Ein Tropfen Blut genügt, gewonnen mit dem winzigen Nadelstich eines Geräts. Nach wenigen Sekunden Messzeit wissen Diabetes-Patienten, wie es um ihren Blutzuckerwert steht. Den Biosensor dazu hat Gerald Urban mit entwickelt, Chef des Instituts für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg. Beim Weltkongress der Medizintechnik in München hat er von seinen Forschungen berichtet.
Scienceblogs: Herr Urban, wie funktioniert der Sensor im Blutzucker-Messgerät?
Gerald Urban: Seine Funktionsweise beruht darauf, dass ein natürlicher Katalysator, ein Enzym, den Blutzucker umwandelt in einen Stoff, den man messen kann. In diesem Fall eines Glukose-Sensors ist es Wasserstoffperoxid, das an einer Platin-Elektrode oxidiert. Der elektrische Strom, der dabei entsteht, ist ein Maß für die Blutzucker-Konzentration. Das ist der Stand der Technik.
“Allein die Entwicklung des Langzeitsensors, der mehrere Messzyklen unbeschadet übersteht, hat ungefähr 10 Jahre gedauert.”
Scienceblogs: Wie lange hat es gedauert, bis dieser Biosensor auf dem Markt gekommen ist?
Gerald Urban: Die Entwicklung des Langzeitsensors, der also mehrere Messzyklen unbeschadet übersteht, hat ungefähr 10 Jahre gedauert. Dieser Sensor ist sehr komplex. Die Wegwerfsensoren, die man heute am meisten verwendet, sind technisch viel einfacher beschaffen. Die Elektrode braucht das Enzym nur absorbieren, aber nicht wieder abgeben. Das ist nicht trivial: Diese Entwicklung hat weitere fünf Jahre bis zur Marktreife gebraucht.
Scienceblogs: Worin besteht die Schwierigkeit bei der Entwicklung solcher Sensoren?
Gerald Urban: In der interdisziplären Zusammenarbeit. Man muss Hochtechnologie verbinden mit Elektrochemie, mit Biochemie und Biotechnologie. Grob gesagt muss man vier Bereiche, die wenig miteinander zu tun haben, verbinden. Man braucht Leute, die von allen diesen Gebieten Ahnung haben.
Scienceblogs: Welche Weiterentwicklung der Biosensoren in Blutzucker-Messgeräten erwarten sie?
Gerald Urban: Es bahnt sich ein Paradigmenwechsel an. Man forscht schon seit den frühen 1960er Jahren an Glukose-Sensoren. Damals gab es die Idee, Biosensoren in den Patienten zu implantieren und damit eine Insulinpumpe zu regulieren. An der Umsetzung sind aber schon viele Forscher gescheitert.
Scienceblogs: Und die Zukunft?
Gerald Urban: Sie wird von der „persönlichen Medizin” bestimmt sein. Darunter ist zu verstehen, dass die genetischen und molekularen Informationen eines jeden Patienten darüber Auskunft geben, für welche Krankheiten er eine Disposition in sich trägt und wie Umweltreize ihn beeinflussen. Daraus lassen sich die metabolischen Parameter ableiten, die mit dem Blutzucker-Wert zusammenhängen. Die Frage ist also: Wie lassen sich Krankheiten, Diabetes etwa, verhindern? Antworten werden wir erst nach Jahrzehnten der Forschung finden.
» Markus Thierbach beschäftigt sich aus freier Journalist mit Alltagsphänomenen. » Er bloggt auf www.besondersalltag.de |
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