Bei all dem Wirrwarr, der derzeit um Klimagate herrscht, möchte ich mich doch mal wieder meiner Kernbeschäftigung widmen und entspannt über die interessante Wetterlage von heute, dem 1. Dezember 2009 (meteorologischer Winteranfang!) berichten. Öffnen wir das erste Wetterkläppchen:
Wie beginnt man solch eine Beschreibung der Wetterlage, wenn man doch quasi alles auf einmal zeigen möchte? Ich denke anders, als es bei Synoptikern – also denjenigen, die auf die Wettervorhersage spezialisiert sind – der Fall ist. Hier fängt man nämlich mit der Großwetterlage an, beschreibt Veränderungen der interessierenden Parameter in der Horizontalen und Vertikalen und kommt erst zum Schluss zu den daraus resultierenden Wettererscheinungen. Aber so erleben wir es nicht.
Viel Schnee in Alpen und auf Mittelgebirgsgipfeln
Daher beginne ich mit dem, was zu sehen ist. Wir sehen enorme Mengen von Schnee im höheren Schwarzwald, dem Fichtelgebirge bis zum Thüringer Wald und Erzgebirge. Lars Hattwig zeigt hier eine schöne Übersicht von Webcams auf den Bergen. Schon gestern wurde das Engadin abgeschnitten durch die enormen Schneemengen. Gleichzeitig ächzte man in der Hauptstadt unter dem Dauerregen.
Es tut sich also etwas in der Wetterküche, nur was? Dazu müssen wir in der Höhe beginnen, bei den Temperaturen auf der 500 hPa-Fläche, die im Mittel in 5,5 km befindet, wobei die Fläche bei kalten Tiefs besonders weit nach unten, bei warmen Hochs besonders weit nach oben ausgelenkt ist. Interessant ist aber zunächst die Temperatur selbst:
500 hPa-Temperatur (Farbflächen), Isobaren (schwarz), Isohypsen 500 hPa (weiß). Quelle: MeteoGroup.
Tief Peter rührt kräftig
Auf den ersten Blick fällt die blau-graue “Zunge” über uns auf. Das ist ein so genannter Höhentrog, also ein Vorstoß kalter Luft, die auf dem Weg ist mit 500 hPa Temperaturen zwischen etwa -25 und -32°C. Der von Westen kommende Wind mäandriert also um diesen Trog herum, er macht einen südlichen Bogen und wandert auf der Vorderseite nach Norden bis Nordosten. Hier, auf der Vorderseite, herrscht positive Vorticityadvektion. Das ist eine Größe, die gerne holprig mit “Wirbelhaftigkeit” übersetzt wird. Es gibt also eine Neigung zu positiver Verwirbelung, was bei uns nach links drehend bedeutet. Hier sind die physikalischen Bedingungen für die Entstehung und Verstärkung von Tiefs also besonders gut. Eine kleine Störung reicht.
In diesem Fall hieß die kleine Störung “Sekundärtrog”, zu sehen als kleiner “Schlenker” in der weißen U-Form westlich vom roten Kreis in der obigen Abbildung. Hier entstand nun an der Front des einen Tiefs das nächste, das dann unter Verstärkung östlich der Alpen vorbeirutscht und nun auf der Vorderseite des mächtigen Haupttroges über Polen gen Ostsee wandert. Diese Zugrichtung hat einen Namen, das Tief dazu nennt man Vb-Tief. Sie ist deshalb so berühmt bis berüchtigt, weil sie im “Idealfall” für extreme Dauerniederschläge im Osten Deutschlands verantwortlich sein kann, sei es Regen oder Schnee. Hier die Lage am späten Vormittag des heutigen 1.12.09:
500 hPa-Temperatur (Farbflächen), Isobaren (schwarz), Isohypsen 500 hPa (weiß) am 01.12.09, 10 Uhr. Quelle: MeteoGroup.
Da sich dieses Tief ja gegen den Uhrzeigersinn (zyklonal) dreht, führt es östlich seines Zentrums die mild-feuchte Luft nach Norden, wickelt sie förmlich nördlich einmal herum, während westlich des Zentrums die kältere Luft nach Süden geführt wird. Man kann sich das an den unteren Bildern vergegenwärtigen, wenn man sich vorstellt, wie man eine Schraube in der Mitte des Tiefs mittels Schraubendreher lösen möchte, dann macht man genau diese Drehung.
850 hPa-Temperatur (ca 1,5 km, Farbflächen), Isohypsen am 01.12.09, 1 Uhr. Quelle: MeteoGroup.
Die Rückseite dieses Tiefs hatte es dabei heute in sich. Denn mit dem nördlichen Wind, der sich hier einstellt, wurde die kältere Meeresluft gegen die Gebirge und den Alpenhauptkamm gedrückt, wodurch die Luft zur Hebung gezwungen wurde. Am Abstand der Isobaren, also der Linien gleichen Luftdrucks, kann man bei der oberen Abbildung schon erkennen, wo der Wind am kräftigsten war. Im 850 hPa Niveau, das im Mittel auf 1,5 km liegt, erkennt man es aber auch hier unmittelbar auf der Windkarte:
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