faltengebirgen und Tiefseerinnen. Beide dienen der Auflösung/Aufschichtung von Krustenmaterial. Im Falle der Gebirge natürlich vornehmlich der kontinentalen, an Tiefseerinnen durch Subduktion die ozeanische Kruste. Sekundäre Phänomene sind in diesem Zusammenhang Vulkane und Erdbeben, mit all den tertiären Erscheinungen wie Tsunamis, Hangrutschen, Ascheregen, Natur- und Humankatastrophen.
An destruktiven Plattengrenzen findet man eine Vielzahl von Prozessen und Phänomenen, die stark von den spezifischen Gegebenheiten des Untergrundes abhängig sind. Subduktion, also das “Abtauchen” der dichteren Masse unter der leichteren oder das Kollidieren und Auffalten der Plattenränder sind die groben Mechanismen, die hier zu Grunde liegen.
Die Anden als Hochgebirge am Rande einer klassischen Subduktionszone sind auch im alltäglichen Umgang mit Geomorphologie kein Geheimnis mehr. Im Tiefseebereich kommt es immer wieder, wie im Beispiel der japanischen Inseln, zu einer gekrümmten Inselkettenbildung vulkanischen Ursprungs. Die Krümmung resultiert aus der Kugelform der Erde und der damit verbundenen Geometrie der Plattengrenzen. Werden nur ozeanische Platten subduziert, wie es in der südostasiatischen Inselwelt oder der Karibik der Fall ist, wo die Platten zudem noch entgegengesetzt gerichtet bewegt werden, ist die global heftigste Vulkanaktivität nicht mehr verwunderlich.
Ist zwischen zwei Platten der ozeanische Bereich völlig aufgebraucht und stoßen somit kontinentale Massen aufeinander, wie im Falle der Indischen Platte und Asien, kommt es, siehe Himalaya, zu massiven Gebirgsbildungen.
Heezen und Tharp. Dank an "https://www.thefullwiki.org/Bruce_C._Heezen"
Um den Erdradius gleich zu halten, muss an anderer Stelle natürlich neues Material gebildet werden. Dies geschieht an divergierenden Plattengrenzen, an denen basaltischer Meeresboden ständig neu an die Oberfläche dringt. Das sogenannte “Seafloor spreading” war auch Grund für die Entdeckung der Plattentektonik, sorgten doch Wissenschaftler wie Hess, Dietz und Carey dafür, dass mehr und mehr Publikationen an die Öffentlichkeit drangen, die genau diese Punkte untersuchten. Marie Tharp als herausragende Kartografin der Meeresböden und mittelozeanischen Rücken sorgte zusammen mit Bruce C. Heezen für eine bedeutende Grundlagenforschung. Die „Heezen-Tharp physiographischen Karten” sind geo-geschichtlich hochinteressant und heute in Google Earth eingebunden. Einen Lesetipp habe ich hierfür natürlich auch vorbereitet: Mapping the Deep: The Extraordinary Story of Ocean Science
Durch die Erkenntnis, dass diese mittelozeanischen Rücken vulkanisch aktiv sind und zum Teil erhebliche Mengen (Kissen-)Lava freisetzen, diese erkalteten Ströme ein paläomagnetisch spiegelsymmetrisches Streifenmuster verinnerlichen und in weiterer Entfernung der Rücken die Sedimentbedeckung mächtiger wird, lag der Schluss nahe, dass es hier zur Bildung neuer Erdkruste kommt. Interessant ist auch die unterstützende Tatsache, dass keine Messung ein Meeresbodenalter über 200 Mill. Jahren ergeben hat. Im Schnitt ist der Ozeanböden der Erde jünger als 65 Mill. Jahre. Heute hat man ermittelt, dass die Driftraten der großen Lithosphärenplatten bei 2-20cm pro Jahr liegen.
Magnetische Streifung am MOR. (wikipedia.de via Kurgus)
Die Grabenbildung ist kein rein ozeanischer Prozess. Da die kontinentalen Platten nicht losgelöst auf der ozeanischen Kruste schwimmen, kommt es auch auf dem Festland zu derartigen Komplexen. Das klassische Beispiel hierfür ist in Afrika zu finden. Das rote Meer als Vorstufe eines Ozeans, der den afrikanischen Kontinent spaltet, ist nicht nur Popcornunterhaltung, sondern geologische Realität. Am Ostafrikanischen Graben wird Kustenmaterial aufgewölbt, es kommt vermehrt zu Vulkanismus. Eine Riftflankengebirgsbildung kann man hier lehrbuchmäßig verfolgen. Die Erhebung in Nord-Süd-Ausrichtung wird heute als mitbestimmender Antrieb für die Entwicklung des aufrechten Ganges des Menschen angesehen. Durch den verhinderten Wolkenzug nach Ostafrika wandelte sich Regenwald zu Steppenlandschaft und sorgte so für genau die ökologische Nische, die die ersten Hominiden besetzten.
Somit ist eines klar- die Plattentektonik ist nicht nur eine hochkomplexe, logische und spannende Struktur unseres Planeten, die einerseits für Leid, Zerstörung und schlimme Schicksale sorgt, sondern im gleichen Zuge auch lebensnotwendiger Motor dieses Planeten, denn: Die Welt ist im Wandel.
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