Vor einer Weile schrieb ich über Permafrost in Mitteldeutschland. An Blockhalden mit speziellen Rahmenbedingungen kommt es hierbei zu einem metertiefen Durchfrieren des Schuttes mit ganzjähriger Eisbedeckung im Untergrund.Wie solche Blockhalden oder Steinmeere entstehen, soll dieser Artikel darlegen.

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Das Felsenmeer in Lautertal/Odenwald

Frostverwitterung ist eine typische Erosionsform in Hochgebirgen und in Gegenden, die von einem deutlichen Jahreszeitenklima betroffen sind. Der Frostwechsel bewirkt in Spalten und Poren ein wiederholtes Schmelzen und Gefrieren von Wasser. Hierbei kommt es zu verstärktem Druck auf das anstehende Gestein. Bei -5 °C herrschen 50 MPa, in besonders kalten Nächten bei – 22 °C sogar 211,5 MPa. Dies ist für die Wasserkristalle die maximale Stufe der Volumenvergrößerung, sie entspricht 9%. Bei noch niedrigeren Temperaturen kommt es zu einer Phasenänderung und das Eis geht in einen weniger volumenintensiveren amorphen Zustand über.

Angriffspunkt für die Wassertropfen sind immer Klüfte im Gestein. Im Falle der Rhöner Blockhalde handelte es sich um ein Erstarrungsgestein, der Basalt, welches beim tertiären Vulkanismus die Rhönberge entstehen ließ. Dieser Basalt ist zwar dicht und kompakt, aber die einzelnen Lavalagen bieten durch ihre Schichtung eine gute Instabilitätszone, die von senkrechten Kluftflächen unterstützt wird.

In Sedimenten hat man die einzelnen Schichten der Abfolge, die für Angriffsfläche sorgen. In sehr kompakten, kluftlosen Magmatitkörpern dienen mikrokristalline Poren als Ausgangspunkt für Frostsprengung. Hier werden weniger widerstandsfähige Minerale wie Glimmer oder Feldspate zuerst kaolinisiert (durch Wasser zu Ton umgewandelt) und anschließend ausgespült. Zudem können auf molekularer Ebene entlang der Kristallisationsflächen Kleinstmengen Wasser in tiefere Blocklagen gelangen. So entstehen nach und nach krümelige Poren, in denen die restlichen, wasserunlöslichen Minerale wie Quarz übrigbleiben und als monokristalline Sandkörner oder Kiese abgetragen werden. (Das nennt man dann “körnigen Zerfall”) Als “Blockzerfall” wird das selbe im großen Maßstab bezeichnet, wenn an Senkrechtklüften ganze Gesteinsblöcke vom Anstehenden abgespalten werden. Ist der zeitliche Faktor so gering, dass eine derartige Sprengung und Zerfall schnell vonstatten gehen kann, zum Beispiel in arktischer Tundra oder während der Eiszeiten, so kommt es zur Bildung ausgeprägter Block- und Schutthalden, auf der die großen Brocken aufgrund der geringeren Kantenkrümmung auf den kleinen Kiesen und Sanden “aufschwimmen” und das darunter liegende Gestein völlig überdecken. Dieser Zustand ist als “Block- oder Felsenmeer” bekannt. Regional haben diese Geotope eine kulturelle Bedeutung. Nicht selten entstammen Geschichten von Riesen oder Trollen diesen scheinbar losgelösten Geländeabschnitten.

Der Unterschied zwischen einer Blockhalde und eines Blockmeeres liegt im Entstehungsprozess. Ein Blockmeer wurde größtenteils zusammengespült, wohingegen eine Blockhalde rein von der Schwerkraft zusammengehalten wird. Als Geröllhalde (oder Felsenmeer) werden ähnliche Gebilde benannt, die aber hinsichtlich der Korngröße des Schutts viel kleiner sind. Auf Geröll, was aus Kies und Sand besteht, kann sich schnell eine Humusschicht mit Pioniervegetation ansiedeln. Auf Blöcken ist dies viel schwieriger, da die Oberfläche kleiner ist und Bodenpartikel sofort weggespült oder heruntergeweht werden.

So spannend die Untersuchung solcher Blockhalden sein kann, wird von einem Betreten dessen deutlich abgeraten. Aufgrund fehlender Bindemittel sind die Brocken instabil gelagert und Unfälle beim Besteigen der Halden sehr wahrscheinlich.

Kommentare (7)

  1. #1 miesepeter3
    Juli 22, 2011

    @Anke Bebber

    “Keine Riesen oder Trolle”

    Keine Trolle? Wie schade.

  2. #2 arlacta
    Juli 22, 2011

    Das Felsenmeer ist toll, da war ich auch letztens 😀

  3. #3 pille
    Juli 22, 2011

    Ist euch schon mal die besondere Vegetation auf solchen Blockhalden aufgefallen? Ich habs jetzt schon mehrmals erlebt. Die Bodenbedeckung ist relativ gering, meist nur einige Gräser. Aber der Baumbestand war immer (soweit ich mich entsinne) von niedrigen, knorrigen Eichen geprägt, die auf dem recht steilen Hang auf dem Schutt wachsen. Ich meine mal gelesen zu haben dass man diese Waldform Block- oder Schutthaldenwald nennt, was ja auch naheliegend ist. Kennt sich jemand damit aus???

  4. #4 rolak
    Juli 23, 2011

    Ja, Großtante google, pille. Und bis auf das mit den Eichen scheint es so zu sein.

    Zur schwach ausgeprägten Bodendeckung gab es übrigens schon im vorletzten Absatz des posts eine Erklärung.

  5. #5 JPeelen
    Juli 23, 2011

    Mehr als 200 MPa durch eine profane Frostnacht. Donnerwetter.

  6. #6 Dr. Webbaer
    Juli 23, 2011

    Nicht selten entstammen Geschichten von Riesen oder Trollen diesen scheinbar losgelösten Geländeabschnitten.

    Die Legenden erzählen von Trollen, die einschliefen und als Fels oder gar Berg nach und nach mit Erdreich überschüttet wurden oder erodierten, aber noch aufwachen könnten…

    Es darf vermutet werden, dass so Kinder vor dem nicht ungefährlichen Gelände geschützt werden sollten und praktischerweise gleich die anderen mit…

    Trolle, also Steinleben, haben angeblich die Eigenschaft, dass die Köpfe nachwachsen können – was dann auch zur Einführung des Trollbegriffs für ständig wiederkehrende, aber falsche Webnachrichten führte, letztlich und fälschlicherweise, vor allem im doitschen Sprachraum, dann auch personalisiert worden ist.

    MFG
    Dr. Webbaer

  7. #7 rolak
    Juli 23, 2011

    ><((((º>