Im Rahmen einer morgen beginnenden großen Tagung zu “Wissenschaft und Gesellschaft” in Göttingen, ausgerichtet von der GDNÄ hat Kollege Korbmann 10 Thesen veröffentlicht (die 10. ist die Zusammenfassung der ersten 9), auf die ich hiermit gerne hinweise. Insgesamt eine umfassende Diagnose mit einigen Therapieempfehlungen; jetzt muss halt nur endlich mit der Behandlung begonnen werden.
Denn dass uns allein die Beschreibung des Zustands nicht näher an die Lösung heranbringt, ist insofern problematisch, weil bei den Praktikern der Wissenschaftskommunikation zwar das Bewusstsein über den hier beschriebenen Paradigmenwechsel längst vorhanden ist, die Umsetzung dessen aber oft an internen Widerständen, systemischen Barrieren, mangelnden Ressourcen oder schlichtweg technischen Kompetenzen scheitert.
Wichtig wäre es vor allem, die „Professionalität“ aus These 4 genauer zu beschreiben, da diese oft missverstanden wird als Mediatisierung. So sinnvoll Interviewtrainings und Schreibworkshops für Forscher im Einzelfall auch sein mögen (wir bieten sie deshalb ja selbst auch an in unserer Akademie, allerdings nur am Rande) – die eigentliche Herausforderung, wie sie auch die 30 Delphi-Experten in der Trendstudie (https://stifterverband.de/wk-trends)beschrieben haben, liegt im Management (!) der Kommunikation, weshalb wir auch genau dies dieses Jahr zum Thema der Jahrestagung beim Bundesverband Hochschulkommunikation gemacht haben. Auch beim Forum Wissenschaftskommunikation bieten wir eigens hierzu eine Session an („Governance“). Dies geht wohl auch stark in Richtung Ihrer 9. These – der Rollenfrage.
Für These 6, dass die Qualität der Kommunikation in Deutschland geringer sei als in anderen Ländern, kenne ich keine empirischen Belege und würde sogar das Gegenteil behaupten. In EU-27 stehen wir mit Sicherheit auf dem Siegertreppchen der Qualität. Beim Einsatz bestimmter Werkzeuge und der systemischen Voraussetzungen für bestimmte längst überfällige hinkt der gesamte Kontinent den Entwicklungen in Asien und den USA hinterher, was in der Tat dringend angegangen werden muss.
These 7 habe ich bekanntlich vor einem Jahr noch genauso vertreten, und eine Erwiderung darauf ist sozusagen leider gleichbedeutend mit Eigenwerbung, denn seit dem Frühjahr gibt es ja gerade für die „neuen“ Fortbildungsbedarfe (Dialogformate, Governance, Citizen Science etc.) eine Akademie, die im zweiten Halbjahr 2012 weit über 100 Schulungen anbietet. Einen gewissen Beitrag, um diesen Bedarf (These 7) zu bedienen, haben wir also schon geleistet, denke ich. Ein absoluter Mangel besteht in der Tat in Bachelor- und Master-Angeboten der Hochschulen, denn außer dem berufsbegleitenden Master zu „Wissenschaftsmarketing“ an der TU Berlin (den ich sehr parteiisch als Dozent und trotz der nicht ganz unerheblichen Studiengebühren sehr empfehlen kann) sowie einem (leider kaum nachgefragten) Master zu Wissenschaftskommunikation in Bremen ist die Grundqualifikation ja Mangelware hierzulande. Hier ist definitiv eine Lücke, auf die Kollege Korbmann sehr zu Recht hinweist. Spannend sind die Entwicklungen in NRW, wo man künftig auf eine internationale, englischsprachige Ausbildung in „Science Communication“ setzen wird und den Absolventen somit beruflich auch das gesamte Brüsseler Universum erschließt. Im Wintersemester habe ich dort auf Anhieb schon gut zwei Dutzend Studenten. Auf die weitere Entwicklung kann man also gespannt sein.
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