Wahre Whisky Fans kennen wahrscheinlich mehr Adjektive als professionelle Scrabble-Spieler. Wenn ich irgendwo Whisky probiere, fühle ich mich neben den Kennern meist reichlich dumm. Zum Glück wissen wir Wissenschaftler aber immer uns zu wehren. Mithilfe der Molecular Dynamic Simulation sind zwei Forscher aus Schweden den Whiskykennern zu Leibe gerückt. Konkret geht es um die Fragestellung, ob Whisky für einen besseren Geschmack verdünnt werden sollte, oder ob das Hinzufügen von Wasser gleichzusetzen mit Whisky-Cola Mische aus einer 1Euro Bar ist.
Dazu sollte man sich erstmal mit dem Herstellungsprozess von Whisky auseinanderzusetzen, der sehr für das Grundverständnis wichtig ist. Vereinfacht kann er in drei Prozesse aufgeteilt werden kann.
- Durch die Fermentation von Getreide wird Zucker zu Alkohol umgewandelt. Das dabei entstehende Gemisch (Maische) hat einen Alkoholgehalt von 5-8 vol%.
- Diese Flüssigkeit wird destilliert um das Wasser herauszutrennen und die Geschmacksstoffe, sowie den Alkohol (auf ca. 70 vol%) anzureichern.
- In Holzfässern reift der Whisky schließlich einige Jahre bis Jahrzehnte, wobei der Alkoholgehalt wieder auf 55-65 vol% sinkt.
Etwas genauer wird der Prozess in folgendem Video sehr gut erklärt:
Interessant ist, dass aufgrund des hohen Alkoholgehaltes der Whisky beim Abfüllen fast immer mit Wasser verdünnt wird. D.h. die Diskussion der Whiskyfans dreht sich eigentlich darum, ob man das fertige (heilige) Produkt verändern darf oder nicht… Wie die Verdünnung von Wasser allerdings den Geschmack verändern könnte, ist noch vollkommen unklar.
Um sich mit diesem Problem systematisch auseinanderzusetzen haben die schwedischen Wissenschaftler angenommen, dass Whisky aus nur drei Zutaten besteht: Wasser, Alkohol und einem bestimmten Geschmacksstoff. Diese Vereinfachen, ist besonders bei Computersimulationen sehr wichtig, um sie überhaupt durchführen zu können. Das richtige Vereinfachen von komplexen Systemen ist in der Wissenschaft fast schon eine Königsdisziplin und geht auch oft in die Hose. In der vorliegenden Arbeit ist es den Autoren aber gelungen, den komplexen Whisky sehr sinnvoll zu vereinfachen. Wasser und Alkohol wird einfach aus Wasser- und Ethanolmolekülen zusammengebaut. Als Geschmacksstoff haben die Autoren Guajacol ausgewählt. Dieses Molekül entsteht, wenn die gemälzte Gerste vor der Fermentation über Torffeuer getrocknet wird. Guajacol ist für den rauchigen Geschmack zuständig und kommt daher besonders häufig in schottischen Whisky’s vor.
Molecular Dynamic Simulation (MD) sind Computersimulation um die physikalische Bewegung von Atomen und Molekülen zu simulieren. Den Atomen wird im Computer für eine festgelegte Zeit ( in der vorliegenden Studie: 50 nanosekunden…) erlaubt miteinander zu interagieren um zu sehen, wie sich das System entwickelt. Die Interaktion der Moleküle korrekt zu beschreiben hört sich zwar trivial an, ist aber hochkomplex. Wichtig dabei ist, dass jedes Atom oder Molekül als eigenständige Einheit betrachtet wird. Dies limitiert die MD Simulation gleichzeitig, denn je mehr Molekül man simulieren möchte, umso mehr Rechenpower braucht. Ich erinnre mich, dass während meiner Doktorarbeit, riesige Computercluster tagelang rechneten, um unsere Simulationen zu erstellen.
Zuerst haben die Wissenschaftler das Verhalten verschiedener Mengen von Wasser und Ethanol simuliert und dann die Simulationen mit einem Guajacolmolekül wiederholt. Dabei haben sie erstaunliches herausgefunden. Ethanol mischt sich nicht ideal in Wasser sondern bildet Cluster (kleine Klümpchen). Bei geringen Alkoholgehalten (27 vol%) wandern diese Cluster nach außen. D.h. obwohl in dem Ethanol-Wasser-Gemisch mehr Wasser ist, ist der meiste Ethanol an den Außenstellen des Systems und das Wasser konzentriert sich in der Mitte. Bei höheren Alkoholgehalten ändert sich dieses Verhalten. Die Simulationen haben auch gezeigt, dass das Guajacolmolekül sich lieber mit Ethanol als mit Wasser umgibt. Wenn bei hohen Alkoholgehalten genug Ethanol vorhanden ist, wird das Guajacolmolekül sogar regelrecht umzingelt (sog. solvation shell). Genau deswegen wandert das Guajacolmolekül bei geringen Alkoholkonzentration mit dem Ethanol nach außen. Bei höheren Konzentration (über ca. 45 vol%) befindet es sich in die Mitte.
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