Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um ein “Proof of Concept”. Und die tatsächliche Wirkung, nämlich die ferngesteuerte Kontrolle der Blutzuckerregulation durch die Produktion von Insulin stellt dabei nur ein Modellsystem dar.

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Das ist eine wirklich elegante Arbeit bei der Forscher Eisenoxidnanopartikel mit einem Antikörper gegen einen temperatursensitiven Kalziumkanal ausgestattet haben. Damit zielt das Nanopartikel gerichtet auf Zellen, die das entsprechende Kanalprotein auf ihrer Oberfläche tragen. Im nächsten Schritt wurden die Nanopartikel dann mittels niedrigfrequenten Radiowellen, die von den Partikeln absorbiert werden, erwärmt. Bei erreichen der Aktivierungstemperatur des Kalziumkanals von 42°C, beginnt dieser Kalzium-Ionen in die Zelle zu schleusen.
Dies wurde in Folge genutzt, um die Produktion von Insulin zu steuern, das mit einem kalziumsenitiven Promotor ausgestattet wurde.
Und siehe da, es funktionierte. Die Forscher injizierten den Mäusen Tumorzellen unter die Haut, die genetisch so modifiziert wurden, dass sie einen abgewandelten Kalziumkanal im Verbund mit einem Markerkonstrukt produzierten. Daraufhin wurden die antikörperbeladenen Nanopartikel, die spezifisch an das Markerkonstrukt binden, injiziert und per Radiowellen erhitzt. Dadurch sollte sich nur das Gewebe, welches die Bindungsstrukturen für die an die Nanopartikel gekoppelten Antikörper besitzt, erwärmen. Und dies zeigte sich sehr klar in einer Wärmebildaufnahme der behandelten Tiere, deren Tumoren sich differenziert vom umgebenden Gewebe erwärmten. Und auch die kalziumvermittelte Aktivierung des Reportergens klappte, was sich aus der Produktion von Insulin und dem Abfallen des Blutzuckerspiegels in behandelten Tieren ableiten liess. Wirklich eine grossartige Bestätigung der Anwendbarkeit eines solchen Protokols.
Im Prinzip lässt sich dies nun mit den entsprechenden Modifikationen auf eine Vielzahl von verschiedenen Fragestellungen und auch potentielle Therapieansätze anwenden, eben immer wenn man gezielt eine Aktivierung oder auch Inaktivierung einer Genexpression in einem bestimmten Gewebe erreichen will.

Radio-Wave Heating of Iron Oxide Nanoparticles Can Regulate Plasma Glucose in Mice. Sarah A. Stanley et al. Science 4 May 2012: Vol. 336 no. 6081 pp. 604-608 DOI: 10.1126/science.1216753

Kommentare (5)

  1. #1 Fliegenschubser
    Mai 4, 2012

    Coole Methode, die eine unglaublich breite Anwendung zulässt. Bin mal gespannt, was mit diesem System in den nächsten Jahren alles passieren wird…

  2. #2 AndreasM
    Mai 4, 2012

    Sehr interessant.
    Welche Zellen haben denn ohne Veränderungen temperatursensitive Kalziumkanäle (und wofür verwendet? Temperaturregulation?)?
    Kann ich verschiedene Triggerpartikel verwenden, die manche Frequenzen besser oder schlechter absorbieren?

  3. #3 Felix Bohne
    Mai 4, 2012

    @AndreasM: Das ist alles noch nicht so ganz klar. Wahrscheinlich sind diese Rezeptoren für die Wahrnehmung von Temperaturen zuständig, was ja auch nahe liegen würde. Die verschiednen Familienmitglieder haben distinkte Aktivierungstemperaturen (TRPV2 bei 52°C, TRPV1 bei 43°C, TRPV3 bei 33°C und TRPV4 unter 33°C), aber das wurde bisher nur in Zellkultur in Zelllinien gezeigt. Andere Familienmitglieder sind für die Sensorik von “scharfen” Gewürzen, also z.B. Capsaicin, was die Schärfe von Chillie vermittelt, empfindlich. Also passt das schon alles irgendwie zusammen und könnte zum Selbstschutz dienen um Beschädigungen zu verhindern. Produziert werde die Kanaäle wohl in Schleimhäuten im Mund und auf der Zunge und in der Hautoberfläche.
    Zu den Nanopartikeln: Die Anregbarkeit mit Radiowellen ist tatsächlich sowohl von der Grösse und der beschaffenheit der Partikel, wie auch von der Wellenlänge und der Energie der Welle abhängig.

  4. #4 BreitSide
    Mai 4, 2012

    xxx

  5. #5 threepoints...
    Mai 7, 2013

    Ich könnte mir vorstellen, dass man solcherart Kombinationen von Vermittler/Trägerstoffen und Wirkstoffen auch gut zur neuronalen Manipulation einsetzen kann. Das Ganze auch in besonderer Konfiguration; etwa einen Wirkstoff im Kunststoffnanokontainer, welcher mit dem Vermittlerstoff benetzt ist. Eine Anwendung im Gehirn könnte etwa Epilepsie sein, die sich ja durch eine stark erhöhte neuronale Aktivität auszeichnet, wobei natürlich auch elektrische Felder enstehen, die dann erstens die Kontainer anziehen und zweitens erwärmen und dadurch den Kunststoffmantel aufschmelzen, wodurch eine zweite Subsstanz freigesetzt wird. Die hochaktiven Bereiche im Gehirn können so möglicherweise zerstört werden, sodass Epilepsie nicht mehr auftritt…

    Es sind aber auch andere Gehirneigenschaften als Ziel denkbar – etwa eine zu hohe emotionale Erregung (Wut, Zorn, Raserei …), die sich ebenso im Gehirn aufgrund der Aktivitätsbereiche verorten lässt, liesse sich ebenso recht gezielt mit einem Nervengift oder mechanische Zellschädigung “inaktivieren”….

    Schöne neue Welt…!