In den USA kommt es pro Jahr etwa zu 0.5 tödlichen Begegnungen zwischen Hai und Mensch. Gleichzeitig werden pro Jahr in den USA und Kanada etwa 40 Menschen von Schweinen getötet. Das Risiko, dass einen ein Blitz tödlich erwischt ist etwa gleich hoch, wie von einem Schwein getötet zu werden.
Wieso ist es einem also mulmiger zu Mute, wenn man ans Schwimmen im offenen Meer denkt als an Ferien auf dem Bauernhof (Schwein- und Blitzrisiko zusammen)? Die subjektive Risikowahrnehmung folgt offensichtlich Mustern, die mit der Höhe des objektiven Risikos nur bedingt zusammenhängen.
Ich habe eine Studie zur Risikowahrnehmung und zur Akzeptanz der Gentechnik in Europa im Internet gefunden. Vielen Dank an Frank Ulmer, der mir die richtigen Stichwörter geschickt hat. Die Studie wurde 2004 erstellt und ist 2007 in der Schriftenreihe Stuttgarter Beiträge zur Risiko-und Nachhaltigkeitsforschung erschienen und hier abrufbar. Der Autor ist Dr. Jürgen Hampel. Alle Zahlen sind von 2002 aus dem Eurobarometer 58.0. Ich bin für Hinweise auf aktuellere Publikationen dankbar.
Abbildung 1: “Gentechnik verbessert mein Leben” Angaben in %.
Wie ist also die Einstellung der Deutschen zur Gentechnik? “Sie verbessert mein Leben” sagen in Deutschland rund 27%. In Italien, Spanien und Schweden sind es mehr als doppelt so viele (Abbildung 1).
Worauf lässt sich die skeptische Haltung der Deutschen zurück führen? Dass Bürger anderer Länder soviel mehr (oder weniger) über Gentechnik wissen kann es nicht sein. Dazu wurden den Teilnehmern der Umfrage 10 Fragen gestellt, wie etwa diese: “Normale Tomaten enthalten keine Gene, während genetisch veränderte Tomaten Gene enthalten“. Oder: “Hefe, die zum Bierbrauen verwendet wird, besteht aus lebenden Organismen“. Die anderen Fragen mit individuellen Zahlen auf Seite 21 dieser Studie.
Laut der Analyse von Jürgen Hampel wurden im Durchschnitt in Europa 5.5 von 10 Fragen richtig beantwortet. Soviel zum Pisa-Schock. Die Zahlen zu den einzelnen Ländern sind in Abbildung 2 dieses Eintrags aufgeschlüsselt. Die Werte korrelieren nicht mit der skeptischen Haltung zur Gentechnik, der Faktor „Wissen“ scheint also wenig Einfluss auf die Akzeptanz dieser umstrittenen Technologie zu haben.
Abbildung 2: Wie viele von 10 Wissensfragen wurden richtig beantwortet
Wenn unterschiedliche Kommunikatoren (Experten) sich dann auch noch widersprechen, in dem manche verharmlosen und andere aufbauschen löst das immer Zweifel und Irrtiation aus”.
Zweifel und Irritationen, schön und gut. Die dogmatische Ablehnung, die der Gentechnik entgegen schlägt, die quasireligiösen Verweise auf die Menschenwürde (rote Gentechnik) und auf Mutter Natur (grüne Gentechnik) haben für mich andere Gründe:
1. Der offensichtliche Mangel an Wissen in der Bevölkerung zu Themen der Gentechnik (trotz fehlender Korrelation weiter oben, nur 5 von 10 Fragen diesen Kalibers richtig zu beantworten ist einfach kläglich).
2. Die natürliche Angst der Menschen vor Neuem und gleichzeitig die fehlende Bereitschaft sich mit komplexen Themen auseinander zu setzen
3. Die völlige Überschätzung der Risiken bei gleichzeitiger Negierung des Nutzens gentechnischer Anwendungen
4. Die einseitige, politisch korrekte und von Halbwissen geprägte Berichterstattung in den Medien, die auf Emotionen abzielt anstatt zu informieren.
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