Die Mehrzahl der Vorträge und Sessions präsentiert neue Ansätze und Technologien, die die medizinische Arbeit in Zukunft verbessern sollen. Da werden wunderbar elegante Methoden vorgestellt, die vielleicht schon bald eine Waffe im Kampf gegen bislang kaum behandelbare Tumortypen sein können oder die faszinierenden Möglichkeiten der funktionalen Bildgebung, die beeindruckende Einblicke in den menschlichen Körper bietet.
Doch so wunderbar all dieser medizinische Fortschritt auch ist und wie vielversprechend man eine konkrete Neuerung innerhalb eines 30-Minuten-Vortrags auch darstellen kann, schließlich müssen die Apparate doch in vielen, vielen Kliniken tatsächlich zum Einsatz kommen, schließlich müssen Ärzte doch das nötige Know-How haben, um diese Instrumente auch adäquat zu bedienen. Das ist einer der Rand- und Nebenaspekte einer hochtechnologisierten Medizin – der (das ist durchaus bemerkenswert und erfreulich) auch Platz im Tagungsprogramm hat.
Kein Randthema: Medizinische Strahlenbelastung
Am heutigen vormittag widmete sich etwa eine mehrstündige Session den Fragen der medizinischen Strahlenbelastung. Daß eine normale Röntgenuntersuchung eine gewisse Strahlenbelastung mit sich bringt ist ja bekannt; seitdem freilich die Ära der Computertomographen Einzug gehalten hat, hat sich die Problematik allerdings verschärft. Während eine profane Röntgenaufnahme des Brustkorbs mit etwa 0,1 mSv zu Buche schlägt, liegt die Strahlendosis einer Thorax-CT bei rund 8 mSv. (Zum Vergleich: die natürliche Strahlenbelastung liegt ungefähr bei 3 mSv pro Jahr.)
Nun ist das kein Grund, eine notwendige CT-Untersuchung abzusagen; für die Mediziner und Ingenieure stellt sich allerdings die Frage, wie man diese Strahlenbelastung reduzieren kann. H.M. Olerud aus Oslo stellte die Ergebnisse einer großen norwegischen Studie vor (Lessons learned from 25 years in exploring Norwegian radiology practices from a radiation protection point of view.)
Norwegen mit seinen 4,5 Millionen Einwohnern ist hier ein interessanter Fall, da schon sehr früh in vielen Kliniken der ersten CT-Generationen angeschafft wurden. Die Verfügbarkeit dieser Apparate führte dann in den 90er Jahren zu einer deutlichen Zunahme der durchschnittlichen Strahlenbelastung der Bevölkerung.
In Norway, totally 910 radiological examinations per 1000 inhabitants were performed in 2002, a 15 % increase since 1993 (dental X-ray excluded). The frequencies of MRI, CT, and ultrasound did increase by a factor of 11, 2 and 0.5, respectively in that period, while the use of conventional X-ray examinations was almost unchanged (fig.1). Consequently the total collective effective dose increased with 40%, that gave 1.1 mSv per inhabitant in 2002.
Allerdings gibt es bestimmte Regionen, die durch deutlich geringere Werte auffallen und in denen die Strahlenbelastung immer weiter sinkt. Der Grund: einerseits arbeiteten dort die Radiologen gemäß den Richtlinien von z.B. der “International Commission on Radiological Protection (ICRP)”, die bestimmte Standards vorgibt, was u.a. die Untersuchungsintervalle betrifft. Andererseits – und hier zeigt sich dann doch wieder, wie wertvoll Innovationen sind – kommen in Norwegen immer mehr MRTs zum Einsatz, die eben ohne potentiell schädliche ionisierende Strahlung arbeiten.
Die Ausbildung und das Wissen der Ärzte hinkt viel zu oft hinter dem Fortschritt der Apparate hinterher.
Und genau diese beiden Aspekte sind wohl der Schlüssel zu einer risikoarmen und zeitgemäßen Diagnose: erstens die Weiterentwicklung der bildgebenden Verfahren (die neuste MRT-Generation kennzeichnet sich durch eine deutlich bessere Auflösung und – bei modernen Multikanalsystemen – durch die Fähigkeit auch schnelle Bewegungen darstellen zu können.) und zweitens die Schulung des medizinischen Personals, was den sinnvollen Einsatz und die Auswahl der zur Verfügung stehenden Mittel betrifft.
Wobei genau hier vermutlich das Hauptproblem liegt: die Innovationsgeschwindigkeit der Medizintechnik nimmt weiter zu; der Ausbildungsstand viel zu vieler Ärzte kann damit kaum mithalten und die Bereitschaft und Möglichkeit, sich adäquat fortzubilden, ist oft nicht gegeben. Und daran kann dann auch die beste Technik nichts ändern…
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