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Warum haben gute Wissenschaftler in Deutschland – ohne “Vitamin B” –
schlechte Karten, wenn Sie Ihren “Akademiker-Taxifahrerverlegenheitsjob”
mit einem Arbeitsplatz an der Uni tauschen wollen?
– Warum werden Bewerber mit
“Einser”-Examen und hundertprozentiger Erfüllung des Anforderungsprofils nicht einmal als Wissenschaftliche Mitarbeiter
akzeptiert ?
– Warum werden die besten Bewerber für Professorenstellen abgewiesen?
– Warum werden Jung-Professoren erst nach Jahren so bezahlt wie Realschullehrer?
Viele Fragen, wenig Antworten…….und das traurige Lied der “Wissenschaft(ler) in Deutschland:
Studierende in Deutschland erleben an Hochschulen zwei Seiten der Wissenschaftsszene:
1. Engagierte, oft gestresste Professoren und Lehrende. Diese Gruppe braucht einen Eintrag bei meinProf.de
nicht zu fürchten. Sie ist chronisch überlastet und betreut, Bachelor-,
Magister-, Diplom- und Doktorarbeiten. Sie können Ihre Vorlesungen
manchmal sogar nur mit Verzögerung starten, weil sie zu viele Prüfungen
abnehmen (müssen). Sie lieben ihre Arbeit, stellen sich dem
Wissenschaftsbetrieb offen und selbstkritisch und bilden die
Spitzenreitergruppe bei “meinProf.de”
2. Die faulen Professoren und Lehrenden,
welche sich mit Hilfe ihrer Studenten profilieren, Bachelor-, Magister-
Diplom- und Doktorarbeiten für Ihre eigenen Veröffentlichungen
“ausschlachten” und manche Studentenarbeit in Fachzeitschriften
“aufpolieren” und in eigenem Namen “verkaufen”. Sie meiden für sie
uninteressante Aufgaben, Abschlussarbeiten und Abschlussprüfungen auf
Kosten ihrer engagierten Kollegen. Diese Gruppe sieht man manchmal mehr
in Unternehmen, im TV und anderen gut bezahlten Aufgabenbereichen. Bei
meinProf.de findet man sie entweder gar nicht, oder in den unteren
Rängen.
und im Buch von Uwe Kamenz und Martin Wehrle “Professor Untat” steht die zweite Gruppe im Mittelpunkt.
Für Kenner und Nichtkenner der Hochschulszene ist dieses Buch ein
spannender und dabei gut recherchierter Blick “hinter die Kulissen” des
biederen Wissenschaftsbetriebes. Über eine fingierte Ausschreibung
haben die Autoren Professoren an Land gezogen, welche ohne mit der
Wimper zu zucken ihre universitären Professorenaufgaben zugunsten
lukrativer zeitfressender “Nebentätigkeiten” vernachlässigen
wollten….Die Autoren klären auf, wie Professorenstellen an Unis
besetzt werden. Nach der Lektüre weiß manche(r) ehemalige Student(in)
warum nicht der/die netteste und engagierteste Professor(in) die
angebotene Stelle bekommen hat, sondern wieder irgend so ein Langweiler
mit unklarem wissenschaftlichem Hintergrund…..
Die
Angst vor Konkurrenz ist groß. Sie ist um so größer, je zweitklassiger
die Professoren an den auswählenden Unis sind, bzw. je weniger
“Konkurrenz” sie neben sich ertragen können. Wer möchte schon
einen kompetentere(n) Kolleg(in)en in seine Fakultät lassen, wenn sie
oder er die Möglichkeit hat, dies zu verhindern? Noch einfacher lassen
sich Absolventen mit hervorragenden Zeugnissen ablehnen – sie könnten
ja erfolgreicher sein, als ihre Vorgesetzten! Dieser eitle
Konkurrenzkampf hat einen hohen Preis: So wandern karriere-,
wissenschafts- und forschungsbewusste Absolventen ab, in ausländische
“Wissenschaftlerparadiese”. Doch das Heimweh bleibt….. Die
Abwanderungsproblematik deutscher Wissenschaftler in der Presse: hier und ein offener Brief von rückkehrwilligen, aber nicht willkommenen deutschen Wissenschaftlern in Nordamerika: hier
Aber
die deutsche, träge Wissenschaftspolitik hält sie weiter fern und klebt
an althergebrachten – die Wahl der Besten verhindernden –
Auswahlverfahren. Informatives Thesenpapier zur Professorenberufung in Deutschland incl. Verbesserungsvorschläge: hier
Weitere Informationen zur Situation der Nachwuchswissenschaftler: hier
Mit der Situation der Nachwuchswissenschaftler und-professoren hat sich Marc Scheloske in seinem aktuellen Beitrag: “Existenzrisiko
Wissenschaft? Die neue W-Besoldung stellt Professoren teilweise
schlechter als Realschullehrer-Was ist uns akademische Exzellenz wert?” auseinander gesetzt.
Weitere Informationen zum Buch:
Uwe Kamenz, Martin Wehrle: Professor Untat – Was faul ist hinter den Hochschulkulissen
Econ Verlag- ISBN-10: 3430200180- ISBN-13: 9783430200189- 18€ Info: hier
Ullstein Verlag – Taschenbuchausgabe ab April 2008: 7,95 € Info: hier
Gliederung:
1. Das berufene Wesen
2. MeinProf.de: Ein Lehrstück über Lehrende
3. Der Vorleser
4. Forsch genug, nicht zu forschen
5. Rabenväter und Sklaventreiber
6.
Die Nebenjob-Millionäre – 7. Lobbyisten, Gutachter, Seelenverkäufer –
8. Die Neurosen der Profs – 9. Tacheles – was an den Hochschulen
passieren muss
Materialien zum Buch: hier und Interview mit den Autoren: hier
Weitere Rezensionen: Stefan Kombüchen: hier und Bettina Gartner: hier
Ein Artikel mit interessanten Botschaften “zwischen den Zeilen” : “Kritischer Professor wurde ausgeladen”: hier
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