Das Human Genome Project veröffentlichte vor genau 10 Jahren die erste Blaupause eines menschlichen Genoms, also der gesamten Erbinformation der rund Dreimilliarden Basenpaare, die als Informationsträger die Baupläne unserer Proteine und zusätzlicher regulatorischer Funktionseinheiten kodieren. Damals benötigten mehr als 1000 Wissenschaftler in 40 Ländern über 10 Jahre, um diese Mammut Aufgabe zu bewältigen. Ursprünglich wurde dabei die dideoxyneukleotidvermittelte Kettenabbruch-Methode nach Sanger verwendet. Hierbei wird die DNA, die aus Deoxynukleotiden besteht, in einer Polymerasekettenreaktion vervielfältigt und durch den Einbau eines „falschen” Dideoxynukleotids kommt es zum Abbruch der Verlängerung. Ist dieses Dideoxynukleotid nun je nach Typ (A, T, G oder C) mit einem unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoff markiert, lassen sich die Produkte nach ihrer Größe auftrennen und die Identität des entsprechenden Nukleotids am Kettenabbruch lässt sich durch Gelektrophorese oder später durch Gelmatrixauftennung bestimmen. Das ist arbeitsaufwendig und langsam und ermöglicht nur ein Auslesen relativ kurzer DNA-Abschnitte von einigen hundert Basenpaaren Länge.
Seit dem hat sich Vieles getan. Die zugrunde liegenden Techniken wurden verbessert und neue bei weitem schnellere Versionen der Sequenzierung kamen hinzu. Diese werden unter dem Begriff Next-Generation Sequencing zusammengefasst und stellen bereits unwahrscheinlich komplexe und miniaturisierte Systeme dar. So kommt es beim 454-Sequencing zum Beispiel zu tausenden paralleler Einzelreaktionen, die in geäzten Mikroreaktionskammerrn stattfinden. Hierbei wird „life” während der Vervielfältigung ausgelesen welches Deoxynukleotid momentan in den Strang eingebaut wird, und ein Strangabbruch ist nicht mehr nötig. Dies ermöglicht einen bedeutend höheren Durchsatz und benötigt geringere Mengen an Ausgangsmaterial. Eine weitere Methode der Next-Generation ist das Sequenzieren durch hybridisieren, wobei viele tausend kurze definierte DNA-Abschnitte auf einer Glasoberfläche aufgebracht werden und durch Bindung an komplementäre DNA-Sequenzen deren Abfolge ergeben.
Diese Methoden der Next-Generation Sequenzierungen haben einen wahren Boom an Studien und Projekten ermöglicht, da mit der fortschreitenden Automatisierung natürlich auch der Preis für eine Genomsequenzierung rapide gesunken ist. Und nun ist es die Zeit für die Third-Generation Methoden, von welchen gestern eine beeindruckende Variante vorgestellt wurde. Ich hatte bereits vor einigen Jahren von der Idee der Nanoporensequenzierung gelesen und war begeistert. Bei dieser Methode wird ein DNA-Strang durch eine in einer Membran eingebettete Pore gezogen, die gerade groß genug ist, um die einzelnen Basen passieren zu lassen. Bei diesen Poren handelt es sich tatsächlich um biologische Bausteine wie das alpha-Hämolysin, einen Ionenkanal, welcher den Fluss geladener Teilchen durch die Zellmembran steuert. Und ebenso ein Fluss wird hier auch angelegt und gemessen. Im Zustand ohne ein DNA-Molekül an der Pore würde dieser Fluss ungebremst die Pore passieren. Doch da die vier verschiedenen Basenbausteine der DNA unterschiedliche chemische Eigenschaften besitzen lassen sie sich bei der Passage der Pore durch die Veränderung des Flusses identifizieren und ihre Sequenz auslesen.
Nanopore DNA sequencing from Oxford Nanopore on Vimeo.
Theoretisch sollte bei dieser Methode die Gesamtlänge des DNA-Strangs keine große Rolle mehr spielen und damit längere Leseraten ermöglichen, was die Effizienz dieser Methode enorm steigern sollte. Außerdem kommt es zu keiner Zerstörung des analysierten DNA-Molküls, was zumindest theoretisch ein Weiterverarbeiten dieses einen analysierten Moleküls ermöglichen würde. Dies kann in bestimmten Fragestellungen ein enormer Vorteil sein, wenn man sich beispielsweise mit einzelnen definierten Mutationsprozessen beschäftigt.
Eine weitere Sensation ist die Preisankündigung. Demnach soll es in naher Zukunft unter Verwendung dieser Methode möglich werden, ein komplettes menschliches Genom in knapp 15 Minuten für eine Preis unter 1000 $ zu erhalten. Dies würde die Tür öffnen zu einer personalisierten Genomanalyse für jeden. Ob dies jedoch, von einigen Ausnahmesituationen bekannter Erbkrankheiten und definierter Mutationen abgesehen allzu viel Sinn machen würde. Bleibt dahingestellt. Für die Grundlagenforschung, der ja bekanntlicherweise immer das Geld fehlt ist es allemal eine großartige Entwicklung und wird bestimmt schnell Einzug in den Laboralltag halten. Ganz besonders eine Wegwerfvariante der Methode, die im USB-Stickformat auf den Markt kommen soll und schnelle und zeitnahe Sequenzierungsergebnisse verspricht.
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