Den Technikjournalismus zu fördern ist eigentlich Ziel des von der Akademie der Technikwissenschaften (acatech) vor wenigen Tagen wieder verliehenen Journalistenpreises PUNKT. Dieser verzeichnete einerseits nach Angaben von acatech so hohe Bewerberzahlen wie noch nie (laut Pressemitteilung 30% mehr, insgesamt 124), allerdings scheint nicht wirklich Masse gleich Klasse zu sein. Denn andererseits wurde dieses Jahr (ebenfalls erstmals) kein Preis vergeben für die Sparte „Tageszeitung” (im letzten Jahr war das zum Beispiel Hannah Schneider mit ihrer Serie „Ab an die Steckdose” im Kölner Stadt Anzeiger). Dazu erklärte Jurymitglied Dr. Norbert Lossau (Ressortleiter Wissenschaft bei der WELT) anlässlich der Preisverleihung, dass den Juroren keiner der eingereichten Zeitungsbeiträge als preiswürdig erschien:
Die Jury wertet dies zugleich als deutliches Indiz dafür, dass der Technikjournalismus in den Tageszeitungen einen besonders schweren Stand hat. (Laudatio im Volltext)
Bemerkenswert finde ich die Bewertungsmethode, denn die Journalisten-Jury beginnt offenbar erst dann mit der Beurteilung, wenn die Bewerbungen bereits durch „Vertreter aus Wissenschaftseinrichtungen Technologieunternehmen” vorselektiert wurden. Auch Wissenschafts-Reporter Manfred Ronzheimer aus Berlin berichtet kritisch von der Preisverleihung:
acatech-Präsident Reinhard F. Hüttl sympathisiert mit dem britischen Modell der Kooperation von Wissenschaft und Presse. In seiner Rede auf der Festversammlung der Technikakademie am Dienstag in Berlin verwies Hüttl auf den „Abstimmungsprozess mit wichtigen Medien, den die Royal Society bei entsprechenden Beiträgen inzwischen praktiziert”. Die Verabredung dort sei, dass die Mitglieder der britischen Wissenschaftsakademie „vor der Veröffentlichung bestimmte Beiträge kommentieren”. Die Medien seien frei, auf diese Kommentierungen zu reagieren oder nicht. Auf jeden Fall seien dann „diese wissenschaftlichen Kommentare in der Welt und entfalten natürlich ihre Wirkung”, so Hüttls Einschätzung. Auf die Nachfrage, ob dieses Gegenlesen vor Veröffentlichung nicht zu sehr an „Vorzensur” erinnere, erwiderte der acatech-Präsident, es gehe allein um „Qualitätssicherung”. Diesen Anspruch, der in der Wissenschaftswelt selbstverständlich sei, dürfe man ruhig auch an die Journalisten herantragen dürfen.
Siehe dazu auch meinen eigenen Beitrag „Forscher bieten dem Boulevard die Stirn“.
Wer sonst noch in der Textjury saß:
Lilo Berg, Leitende Redakteurin, Berliner Zeitung
Heidi Blattmann, Wisenschaftspublizistin und ehemalige Ressortleiterin Wissenschaft,
Neue Zürcher Zeitung
Prof. D. Utz-Hellmuth Felcht, Aufsichtsratsvorsitzender Deutsche Bahn AG und Mitglied des acatechPräsidiums
Dr. Patrick Illinger, Ressortleiter Wissen, Süddeutsche Zeitung
Prof. Dr. Andreas Kablitz, Institutsdirektor Romanisches Seminar, Universität zu Köln
Prof. Dr. Klaus Kornwachs, Lehrstuhlinhaber Technikphilosophie, TU Cottbus
Helmut Markwort, Herausgeber, Focus
Joachim Müller-Jung, Ressortleiter Natur und Wissenschaft, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Prof. Dr.-Ing. Günther Schuh, Prorektor für Wirtschaft und Industrie, RWTH Aachen
Die weiteren PUNKT-Preise:
Ausgezeichnet wurde Susanne Donner für ihren in der WirtschaftsWoche erschienen Artikel „Steine fressen” über Bakterien, die wertvolle Metalle aus Gestein lösen können. In der Kategorie Foto überzeugten Rafael Krötz mit seiner Fotoserie „Zettels Traum” (Süddeutsche Zeitung Magazin) und Stefan Thomas Kröger mit seinem Einzelfoto „3D-Raum” (bild der wissenschaft). Zudem vergibt die Akademie ein Fotostipendium an Thomas Imkamp. Er wird in den kommenden Monaten Spuren und Landmarken des Aufbruchs ins neue Energiezeitalter in klassischen Landschaftsfotografien dokumentieren.
Der PUNKT wird seit 2005 jährlich verliehen und ist für jede Sparte mit 5.000 Euro dotiert.
Disclaimer:
Ich selbst konnte aus Termingründen nicht bei der Preisverleihung dabei sein und habe insofern auf Basis der veröffentlichten Mitteilungen und Reden recherchiert sowie mit Kollegen gesprochen, die vor Ort dabei waren.
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