Mitten in der Kälte
Ein ziemlicher Kälteeinbruch hat uns erfasst. Besonders im Süden und Osten gab es heute die erste Spur Winter. Wer also schon an Wintersport in den Mittelgebirgen denkt, sollte die nächsten Tage nutzen, denn es könnte bald vorbei sein…
Aber zuerst klären wir, woher die Kälte überhaupt kommt. Hauptverursacher ist ein kräftiges Hoch, das sich mit Schwerpunkt über Westeuropa befindet. Da die Luft aus einem Hoch heraus bei uns ja mit dem Uhrzeigersinn strömt, ist die östliche Kante die kalte Seite, denn hier kommt der Wind dann aus nördlichen Richtungen.
Damit ist schon mal klar, dass wir polare Luft angeliefert bekommen, noch dazu aus dem mittlerweile ziemlich weißen und kalten Skandinavien. Das hört sich also schon nicht besonders warm an. Die ungewöhnliche Kälte hat aber noch eine andere Ursache, wie ich an der folgenden Karte zeigen will:
Abb. 1: Temperaturen in ca. 1,5 km Höhe und Druckverhältnisse in der Höhe und am Boden, Analyse 15.10.09. Quelle: MeteoGroup
Was sehen wir hier? Die farbigen Flächen stellen die Temperatur auf einer Ebene dar, in der ein Druck von 850 hPa herrscht. Das ist im Mittel eine Höhe von 1,5 km. In weiß gezeichnet sind die Isohypsen, das sind die Linien gleichen Geopotenzials auf der 500 hPa-Fläche, die im Mittel bei 5,5 km Höhe liegt. Daran erkennt man die Höhenströmung, an der sich auch die Entwicklung und Zugrichtung der Hochs und Tiefs am Boden orientieren. Die schwarzen Linien sind die bekannten Isobaren gleichen Luftdrucks am Boden.
Die roten Flächen zeigen einen massiven Warmluftvorstoß über dem östlichen Atlantik in Richtung Schottland an, so gab es am gestrigen 14.10.2009 in Kinloss im Norden Schottlands gestern Höchsttemperaturen von 18°C, und selbst auf dem 1.245 m hohen Cairngorm wurden am 14.10.09 11°C erreicht. Kein Vergleich also zu deutschen Verhältnissen (Berlin: 8°C, München Flughafen: 5°C, Düsseldorf: 9°C).
Tief bringt Russenkälte
Zweiter Mitspieler in Sachen Kälte in Deutschland ist dabei ein kräftiges Tief, das sich auf der Vorderseite des Kaltluftvorstoßes auf seinem Weg über die Ukraine nach Polen prächtig entwickelt hat. Es “saugt” in dieser Position förmlich die Kaltluft aus dem Bereich der Barentssee und Sibirien an, wie man an den Farbflächen in Abb. 1 gut erkennen kann.
Dieser Kaltluftbereich in der Höhe, der sich daraus entwickelt hat, wird uns als bald abgeschlossenes Gebiet noch länger erhalten bleiben. Wie ein Fettauge in der Suppe wird es in der oberen Atmosphäre schwimmen, während man dieses Höhentief am Boden kaum als Tief ausmachen können wird.
Winter in den östlichen Mittelgebirgen
Diese Höhentiefs sind für die Vorhersagemodelle eine echte Herausforderung, sie sind sehr schwer zu berechnen. Immerhin kann man daraus die Tendenz ableiten, dass es im Osten Deutschlands in den kommenden Tagen noch häufiger wolkig und auch kühler sein wird als im Westen. Dabei kommt es am Wochenende noch häufig zu Niederschlägen, und insbesondere im Erzgebirge wird es dabei noch einige Zentimeter Neuschnee geben:
Abb. 2: Akkumulierte Schneemenge von Do., 15.10.09 bis So., 18.10.09 (reelle Schneehöhe etwas darunter, Abtauen nicht berücksichtigt). Quelle: Wetter3
Nach einer echten Wintersport-Phase Anfang kommender Woche wird es dann aber schon wieder schwierig für den Mittelgebirgs-Schnee.
Denn aller Voraussicht nach wird sich diese “Kaltluftblase” in der kommenden Woche auflösen, wodurch eine andere Wetterlage entstehen könnte. Vermutlich wird sich dann von Westen her Hochdruckeinfluss breit machen, und wie wir sehen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Temperaturen steigen:
Abb. 3: Temperaturen in ca. 1,5 km Höhe und Druckverhältnisse in der Höhe und am Boden, eine sehr warme Variante, Prognose für den 21.10.09. Quelle: MeteoGroup
Abb. 4: München: Temperaturen in 850 hPa und Niederschlag, Ensemblediagramm. Quelle: Wetterzentrale
In Abb. 4 sehen wir verschiedene Vergleichsberechnungen für die Temperatur auf 850 hPa, also in rund 1,5 km Höhe. Die weiße Linie zeigt dabei den Mittelwert der Berechnungen, die rote Linie zum Vergleich den 30-Jahres-Mittelwert.
Wärmer heißt nicht unbedingt wärmer
Wie man sieht, geht die Temperaturkurve nach oben, und in den nächsten Tagen scheint diese Vorhersage auch recht sicher zu sein. Wird es also wärmer? – Nicht unbedingt!
Denn wir bekommen es zwar mit warmer Luft zu tun, aber – und das ist das wesentliche – unter Hochdruckeinfluss. Und ein Hoch bedeutet im Herbst und Winter nicht unbedingt eitel Sonnenschein. Hoch bedeutet in erster Linie zunächst einmal eine absinkende Luftbewegung. Danach streicht dann über diese absinkende Luft in der Höhe (!) die wärmere. Das bedeutet, dass es zu einer kräftigen Inversion kommen kann: Die Temperatur steigt an der Inversionsgrenze mit der Höhe, was man sich wie einen Deckel vorstellen kann.
Trüb und Nieselregen
So ist es gut möglich, dass am Boden die Kaltluft liegen bleibt, während darüber die warme Luft streicht. Und dazwischen bildet sich zäher Hochnebel, am Boden auch häufig Nebel, und wir bekommen die Sonne dann kaum zu sehen. Stattdessen bleibt es hier kühl und trüb mit zeitweiligem Sprühregen. Nicht gerade ein Wetter, das man sich von einem Hoch verspricht.
Spüren wird man die warme Luft allerdings in den Mittelgebirgen, den die Gipfel ragen in die Warmluft hinein, und hier steigen die Temperaturen kräftig an, es kommt also zu Tauwetter. Als Gegenzug gibt es hier immerhin bessere Chancen, mal richtig blauen Himmel zu sehen zu bekommen.
Fazit
Es sieht also bei aller Unsicherheit viel danach aus, dass wir Ende Oktober / Anfang November standesgemäßes kühles Novemberwetter bekommen, mit vielen trüb-grauen Phasen und vereinzeltem Sprühregen. Es wird also Zeit für reichlich Vitamine, das Erkältungswetter ist im Anmarsch…
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