Wart ihr schon einmal im Spätherbst im nördlichen Mittleren Westen der USA? Also Minneapolis, Chicago, etc.? Ich noch nicht. Es ist jedenfalls grau dort. Sehr grau. So grau, wie es zurzeit auch hier in Berlin ist, nur noch ausdauernder – Was die Winterdepression dort zu einem echten Problem macht.
Schnee und Glätte
Grund für dieses ewige und drückende Grau ist der so genannte Lake Effect. Dieser bringt nicht nur tiefgraue Wolken, sondern gelegentlich auch ganz heftige Schneefälle mit. Womit ich beim Aktualitätsbezug bin, denn am vergangenen Samstag fielen vor allem in den Bundesstaaten Minnesota und Wisconsin dicke, schwere Flocken vom Himmel, und zwar insgesamt bis zu 30 Zentimeter, wie die Presseagentur AP meldet.
Schneefall ich Chanhassen, Minnesota und NOAA-Wetterbericht vom 13. November 2010
30 Zentimeter Nassschnee ist natürlich eine ganze Menge Gewicht, und so krachten einzelne Bäume um, und es kam im Bereich der “Twin Cities” Minneapolis / St. Paul auch zu Stromausfällen. Viel schlimmer waren aber die Straßenverhältnisse: Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt taute und fror das Wasser abwechselnd und sorgte so für eine glatte Fläche unter dem Schnee. Es kam zu über 400 Verkehrsunfällen, in vielen von diesen waren gleich vier oder fünf Fahrzeuge verwickelt.
“Lake Effect”
Die Ursache für diese Schneefälle ist der so genannte “Lake Effect”. Dabei gelangt der Wind von einem kalten Hoch aus Kanada kommend über die Großen Seen zu einem Tief. Zu dieser Jahreszeit ist das Wasser hier allerdings noch 10°C warm, die polare Luft in etwa 1,5 km Höhe liegt aber bei -5 bis -10°C. Durch diesen massiven Temperaturunterschied herrschen extrem labile Verhältnisse: Die feucht-warme Luft über dem Wasser steigt in die Kälte auf, der Wasserdampf kondensiert, schließlich bilden sich viele Schneeflocken. Zu Beginn der Saison ist die Temperaturdifferenz so hoch, dass hier Schneegewitter auftreten.
Lake Effect im Radarfilm. Quelle: NOAA
Beeindruckend ist der so genannte “Veteran’s Day Lake Effect Snow Storm” vom 9. bis 14. November 1996, als im Bundesstaat Ohio örtlich 180 cm(!) Neuschnee fielen. Überhaupt findet man im so genannten “snow belt” regelmäßig Gesamtschneehöhen von 5 Metern und mehr, selbst im Schneesturm “Daisy” fiel an der Ostsee nicht so viel vom Himmel (übrigens durch einen ähnlichen Effekt).
Drückendes Grau
Aber ganz abgesehen von gelegentlich Schneemassen, hängen am Lee-Ufer der Großen Seen durch dieses Feuchtigkeits-Angebot tiefe, dichte Wolken am Himmel, die kaum Tageslicht durchlassen. Man kann auch registrieren, dass hier Winterdepressionen deutlich häufiger auftreten als andernorts in den USA. Hier nennt man den Winter auch “The Great Gray Funk”. Dies ist übrigens nicht zuletzt ein Grund, wieso Angeln in dieser Gegend ein beliebter Sport ist. Denn es hat sich herausgestellt, dass der Aufenthalt im Freien trotz des drückenden Graus die Stimmung aufhellen kann.
Diese Erkenntnis ist auch für Deutschland nicht neu und ein immer wieder gern gegebener Tipp bei Wetterlagen wie der, die wir heute und in den nächsten Tagen vor uns haben – Geht nach draußen! Denn selbst die hellste Bürobeleuchtung kann dem Tageslicht auch bei noch so trübem Wetter nicht das Wasser reichen. Und auch Bewegung kann gerade uns “Schreibtisch-Tätern” sehr, sehr gut tun. Denn gegen Wetterfühligkeit hilft nur Abhärtung. In diesem Sinne: allzeit gute Laune!
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