Der mündige Patient, der Einblick nimmt in seine Krankenakte: In Deutschland gibt es das noch nicht, aber in Großbritannien. Dort hat Brian Fisher das System PAERS (Patient Access Electronic Record System) vor sechs Jahren eingeführt. 50 Praxen bieten ihren Patienten den Zugang an. Fisher hat untersucht, wie die Patienten ihre passwortgeschützte Krankenakte online nutzen.

i-960a6e059bc22e50e6758b1e3e1bd1c3-Fisher.jpgIn der Datenbank sind alle Krankheiten des Patienten samt Verlauf, Untersuchungsresultaten und Behandlungen verzeichnet. Alles ist mit Hintergrundinformationen angereichert, sodass auch medizinische Laien die Zusammenhänge verstehen. „Das stärkt den Patienten”, sagte Fisher bei seinem Vortrag beim Weltkongress der Medizintechnik in München.

Die Patienten haben großes Interesse an ihren medizinischen Aufzeichnungen: „Ich weiß, was bei meiner Behandlung passiert, ich verstehe mehr,” fasst ein Studienteilnehmer zusammen. Fisher hat herausgefunden, dass sich besonders ältere Patienten mit PAERS informieren.

Sie fühlen sich besser vorbereitet für den Arzttermin, um in der kürze der Zeit sich optimal mit dem Mediziner austauschen zu können. Das stärkt das Vertrauen in die Behandlung. Die Patienten nutzen die Datenbank auch nach dem Arzttermin: Habe ich alles richtig verstanden? Welche Empfehlungen habe ich erhalten?

Fisher: „Wir gehen davon aus, dass in fünf Jahren die meisten Praxen ihren Patienten Zugang zu ihren persönlichen Krankenakten anbieten werden.” Die Hürde dabei liegt nicht bei den Patienten. Sie sorgen sich laut der Studie kaum um die Sicherheit ihrer Daten. Es sind eher die Mediziner, die eine Zunahme der Patientenbesuche wegen banaler Beschwerden befürchten. Laut Fisher hat sich diese Befürchtung in den USA, wo ähnliche Datenbanken wie PAERS existieren, jedoch nicht bestätigt.

 » Markus Thierbach beschäftigt sich aus freier Journalist mit Alltagsphänomenen.
 » Er bloggt auf www.besondersalltag.de
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Kommentare (4)

  1. #1 Jörg
    September 10, 2009

    Warum sollte die Anzahl der Leute, die wegen Kleinigkeiten zum Arzt gehen, durch Information und Eigenverantowrtung zunehmen? Da kann ich überhaupt keinen Grund für finden, eher das Gegenteil fände ich einleuchtend. Das klingt eher, als hätten diese Ärzte kein Interesse am modernen Patient-Arzt-Bild (mag es auch Gründe für geben)

  2. #2 Markus Thierbach
    September 11, 2009

    Hallo Jörg, vielen Dank für die Nachfrage. Die Sorge der Ärzte besteht darin, dass der Patient zu mündig wird – überspitzt gesagt. Sie wollen in ihrer Entscheidungsgewalt und Expertise nicht von Laien in Frage gestellt werden. Wenn Sie einen Arzt mit dem Satz “Ich habe im Internet über diese Krankheit gelesen, dass …” konfrontieren, dann wissen Sie, was ich meine. Es dürfte bei all diesen Bemühungen viel eher darum gehen, dass der Patient sich einfach besser, weil einbezogen fühlt.

  3. #3 GeMa
    September 11, 2009

    Entschuldige @Markus Thierbach, aber das war keine Antwort auf die Frage. Mich würde das auch interessieren : Warum sollte die Anzahl der Leute, die wegen Kleinigkeiten zum Arzt gehen, durch Information und Eigenverantwortung zunehmen?

    Ich finde auch das Gegenteil eher einleuchtend. Wer informiert und derart am Behandlungsprozess beteiligt ist, lässt sich doch viel weniger von Häppchen aus dem Internet verängstigen (mtwg. jedes Sodbrennen auf Herzinfarkte “abgleichen”) und veranlassen wegen Bagatellen fürderhin die Praxen zu stürmen.

  4. #4 Selbstdenkend
    November 11, 2009

    Sicherlich ein nach Außen hin als gut gemeinter Ansatz der Mediziner “Information und Eigenverantowrtung” für deren Kunden. Dieser soll die Bemühungen unterstützen.
    Aber:
    Die Informationsgesellschaft hat den Zugang zu nahezu allen Informationen.
    Bereits vor 50 Jahren waren alle Schädigungen der menschlichen Gesundheit bekannt.
    Der Zugang zu den Informtionen war erschwert aber möglich.
    Viel zu wenig Menschen interessieren sich für die eigene Erhaltung der Gesundheit.
    Das ist wohl auch nicht gewollt. Dazu tragen schon die Schulsysteme bei die mit 1 oder keine Wochenstunde BIOLOGIE bearbeiten – und dann wird noch abgewählt.
    Wie sollen einzelne Berichte erkannt und analysiert werden wenn die Grundlagen der BIOLOGIE, CHEMIE und PHYSIK nicht bei den jungen Menschen gelehrt werden.
    Sicherlich sind gravierende Interessenskonflickte die seit 100-ten von Jahren die Geschäftfelder der Mediziner, Pharmazie und Apotheker mit staatlicher Unterstützung sichern. Dabei wird “Wissen” für die Allgemeinheit entsprechend den
    gelernten Mustern bereitgestellt im Sinne: Wissenschaft hat immer Recht und schafft Wissen. Allerdings Falsches Wissen ist auch Wissen.