Am 28.04.17 fand in Toulouse das erste Nanocar-Race der Welt statt. Für dieses Rennen wurden kleine ‘Autos‘ aus einzelnen Molekülen zusammengesetzt und dann über einen spezielle Rennstrecke geführt. Das Bauen dieser molekularen Autos ist im Prinzip wie LEGO spielen. Wobei einzelne Atome die Legosteine darstellen, aus denen man die Autos dann zusammenbaut. Bewegt werden diese Nanoautos mit der Spitze eines Scanning Tunneling Microscope. Das Ende der Spitze hat idealerweise selber nur die Größe eines Atoms und liefert elektrische Energie, die die Moleküle der Nanoautos in eine Bewegung umsetzen müssen um sich zu bewegen. Dann musste eine Strecke von 100 Nanometern zurückgelegt werden. Dass Rennen dauerte 36 Stunden und in dieser Zeit konnten die Teams so viele Versuchen wie sie wollten starten. Der klassische 100 nm Lauf unter 36 Stunden, wer schafft das nicht??? Das wissenschaftlich besondere war, dass in Toulouse eines der wenigen Scanning Tunneling Microscope steht, dass nicht nur eine sondern vier Spitzen besitzt und man zeigen konnte, dass man vier verschiedene Moleküle separat bewegen kann und damit eine solche Veranstaltung überhaupt erst möglich macht.
Insgesamt sind sechs Team aus sechs verschiedenen Ländern gegeneinander angetreten. Die Teams sind alle, mit teilweise sehr unterschiedlichen Entwürfen, angereist. Eine Struktur die einem Auto sehr nahe kommt wurde z.B. von der französischen Gruppe veröffentlicht: Jacquot de Rouville et al., Synthesis of polycyclic aromatic hydrocarbon-based nanovehicles equiped with triptycene wheels, Chem. Eur. J. 2012, 18, 3023-3031.
Ich hatte das Glück einen der Piloten des deutschen Teams interviewen zu dürfen. Frank Eisenhut ist Doktorand am Lehrstuhl für Materialwissenschaften und Nanotechnik der TU Dresden. Dort beschäftigen sie sich mit mechanischen und elektrischen Eigenschaften von Molekülstrukturen auf Oberflächen. Die Teilnahme am Nanocar-Race war dadurch sehr naheliegend, denn die Bewegung des kleines Nanoautos ist angewandte Molekülmechanik. Die grundlegenden Fragen dahinter sind: Kann man Moleküle gezielt über Oberflächen bewegen? Wie stabil sind sie? und was sind die Mechanismen dahinter? Alles wichtige Fragestellungen sowohl für das Rennen, als auch für die Forschung in Dresden.
Der Ansatz mit dem die Dresdener angetreten sind, war die Nanowindmühle mit einem Durchmesser von ca. 3 nm. Damit haben sie sich bei mir, der in Holland wohnt, sofort ins Herz geschlossen. Das Molekül ABP (4-Acetylbiphenyl), dass im Prinzip wie ein einzelnes Windmühlenblatt aussieht, hat die Eigenschaft, sich auf einer Goldoberfläche zu einer vierblättrigen Windmühlenstruktur zusammenzusetzen. Dieses self-assembly, also Legobauen ohne den Menschen der die Teilchen zusammensetzt, ist sehr wichtig in der Nanotechnologie. Diese entstandene Struktur wird durch Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten. Der Schüssel ist, dass die Bindungen zwischen den Windmühlenblättern stärker sein müssen, als die Bindungen der einzelnen Windmühlenblätter zum Untergrund, was durch die Wasserstoffbrückenbindungen gewährleistet wird.
Diese Windmühle kann man jetzt gezielt bewegen, wenn man mit der Spitze eines Scanning Tunneling Microscope sehr nah heran geht und einen Stromimpuls abgibt. Wobei man die Windmühle nicht nur schiebt, sondern sie sich auch dreht. Die Richtung und Art der Bewegung der Windmühle kann durch die Ladung (negativ oder positiv) der Spitze bestimmt werden. Außerdem ist es wichtig ob man den Stromimpuls direkt im Zentrum der Windmühle oder über einem der Flügel abgibt. Die ausführlichen Details sind in: Nickel et al. (2013) ACS Nano,7, 191-197 veröffentlicht worden.
Die entscheidende Frage für das Rennen war jetzt, kann man diese Struktur 100 nm weit bewegen? Und leider musste sich das Dresdener Team einem Team aus der Schweiz geschlagen geben, die mit ihrem Ansatz sogar 130 nm weit fahren konnten.
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