Robert Huber hat den Nobelpreis für die Aufklärung der Struktur des Reaktions-zentrums der Photosynthese bekommen. Er hat noch etliche weitere Proteine und Protein-komplexe kristallisiert, unter anderem das Proteasom, das hier schon vorgestellt wurde. Hier das Transkript des Interviews über Erfolg in der Wissenschaft, aktuelle Herausforderungen der Strukturbiologie und über aktuelle wissenschafts-politische Entscheidungen in Deutschland.
Was sind die wichtigsten Faktoren für Erfolg in der Wissenschaft?
Robert Huber: Wichtig ist ehrgeizige Arbeit. Das Bestreben, etwas zu erreichen, und seine Zeit dem zu widmen. Diese Eigenschaft gilt nicht nur für Wissenschaftler. Bei Wissenschaftlern kommt hinzu, die Neugier, eine Frage zu klären. Man wird sich zunächst während des Studiums orientieren, welches Feld einem liegt, und welche Fragen einen interessieren. Glück gehört natürlich auch dazu. Das beginnt bei der Wahl eines Mentors, der die eigenen Interessen erkennt und fördert, rechtzeitig auch die Unabhängigkeit. Der Mentor spielt eine außerordentlich wichtige Rolle. Als Vorbild, unter Umständen sogar als negatives Vorbild, wenn man erkennt, was der Mentor falsch gemacht hat, und man aus dessen Fehlern lernt.
Hatten Sie einen “Heureka-Moment” bei der Entdeckung des Reaktionszentrums der Photosynthese?
RH Der Glücksmoment ist nicht nur mit dem Reaktionszentrum verbunden, sondern ist eine allgemeine Eigenschaft in der Strukturbiologie. Man geht auf Entdeckungsreise und sieht zum ersten Mal eine Molekülstruktur und kann dadurch oft auch Funktionseigenschaften des Proteins verstehen. Entdecker, die zum ersten Mal Neuland betreten empfinden vielleicht ähnlich. Es ist eine wunderschöne Eigenschaft der Strukturbiologie, etwas zum ersten Mal zu sehen.
Wie hat sich die Stukturbiologie seit ihren Anfängen in den 1960er Jahren verändert?
RH Die Projekte an denen wir arbeiten, mit den immer größeren, immer instabileren Proteinen werden immer komplexer. Die einfachen Fragen sind abgearbeitet. Ich bin in das Feld eingestiegen, als es weltweit nur ein Hand voll Kristallografen gab. Zu dieser Zeit galt es Methoden zu entwickeln, Instrumente zu bauen, einfachste Computer zu programieren. Das war damals, in den späten 1960er Jahren, unser Handwerkszeug. Damals war jedes Projekt etwas neues und ich habe das große Glück gehabt, seit damals beteiligt gewesen zu sein.
Welche Anwendungen gibt es für die Strukturbiologie?
RH Drug-Design zum Beispiel. Die Untersuchung von Protien-Liganden-Komplexen. Das ist mittlerweile eine Industrie geworden. Ich war an der Gründung von Firmen beteiligt wie Proteros, die als Service die Sturkturanalyse von Protein-Liganden-Komplexen anbieten. Ein anderes Beispiel sind Pflanzenschutzmittel. Man hat ein Protein als Target und möchte einen Liganden verbessern. Kristallografisch ist das das selbe für den Pflanzenschutz wie auch für medizinische Anwendungen.
Wie verlässlich sind publizierte Strukturdaten?
RH Es ist ein ständiges Problem, das uns schon immer beschäftigt. Proteine schwimmen normalerweise in Lösung frei herum, wohingegen sie im Kristallverband Kräften ausgesetzt sind. Das kann durchaus Strukturänderungen bewirken, so dass wir immer vor der Frage stehen, ob das, was wir beobachten die physiologisch relevante Form darstellt. Meistens liegen wird richtig.
Wie kann man das überprüfen?
RH Durch Kontrollexperimente. Zum Beispiel kann man auf alternative Kristalle oder NMR-Daten ausweichen. Wenn wir aufgrund der Struktur einen Liganden finden, und dieser dann tatsächlich bindet ist das ein weiteres Indiz. Manchmal kann man sogar die Enzymaktivität im Kristall messen. Wenn jemand einen Mechanismus publizieren möchte, basierend auf Strukturdaten, fordern wir als Herausgeber von Journals inzwischen, dass der vorgeschlagene Mechanismus durch Mutagenese getestet wird.
Was sind aktuell die größten Herausforderungen in der Sturkturbiologie?
RH Instabile Proteinkomplexe sind das Problem aktuell. Das Proteasom ist ein schönes Beispiel. Die alpha-Untereinheiten lagern sich zu einem stabilen siebener-Ring zusammen, die beta-Untereinheiten sind alleine instabil und haben keine Struktur. Erst in Verbindung mit dem alpha-Ring und wenn zwei solche Komplexe zusammen kommen entwickelt sich eine stabile Struktur. Man hat keine Chance sich die einzelnen beta-Untereinheiten anzusehen. Ebenso ist der regulatorische Komplex nur transient mit dem Core-Komplex des Proteasoms verbunden. Membranproteine stellen immer noch eine große Herausforderung dar.
Wird man je eine Zelle mit Hilfe von Proteinstrukturdaten modellieren können?
RH Das spiegeln uns die Systembiologen vor, dass sie das mal könnten. Sie sind unendlich weit davon entfernt, zum Beispiel eine E. coli Zelle mathematisch zu modellieren. Aber man darf ja Träume haben. Es gibt noch etliche ungeklärte Fragen, die man mit herkömlichen Methoden, also die einzelnen Bestandteile zu isolieren, erforschen kann.
Schadet die aktuelle Forschungspolitik dem Wissenschaftsstandort Deutschland?
RH Ich nehme schon an, dass die Stammzellforschung in Deutschland unter der aktuellen Gesetzgebung leidet. Allerdings wird der Widerstand mit den Erfolgen geringer werden. Andererseits ist Zeit verloren gegangen, Studenten haben sich abschrecken lassen, in das verpönte Feld zu gehen.
Bei der grünen Gentechnik ist es ähnlich. Es ist schrecklich was hier gerade passiert, vollkommen grundlos und nicht rational begründbar. Wenn es experimentelle Grundlagen gibt für die Unbedenklichkeit, dann es ist absolut absurd was hier passiert. Ich sehe, dass das ganze Forschungsfeld aus Deutschland ins Ausland abwandern könnte. Wir haben das vorexerziert mit der Reaktortechnologie. Es gibt kaum noch Universitäten, an denen Reaktortechnik gelehrt wird. Dadurch gibt es auch keien Studenten mehr. Durch solche politischen Entscheidungen kann die Wissenschaft ganz empfindlich getroffen werden.
Sollte mehr Geld in die Grundlagenforschung investiert werden?
RH Der politische Wille ist da und nobel, nur ob sie die geplanten Ausgaben einhalten ist eine andere Frage. Alle Beschlüsse sind unter Haushaltsvorbehalt und müssen jedes Jahr neu beschlossen werden. Man kann nur hoffen. Der gute Wille ist vorhanden, und das ist zu loben.
Proteinkristallbild Wikipedia.
Proteasom aus der Protein Data Bank 1ryp
Bilder von Robert Huber von mir
» Tobias Maier ist Biochemiker und forscht als Postdoc am CRG in Barcelona. » Er führt das Blog WeiterGen auf ScienceBlogs |
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