Erst kürzlich ging es hier um die Hygiene-Hypothese und den Einfluss von frühen Kontakten mit Bakterien, um das Auftreten von Allergien zu vermindern.
Zu diesem Thema gibt es jetzt eine neue Studie aus Finland, die in ähnlicher Weise aufzeigt, dass der Kontakt zu Mikroorganismen die Wahrscheinlichkeit einer Allergie verringert. Und diesmal geht es um die Biodiversität dieser Kontakte und um menschliche Probanden.
Das Gammaproteobakterium Vibrio cholerae (Bild: Wikipedia)
Die Wissenschaftler aus Helsinki untersuchten 118 zufällig ausgewählte Jugendliche, deren Zuhause auf einer vorher definierten Fläche von 100 mal 150 km lag. Auf dieser Fläche wurde den Wohnorten dann ein Maß für die vorhandene Biodiversität zugeordnet und mit dem Vorkommen von Allergien verglichen. Dabei zeigte sich, dass es einen sigifikanten Zusammenhang zwischen steigender Biodiversität und sinkender Allergikerzahl gab. Insgesamt zeigte die Studie, dass je städtischer der Wohnort war und je geringer die umgebende Biodiversität ausfiel, desto wahrscheinlicher war ein Auftreten von allergischen Symptomen.
Dies wurde mit dem Vorkommen von verschiedenen Bakterienarten auf der Haut der Probanden verglichen und dabei zeigte sich die Konzentration einer bestimmten Bakterienklasse als ausschlaggebend und stark korreliert mit dem Auftreten von Allergien. Dies waren Mikroorganismen der Klasse Gammaproteobacteria.
Diese Bakterien sind allgegenwärtig und umfassen auch Krankheitserreger wie das Pathogen der Cholera (Bild) oder der Legionärskrankheit (Legionellose). Sie kommen in verschiedensten Lebensräumren vor, von der Erde auf dem Spielplatz bis hin zu geothermalen Quellen oder in Symbiose mit Kadaverwürmern am dem Grund des Ozeans.
Ausserdem zeigte die Studie, dass die Blutzellen von Probanden mit einer hohen Vielfalt dieser Bakterien auf der Haut signifikant grössere Konzentrationen des entzündungshemmenden Botenstoffes Interleukin-10 produzierten. Das Interleukin-10 ist eine der Schlüsselfiguren in der Kontrolle von Immunantworten und dämpft oder stoppt diese, wenn dem Körper Schäden entstehen könnten. Für die Interleukin-10-Produktion zeigte sich ein eindeutiger Zusammenhang mit dem Vorhandensein der Gattung Acinetobacter, die hier positiv korrelierte. Auch in dieser Gattung kommen wichtige und potentiell antibiotikaresistente Krankenhauskeime vor.
Acinetobacter baumanii (Bild: Wikipedia)
Eine Kritik an dieser Arbeit war die fehlende Untersuchung der Darmflora, die von den meisten Spezialisten auf diesem Gebiet als überaus wichtig erachtet wird. Doch ich denke, dass sich die Ergebnisse der Hautoberfläche bestimmt einigermassen auf die Darmflora übertragen lassen, da ein Kontakt mit diesen Bakterien bestimmt auch zu einer Aufnahme in den Magen-Darmtrakt führen sollte.
Das ganze zeigt meines Errachtens sehr eindrucksvoll, wie komplex diese Thematik ist und wie klein der Unterschied zwischen einem gefährlichen Krankheitserreger und einem gesundheitszuträglichen Gast der Mikrobiota auf der Haut oder im Magen sein kann.
Environmental biodiversity, human microbiota, and allergy are interrelated. Ilkka Hanski et al. 2012 PNAS, doi: 10.1073/pnas.1205624109
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