Als ich im Januar das Buch Ready Player One von Ernest Cline in die Finger bekommen habe, habe ich es innerhalb von zwei Tagen verschlungen. Ich liebe gute Science Fiction und dieses Buch ist wie ein Tropfen auf den heißen Stein: Im Jahr 2045 sind die Erdölvorräte aufgebraucht und dadurch ein Großteil der heutigen Mittelschicht weggebrochen. Es herrscht große Armut und viele Menschen leben in den sogenannten Stacks. Dort leben sie in übereinandergestapelten Wohnwagen wie Ratten in der Kanalisation. Um ihrem Elend zu entgehen verbringen sie die meiste Zeit in der Oasis, einer virtuellen Welt, die einem jeden Wunsch erfüllt.

In seinem Buch nimmt Ernest Cline seine Leser auf eine superspannende und sehr durchdachte Reise durch die virtuelle Realität. Ganz im Sinne guter Science Fiction ist vieles davon heute noch nicht real, aber sehr gut recherchiert oder durchdacht. Quasi parallel dazu schafft Cline es eine Lobeshymne über die Popkultur der 80er und 90er zu verfassen. Da ich als Kind (und eigentlich immer noch) selber viel Zeit mit Popkultur verbracht habe, konnte ich gar nicht genug von den ganzen Anspielungen im Buch bekommen. Endlich hatte ich das Gefühl, dass keine Sekunde von Godzilla, Power Rangers oder Star Craft verschwendet war, da in Clines Zukunftsszenario die Entwicklung der VR Hand in Hand mit der Popkultur einhergeht.

BATTLESTAR GALACTICA, Richard Hatch, Lorne Greene, Dirk Benedict, 1978 - 1979. (c) Universal Television/ Courtesy: Everett Collection.

BATTLESTAR GALACTICA, Richard Hatch, Lorne Greene, Dirk Benedict, 1978 – 1979. (c) Universal Television/ Courtesy: Everett Collection.

Da ich dieses Buch vor allen meinen Freunden komplett in den Himmel gelobt habe, konnte ich den Kinofilm natürlich gar nicht abwarten… Und was war passiert? Das Buch, dass vor Detailiebe nur so strotzte, sich Seitenweiße mit den Vor- und Nachteilen der virtuellen Realität auseinandersetzte und dabei einen spannenden Plot aufweist, wurde in einen 08/15 Hollywoodfilm verwandelt…

Eigentlich bin ich überhaupt kein Fan der, das Buch ist aber viel besser als der Film, Floskeln, aber hier geht es leider nicht anders, der Film weicht inhaltlich leider komplett vom Buch und der so abwechslungsreiche Plot, kann problemlos mit jedem anderen Mittelklasse Hollywood ausgetauscht werden.

Das ärgert mich nicht nur, weil ich als 8-jähriger Druckerpapier meterweise ausgefaltet habe, um die Galaktika im Kampf mit den Zylonen als komplettes Szenario zu malen, sondern weil hier eine die Chance verpasst wurde Themen, die unglaublich relevant für unsere Gesellschaft sind, durch eine entsprechende Verfilmung einer breiten Masse zugänglich zu machen. Die Vorlage dafür bietet das Buch allemal. Cline entwickelt eine Welt die der unseren gar nicht so weit entfernt scheint und thematisiert Probleme, die wir im Ansatz heute schon sehen. Von daher hätte ich mir nicht nur gewünscht dass der Film die ganzen Dungeon & Dragon Schauplätze gezeigt hätte (weiß leider auch nicht vorgekommen ist…), sondern die Chance genutzt hätte, sich sinnvoll mit dem Thema auseinander zu setzen. Demnach lege ich jedem das Buch nahe, der sich für solche Themen interessiert (und auch jedem der nicht…), aber den Kinofilm braucht man sich nicht unbedingt antun…

Kommentare (8)

  1. #1 MartinB
    10. April 2018

    Hab’s nicht gelesen, aber reviews wie der hier haben mich abgeschreckt:
    https://theoutline.com/post/2076/ready-player-one-movie-bad?zd=1&zi=igkbphd5

  2. #2 Turtle
    10. April 2018

    Mir ging es eher umgekehrt. Der Film war für mich durchaus unterhaltsam. Das Buch hingegen fand ich nur mittelmäßig, weil Cline doch etwas faul ist wenn es um “character building” und “story line” geht. Der Nerd in mir mochte zwar die Idee und ich fand es las sich auch ganz gut weg (ich las es in Englisch) aber am Ende war ich doch nicht sehr zufrieden, vor allem wegen folgender Punkte (Spoiler!)
    1. Es ist in weiten Teilen ein Buch für Jungen/Männer. Es kommen genau 2 weibliche Charaktere vor. Die eine, Art3mis dient allerdings im Wesentlichen als “love interest” und damit als Motivation für den Helden. Hinzu kommt, dass Wade zwischenzeitlich eindeutig stalkerähnliche Verhaltensweisen an den Tag legt. Nicht cool. Die andere, Aech, wird erst ganz zum Schluss, wenig überraschend, als Frau “geoutet”. An der Stelle gibt es aber auf jeden Fall Pluspunkte. Die Rettung der Welt am Ende dürfen sie aber schon wieder nicht mitmachen.

    2. Das Happy End ist vorhersehbar, die Geschichte nur mäßig spannend erzählt obwohl die Prämisse sehr cool ist.

    3. Ich hatte das Gefühl es fehlen 30-50 Seiten, die tatsächlich erzählen wie Wade zu seiner rettenden Idee kommt. Insbesondere im dritten Teil gibt es mehrere fast gottähnliche Fügungen, die Wade helfen. Da wirds ein bisschen langweilig.

    Dass der Film deutlich abweicht vom Buch fand ich gut, denn dadurch war nicht so klar was passieren wird. Die optische Umsetzung fand ich grandios. Punkt 3 meiner Buchkritik ist dem Film zwar auch ein bisschen vorzuwerfen, aber da störte mich das nicht so sehr.

    Der Film ist vor allem am Ende ein bisschen arg kitschig und er hat mich auch wieder daran erinnert warum ich mit Spielbergfilmen nicht immer warm werde. Gefallen hat mir aber dass die Nebenrollen mehr zu tun hatten, und deutlich mehr Teamwork zum Tragen kam. Die letzte Szene war allerdings ziemlich dämlich. Andererseits ist schon das Buch nicht als Gesellschaftskritik gemeint, ich würde es eher als “Nerdporn” sehen. Insofern habe ich von dem Film auch nichts anderes erwartet.

  3. #3 Cliff
    10. April 2018

    Schade! Aber habe ich befürchtet nachdem ich den Trailer gesehen habe. Da werde ich mir wohl die Enttäuschung ersparen.

  4. #4 stone1
    10. April 2018

    Danke für das Review, da erspar ich mir den Kinobesuch. Hatte mit Interesse von dem Buch bei c’t glaub ich gelesen, werd ich mir als Sommerurlaubslektüre vormerken.
    Buchverfilmungen sind halt oft zwiespältig, beim Marsianer hab ich erst den Roman gelesen und dann den Film gesehen, der wurde m. E. ganz gut auf die Leinwand gebracht.

  5. #5 Frank
    10. April 2018

    Wie immer gilt – sich ein eigenes Bild machen, denn andere Schreiber haben auch glaubwürdig die genau entgegengesetzte Meinung vertreten.

  6. #6 Niels
    11. April 2018

    @MartinB
    Ich hab selten eine Kritik gelesen, die so genau meine eigenen Gedanken über ein Buch wiedergibt.

    With Ready Player One, the references come first. Take them away, and there’s not much left.
    Ich zitiere einfach mal einen kurzen Absatz aus dem Buch, um diese Bewertung aus der Kritik besser einschätzen zu können:

    Standing on the left side of the runway was my battle-worn X-wing fighter. Parked on the right side was my DeLorean. Sitting on the runway itself was my most frequently used spacecraft, the Vonnegut.
    Max had already powered up the engines, and they emitted a low, steady roar that filled the hangar. The Vonnegut was a heavily modified Firefly-class transport vessel, modeled after the Serenity in the classic Firefly TV series. The ship had been named the Kaylee when I’d first obtained it, but I’d immediately rechristened it after one of my favorite twentieth-century novelists. Its new name was stenciled on the side of its battered gray hull. I’d looted the Vonnegut from a cadre of Oviraptor clansmen who had foolishly attempted to hijack my X-wing while I was cruising through a large group of worlds in Sector Eleven known as the Whedonverse.

  7. #7 Frantischek
    11. April 2018

    Das Buch ist halt “nur” für eine bestimmte Klientel wirklich interessant: Die heute ca. 30 bis 45-jährigen.

    Für so eine “kleine” Zielgruppe wird Spielberg aber keinen Film produzieren, schon gar nicht mit einem Budget von 175mio $.

    Von daher hab ich mir die Verfilmung eigentlich genau so erwartet. Enttäuscht bin ich nach dem grenzgenialen Buch trotzdem.

  8. #8 Chris
    13. April 2018

    Ich denke auch, dass das Buch eine bestimmte Zielgruppe anspricht… als 1985 geborener habe ich viel von der Popkultur der 80er / 90er mitbekommen.

    Ja, der Autor lebt davon diese Kultur aufzugreifen und Bezug darauf zu nehmen… “darum geht es ja”… klar dass nichts übrig bleibt, wenn man das wegnimmt. Aber genau dafür hab ich das Buch ja so gern.

    Der Film, der leider ein kitschiger Kinderfilm geworden ist, hat mich absolut enttäuscht. Denn viele der Bezüge wurden eben entfernt und durch “trendigere” Dinge ersetzt, die die heutige Jugend mehr anspricht. Gut für die Kasse, schade um “Ready Player One”.