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Das Leben ist zu kurz für schlechte Talks. Die Top drei Gründe warum ich in Vorträgen anfange mich eher intensiv mit den Mustern der Seiten meines Notizbuches zu beschäftigen, als mit den Ergebnissen des Vortragenden: Konfuser Aufbau, unverständliche Abkürzungen, überladen und zu lang.

Argent23 hat sich auf seinem Blog über die Arroganz von Vortragenden wissenschaftlicher Talks geäußert. Völlig zu Recht beschwert er sich über überlange, schlecht geplante Vorträge, gehalten von Wissenschaftlern, denen ihr Publikum so egal ist, dass sie nicht mal das Datum oder den Titel des Talks dem Anlass anpassen.

Tatsächlich sind Talks ein wesentlicher Teil der Kommunikation unter Wissenschaftlern. Vom ersten Laborseminar, in dem man seine Daten intern den Kollegen der Arbeitsgruppe präsentieren muss, bis zum Vortrag bei der Verleihung des Nobelpreises: Man kommt nicht drum rum welche zu halten. Das hier soll kein Ratgeber werden, wie man einen guten Talk hält. Nur ein paar Gedanken dazu, wie man seinen Zuhörern beim eigenen Vortrag eine angenehmere Zeit machen kann.

Top 3 Gründe für schlechte Talks:

1. Unstrukturierter Aufbau

Der Killer schlechthin. Ein Vortrag, bei dem kein roter Faden erkennbar ist. Es muss ja nicht gleich eine Story sein, die Nature dir aus den Fingen reißt, aber der Talk scheitert, wenn nicht klar wird, was das Ziel des ganzen ist, warum du die Experimente gemacht hast, und was du aus den Ergebnissen schließt. Ist es so schwer, einen Talk logisch und nachvollziehbar aufzubauen? Für manche anscheinend schon. Mir kommt es häufig vor, dass Leute, die diesen Fehler begehen, eigentlich selbst gar nicht wissen, warum sie dieses oder jenes Experiment gemacht haben und wenig Ahnung vom eigenen Projekt haben.

2. Zu viele Daten/ Zu volle Slides / Zu lang

Es mag deinen Chef beeindrucken, wenn er ein Slide nach dem anderen mit mehr und noch mehr Daten sieht. Die anderen Zuhörer in deinem Talk überfordert es. Cut the Crap. Beschränke dich auf wesentliche Abbildungen und nimm dir Zeit zu erklären, was auf den Slides zu sehen ist. Kein Text auf Slides, außer Überschriften und Abbildungsbeschriftungen. Wenns sein muss, für dich als Gedächtnisstütze, maximal drei Bulletpoints. Wenn du etwas von deinen Slides abliest, dann gehört es da nicht hin. Bei Bildern von Blots, Gelen oder bei mikroskopischen Aufnahmen: Einrahmen, ausschneiden oder einzeichnen wo das interessante Ergebnis ist. Wenn der Talk 30 Minuten dauern soll, plane ihn für 20. Eine Minute pro Slide ist zu wenig. Überziehen ist unhöflich, langes Überziehen kann schon mal in offenen Hass umschlagen.

3. Zu viel Jargon

Wir haben die Funktion von blunz durch Behandlung der Zellen mit TLDR untersucht, und dabei die Interaktion von blunz mit grmpff und nipps und deren Einfluss auf den AGSR-II Pathway zeigen können“. Wenn ich in Talks sitze, in denen die ganze Zeit mit Akronymen um sich geworden wird, ist das ok, wenns genau mein Fachgebiet ist. Wenn ich aber noch nie mit grmpff, blunz und nipps gearbeitet habe, und in deinem Talk zum ersten Mal von TLDR gehört habe, bin ich mit den Gedanken schneller bei den faszinierenden Karos auf meinem Notizblock, die alle einzeln ausgemalt werden wollen, als du zum nächsten Slide klicken kannst. Also: Akronyme vermeiden oder erklären. Einmal am Anfang erklären reicht nicht.

iBioSeminars: Talks der Profis

Zum Schluss noch ein Linktip zu iBioSeminars (via). Dort sind etliche Talks von prominenten Wissenschaftlern als Quicktime-Videos abrufbar: Sydney Brenner zu Evolution, Elisabeth Blackburn über Telomere, Randy Schekman zu Sekretion, Marc W. Kirschner zur Evolution der Wirbeltiere, und Ron Vale über Motorproteine und das Zytoskellet, to name but a few.

Wie kann man als Vortragender erkennen, ob der eigene Talk gut war? Das ist ganz ähnlich wie bei guten Blogposts: Wenn Fragen oder Anmerkungen kommen.

Abbildung: David Bernstein – Die Kunst der Präsentation (amazon)

Kommentare (9)

  1. #1 Martin
    23. November 2008

    Ich habe noch einen guten Grund:
    Viele Unis ersetzen mehr Reisekosten, wenn man selbst irgendwas vorträgt (außerdem kann man natürlich jeden Talk in seinen Lebenslauf schreiben).
    Da wird dann schon mal ein Talk vom letzten Jahr hervorgeholt, dann am Ende ein paar Slides eingefügt (wenn überhaupt), und schon geht das als Konferenzbeitrag durch.

    So werden Vorträge zur reinen Pflichterfüllung.

  2. #2 PeterM
    24. November 2008

    Erinnert mich an einen Vortrag des Psychologen Paul Watzlawick, der nach der Vorstellung durch den Veranstalter – begleitet von vielen Lobeshymnen – dann zu Beginn seines Vortrages sagte: nach diesen vielen Lobeshymnen bin ich jetzt aber auch selbst mal ganz gespannt und kann es kaum noch erwarten zu hören, was ich im Laufe des Vortrages zu sagen habe!

    Apropos Verwendung eines Jargons, das fällt einem natürlich immer erstmal bei den anderen auf!
    Hier mal eine Rückmeldung: slides, killer, talks, story, cut the crap, bulletpoints, …..

  3. #3 Chris
    24. November 2008

    Ergänzend noch 2 Punkte:
    Was ist Deine “Take-Home-Message” am Ende des Vortrages. Ein alter Laborchef ist darauf recht nervend rumgeritten, aber Recht hatte er. Was soll Dein Zuhörer jetzt behalten?
    Und als zweites ein alter Link zum Thema:
    https://www.scienceblogs.de/wissen-schafft-kommunikation/2007/07/wissenschaftskommunikation-wie-man-powerpoint-dabei-nicht-nutzen-sollte.php

  4. #4 Ulf
    24. November 2008

    “Ein Wissenschaftler ist dann gut, wenn er seine komplizierteste Theorie der Putzfrau erklären kann”. So oder so ähnlich wird Heisenberg zitiert (der allerdings selbst massiv unverständliche Vorträge gehalten haben muss, wie mir ein Zeitzeuge versichert hat).
    Die Ironie dieses Anekdote ändert aber nichts an der grundsätzlichen Basis eines guten Vortrags: Dass sich der Referent auf das intelektuelle Niveau und Vorwissen der Zuhörer einstellen muss, um erfolgreich in Kommunikation zu treten. Dazu benötigt man allerdings etwas, was vielen Laborratten offensichtlich fehlt, nämlich Empathie.
    Scherz bei Seite – manchmal hat man als Außenstehender in der Tat den Eindruck, dass einige Akademiker und ihre Präsentationsfähigkeiten einem Rückkopplungseffekt unterliegen: je weniger Übung im Umgang mit Menschen, umso verbissener und abgeschotteter der Rückzug in die Forschung. Und ergo umso schwerer, seine Erkenntnisse noch vermittelbar zu gestalten… Also, liebe Wissenschaftler, gebt euch Mühe, und trainiert eure sozialen Fähigkeiten.

    @ Peter M: die von dir angeführten englischen Vokabeln gehören zu keinem Fachjargon, sondern sind regulärer idiomatischer Bestandteil der globalen lingua franca Englisch, deren man als Wissenschaftler ohnehin mächtig sein sollte.

  5. #5 ulf
    24. November 2008

    Hmmm… ich hab’s nachgeschaut, das Zitat, das ich fälschlicherweise Heisenberg in den Mund legte, stammt wohl eher von Ernest Rutherford und lautet korrekterweise so: “Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.”
    https://www.websozis.de/index.php?suche=Eine+gute+wissenschaftliche+Theorie&mod=ws_zitate

    Zwar hat er wohl damit mehr die Wisswenschaft an sich, als die Vermittlung derselben kritisieren wollen, aber ich denke, die Verfremdung im obenstehenden Kommentar hat ihre eigene kontextbezogene Daseinsberehtigung…

  6. #6 DerOli
    25. November 2008

    “Wenn du etwas von deinen Slides abliest, dann gehört es da nicht hin.”

    Mir wurde letztens gesagt, dass Ablesen bei der Zusammenfassung sehr wohl in Ordnung ist. Weil man da nochmal seine Ergebnisse festnageln kann, wenn man den Rest des Vortrags total verhauen hat. Ich mag’s trotzdem nicht!

    Gute “talks” gibt’s übrigens auch bei: http://www.ted.com

  7. #7 derele
    26. November 2008

    Um mal etwas positives beizutragen:
    Ich konnte heute die beste diskussion verfolgen, die ich jemals nach einem vortrag gehoert habe. Der Trick: Der Vortragende lobte jede Frage, bevor er sie beantwortete “very interessting question”, “your question implies a very interesting, testable hypothesis” usw…
    am Ende haben sich sogar Doktorranden gemeldet…

  8. #8 dvizard
    26. November 2008

    Naja, ich selber finde Slides mit 2-3 Bulletpoints ohne ein Bild eigentlich sehr sinnvoll, wenn ich gerade etwas Einführendes erklären will. Nicht für mich, sondern für den Zuhörer als Orientierung. So kann sich der Hörer problemlos abstützen, falls der Sprecher gerade in einem komplizierten Satz ist, damit man nicht vergisst, worum es überhaupt geht…
    Mit den Fragen ist es so eine Sache, wenn man noch unter Studenten ist und Vorträge nur für die Mitstudenten plus einige Assistenten und Professoren hält. Viele mögen es nicht oder haben Angst, etwas schwieriges gefragt zu werden, und halten sich dann “aus Anstand” auch selber zurück… Finde ich eigentlich schade.
    (Wir hatten gerade erst heute ein “Minisymposium” über unsere letzten Laborpraktika. Ich habe auch schon bessere Vorträge gehalten als diesen…)

  9. #9 Argent23
    30. November 2008

    Hey, danke fürs Verlinken! Ich bin ja auch nicht immun gegen Fehler bei Vorträgen. Ich brauche beispielsweise immer länger als bei der Probe, so dass bei mir die Faustformel “eine Minute pro Slide” (siehe Punkt 2) eh nie gilt.
    Und danke für iBio Seminars. Ich kannte die eigentlich schon ne zeitlang, habs aber wie so vieles wieder vergessen. Bei SciVee haben die vor ein paar Tagen Videos daraus eingestellt, aber immer nur den ersten Teil. Und ohne Verlinkung…