Die Idee zur Nobelpreisträgertagung ist – daran besteht heute kein Zweifel – ein Erfolgsmodell. Sie ist sowohl Werbung für die Wissenschaft, als auch für die Stadt Lindau und den Bodensee. Und sie ist vor allem die einmalige Gelegenheit für junge Wissenschaftler die Nobelpreisträger ihres Fachs persönlich kennenzulernen.
Doch beinahe wäre es niemals dazu gekommen: in den 50er Jahren überlegte man ernsthaft, ob man statt der wissenschaftlichen Tagung nicht lieber ein Radrennen oder einen Boxkampf organisieren sollte.
Schwierige Anfangsjahre der Tagung
Nun trägt die Wissenschaft bei genauerem Hinsehen auch viele Züge des sportlichen Wettstreits, aber so populär und publikumstauglich ist eine Tagung bei der Wissenschaftler miteinander debattieren freilich nicht. Und genau das wurde der jungen Tagung in ihren Anfangsjahren fast zum Verhängnis.
Die ersten beiden Tagungen zur Medizin (1951) und zur Chemie (1952) waren überaus erfolgreich. Es waren 7 bzw. 10 Nobelpreisträger nach Lindau gereist, die Teilnehmer waren zufrieden und die Presse berichtete recht wohlwollend über die Treffen.
Die ersten Tagungen waren inhaltlich ein Erfolg, finanziell aber defizitär. Die Kritik an der Tagung wurde lauter…
1953 stand zum ersten Mal die Tagung der Physiker auf dem Programm und das Publikumsinteresse fiel schwächer aus, als erwartet und erhofft. Am Ende stand ein finanzielles Defizit von 20.000 DM. In der Bevölkerung und bei der Stadt Lindau war man davon wenig begeistert. Überhaupt stand man der Veranstaltung mehrheitlich skeptisch gegenüber: wieso mußte dieses Treffen unbedingt in ihrer Stadt stattfinden? Welchen Nutzen hatte man selbst?
Boxkampf als bessere Werbung für die Stadt?
Im Zuge der Diskussionen über die Zukunft der Tagung wurde im Juli 1953 die Forderung erhoben, das Geld besser und gewinnbringender zu verwenden. In der Allgäuer Zeitung vom 29.7. wurde argumentiert, daß man doch stattdessen einen Boxkampf oder ein Radrennen durchführen solle. Mit mehr Nutzen für die örtliche Gastronomie und vermeintlich eine bessere Werbung für die Stadt.
Ein Boxkampf ist eine bessere Werbung für die Stadt und auch publikumsnäher – so argumentierten die Zeitungen im Jahr 1953
Letzten Endes konnten sich die Organisatoren um F.K. Hein und G. Parade aber doch durchsetzen. Möglicherweise gab ja auch die Anfrage der Stadt Salzburg, die Interesse an der Tagung bekundet hatte, den Ausschlag. Verlieren wollte man die Tagung also doch nicht. Man entschloß sich ein Kuratorium für die Tagung zu gründen, das die dringend benötigte Unterstützung von Sponsoren sichern sollte. Unter diesen Bedingungen konnte dann auch 1954 eine weitere Tagung stattfinden.
Ein weise Entscheidung. Und so ein bißchen Schlagabtausch ist bei den Podiumsdiskussionen der Laureaten ja auch immer dabei, da kann man sich den Boxkampf wirklich sparen…
» Marc Scheloske ist Sozialwissenschaftler und Redakteur von ScienceBlogs |
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