Letzte Woche hatte ich einen Termin beim Betriebsarzt am Helmholtzzentrum München um den Impftiter meiner HBV-Antikörper zu prüfen. Bei dem Besuch kam ich mit dem Arbeitsmediziner ins Gespräch und wir endeten bei seinem Engagement in der Bayrischen Landesarbeitsgemeinschaft Impfen (LAGI). Diese hat eine neue Masernimpfempfehlung für Personen, die nach 1970 geboren sind herausgegeben.
Diese trifft zu, wenn die Personen bisher nicht geimpft waren, in der Kindheit nur eine der Impfungen erhalten hatten oder der Impfstatus unklar ist.
Nachtrag: Diese Empfehlung ist auch in der STIKO Tabelle von 2011 so vorgesehen.
Grund ist die Zunahme der Masernfälle in den letzten Jahren, die wohl größtenteils auf die Impfmüdigkeit oder falsche Ängste zurückzuführen ist. Insgesamt gab es im Jahr 2011 1500 Masernfälle in Deutschland und davon 400 in Bayern. Während es im Vorjahr nur etwas über 200 waren. Dies ist ein massiver Anstieg, der den Fachleuten erhebliche Sorgen bereitet. Und neu ist auch, dass es mehr und mehr Jugendliche und junge Erwachsene trifft, die ganz anders auf die Infektion reagieren als Kinder. Seit 2009 war ca. ein Drittel der mit dem Masernvirus Infizierten über 18 Jahre alt.
Das Masernvirus ist ein rein humanpathogenes Virus, aus der Gruppe der Paramyxoviren. Es wird durch Kontakt- oder Tröpfcheninfektion übertragen und führt nach einer 10-14 tägigen Inkubationszeit zur ersten Phase der zweiphasigen Erkrankung. Dabei treten für drei bis vier Tage die typischen Symptome auf, die als die drei V’s beschrieben werden: Verschleimt, verheult, verschwollen. Das beinhaltet Fieber, Augenrötung und Kopfschmerzen und weitere Symptome. Danach tritt dann am 14. Bis 15. Tag das typische Masernexanthem auf, der Hautausschlag mit roten Punkten, der sich innerhalb von 24 Stunden über den Körper ausbreitet.
Im Gegensatz zur landläufigen Meinung, und wie man an den höchst gefährlichen Masernparties erkennt, kann es bei einer Masernerkrankung zu massiven und schwerwiegenden Komplikationen kommen. Beispielsweise treten Mittelohr- und Lungenentzündungen auf und auch Durchfälle können problematisch sein. In ca. einem von 1000 Fällen kann es zu einer Encephalitis/Menigoencephalitis kommen, also einer gefährlichen Hirnentzündung/Hirnhautentzündung, die in 20-40% der Betroffenen bleibende Schäden wie geistige Behinderungen oder motorische Lähmungen nach sich ziehen kann. Darüber hinaus verläuft diese in bis zu 20% der Encephalitispatienten tödlich.
Ein weiterer höchst problematischer Verlauf kommt nach der Infektion von Säuglingen vor, die Subakute Sklerosierende Panencephalitis (SSPE). Dabei entwickelt sich nach der Primärinfektion ein chronischer Krankheitsverlauf. Grund dafür ist wahrscheinlich ein durch Mutation degeneriertes Virus, welches keine vollständigen Viruspartikel mehr ausbilden kann, sich aber von Zelle zu Zelle weiterverbreitet. Diese kann noch nach Jahrzehnten, im Durchschnitt aber nach sieben Jahren zu schwerwiegenden Komplikationen einer Hirnentzündung führen, die fast immer mit einem Koma oder dem Tod des Patienten endet. Früher ging man von einer Rate von einem Fall in einer Millionen Infizierten aus, doch diese Zahl wurde inzwischen auf einen in einhunderttausend Fällen korrigiert. Glücklicherweise sind die Gesamtzahlenrückläufig, was auf die Masernimpfungen zurückzuführen ist.
Nur Impfen kann gegen diese Komplikationen helfen. Denn auch Säuglinge, die erst nach Erreichen des zweiten Lebensjahres geimpft werden können, werden durch die sogenannte Herdenimmunität geschützt. Dabei müssen im Falle der Masern 83-94% der Menschen geimpft sein, um einen Schutz der nicht geimpften zu gewährleisten. Die Herdenimmunität tritt bei Krankheitserregern auf, die nur von Mensch zu Mensch übertragen werden können und kein sekundäres Reservoir wie Tiere oder andere Überlebensräume besitzen. Es kommt bei ausreichendem Impfschutz der Bevölkerung zu einem Kollaps der Erregerpopulation und dieser kann nicht weiter zirkulieren.
Außerdem sind die Nebenwirkungen der heute gängigen Mumps-Masern-Röteln Impfstoffe minimal und im Vergleich zu den möglichen Komplikationen der Erkrankung vernachlässigbar. Dies spiegelt sich in den Empfehlungen der nationalen und internationalen Impfkomissionen wieder.
Also meine persönliche Vorgehensweise: Impfen, und zwar gegen Alles was möglich ist!
Quellen:
Bayrische Landesarbeitsgemeinschaft Impfen (LAGI)
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