Wer weniger als sieben Stunden pro Nacht schläft hat ein dreifach höheres Risiko sich zu erkälten. Da in Deutschland wohl 40 Millionen Menschen zu dieser Risikogruppe gehören, schlage ich vor, die Arbeitszeit für jeden um eine Stunde morgens zu kürzen. Der Arbeitsminister Olaf Scholz wäre weniger begeistert, vielleicht kann die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt überzeugt werden.
Eine Studie, die man dem Arbeitgeber gegenüber zitieren kann, wenn man mal wieder verschlafen hat oder Spätschichten einlegen muss – wer nicht ausreichend schläft wird leichter krank: Sleep Habits and Susceptibility to the Common Cold (S. Cohen et al.).
In der Veröffentlichung von Mitte Januar wurde untersucht, ob die durchschnittliche Schlafdauer mit der Wahrscheinlichkeit korreliert, eine Erkältung zu bekommen. 153 Probanden haben über zwei Wochen ihre tägliche Schlafdauer protokolliert. Die Probanden wurden danach in Quarantäne mit Rhinoviren infiziert. Die sind für Schnupfen und gewöhnliche Erkältungen verantwortlich. Nach fünf Tagen wurde geschaut, welche der Probanden Erkältungssymptome zeigten.
Die Ergebnisse waren frappierend: Teilnehmer der Studie, die weniger als sieben Stunden pro Nacht durchschnittlich im Bett verbrachten, hatten eine dreifach höhere Wahrscheinlichkeit eine Erkältung zu entwickeln als Probanden mit einer Schlafdauer von über acht Stunden.
Noch deutlicher war das Ergebnis, wenn die Schlafqualität berücksichtigt wurde, also welche Zeit die Probanden tatsächlich schlafen, wenn sie im Bett liegen. Probanden mit unruhigem Schlaf hatten ein fünfeinhalbfach höheres Risiko sich zu erkälten.
Die Ergebnisse der Studie sind unabhängig von Faktoren, wie bereits vorhandene Antikörper gegen das Virus, körperliche Konstitution und persönlich Gesundheitspraktiken, jahreszeitliche Faktoren und demographische sowie sozio-ökonomische Gründe.
Die Durchschnittliche Schlafdauer der Deutschen beträgt rund 7 Stunden. Bei angenommener Normalverteilung der Schlafdauer gehört die Hälfte von uns, also rund 40 Millionen Deutsche, zur Risikogruppe mit dreifach erhöhtem Krankheitsrisiko.
Ich war schon dabei, Olaf Scholz, dem aktuellen Minister für Arbeit und Soziales, einen Brief zu schreiben. Ich wollte ihm vorschlagen, dass jeder von uns morgens eine Stunde später zur Arbeit kommen sollte, um genug Zeit zum Ausschlafen zu haben. Leider würde das wohl nachhaltigen ökonomischen Schaden verursachen:
Pro Jahr arbeitet ein Arbeitnehmer in Deutschland mit Vollbeschäftigung 1682 Stunden. Die Arbeitszeit verteilt sich auf 223 Arbeitstage pro Jahr, bei 30 Tagen Urlaub. Eine Stunde Arbeit pro Tag weniger würde also bedeuten, dass nun mehr 1682-233 = 1449 Stunden jährlich gearbeitet würden.
Durchschnittlich fehlt ein Arbeitnehmer in Deutschland 3.5% der Arbeitszeit krankheitsbedingt, also rund 59 Arbeitsstunden pro Jahr. Selbst wenn alle Krankheitstage durch Infektionen zustande kämen, und wenn die 40 Millionen Deutsche mit weniger als sieben Stunden Schlaf pro Nacht durch die zusätzliche Stunde ein dreifach geringeres Risiko hätten an einer Erkältung zu erkranken, würde sich der Krankenstand nur um durchschnittlich 20 Stunden jährlich von 59 auf 39 Stunden senken.
Es würden also durch die Stunde zusätzliches Ausschlafen am Morgen nur 223-20 = 203 Stunden Arbeitszeit geopfert. Olaf Scholz wäre vermutlich trotzdem nicht begeistert. Aber vielleicht finde ich bei Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ein offenes Ohr. Was durch eine Stunde länger ausschlafen an Arztkosten und direkten Kosten fürs Gesundheitswesen eingespart werden könnte…
S. Cohen, W. J. Doyle, C. M. Alper, D. Janicki-Deverts, R. B. Turner (2009). Sleep Habits and Susceptibility to the Common Cold Archives of Internal Medicine, 169 (1), 62-67 DOI: 10.1001/archinternmed.2008.505
Bild via flickr (cc) – Artikel via Effect Measure
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