Als später Beitrag zum Mondlandungs-Spezial auf Scienceblogs folgt hier noch eine vielleicht weniger bekannte Geschichte. Ein streng geheimer Wettersatellit hat nämlich das Leben der Astronauten der Apollo 11 Mission gerettet. Ohne ihn und den Vorhersagespezialisten Cpt. Brandli hätte auf die Astronauten bei ihrer Ankunft im Pazifik ein nasses Grab erwartet…
Das Corona-Programm
Dass diese Geschichte nicht so bekannt ist, mag daran liegen, dass Präsident Clinton erst im Jahre 1995 den “classified” Status der Satelliten-Aufklärungsmission mit dem Namen Corona aufgehoben hat.
Das Corona-Programm war zur Zeit des Kalten Krieges ein Satellitenaufklärungsprogramm vom militärischen Geheimdienst NRO (National Reconnaissance Office). Es startete im Jahr 1961, dabei ging es darum, ständig die Sowjetunion, Kuba und China zu überwachen. Selbstverständlich war das Corona-Programm streng geheim.
Schlüsselfigur Captain Brandli
Als Meteorologe arbeitete Captain Brandli damals für die U.S. Air Force im Vietnamkrieg. Dabei hatte er es mit einem streng geheim gehaltenen Wettersatelliten zu tun, der damals schlicht die Zahl 417 trug.
Dieser gehörte zu einem Programm, das später den Namen DMSP (Defense Meteorological Satellite Program) bekommen sollte. Hier rechts sehen wir einen so genannten “Block-1” Satelliten aus dem DMSP-Programm (Quelle: NASA).
Captain Brandli wusste bis dahin nichts von dem geheimen Corona-Programm. Er ging davon aus, dass die Wettersatelliten des DMSP für den Vietnamkrieg eingesetzt würden, und dass der Grund der Geheimhaltung dieses Programms aus der Verpflichtung herrührt, meteorologische Daten eigentlich mit der Sowjetunion auszutauschen.
Als er schließlich für das Corona-Programm eingesetzt wurde, ging ihm auf, was die eigentliche Mission des DMSP ist. Die geheimen Wettersatelliten sollten sicherstellen, dass Kapseln mit Fotomaterial der Aufklärungssatelliten, genannt Buckets, von Air Force Fliegern aufgefangen werden konnten, wozu gute Sichtbedingungen zu herrschen hatten.
Hier links sehen wir, wie ein USAF-Flugzeug ein solches Bucket einsammelt (Quelle: CSNR collection)
Geheime Wettersatelliten für Apollo 11
Während der Apollo-Missionen entdeckte Brandli, dass er mithilfe der geheimen Wettersatelliten das Wetter im tropischen Gebiet zwischen Äquator und dem 25. Breitengrad relativ zuverlässig auf 5 Tage im Voraus vorhersagen konnte, was in den 60ern eine sensationelle Leistung darstellte. Er entdeckte bestimmte Wolkenmuster, die aufgrund der Windverhältnisse in großer Höhe entstanden und organisierte Gewitterstrukturen entstehen ließen. Da die Form dieser Wolkenwirbel auf dem Satelliten wie ein Adler aussah, wurden sie “Screaming Eagle” genannt. In ihnen bestand eine hohe Unwettergefahr.
Rechts sehen wir links von der Mitte des Bildes ein solches “Screaming Eagle” Muster (Quelle: offizielles USAF Foto).
Unwetter am Landeort!
Mitte Juli 1969, also kurz vor dem 24.07., dem Tag der Heimkehr der Mondlandungs-Besatzung, entdeckte er, dass der geplante Ort, an dem die Kapsel in den Pazifik plumpsen sollte, innerhalb einer solchen Screaming Eagle Formation stattfinden sollte. Die enormen vertikalen Winde hätten die Fallschirme, die die Kapsel bremsen sollte, direkt zerfetzt. Dadurch wären die Astronauten bei dem Aufprall auf dem Pazifik wohl sofort tot gewesen.
Doch was nun? Das Corona- und DMSP-Programm war so geheim, dass die NASA von ihrer Existenz nichts wissen durfte. Dementsprechend war es auch schwierig, die Experten hier davon zu überzeugen, den Landeort mitsamt des wartenden Flugzeugträgers nebst Jets zu verlegen.
Flugzeugträger verlegt
Zum Glück arbeitete Captain Brandli eng mit Weather Officer Houston von der U.S. Navy zusammen, der ebenfalls Freigabe für das Corona-Programm hatte. Ihm gelang es, seinen Vorgesetzten Admiral Davis dazu zu bewegen, den Flugzeugträger USS Hornet, der die Apollo 11 Besatzung aufnehmen sollte, zu einem neuen Landepunkt zu verlegen, und zwar noch bevor die offizielle Order dazu einging. Natürlich ohne Fotos eines Wettersatelliten, der gar nicht existieren durfte. Wären also die schweren Gewitter am ursprünglichen Landepunkt ausgeblieben, so hätte das sowohl Houston als auch Davis den Job gekostet.
Geheime Lebensretter
Und so wurde die ganze Landeaktion heimlich, still und leise verlegt, ohne dass davon jemand wusste. Nixon begrüßte die heimgekehrten Helden Buzz, Armstrong und Collins (siehe Abb. links, Quelle: NASA History Office) als wenn nichts gewesen wäre.
Und genauso heimlich wurde das Leben der Astronauten gerettet, was niemand wusste.
Erst ab dem Jahr 1995 konnte zum Beispiel Houston erklären, warum er denn die Ehrenmedaille “Navy Commendation Medal” angeheftet bekam.
Eine wahre Geschichte, die genug Stoff für einen weiteren Hollywood-Streifen hat, oder? Wer es noch genauer wissen möchte:
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