Unsere erste Etappe sollte uns von Tallinn nach Danzig führen, wo wir unseren Open Ship Day abhalten würden. Leider hatten wir unsere Rechnung ohne das Wetter gemacht, welches auf einem Segelschiff schon eine Rolle spielt.
Aber von vorn: Zuerst wurden wir im Hafen von Tallinn von der Crew bei gemeinsamen Kaffee in drei Gruppen (sog. Watches) eingeteilt. Da das Schiff mehrere Tage am Stück fahren sollte, musste zu jeder Zeit ein Watch das Schiff fahren. Dafür wurden wir in abwechselnde vier Stunden Schichten eingeteilt. Ich durfte jeweils von 04:00 bis 08:00 ran, was heisst, dass ich früh aufstehen musste, aber immer in den Sonnenaufgang fahren durfte :). An den Rhythmus der Schichten gewöhnt man sich, wenn man aus seiner natürlichen Umgebung herauskommt, überraschend schnell… und ich war sehr dankbar, jeden Morgen den Sonnenaufgang sehen zu dürfen! In den ersten Tagen wurden wir von der Crew dann in den Grundzüge des Segeln eingewiesen und an dieser Stelle möchte ich auch eine Lanze für die Crew der Thor Heyerdahl brechen, die das extrem gut gemacht haben. Die Crew war immer mit guter Laune, sehr viel Hingabe und viel Geduld dabei (Knoten sind echt nicht meine Sache…) und hat auf jeden Fall dazu beigetragen, dass wir alle sehr viel Spaß hatten und das Projekt so erfolgreich verlaufen ist, wie es ist. Daher kann ich jedem nur raten auch einmal Segelurlaub auf der Thor Heyerdahl zu machen (Bitte hier buchen: https://www.thor-heyerdahl.de/).
Wie gesagt in den ersten Tagen wurden wir unterwiesen wie man Segel hisst, welche Segel und Masten es gibt und was sonst noch alles erledigt werden muss um ein Segelschiff zu bewegen. Außerdem konnten wir Wissenschaftler uns gegenseitig kennenlernen und austauschen. Auf der Thor wird traditionell gesegelt, das heisst, dass versucht wird auf technische Hilfsmittel weitgehend zu verzichten. Auch wenn das nicht komplett geht, ist es eine sehr schöne Art sich fortzubewegen und ich hab jede Menge über Segelschiffe gelernt.
Das Sozialleben funktioniert irgendwie anders, da man gewissermaßen in einem Boot sitzt und sich damit arrangieren muss, dass in alle Richtungen viel Wasser ist. Deswegen ist der Umgang miteinander wesentlich familiärer. Das man Wasser sparen muss, der Strom nicht den ganzen Tag vorhanden ist und gemeinsam geschruppt wird, schweißt unglaublich zusammen. Ich wurde auch, wenn man mal von den Tic Tac’s absieht, noch nie so nett geweckt… Dieser familiärer Umgang ermöglichte uns Wissenschaftlern uns kennenzulernen und auszutauschen, wie es auf einer Konferenz gar nicht möglich ist. Dazu kommt, dass wir jeweils zehn Wissenschaftler aus drei verschiedenen Forschungsgebieten (Materialwissenschaft, Medizin und physikalische Chemie) waren. Das allein war für mich (und ich glaube die Anderen auch) die Reise schon wert.
Da das Wetter in den ersten Tagen leider nicht sehr gut war, bzw. immer schlechter wurde (Gegenwind, Windstärke 7-8 und Regen), kamen wir mit unserem Dieselmotor nur sehr langsam voran. Ans Segeln war zu dieser Zeit leider nicht wirklich zu denken. Außerdem wurden einige von der Seekrankheit erfasst, was die Arbeit der anderen nicht leichter machte. Daher wurde nach einigen Tagen der Entschluss gefasst, aufgrund der miserablen Wetterlage nach Gotland auszuweichen. Dort sind wir nach, einer für mich sehr imposanten Wende (so Segelschiffe können ganz schön Schlagseite bekommen), und einigen Tagen fahrt auch gut angekommen und konnten dort erstmal wieder zu Kräften kommen…
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