Nachdem ich einige Tage mit der Familie im Urlaub verbracht habe, nehme ich mir heute mal wieder Zeit für meine Blogleser 🙂
Ich will meine Serie über die deutschen Mittelgebirge fortsetzen. Heute mit der mesozoischen Schichtstufe der
Schwäbischen Alb
Wie ihr ja nun schon wisst, ist der Südwesten Deutschlands von einer Abfolge verschiedener Gesteine geprägt, die ausgehend vom Oberrheingraben schräggestellt wurden, mit dem Höhenmaximum in Grabennähe und sich nach Südosten verringernder Mächtigkeit.
Analog zum Buntsandstein (Trias) im Schwarzwald und Spessart passierte dies auch mit den jurassischen Deckschichten, die stratigraphisch die terrestrischen Sandsteine überlagern und vornehmlich marine Ablagerungen des Jurameeres repräsentieren, mit Verlandungsbereichen natürlich.
Der Jura als eines von drei Teilen des Mesozoikums (Trias, Jura, Kreide) gliedert sich ebenfalls in kleinere Zeiträume: Lias, Dogger und Malm. Häufig werden die drei Bereiche auch mit ihrer typischen Farbe angesprochen: Schwarzer, brauner und weißer Jura.
In der Schwäbischen Alb findet man alle drei Einheiten bilderbuchartig aufgeschlossen.
Das Mittelgebirge wird im Nordwesten von einer prägnanten Steilstufe von 400 Meter Klippenhöhe definiert. Im Südosten liegt die Traufkante bei circa 1000 Meter und stellt hier mit dem Lemberg den höchsten Punkt des Gebirges, fällt aber zum Nordosten hin auf knapp 650 Meter ab. Das „Hochplateau” selbst fällt nach Südosten ungestört ab und verjüngt sich in der Schichtmächtigkeit, bis es von Molasseschichten des Alpenvorlandes überlagert wird.
Über Jahrmillionen wurden diese jurassischen Gesteinspakete von Flüssen zerschnitten und massiv zertalt, so dass heute nicht eine massive Decke, sondern zerklüftete Landschaften zu sehen sind. Durch die Zusammensetzung selbst findet man recht wenige Oberflächengewässer, dafür aber sehr prägnante Karsterscheinungen, wie Dolinen oder Tropfsteinhöhlen.
Die Landschaftsbildung hängt direkt von den Eigenschaften der unterschiedlichen Gesteine ab. So ist der Lias von einem bitumenreichen Tonschiefer gekennzeichnet, der sehr reich an Fossilien ist, die sich aber nicht immer gut herauslösen lassen, da die Schieferung nicht auf Schichtebene erfolgte, so dass die fossilführenden Lagen beim Spalten zerstört werden. Wenn man allerdings gute Bedingungen hierfür vorfindet, sind Zeitzeugen von herausragender Detailfülle zu finden, so wie die berühmten Ichthyosaurier im Posidonienschiefer von Holzmaden.
Tonschiefer bilden sich in Tiefwasserregionen, die unter Sauerstoffabschluss liegen. Darin begründen sich auch die mumienartigen Fossilisationsbedingungen. Sehr feinkörnige Tonplättchen lagern sich dicht auf dicht aufeinander und werden durch Druck und Temperatur zusammengepresst.
Sinkt der Wasserspiegel und es kommt zu Licht- und Luftzufuhr, ändern sich auch die Ablagerungen. Etwas gröbere, klastische Materialien werden vermengt, weniger dicht und körniger als im Tonstein. Vorrangig sind es Tone und Sande, die von Kalkmergeln durchsetzt. So kann man darauf schließen, dass es im mittleren Jura (Dogger oder “brauner Jura”) in dieser Region teilweise zu einer Verringerung des Meerwasserspiegels kam. Der hohe Gehalt an zweiwertigem Eisen führt zur namensgebenden braunen Farbe. Der Erzgehalt ist so teilweise so hoch, dass es bei Aalen in oolithischer Form abbauwürdig ansteht.
Als maßgeblich landschaftsbildend kann man aber den weißen Jura (Malm) ansehen. Die hochreinen Kalksteine bilden die „Albtrauf” genannte Steilstufe und zeigen ein weiteres Sinken des Meeresspiegels an. Kalke fallen in Wasser aus, was lichtdurchflutet und kühl ist. Es gibt eine klar feststehende Reihe, wonach Salze in ihrer Wasserlöslichkeit ausfallen. CaCO3 als Kalkstein kommt sehr vielgestaltig vor. Einerseits als Kreide, wonach mikroskopisch kleine Kristalle aus dem Wasser ausfallen und zu Boden sinken, andererseits als Schill, also Schalenreste von Muscheln, Schnecken und anderen Mollusken. Letzteres bildet schnell massivere Bänke, weil auch Sandkörner und Tonminerale beigemengt werden können.
Je nach spezifischer Position im Flachmeer findet man also Mergel (Kalke mit Tonen), Bänke (reine verfestigte Kalkausfällung) oder Massenkalke (Schillbänke, Riffschutt) unterschiedlicher Schichtdicke.
Industriell hat der Kalkstein in der Region große Bedeutung, so als Zementgrundlage und zur Herstellung von Schotter. Hochreine Kalke werden auch für die chemische Industrie gebrochen. (schonmal was vom „Ulmer Weiß” gehört?)
Touristen wird die Kalksteinlandschaft aus anderer Sicht interessieren. Einerseits sind die Karsthöhlen (wie der Blautopf <3) und all die anderen Schauhöhlen ein absolutes Highlight der geologischen und karstkundlichen Wanderwege, andererseits kommen Fossilienjäger auch auf ihre Kosten. Auf Wanderungen durch die Alb kann man die herausstechenden Riffmassive schon als Laie als solche erkennen. Die Schwämme und Korallen sind so detailgenau verkieselt, dass sie einem förmlich ins Auge springen. Als Sammler sollte man aber immer bedenken, dass nicht jeder Felsen beklopft werden darf. Naturdenkmäler müssen bewahrt werden! Wenn man aber einmal in der Schwäbischen Alb ist, und da sollte man unbedingt mal sein, weil es wunderschön ist (und der Rieskrater ist ja auch „nebenan"), dann MUSS man in die Museen gehen. Vielleicht bin ich da ein wenig voreingenommen, aber die Fossiliendichte und museale Pädagogik dieser Region sind so ausgezeichnet, dass man sie alle gesehen haben muss. Das Fossilienmuseum in Dotternhausen zum Beispiel. Gerstetten bietet ein Museum über die Riffe, und über die Korallen erfährt man viel im Heimatmuseum Nattheim.
Eine tolle weitere Besonderheit dieses Mittelgebirges befindet sich rund um das Städtchen Bad Urach. Klingt nicht weiter dramatisch, oder? Ist es aber, zumindest aus geologischer Sicht. Hier finden sich 355 vulkanische Ausbruchsstellen in einem Umkreis von lediglich 25 Kilometern um die Stadt. Man nennt das Gebiet deswegen „Schwäbischer Vulkan“. Nur 16 bis 17 Millionen Jahre ist es her, dass explosiver Vulkanismus ohne große Lavamengen in Kleinsteruptionen durch lokale Plattenverschiebungen ausgelöst wurde. Das Randecker Maar zum Beispiel zeigt ganz klassisch noch heute eine Schlotverfüllung mit Seebildung. Die Thermen von Beuren und Bad Urach zeigen auch an, dass die vulkanische Aktivität noch nicht abgeklungen ist. Auch Erdbeben sind hier nicht selten.
Noch cooler ist aber das Städtchen Steinheim! Oder besser, das harmlos klingende „Steinheimer Becken“. Hier finden wir eine kreisrunde Senke von knapp vier Kilometern Durchmesser, die nichts Geringeres ist als ein Impaktkrater eines Meteoriten. Der Zentralhügel (aka Klosterberg) ist erhalten, er erhebt sich knapp 50 Meter über den heutigen Kraterboden, welcher selbst etwa 100 Meter über dem eigentlichen Boden liegt, da er durch Erosionsmaterial aufgefüllt wurde. Und hier kommen die Fakten:
- Der Meteorit schlug vor ca. 14 bis 15 Millionen Jahren ein
- Er war ca. 100 bis 150 Meter groß
- Seine Geschwindigkeit lag bei 72.000 km/h
- Die freigewordene Energie hat einen Wert von 1018 Joule (18.000 Hiroshimabomben, wenn man dieses schreckliche Maß denn überhaupt verwenden möchte)
- Die originale Kratertiefe lag bei 200 Meter
Wissenschaftler gehen durch die Analyse der Fossilien, die sich in den Ablagerungen des Kratersees finden lassen, davon aus, dass dieser Impakt an das Riesereignis (Ich werde noch darüber berichten) geknüpft ist, denn der Riesmeteorit ist wahrscheinlich ein von einem Satelliten begleiteter Asteroid gewesen.
Falls einer meiner Leser Geocacher ist, wird er froh sein zu erfahren, dass es einen Meteoritenkrater-Rundweg gibt! Oha, der landet auf meiner „Muss ich mal machen!”-Liste!
Denn wie an jedem typischen Impaktkrater findet man auch hier die wunderbar zerscherten Fossilien, Kalkplatten, die Impaktbrekzien und Suevite. Ich sehe schon, ich sollte mich diesem Thema in meinem nächsten Beitrag widmen. 😉
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