In genau einer Woche beginnt das 59. Treffen der Nobelpreisträger in Lindau. Wer sich bereits jetzt auf die Tagung einstimmen will, hat nun die Gelegenheit dazu: die Stiftung der Nobelpreisträgertagungen hat ihr Audio- und Videoarchiv geöffnet.
Seit 1951 treffen sich Preisträger der verschiedenen Disziplinen am Bodensee. Und selbstverständlich wurden seitdem die Vorträge der Laureaten auf Tonband und Kassette aufgezeichnet. Nun hat man sich in Lindau an diesen wissenschaftshistorischen Schatz erinnert und die Dokumente digitalisiert. Am 8. Mai – dem 100. Geburtstag von Graf Lennart Bernadotte (dem Mitbegründer der Tagung) – wurden die ersten Vorträge freigegeben. Zum Start sind insgesamt elf historische Vorträge verfügbar.
Vorträge von Nobelpreisträgern aus sechs Jahrzehnten
Es ist gute Lindauer Tradition, dass die Nobelpreisträger die inhaltliche Ausrichtung ihrer Vorträge selbst bestimmen. So gab und gibt es immer einen bunten Mix aus dezidiert fachlichen Präsentationen auf der einen Seite und auf der anderen Vorträge, in denen die Laureaten allgemein über ihre wissenschaftliche Laufbahn und die Entdeckungen berichten, die ihnen letztlich die Auszeichnung einbrachte. Dieses breite Spektrum an unterschiedlichen Vorträgen – die uns auch dieses Jahr wieder erwartet – ist auch bei den bislang verfügbaren Mitschnitten festzustellen.
Lawrence Bragg etwa, der Physiknobelpreisträger des Jahres 1915 (er war damals übrigens gerade mal 25 Jahre alt und ist damit jüngster Preisträger aller Zeiten!), beschreibt in seinem Vortrag, den er 1968 in Lindau hielt, die Komplexität kristallographischer Prozesse zur Bestimmung der Struktur von Proteinmolekülen. Sicher nur ein Vortrag für Zuhörer vom Fach.
Rita Levi-Montalcini, die 1986 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet wurde, sprach 1993 über die von ihr initiierte “Magna Charta of Duties”, einem Katalog von Pflichten für jeden Menschen, der die wirksame Durchsetzung der Menschenrechte erst ermögliche. Das ist natürlich ein Thema, das nicht nur Wissenschaftler betrifft.
Das Archiv lädt zum Stöbern ein. Und neben den historischen Podcasts gibt es natürlich die Video-Mitschnitte der Vorträge der letzten Jahre. Hier kann man den unwahrscheinlich bescheiden-sympathischen Theodor W. Hänsch erleben, wie er 2006 über seine “Passion for Precision” berichtet. Oder den witzig-souveränen Craig C. Mello, der als frischgebackener Laureat im Jahr 2007 über die Entdeckung der RNA-Interferenz als Mechanismus zur Aktivierung und Deaktivierung von Genen spricht.
Das gesammelte Archiv mit früheren und aktuellen Vorträgen findet man hier: Lindau Online Lectures.
» Marc Scheloske ist Sozialwissenschaftler und Redakteur von ScienceBlogs |
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